…umsGanze!-Gruppen aus Berlin (TOP), Köln (AK) und Frankfurt [f] rufen mit folgeden Aufruf zur Verhinderung des Naziaufmarsches in Dresden auf.
Zur Kritik der Erinnerungskultur in Dresden oder Jeder Stadt den Naziaufmarsch, den sie verdient
Dresden, wir haben noch lange nicht genug!
Die Ereignisse am 13. Februar 2010 in Dresden waren zumindest in einer Hinsicht ein Erfolg für alle Antifaschist/innen: Die Organisation von Massenblockaden und zahlreiche Aktionen drum herum haben das erste Mal den Großaufmarsch der Nazis anlässlich des Gedenkens an die allierten Angriffe auf Dresden in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 verhindert. Es wurde dafür gesorgt, dass sich die rechte Szene der BRD in Dresden mal wieder einig war – diesmal allerdings einig in ihrem Frust anstatt einig in ihrer Stärke. Das erfüllt uns und alle anderen Menschen, die schon so einige bitterkalte und nervtötende Tage in Dresden verbracht haben, mit großer Freude.
Auch in anderer Hinsicht entsteht der Eindruck, dass sich in Dresden  etwas tut. Ob dass ebenfalls ein Grund zu großer Freude ist – auch wenn  es erstmal dazu einzuladen scheint – soll vorsichtig geprüft werden:  Erstmals setzt 2011 nämlich auch der sächsisch-hauptstädtische Stadtrat  ganz offiziell auf friedlichen Antifaschismus. Und zwar gleich mehrfach.  Zunächst stilisierte die Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) sich  selbst und die von gerufenen Stadtbürger/innen gebaute Menschenkette  erfolgreich als die friedliche, stumme Verhinderungsmauer des  Naziaufmarsches. Eine Behauptung, deren Absurdität schon alleine die  Tatsache verdeutlicht, dass sich die glorifizierte Menschenkette letztes  Jahr jederzeit in kilometerweiter Entfernung zur Route des  Naziaufmarsches befunden hatte. Bald darauf bezieht sich Orosz jedoch  auch eindeutig positiv auf die vom Bündnis Nazifrei – Dresden stellt  sich quer! und No Pasarán! bundesweit organisierten Blockadeaktionen der  Nazidemonstration, indem sie sie zum notwendigen Teil einer „Vielfalt  der Erinnerungskultur“ in Dresden erklärt.
Das vereinnahmt nicht nur die Organisator/innen, welche die Politik im  Vorfeld zu Straftätern erklärt hatte, sondern zeigt auch, dass hier  gerade ein Diskurswandel stattfindet: Im Nachklapp des 13. Februars 2010  eignet sich die Dresdner Stadt einen Protest an, dem sie noch bis in  die jüngste Vergangenheit ambivalent bis ablehnend gegenüberstand. Diese  Nutzbarmachung der Blockaden durch den Dresdner Stadtrat zeigt  exemplarisch eine Veränderung im Dresdner und auch im bundesdeutschen  Gedenkzirkus auf, der brummkreiselartig und so vielfältig und bunt er  sich geriert, so beständig Jahr für Jahr doch immer wieder eine  Tradition fortschreibt, die die Kulturstadt Dresden und seine  nationalsozialistischen Bürger des Jahres 1945 als friedliebende Opfer  der Gewalt des Nationalsozialismus und seiner Alliierten vorstellt. Und  dem nicht genug, wird der und die ahnungslose Talbewohner/in auch nach  ´45 in der aktuellen Dresdner Gedenkgeschichtsschreibung nicht in Ruhe  gelassen: die Gedenkknechtschaft des Realsozialismus mit ihren  „ausgeklügelten Propagandaplänen“ (Orosz) des Antifaschismus als Zwang  ersticken das individuell erinnernde Subjekt und muten ihm die zweite  Bürde totalitärer Erinnerungsunfreiheit auf. Die „Friedliche Revolution“  beginnt aus Dresdner Perspektive des Jahres 2011 demnach im  individuellen Erinnern ans Opfer Dresden, friedliebend und  kettenbildend. Und so schlägt die trauernde Stadt nicht nur Leipzig im  gedächtnispolitischen Lokalderby, wer die DDR als erstes in die Knie  gezwungen hat, sondern vermag auch, in der Nacht der Kerzen und „Stille  und Trauer“ am 13./14. Februar aufgeklärt und fraktionsübergreifend aus  dem Elbtal heraus der Nation Deutschland erneut den Persilschein einer  Opfernation als Zivilgesellschaft zu überreichen.
Weg mit dem Dresdner Gedenkzirkus!
Helma Orosz lobt also in einer Rede auf der Regionalkonferenz für Kriminalprävention in Dresden die „Vielfalt des Gedenkens“. Damit meint sie einerseits die Vielfalt der „Aktionsformen“ (Menschenkette, Heidefriedhof, Blockaden), andererseits aber auch eine Vervielfältigung der Gedenkanlässe: Zu besagter Nacht 13./14.2.1945 gesellen sich schon wieder friedlich die Novemberpogrome 1938 und die „Friedliche Revolution“ 1989. Durch die Inklusion der Blockaden in diesen Feiertage-Komplex werden diese kurzerhand zu einer Gedenkveranstaltung erklärt und damit dem städtischen Gedenkkorpus einverleibt. An mindestens einem Satz aus Orosz’ Präventionskonferenzrede lässt sich jedenfalls ablesen, wohin die Reise geht. Mit Blick auf die bislang zentrale Stellung des 13. Februars für Dresden betont sie: „Dabei bietet die Erinnerungskultur unserer Stadt so viel mehr, als ihre Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.“ Der Eventcharakter nationaler Gedenkveranstaltungen verschafft sich hier schon terminologisch Ausdruck – etwas muss den Leuten ‘geboten werden’, handele es sich dabei auch um die Novemberpogrome. Die gewissermaßen inhaltliche und terminliche Monopolisierung des Gedenkens im Luftkrieg-Opfer-Diskurs soll zugunsten einer Pluralisierung der Gedenkanlässe aufgelöst werden. Mit anderen Worten: Ein bunter, postmoderner, neoliberaler Gedenkreigen tritt an die Stelle eines standardisierten, gleichsam fordistischen Nachkriegs-Gedenkklotzes, bei dem sich jeder individuell einreihen kann, nur die Nazis eben nicht.
Es bleibt dabei: Kritik der Nation
Im Zentrum jeder Kritik des Gedenkens sollte die Ablehnung jeglicher  nationaler Gedenkveranstaltungen sein. Das Gedenken selbst ist es, was  aus ideologiekritischer Sicht das Problem darstellt. Ob die Deutschen  sich am Tag der Auschwitzbefreiung als geläuterte Nation, die ihre  Vergangenheit erfolgreich aufgearbeitet hat, inszenieren, oder in  Dresden zu Versöhnung und Völkerfreundschaft mahnen, bleibt im Endeffekt  dasselbe: der Holocaust ist längst wesentlicher Teil der deutschen  Identität geworden.
In dem Kontext muss zur Kenntnis genommen werden, dass sich die  Regierenden mit der Kursjustierung der Dresdner Gedenkpolitik in den  letzten Jahren zunehmend ‘links’ von der Bevölkerung positionieren. Der  und die Dresdener Durchschnittsbürger/in dürfte noch immer die  Bombardierung Dresdens als ungerechtfertigten Racheakt der Alliierten an  den wehrlosen Elbflorenz-Bürger/innen begreifen, hinter deren selbst  gemachten oder wenigstens familiär-heimelig kolportierten  Leiderfahrungen die Shoah in gefühlter Bedeutungslosigkeit versinkt.  Doch das deutsche Establishment hat es geschafft, der Weltöffentlichkeit  glaubhaft zu versichern, dass sie aus der Geschichte gelernt haben. So  ist das Auschwitz-Gedenken längst nationalideologisch gewendet und in  eine Bereicherung der deutschen Identität verwandelt worden. Nur weil  sich Deutschland in der Weltöffentlichkeit glaubhaft vom  Nationalsozialismus abgegrenzt hat, ist es möglich, dass die  wiederaufgebaute Frauenkirche heute als internationales Friedenssymbol  gilt. Auch der amerikanische Präsident Obama muss bei seinem  Deutschland-Besuch eine Stippvisite einplanen. Denn hier zeigt sich die  selbstbewusste Kulturnation Deutschland: Gemeinsam mit dem  Nazi-Terror-Regime wurden auch die Schätze der jahrhundertealten  deutschen Kultur in Schutt und Asche gebombt. Die Auffassung der  Deutschen als Volk, das seine Vergangenheit aufgearbeitet hat und in  Dresden einmal im Jahr in der Lage ist Versöhnung zu gewähren,  entspricht dem im Moment hegemonial vorherrschenden Nationalismus in  Deutschland, der weltoffen und ganz normal schwarz-rot-goldene Fahnen  schwenkt. Auch dieser „moderne“ Nationalismus ist brutal ausschließend.  Sein Zweck ist seit langem der Gleiche: Kollektive  Gedenkveranstaltungen, so sehr sie auch vermeintliche Individualität des  Gedenkens durch selbst gebastelte Kerzen oder in vereinzelter Trauer  verbrachte Schweigeminuten suggerieren, unterstellen und erzeugen  weltanschauliche Homogenität der Gedenkenden durch die ideologische  Projektion einer homogenen Opfergruppe. Auch eine noch so linksradikale  Perspektive kommt kaum weiter, wenn sie diesen Geschichtsbildern einfach  nur eine vermeintlich objektivere Version entgegen hält. Bis zu einem  gewissen Punkt ist Aufklärung als kritische Intervention in  Geschichtspolitik durchaus möglich. Gegenüber Nazis helfen jedoch nur  selten Argumente. Mit ihnen gibt es am 13. Februar sicher nichts zu  diskutieren. Doch auch angesichts des hegemonialen Diskurses hilft  Aufklärung nur bedingt; geht es doch in der Regel nicht um das Leugnen  oder Erfinden von Fakten, sondern um deren Interpretation. Der einfache  Verweis auf „Geschichtsrevisionismus“ geht daneben, wo Geschichte  ständig neu geschrieben wird. Stattdessen geht es um die konkrete Kritik  des nationalistischen Konstrukts und damit eines politischen Projekts,  das die Geschichte mit aktuellen Zielsetzungen als Legitimationsfolie  benutzt. Denn die nationale Inszenierung von Geschichte zielt – so  unterschiedlich sie im konkreten Fall ist – stets auf die Konstruktion  und Legitimation einer falschen Kollektivität, d.h. eines Kollektivs,  das seinen Zusammenhalt wesentlich in der brutalen Auseinandersetzung  mit den inneren und äußeren Störenfrieden auf dem Weg zum Erfolg auf dem  kapitalistischen Weltmarkt und in der globalen Staatenkonkurrenz  beweist. Angemessene Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Holocaust  können demzufolge nur antinationalen Inhalts sein, weil die  nationalidentitäre Wendung des Holocaustgedenkens in einen positiven  deutschen Erfahrungsvorsprung vor der Welt die Opfer verhöhnt, die es  vorgeblich ehren will.
Nie wieder Deutschland! Nie wieder nationales Gedenken! Nie wieder Nazis!
Das Weite gesucht und nicht gefunden!
Am 19. Februar ab nach Dresden, ab zu den Blockaden!


Ekelhafte Bildsprache
Eine Bombe als Herz darzustellen ist ja wohl mal unterste Schublade. Eine Bombe bringt niemals nur gutes. Kleiner Militarismusfetisch, wa?
Liebesgrüße von oben...
Jedenfalls haben weder Pazifisten, Hippies, Kriegsgegner noch die Dresdner Bevölkerung den Krieg sowie die Shoa beendet, das waren immer noch Alliierte Soldaten und Bomber und keine Blumen, Aufklärungszettel und die Aussicht auf freie Liebe....
tief luftholen, aber nicht verschlucken
Krasse undifferenzierte, unwissenschaftliche und elitäre Aussage. Denkt mal darüber nach, was ihr sagt und ob die neurotische Deutschland-Phobie und der krankhafte Hass, der sich im Text mehrfach audrückt (Textbild), einfach unangebracht sind und niemanden weiterbringen.
Ihr nennt euch "umsGanze"? Dabei in einem Aufruf gegen einen Nazi-Aufmarsch nicht mal den Faschismus und seine historische Funktion/Bedeutung auch nur kurz erläutert?
Weiterhin ist eure Haltung zur Nation ebenfalls undialektisch und unwissenschaftlich.
Wenn ich das Posting-Bild anschaue, schließt es für mich den Bogen zum letzten Satz. Opfer verhöhnen.... Wie krass is das denn, ihr feiert es ab, wenn Menschen sterben, die zum größten teil opfer militärischer strategie waren. wer hätte dann 45 noch alles umgebracht werden müssen, wenn es nach den schreibInnen des Artikels geht?
Hier zur Kenntnis: Bilder der Vorabenddemo im letzten Jahr mit Egotronic: http://www.woschod.de/2010/02/12/dresden-keine-versoehnung-mit-deutschland/
Von sich-lustig-machen ist da natürlich keine spur. das nenne ich ein vernünftiges Verhältnis zur Geschichte und zum Rest der Menschheit. Übrigens ist dort die "Kritik der Nation" in eurem Sinne gut zu sehen. (info: Letzten Sätze sind ironie).
pffff
Was ist deiner Meinung nach die historische Funktion des Faschismus? =D
Ein Expansionsprojekt des Kapitals zur Unterjochung der schuldlosen Arbeiterklasse? Lächerlich...
Definiere doch mal "unwissenschaftlich". Eine materialistische Analyse der Nation ist mit Sicherheit wissenschaftlicher, als das Antiimp-Gequatsche von den natürlichen Völkern und gewachsenen Nationen. Wer denkt Nationen seien natürlich gewachsen, ist nunmal nicht links.
Antifa Mobiclip: Dresden 2011
Check: http://www.youtube.com/watch?v=LDccIZl3Tl4
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