An dieser Stelle dokumentieren das Schreiben der ZSP für Jola
 Am 7. März erfuhren wir vom Tod einer Aktivistin der 
MieterInnenbewegung. Jolanta Brzeska wurde tot in den Wäldern von 
Warschau gefunden. 
Ihr Körper war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und es ist unklar ob sie bereits tot oder noch lebendig war, als es geschah. 
Die 64 Jahre alte Jola war eine Gründerin der Warschauer 
MieterInnenbewegung. Als engagierte Aktivistin konnte sie gut sprechen, 
sie ging zu allen Demonstrationen, blockierte Versammlungen und half 
anderen MieterInnen. Sie persönlich befand sich in einer Schlacht mit 
Warschaus berüchtigsten »slumlord« Marek Mossokowski [1], denn sie war 
die letzte Mieterin in einem für ihn wertvollen Objekt. Ursprünglich war
 das Haus nicht in Privatbesitz sondern in öffentlicher Hand; jola hatte
 schon sehr lange darin gewohnt. Die Gegend war für Anleger sehr 
attraktiv; die bauten luxuriöse Wohnungen mit einem Kaufpreis von 5000 €
 pro Quadratmeter direkt neben Jolas Haus. Die Tortur begann als eines 
Tages 10 fremde Männer an ihre Tür klopften. So fand sie heraus, dass 
ihre städtische Wohnung in private Hände gefallen war.  
             Tausende in Warschau erhielten diese schockierende 
Nachricht, denn die Stadt informiert niemanden über ihre Pläne. . 
Wahrscheinlich erfahren die meisten MieterInnen von der Privatisierung 
ihrer Wohnung erst nach Abschluss des Verkaufsvertrages [2]. 
Marek Mossakowski ist ein so berüchtigter Grundeigentümer, dass ihn 
sogar die neoliberalen Architekten der Privatisierung verdammen. Sein 
Hobby ist es Ansprüche auf Grundeigentum zu erwerben. Noch vor einigen 
Jahren kamen die Mensch nur sehr schwer an verstaatlichtes Grundeigentum
 zu, selbst wenn sie die Wohnung oder das Haus vor dem 2. Weltkrieg 
besessen hatten. Ohne Beziehungen ist es heute noch schwer an diese 
Wohnungen zu gelangen. Von Mossakowski ist bekannt, dass er 
Grundeigentum für 50 Zloty (12.5 Euro) gekauft hat, wofür er später 1.25
 Millionen Euro verlangte [3]. 
Dieser »slumlord« ist für die skrupellosen Methoden bekannt mit denen er
 Menschen aus ihren Wohnungen vertreibt. Zuerst versucht er es mit 
Mieterhöhungen und zusätzlichen Kosten, wenn das nichts hilft, hat er 
andere Methoden parat. Im Fall von Jolas Haus, bekamen die MieterInnen 
kurz nach Mossakowskis Antrittsbesuch einen Brief. Darin behauptete er, 
dass sich die MieterInnen aufgrund der Privatisierung »illegal« in dem 
Gebäude befinden. Da sie nun illegal in den Wohnungen wären, müssten sie
 ihm zu ihrer Miete noch eine Entschädigung von bis zu 500 Euro 
monatlich zahlen. 
Jola wusste dass dieses Vorgehen ungesetzlich ist und weigerte sich zu 
zahlen. Wie bei vielen anderen in ihrer Situation war die Miete nun 
höher als die Rente; Jola bekam zuletzt ungefähr 350 Euro monatlich. Als
 sie sich weigerte zu zahlen begann für sie der Terror. Mossakowski 
versuchte in ihre Wohnung einzubrechen und die Wohnung bei der Stadt als
 seine Erstwohnung registrieren zu lassen.  
Im Gegensatz zu Jola, die von der Stadt keine neue Wohnung zugewiesen 
bekam, wohnte der Millionär und Grundbesitzer Mossakowski in einer 
Wohnung der Stadt. Niemand weiß ober er wirklich dort lebt, zumindest 
mietet er sie. 
Auf der einen Seite privatisiert die Stadt Wohnungen, auf der anderen 
Seite stellt sie zu wenig Ersatz zur Verfügung. Letztes Jahr vergab die 
Stadt nur 90 Wohnungen. Wenn Menschen in eine solche Situation geraten, 
schaut die Stadt auf deren Einkommen. Da die Bemessungsgrenze zu niedrig
 ist, erhalten nur sehr wenige Menschen Ersatzwohnungen. Die für die 
Zerstörung des öffentlichen Wohnsektors verantwortlichen Bürokraten 
erdenken alle nur möglichen Gründe um die Vergabe zu verhindern und 
verstoßen dabei sogar gegen Gesetze. Jola bekam keine Ersatzwohnung, da 
ihre Tochter eine Wohnung hatte. Eigentlich ist das irrelevant, aber in 
einigen Städte sagt man Leuten, die ihre Wohnung verlieren, sie sollen 
bei ihren Kindern oder bei ihren Eltern wohnen. 
Jola hat die ganze Situation wütend gemacht und sie hat für den Wandel 
der Politik eingetreten, damit andere nicht durch das gehen müssen was 
sie erlebt. Unabhängig davon dass ihr Fall vor Gericht noch verhandelt 
wurde, erhob Mossakowski Forderungen über 20.000 Euro. Als Jola starb, 
war sie die letzte MieterIn in dem Haus. 
Jolas Tochter berichtet, dass sie auf sehr mysteriöse Weise verschwunden
 ist. Kurz danach teilte man der Tochter mit, dass am Tag des 
Verschwindens ihrer Mutter ein verbrannter Leichnam gefunden worden war.
 
Jola war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, doch die Wohnungsschlüssel, 
die Brille und das Hörgerät konnten identifiziert werden.
Niemand weiß, ob die Polizei ein Interesse daran hat den Fall 
aufzuklären. Obwohl alles auf einen ungewöhnlich brutalen Mord 
hindeutet, zieht die Polizei abwegige Möglichkeiten wie Selbstmord oder 
die Mitgliedschaft in einem Kult in Betracht. Es ist unklar ob die  
Polizei ein bestimmtes Interesse daran hat, die Untersuchungen in diese 
abwegigen Richtung zu delegieren. 
Eines steht fest: die in der MieterInnenbewegung beteiligten Menschen 
machen die Politik, die BewohnerInnen öffentlichen Eigentums in die 
Hände von skrupellosen Maklern und ausbeuterischen Grundeigentümer 
fallen läßt, für den Tod Jolas verantwortlich. Wir werden Jola und ihre 
kämpferische Hingabe nie vergessen, und den Kampf, den sie geführt hat, 
mit größerem Eifer weiterführen.
Kein Vergeben, kein Vergessen!
ZSP Warschau
Quelle
ZSP Warschau. Housing Activist Found Dead in Warsaw. in:  ( ZSP Warsaw Blog ), 08.03.2011.
Fußnoten
[1] engl. „slumlord“: ausbeuterischer Eigentümer eines abbruchreifen Mietshauses
[2] Aus diesem Grund hat die ZSP interne Dokumente der Stadt 
veröffentlicht und alle jene informiert und organisiert, die von den 
Privatisierungen betroffen sein könnten.
[3] siehe: Gazeta Warszawa.Miał tylko 50 zł, teraz ma kamienicę. in: Gazeta.pl Warszawa, 13.08.2010. 
[4] Das ist ein Gesetzverstoß, denn wenn er sie rausschmeißen wollte, 
hätte er eine Frist von 3 Jahren einzuhalten oder eine Ersatzwohnung zur
 Verfügung zu stellen.
Über die Hintergründe
Direkte Aktion. Abend in der Stadt. in: Direkte Aktion 204 (März/April 2011).
Direkte Aktion. Gentryfikacji. in: Direkte Aktion 203 (Januar/Februar 2011).
ZSP. PolitikerInnen – bleibt zu Hause und kehrt nie mehr zurück!. in:  Inoffizieller IAA Blog, 21.01.2011.
ZSP. Mietstreik in Warschau: Aktivierung und Organisation im Kontext sozialer Atomisierung. in: Inoffizieller IAA Blog, 12.06.2010.
English
ZSP. Actions for Popular Control of Public Housing in the Memory of Jolanta Brzeska. in: 
ZSP Warsaw Blog, 09.03.2011.
ZSP. Housing Activist Found Dead in Warsaw. in: ZSP Warsaw Blog, 08.03.2011.
Polski
ZSP. Kto jest odpowiedzialny za śmierć Jolanty Brzeskiej?. in: 
Homepage ZSP, 
Português
ZSP. Ativista de moradia encontrada morta em Varsóvia . in: Inoffizieller IAA Blog, 10.03.2011.
ZSP. Não esqueceremos, não perdoaremos. in: Inoffizieller IAA Blog, 09.03.2011.

