Vor mehr als dreißig Jahren wurde Elisabeth Käsemann in Argentinien ermordet. Nun sind mehrere Mitglieder der damaligen Diktatur verurteilt worden.
Es gibt so etwas wie eine Pflicht zur Wahrhaftigkeit gegenüber dieser Geschichte, schon aus Respekt vor den 30 000 Opfern. Wenn das Auswärtige Amt heute als Nebenkläger gegen die Mitglieder der ehemaligen argentinischen Militärjunta auftritt und verniedlichend vom "Versagen der deutschen Diplomatie" spricht, ist das der nachholende Versuch, die Komplizenschaft der damaligen Bundesregierung mit der argentinischen Militärjunta, speziell die des Auswärtigen Amtes, zu relativieren.
Die Bundesregierung unter Helmut Schmidt wurde vorab von dem bevorstehenden Putsch informiert. Der deutsche Botschafter in Argentinien, Hansjörg Kastl, gab dem Juntamitglied Admiral Massera noch einige "gute Tipps" mit auf den Weg.
"Meine Reaktion damals lautete: Herr Admiral, bitte begehen Sie nicht die Fehler von Pinochet. Fußballstadien, Entführungen und Massakrierenden, Exekutionen ohne eine legale Grundlage sind undenkbar, sondern in diesem Falle brauchen Sie Standgerichte und den Ausnahmezustand. Dann begreift das Ihr Volk und das begreift dann auch das Ausland."
Im Unterschied zu anderen Ländern, wurde von der Bundesregierung kein Einziger von den deutschen oder deutschstämmigen 72 Verschwundenen gerettet und das, obwohl Deutschland als bedeutendster Handelspartner Argentiniens problemlos den notwendigen Druck hätte ausüben können.
In dem hervorragenden Buch "Dass du zwei Tage schweigst unter der Folter" hat der LAIKA-Verlag in Zusammenarbeit mit der "Koalition gegen Straflosigkeit" einen detaillierten Bericht dazu vorgelegt, wie das Auswärtige Amt unter Genscher, Hamm-Brücher, Karl Moersch und Klaus von Dohnanyi den Militärs beim Foltern und beim Morden halfen.
Es steht zu befürchten, dass das Auswärtige Amt mit diesen Tätern und ihren Taten genau so umgehen wird, wie mit seiner erbärmlichen Geschichte während des Nationalsozialismus, wenn überhaupt, wird erst lange nach ihrem Tod darüber gesprochen.
Das sei nur am Rande erwähnt, während sich das Auswärtige Amt um Persilscheine für seine Vergangenheit bemüht, schickt es gleichzeitig hochrangige Delegationen nach Äquatorialguinea um lukrative Waffengeschäfte abzuschließen.
Äquatorialguinea ist zwar eine der brutalsten und blutigsten Diktaturen der Welt, ist aber reich an Öl- und Gasvorkommen.
Die Brutalität der deutschen Außenpolitik wird nur noch durch die dumme Dreistigkeit ihrer Rechtfertigungsversuche übertroffen.
von Peter Alexa
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Deutschland und die Diktaturen Lateinamerikas
Als die Militärs in Argentinien 1976 die Macht an sich rissen, begann eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte dieses südamerikanischen Landes. Bis zur Rückkehr der bürgerlichen Demokratie in den 1980er Jahren wurden 30.000 Menschen verschleppt, gefoltert und auf brutalste Weise ermordet.
Unter den Opern befanden sich auch rund 100 Deutsche und aus Deutschland stammende Menschen. Während sich die USA und andere europäische Staaten für ihre Bürger einsetzen, blieb die damalige BRD-Regierung tatenlos. Mehr noch: „Die damalige Regierung unter SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt hat aktiv mit einer der blutigsten Militärdiktaturen paktiert“, sagte Karl-Heinz Dellwo, der dem Thema in seinem Verlagshaus Laika ein Buch gewidmet hat. Der Titel „Dass Du schweigst zwei Tage unter der Folter“ erzählt die Geschichte des Leids – und die Schicksale mehrerer Deutscher. Die Bundesregierung habe diese Schicksale damals nicht nur sprachlos hingenommen, sondern aktiv verschleiert, sagt Dellwo im Interview mit weltnetz.tv
Mit seiner Aufklärungsarbeit will er zur Debatte über diese Vergangenheit beitragen. „Die Akteure leben noch“, sagte er. Und ihre Taten seien strafrechtlich zu belangen.
Die Auseinandersetzung mit der Kollaboration mit dem Mörderregime in Argentinien ist noch aus einem anderen Grund bedeutsam. In dem Maße wie sich die Konflikte mit anti-neoliberalen Staaten Lateinamerikas zuspitzen, wiederholt sich die Geschichte. Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung hat den Putsch gegen die letzte demokratisch gewählte Regierung dieses mittelamerikanischen Landes Ende Juni 2009 aktiv unterstützt. Seither sind Dutzende politische Gegner der Putschisten ermordet worden. Dennoch drängt die deutsche Regierung erneut auf die Anerkennung des Regimes. DerFDP-Politiker und Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Hans-Jürgen Beerfeltz, stellte den Verantwortlichen vor wenigen Tagen eine Millionenhilfe zur Verfügung.
Text: Harald Neuber
Video: Constanze Knoche/André Becker/Harald Neuber, weltnetz.tv
http://weltnetz.tv/video/80