Bochum: Pfarrer wittert "Deutsch-Feindlichkeit"

Pfarrer Wessel ist schockiert

Der Bochumer Pfarrer Thomas Wessel ist schockiert und die NPD klatscht ihm Beifall. Deutsch-feindliche Elemente haben es gewagt eine Parole an seine Kirche zu sprühen. Die Aufschrift "Tötet die Deutschen" prankt jetzt Passant_innen entgegen. Zugegebener maßen ist die Drohung jemanden zu töten nichts, was man sich unter guten Freunden sagen würde. Dass diese Parole keinen emanzipativen Gehalt hat, auf diesen Gedanken wären wir auch ohne den schockierten deutschen Pfarrer gekommen.

 

Wessel, der in der Vergangenheit zusammen mit dem Bündnis "Bochum gegen Rechts", der CDU, Mili Görüs, einem ehemaligen Bochumer Staatsschützer in einem "breiten Bündnis" gegen den Naziaufmarsch am 25. Oktober 2008 mobil gemacht hatte und dem Bündnis auch die Räumlichkeiten in seiner Kirche für Treffen zur Vefügung stellt, hatte die Parole an der Wand entdeckt und den Staatsschutz und die Öffentlichkeit informiert. Und schon titelt die BILD-Zeitung: "DEUTSCHEN-HASS MITTEN IM REVIER!". Wessel zu dem Vorfall: „Der Begriff der ‚Deutsch-Feindlichkeit‘ erscheint schräg, dennoch muss darüber geredet werden. Manche Migranten neigen dazu, sich in die Opferrolle zurückzuziehen.“

 

Der Diskurs der Deutsch-Feindlichkeit wurde von der heutigen Bundesfamilienministerin Christina Schröder in die Debatte eingebracht, die zum rechtsaußen Flügel der Unionsparteien zählt. Unter Migrant_innen sei eine Verstärkte Feindschaft gegenüber den Deutschen zu beobachten, die zu Mobbing und Erniedrigung von Deutschen auf Schulhöfen führe.

 

Dass Migrant_innen tatsächlich diejenigen sind, die im Rahmen von Sarrazin-Debatte, Terror-Hysterie und Kulturkampfdiskurs in der Öffentlichkeit angeprangert und diskriminiert werden, interessiert wenig. Die versuchten Brandanschläge auf Moscheen im letzten Jahr, die Wahlerfolge von "Pro NRW" in Duisburg und anderen Städten, lässt man unter den Tisch fallen. Im Lichte des rassistischen deutschen Mehrheitsdiskurses kommt einem eine Parole wie "Tötet die Deutschen" eher als anti-emanzipativer Verzweiflungsakt vor, als als wirklich ernstzunehmend bedrohlicher Rassismus. Denn dafür liegt einfach kein entsprechender gesellschaftlicher Mainstream vor. Die Lebensrealität der allermeisten Migrant_innen in Deutschland ist von ganz anderen Problemen geprägt als vom Phantom der "Deutsch-Feindlichkeit".

 

Dass der vermeintlich gegen Rechts engagierte Pfarrer diesen Diskurs aufgreift entlarvt die ekelhafte Pseudo-Toleranz der deutschen Zivilgesellschaft. Bei groß angekündigten Bratwurstessen gegen Rechts soll ein besseres Deutschland inszeniert werden, während Neonazis in Ruhe marschieren gelassen werden. Antifas, die sich konsequent gegen jene zur Wehr setzen werden als "Provokateure" diffamiert.

 

“Das darf nicht totgeschwiegen werden. So was an eine Moschee oder Synagoge gesprüht, gäbe einen riesigen Aufschrei”, fügt Wessel an und ist sich nicht zu blöd einen dummen Spruch ohne gesellschaftliche Relevanz mit dem mörderischen Antisemitismus, sowie der ebenfalls oftmals mörderisch antimuslimischen Hetze in Deutschland gleichzusetzen. Vor dem Hintergrund der Niederbrennung von Synagogen, derVerfolgung und Ermordung von Jüd_innen im Nationalsozialismus, kann man dieses Zitat nur noch als widerwärtig bezeichnen.

 

Alle gesellschaftlichen Kräfte, deren Antirassismus noch ernst genommen werden will, sollten sich von Wessel scharf distanzieren und dazu beitragen, dass er in allen sich als antifaschistisch sehenden Zusammenhängen geächtet wird.

 

Gegen NS-Relativierung!

Konsequenter Antirassismus statt deutsche Opferinszenierung!

Gegen Rassismus und Intgegration!

 

Links:

 

NPD-Bericht (via Proxy)

BILD-Zeitung

 

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Artikel kritisch an die Bochumer Monopol-Manipulations-Plattform "Bo-Alternativ" schicken, die BgR-Mafia.

Könnte kritsich werden!

BgR trifft sich bereits seit langem nicht mehr in der Kirche des Herrn Wessel sondern in den Räumen von Verdi Bochum. Ich glaube nicht, dass die Äusserungen von Herrn Wessel mit den Ansichten von BgR übereinstimmen.

Zwei Dinge sind bislang sicher:

 

a) es gibt einen Pfarrer, der nachweislich in der Vergangenheit gegen Nazis Stellung bezogen hat und seien Infrastruktur für antifaschistisches Engagement bereitstellte

b) es gibt einen BILD-Artikel, in dem der Pfarrer nicht gut wegkommt.

 

Für den "kritischen Kritiker" reicht das, um Boykottforderungen gegen den Pfarrer zu erheben. Das hat mit "emanzipatorisch" ungefähr soviel zu tun wie die Scharia mit der Anarchie. Oder die Antideutschen mit dem Kommunismus.

 

:-)

Jetzt ist also die Bildzeitung Schuld an den Aussagen des Pfarrers?

 

Und übrigens: dass der Autor des Artikels nicht antideutsch ist, erkennt man doch schon daran, dass im Artikel von antimuslimischer Hetze gesprochen wird. Welcher Antideutsche würde so etwas schreiben?

Meiner Meinung nach ist die im Artikel an dem Stichwort "Deutschen-Feindlichkeit" zu kurz gegriffen. Denn das eigentliche Problem (neben dem Rumopfern der in Teilen rassistischen Mehrheitsgesellschaft) ist, dass der Begriff suggeriert, dass "Menschen mit Migrationshintergrund" keine Deutschen sind, also hier höchstens geduldet sind, aber eigentlich nichts hier zu suchen haben. Bzw., dass sich die Zugehörigkeit zu diesem Land und das Recht auf Aufenthalt hier eigentlich nur über Abstammung begründet. Sprich, weise deine deutsche herkunft über x Generationen nach, und du bist Deutsch. Sonst bist du Ausländer. Diese Blut-und-Boden-Mentalität ist das eigentliche Problem (und eigentlich auch nicht besonders neu in diesem Land).

Sehr zu empfehlen dazu Noah Sows Buch "Deutschland Schwarz Weiß", in dem z.B. der Begriff Ausländerfeindlichkeit kritisiert wird (ist man, wenn man in der 3. Generation in Köln/Hamburg/Buxtehude/... wohnt, Ausländer? - Wohl kaum.)

Das hier soll natürlich kein Plädoyer für Nationen und Staatsangehörigkeiten sein, sondern für den sensiblen Umgang mit Begriffen wie "AusländerInnen", "MigrantInnen", "Deutsche", etc. werben.

Eure Rassismusdefinition ist kurz gesagt: Rassismus kann es nur in einem asymmetrischen, hierarchischen Verhältnis geben. Ein Biodeutscher kann damit wegen den gesellschaftlichen Mehrheitsverhältnissen nicht von einem Migranten auf Grund seiner Abstammung rassistisch diskriminiert werden, auch wenn ihm z. B. diese Mehrheitsverhältnisse in der konkreten Situation nichts bringen.

Die Entstehung dieser Rassismusdefiniton lässt sich unschwer auf den Antiimperialismus zurückführen. Seine heutigen Modernisierungen firmieren unter Begriffen wie Poststrukturalismus, Postkolonialismus und critical whiteness, wobei letztere noch einen Schritt weiter geht und Rassismus quasi zu einer biologischen Eigenschaft erhebt ("alle Weißen sind Rassisten" (Julia Caroline Brilling)).

Dem gegenüber steht eine Rassismusdefinition, die im Rassismus eine Ideologie sieht, die sich Menschen unabhängig von eigenen Diskriminierungserfahrungen oder sozialen und biologischen Eigenschaften aneignen können. Demnach kann auch ein Migrant extrem rassistisch sein und ein Biodeutscher überhaupt nicht. Es hängt einfach davon ab, ob jemand in diesen Kategorien denkt bzw. in sozialen Situationen auf diese rekurriert.

Diese Definition ist wohl die gesellschaftlich gängige, weshalb es auch nicht überrascht, das ein linker Pfarrer sie vertritt. Im Spektrum radikaler Gesellschaftskritik wird sie vorwiegend von Marxisten bzw. Kommunisten vertreten.

 

Es kann sich jetzt jeder selber überlegen, welche Definition ihm plausibler erscheint. Ich möchte aber mit der Bitte schließen nicht den alten linken Fehler zu machen die eigene Ideologie absolut zu setzen. Es gibt mehrere Rassismusdefinitionen und keine ist besser, schlauer oder steht aus anderen Gründen über der anderen. Sie kommen nur alle aus unterschiedlichen (linken) Denktraditionen. Bevor ihr also in Zukunft einem Linken öffentlich als Rassisten brandmarkt, macht Euch bewusst, dass er vielleicht nur einfach Marx spannender als Foucault fand und deshalb Eure politische Richtung nicht teilt. Das heißt aber noch lange nicht, dass er weniger Anspruch als ihr hat, Menschen aus widerlichen Verhältnissen zu befreien.