Dresden: SOKO 19/2 on tour In Dresden haben die Vorbereitungen für die Blockaden des Naziaufmarsches am 13./18.02.2012 begonnen.
Aber nicht nur die antifaschistischen Aktionsbündnisse bereiten sich auf dieses Ereignis vor, auch die staatlichen Repressionsorgane fielen in den letzten Wochen wieder durch vermehrte Aktivitäten in Dresden aber auch bundesweit auf. Offensichtlich wird versucht Antifaschist_Innen im Vorfeld durch Hausdurchsuchungen, Strafprozesse etc. einzuschüchtern , somit demobilisierend zu wirken und eine wiederholte Kooperation zwischen Zivilgesellschaft und radikaler Linken zu verhindern.
Im folgenden sollen die Repressalien der letzten Wochen zusammengefasst werden:
- Prozess gegen Blockierer_Innen
- Razzia in Berliner Wohnprojekt
- Stuttgart im Würgegriff der SOKO 19/2
- …und wie steht's mit dem §129-Verfahren
Prozess gegen Blockierer_Innen
Am 12. Oktober kam es in Dresden zum ersten Prozess
gegen vermeintliche Blockierer_Innen vom 19. Februar letzten Jahres.
Zuvor verschickte man an Bußgeldbescheide, wer diesen nicht bezahlte,
wurde zur Verhandlung vorgeladen.
Für den besagten Tag wurden nun zwei dieser Prozesse angesetzt. Der
erste musste aufgrund einer Erkrankung der Angeklagten verlegt werden.
Der zweite gegen einen Studenten endete mit einer Vertagung, da
aufgrund eines nicht voll geschlossenen Polizeikessels nicht bewiesen
werden konnte, ob der Angeklagte sich tatsächlich an der Blockade
beteiligte oder erst im Nachhinein in den Kessel gelangte.
Die
Blockierer_Innen sollten wegen Behinderung einer angemeldeten
Versammlung verurteilt werden, was im neuen sächsischen
Versammlungsgesetz mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft wird. Die
Gesetzesverschärfung soll die Möglichkeit bieten Demonstrationen an
bestimmten historisch aufgeladenen Tagen zu verbieten und somit auch
eine öffentliche, kritische Bewertung dieser zu unterbinden. Da dieses
aber im April diesen Jahres rückwirkend zum Januar 2011 außer Kraft
gesetzt wurde und somit das Versammlungsgesetz des Bundes gelten würde,
welches sogar eine Strafe von bis zu drei Jahren Knast vorsieht, was
den Angeklagten zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tat jedoch nicht
bekannt sein konnte, ist selbst die juristische Grundlage für eine
Verurteilung fraglich (vgl. taz).
Razzia in Berliner Wohnprojekt
Am 13. Oktober kam es zu einer Razzia in zwei Wohnungen des Berliner Hausprojekts in der Reichenberger Str. 63a.
Betroffen sind zwei Antifaschist_Innen, einer von ihnen ist der
Vize-Vorsitzende des Berliner VVN-BdA (Verfolgte des Naziregimes - Bund
der Antifaschisten).
Er
soll angeblich auf eine Gruppe von Menschen eingewirkt haben und diese
zu Straftaten (insb. schweren Landfriedensbruch) aufgerufen haben. Dem
Berliner wird im Speziellen vorgeworfen, mit einem Megafon 500
Antifaschist_Innen aufgefordert zu haben, eine Polizeiabsperrung zu
durchbrechen.
Der Vorwurf ähnelt dem, welcher dem Jenaer
Jugendpfarrer Lothar König gemacht wurde, dessen Wohn- und Arbeitsräume
bereits im August vom sächsischen LKA durchsucht worden waren.
Stuttgart im Würgegriff der SOKO 19/2
Einen
besonderen Fokus scheinen die sächsischen Ermittlungsbehörden auf
Stuttgart gerichtet zu haben. Hier kam es in den vergangenen Wochen
gleich zu mehreren Razzien. Die ersten wurden am 28. September
gleich vier Wohnungsdurchsuchungen durchgeführt. Außerdem brachen die
sächsischen Beamten unter Amtshilfe baden-württembergischer
Polizeieinheiten mit gezogenen Waffen in eine falsche Wohnung ein und
bemerkten erst nach einer halben Stunde, dass sie hier nicht die
Verdächtigen gefesselt und bedroht hatten.
Den vier Betroffenen wird vorgeworfen am 19.02.2011 in Dresden an
Aktionen gegen Europas bis dahin größten Naziaufmarsch teilgenommen zu
haben und dabei militant gegen Polizist_Innen vorgegangen zu sein sowie
Sachschäden verursacht zu haben. Von drei der vier wurde DNA entnommen
und ED behandelt. Dazu wurde ein Antifaschist sogar von seiner
Arbeitsstelle abgeholt und somit diffamiert. Eine Person konnte von den
Ermittler_Innen nicht angetroffen werden.
In den darauf folgenden Wochen
verschickte die Dresdner Polizei Vorladungen an weitere 15
Antifa-Aktivist_Innen mit der Aufforderung sich zum Verhör und
ED-Behandlung in den örtlichen Polizeidienststellen einzufinden.
Mitte Oktober
kam es zu einer weiteren Razzia. Laut der Stuttgarter Ortsgruppe der
Roten Hilfe wird auch diesem Durchsuchten vorgeworfen aus einer
20-köpfigen Gruppe heraus Polizist_Innen angegriffen haben.
Beschlagnahmt wurden Kommunikationsmittel, Speichermedien sowie
Dokumente.
Mittlerweile erhob die Staatsanwaltschaft, Informationen der „Dresdner Neuesten Nachrichten”
zu folge, auch Anklage gegen einen 23-Jährigen, dem der absurde Vorwurf
gemacht wird, in der Dresdner Südvorstadt 50 Steine auf Polizeibeamte
geworfen zu haben. Dabei sollen 7 Polizist_Innen verletzt und mehrere
10.000 € Sachschaden entstanden sein.
…und wie steht's mit dem §129-Verfahren
Auch
im Verfahren wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung” gegen
Antifaschist_Innen in Dresden gab es neue Entwicklungen, so wurden im
September polizeiliche Vorladungen verschickt. Dabei wurden auch
Verwandte bzgl. der Aktivitäten und Bekanntschaften der Zeug_Innen
befragt.
Es sei nochmals erwähnt, dass Vorladungen der Polizei
nicht zum Erscheinen bei dieser verpflichten geschweige den eine
Aussage gemacht werden muss!
Außerdem wurden seitens der Staatsanwaltschaft Vorladungen an Menschen
aus dem Stadtteil Dresden-Löbtau verschickt. In den Verhören, die von
LKA-Beamten durchgeführt wurden, ging es vor allem um Strukturen im
Wohnprojekt „Praxis” und um die dort wohnenden Beschuldigten im
§129-Verfahren. Teilweise wurde versucht die Zeug_Innen zu provozieren,
indem vorgeworfen wurde, die Bewohner_Innen des Projekts hätten am 19.
Februar eine Gruppe von 250 Nazis angegriffen oder ein Stein, der
während des Angriffs der Nazis auf das Projekt und weitere anliegende
Häuser in ein Kinderzimmer geworfen wurde, wäre von Hausbewohner_Innen
selbst dort hingelegt worden.
Das sich die Ermittler in ihrem Kampf gegen den „bösen Linksextremismus”
vor ihren rechtlichen Grenzen nicht halt machen, zeigt der Fall der
Durchsuchungen im „Haus der Begegnung” im Februar. Hier wurden neben
den Vereinsräumen auch eine Privatwohnung und ein Anwaltsbüro gestürmt.
Dieses Vorgehen erklärte das Dresdner Amtsgericht genauso wie die
ED-Behandlung und in Gewahrsamnahme zweier Mitarbeiter der Partei
DIE.LINKE für rechtswidrig.
Es ist zu erwarten, dass es sich bei den Hausdurchsuchungen in Berlin
und Stuttgart nur um den Anfang einer weiteren und bundesweiten
Repressionswelle gegen Antifaschist_Innen im Zusammenhang mit dem 19.
Februar handelt, welche im Vorfeld des Naziaufmarsches im Jahr 2012
Aktivist_Innen einschüchtern und linksradikale Strukturen schwächen
sollen.
Linksradikale sollen politisch isoliert und in Zukunft breite
gesellschaftliche Bündnisbildung mit emanzipatorischer Zielsetzung, wie
„Dresden-Nazifrei”, zu erschweren. So wird in Sachsen nicht
ausschließlich auf Repression gesetzt, zusätzlich wird versucht den
Protest zu befrieden: So bildete sich unter Moderation des CDU-nahen,
katholischen Ex-Pfarrers Frank Richter eine Arbeitsgruppe
um neben der alljährlichen Menschenkette auch Proteste in Sicht- und
Hörweite des Naziaufmarsches zu etablieren und somit potentielle
Blockierer_Innen an einen wirkungslosen und bloß symbolischen,
legalistischen „Protest” zu binden.
Dieser Vereinnahmung der Proteste und deren Transformation in ein
bloßes Lippenbekenntnis „gegen rechts” gilt es entgegenzutreten.
Kein Widerstand ohne Solidarität!
Kampagne 129ev im November 2011
www.129-ev.tk
Material
- Flyer: ZeugInnenvorladungen zur Staatsanwaltschaft [PDF] [Link]
- Flyer: Informationen zu ZeugInnenvorladungen [PDF] [Link]
- Flyer: Der §129 – Eine „kurze“ Geschichte [PDF]
- Jingle: Ihre Repression [MP3] [Link]
- Plakat: "Wir machen auch Hausbesuche!" [JPG]
- mehr Texte, Flyer, etc. [Link]
Spendenkonto:
Rote Hilfe Dresden, Konto: 609760434
BLZ 36010043, Postbank Essen
Stichwort „129 Verfahren“ (für die Prozesskosten)
Stichwort „129 Soliarbeit“ (für Kosten der Kampagnenarbeit)
Kontakt:
abolish129 [ät] riseup.net
Den PGP-Key findet ihr hier. Vorsicht beim verfassen unverschlüsselter Mails!
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"...in Dresden an Aktionen gegen Europas bis dahin größten Naziaufmarsch teilgenommen zu haben"
Dresden ist ganz klar NICHT mehr der größte Naziaufmarsch in Europa, der er vor einigen Jahren einmal war. Durch die vielen tausend Aktivist_innen hat sich das zum Glück geändert!
Aber bitte behauptet das nicht weiterhin. Ihr vergesst damit zum Beispiel Städte wie Magdeburg, in denen jährlich über 1000 Faschos zum Trauermarsch anreisen, der auswärtige Antifaschist_innen aber kaum zu interessieren scheint.
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sag ma, hast Du tomaten auf den augen? Du hast doch "bis dahin" sogar mitzitiert. in den vergangenen jahren hatte der aufzug bis zu 7.000 teilnehmer.