An einer Kundgebung gegen das Atomkraftwerk in Fessenheim haben Tausende von Menschen teilgenommen. Frankreichs Umweltministerin will derweil nicht mehr ausgeschließen, auf längere Laufzeiten bei älteren AKW zu verzichten.
"Man darf nicht mitten in der Krise radikale Entscheidungen treffen", 
sagte Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet der Zeitung "Le 
Journal du Dimanche". "Aber wenn die Ergebnisse der Untersungen es 
erfordern, dann können wir uns vorstellen, die Laufzeit von manchen 
Atomkraftwerken nicht zu verlängern", fügte sie hinzu. Dazu passt eine 
andere Meldung: Bei einer Sitzung der Kontrollkommission für das AKW 
Fessenheim am Montag in Colmar wird das Atomdesaster in Japan 
wichtigstes Thema sein.
Tausende Kernkraftgegner haben am Wochenende in vielen deutschen Städten
 für den sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft demonstriert. Die größte 
Kundgebung gab es in Neuenburg. Die Atomkraftgegner zählten "mehr als 10
 000 Menschen, die meisten aus Deutschland", sagte Jean-Paul Lacote von 
elsässischen Naturschutzverband "Alsace Nature". Die Polizei sprach von 
7500 Teilnehmern.
"Wir sind heute hier, um unsere Empörung zu zeigen", rief Moderator 
Ulrich Rodewald. Auf dem Neuenburger Rathausplatz drängten sich die 
Menschen, viele mit Fahnen und Transparenten, manche hatten 
selbstgemalte Pappschilder mitgebracht, einige waren fantasievoll 
verkleidet, beispielsweise als strahlende Reaktoren. Überall 
Luftballons, Aufkleber, Stirnbänder. Auch mancher Hund durfte am 
Halsband die Einstellung seiner Menschen zeigen. "Jetzt wird’s Zit", 
meinte ein Mann aus Auggen, der auch noch nie demonstriert hatte. Die 
jüngsten Ereignisse in Japan würden seine Wahlentscheidung beeinflussen,
 fügte er hinzu. Auch eine Familie aus einer Umlandgemeinde wird am 
kommenden Sonntag anders wählen als bisher. "Wir müssen jetzt Flagge 
zeigen", sagte eine Frau, während ihr Mann als amtierender CDU-Gemeinnur
 vielsagend schwieg.
Werbung
Auf der Rheininsel am Grenzübergang reichte der Platz kaum aus, die 
Menschenmassen zu fassen. Immer wieder dirigierte Axel Mayer vom Bund 
Südlicher Oberrhein die Demonstranten auf die einmündenden Wege. "Meine 
lieben Fortschrittsverweigerer, liebe Bedenkenträger, liebe Wutbürger", 
rief er in die Menge. So sei man bisher verunglimpft worden, aber 
offenbar sei man nicht laut, nicht wütend genug gewesen, begann er seine
 Rede, in der er auch nicht versäumte, auf die Anlagen der 
Chemieindustrie in Sichtweite hinzuweisen, die bei einem Erdbeben 
ebenfalls eine Gefahr für die Bevölkerung in der gesamten Region seien. 
Es folgte eine scharfe Abrechnung mit der bisherigen Atompolitik der 
Bundes- und Landesregierung, die immer wieder durch Sprechchöre der 
Demonstranten unterbrochen wurde.
Auf dem zur Rednerbühne umfunktionierten Traktoranhänger sprach 
Jeal-Paul Lacôte von Alsace Nature, der seit 15 Jahren Mitglied der 
Kontrollkommission für das AKW Fessenheim ist. Er erinnerte daran, dass 
am Montag eine Sitzung in Colmar einberufen sei, an der auch Landrätin 
Störr-Ritter teilnehme. "Wir sehen, wie sie sich verhält", kündigte er 
an. Die Atomkatastrophe wird dabei wichtigstes Thema sein. Ein Sprecher 
der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN wird berichten, welche 
Auswirkungen das Unglück in Japan auf die Sicherheitsmaßnahmen für die 
französischen Kraftwerke hat.



More Media