Schluss mit Zwangsräumungen! Schluss mit Verdrängung! Wir haben die Schnauze voll! Kiezladen Friedel54 bleibt! Wir bleiben alle! Für die solidarische Stadt von unten! Demonstration am 24. Juni ab 20:30 Uhr am Oranienplatz in Kreuzberg. Zwangsräumung blockieren! Am 29. Juni vor 9.00 Uhr morgens. Am 29. Juni soll nach dem Willen der sogenannten Eigentümerin, der luxemburgischen Briefkastenfirma Pinehill s.a.r.l., der Hausverwaltung Secura und der Polizei der Kiezladen Friedel54 nach 13 Jahren soziokultureller Arbeit aus dem Reuterkiez verschwinden. Einer der letzten selbstverwalteten, unkommerziellen Räume, die dem hippen Reuterkiez verblieben sind.
Wir sind wütend!
Wir sind wütend über unsere aktuellen und vorherigen Eigentümer. Über 
die alten Eigentümer, die Citec Immobiliengruppe aus Wien, die mit 
sinnlosen, aber profitablen Modernisierungen gegen den Willen der 
Mieter*innen der Friedelstraße 54 alles losgetreten hat. Geplante 
Mietsteigerungen um bis zu 200%, Plastik an der Hausfassade und ein 
Bauleiter, der Mieter*innen offen beleidigt und bedroht hat, und zu 
guter Letzt, die Kündigung unseres Ladens zum 30. April letzten Jahres 
gehen auf das Konto der Wiener.
Wir sind wütend auf die Citec, die sich nach vielfältigen Protesten dazu
 bereit erklärt hat, das Haus an die Bewohner*innen und Nutzer*innen zu 
verkaufen, dann im Rahmen eines Runden Tisches mit der Lokalpolitik mit 
uns darüber verhandelt hat, und dann doch das Haus hinterrücks an die 
aktuellen Eigentümer, die Luxemburgische Briefkastenfirma Pinehill 
verscherbelt hat. Und das nicht ohne im Vertrag zu verankern, dass 
unbedingt die Räumungsklage gegen uns eingereicht werden muss und sich 
sogar das Recht vorzubehalten im Falle des Scheiterns eine Revision zu 
fordern! Eine Verdrängungsklausel, die einem Nachtreten gleich kommt!
Wir sind wütend über unsere neuen Eigentümer deren erste Kontaktaufnahme
 zu uns die Räumungsklage war und die schon beim Kauf wusste, dass sie 
Verdrängen wird und gegen den Willen der Bewohner*innen und Nutzer*innen
 handelt.
Wir sind wütend über die Politik, die handlungsunfähig tut und uns nach 
Strich und Faden verarscht hat. Wütend über den ehemaligen Baustadtrat 
Neuköllns, Thomas Blesing und die, immer noch amtierende, 
Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD),
 die uns im Sommer vergangenen Jahres mit Unschuldsmienen versichert 
haben, dass der Bezirk kein Vorkaufsrecht auf unser Haus anwenden kann. 
Dasselbe Vorkaufsrecht, dass der neue Baustadtrat in der Liberdastr. 10 
problemlos anwenden konnte. Hätte der Bezirk damals interveniert und 
unser Haus, durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft kaufen 
lassen, hätte all der Stress, der darauf folgte und folgen wird, 
verhindert werden können. Zudem war der Bezirk verpflichtet den 
Kaufvertrag abzusegnen und hat somit nachweislich gewusst, dass durch 
den Verkauf der Laden verdrängt werden soll. Zynismus pur!
Wir sind es leid hingehalten, vertröstet und verarscht zu werden. Wir 
haben es auf dem juristischen Weg versucht und mussten uns von 
Richter*innen anhören lassen, wie ungerecht all dies sei, aber dass die 
Gesetzlage nunmal so ist, wie sie ist. Wir haben es auf politischem Weg 
versucht und mussten uns von allen Vertreter*innen des Staates anhören, 
wie machtlos und hilflos die Politik gegenüber dem freien Markt ist. Wir
 haben es auf dem finanziellen Weg versucht, indem wir unseren alten 
Eigentümern ein marktkonformes Angebot gemacht haben, das Haus von ihnen
 zu übernehmen und zukünftig selbstverwaltet und kollektiv zu besitzen, 
nur um hingehalten und verarscht zu werden.
Jetzt stehen wir kurz vor dem 1. Räumungsversuch. Auch wenn es Alltag in Berlin geworden ist, sind wir dennoch entsetzt darüber, dass eine luxemburgische Briefkastenfirma gesetzeskonform entscheiden kann, dass ein 13 Jahre alter Kiezladen, ein unkommerzieller, emanzipatorischer und sozialer Raum einfach so verschwinden soll. Eine Entscheidung, die deutlich macht, wie über unsere Köpfe und unsere Bedürnisse hinaus Dinge entschieden werden. Seit unserer Kündigung haben wir unzählige Botschaften der Solidarität erhalten. Nachbar*innen haben uns besucht und ihr Bedauern über die Kündigung ausgesprochen, Transparente und Wimpel aufgehängt und sich an unseren Aktionen beteiligt. Von gefühlt jedem selbstverwalteten, linken Ort in Berlin kamen Solidaritätsbekundgungen. In vielen dutzend Städten und über 40 Ländern fanden Solidaritätsaktionen statt, wurden Banner aufgehängt, Aktionen durchgeführt, oder Bilder gemacht. Wir haben zehntausende Plakate, Flyer und Aufkleber verteilt, haben Kundgebungen und Demonstrationen organisiert, die Bezirksverordnetenversammlung geentert, sind gemeinsam nach Wien gefahren, zu unseren damaligen Eigentümern, haben uns an den verschiedenen Kämpfen in Berlin beteiligt. Über uns und unseren Kampf wurde in jeder Berliner Zeitung und jeder Onlinepräsenz berichtet, es gab unzählige Soli-Videos und Bilder, Spontandemonstrationen und direkte Angriffe gegen Akteure von Staat, Verdränger*innen und Kapital.
Trotz alledem soll unser Laden in der kommenden Woche geräumt werden. 
Eine Entscheidung, die von den wenigsten in unserem Kiez und darüber 
hinaus für gut befunden und unterstützt wird. Eine Entscheidung die 
offen zeigt, nach welchen Prinzipien unsere Gesellschaft funktioniert: 
Kapital und Profit. Die Bedürfnisse so vieler Menschen, die im Laden 
aktiv sind, ihn nutzen, oder sich mit ihm solidarisieren werden 
ignoriert und mit Füßen getreten.
Wir sind wütend. Und viele andere Menschen sind es auch. Über die Verhältnisse, die anonymen Firmen mit dem nötigen Kapital alle Rechte einräumen und allen Menschen, die es konkret betrifft nicht. Über die Politik, die sich lieber mit Prestigeobjekten und hohlen Reden beschäftigt und wenn sie doch einmal ernsthaft unterstützen will, durch die bestehende Gesetzlage daran gehindert wird. Über die Polizei, die wieder einmal die Interessen einiger, weniger Kapitalist*innen mit Schlagstock, Pfefferspray und Wasserwerfern durchsetzen wird und danach noch regelmäßig jammert, dass Menschen das nicht in Ordnung finden und sich ihren Handlungen widersetzen.
Wir haben lange Zeit versucht, den bestehenden Konflikt möglichst 
konstruktiv zu beenden. Wir haben die Erfahrung machen müssen, dass uns 
weder die Justiz, noch das Gesetz oder die Politik davor schützt, dass 
wir in einem unserer elementarsten Lebensbereiche angegriffen werden. 
Alles was passiert ist und passieren wird, geschieht nicht aus reiner 
Lust an Zerstörung, Bock auf Krawall oder was auch immer Jurnalist*innen
 schreiben, die ihre Schäfchen im Trockenen haben. Alles was passiert 
ist und passieren wird, geschieht aus der Erkenntnis heraus, dass das 
bestehende System uns nicht vertritt, uns keine Möglichkeiten gibt 
unsere Bedürfnisse und Wünsche auszuleben und uns ständig an dem guten 
Leben zu hindern versucht, das wir alle wollen. Wenn alle Möglichkeiten,
 die die bürgerliche Gesellschaft und der sogenannte Rechtsstaat bieten,
 um unsere Interessen zu vertreten wirkungslos sind, müssen wir uns 
andere Wege suchen, unsere Bedürfnisse zu artikulieren und 
durchzusetzen.
Die drohende Räumung ist symptomatisch für eine Stadt, in der Rendite 
mehr zählt als die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen, die in ihr 
leben. Jeden Tag werden Menschen aus ihren Wohnungen und ihrem sozialen 
Umfeld zwangsgeräumt. Jeden Tag müssen Menschen, Gewerberäume und 
soziale Orte weichen, weil sie sich die explodierenden Mieten nicht mehr
 leisten können. Jeden Tag verwandelt sich Berlin immer mehr in eine 
brutale Hochglanzstadt der Reichen und Mächtigen mit ein paar 
glücklichen Erben in den Nischen dazwischen.
Muss das so sein? Muss das so bleiben? Nein. Die ganze Scheiße ist menschgemacht und kein Naturgesetz. Gemeinsam und solidarisch können wir uns die Stadt zurück holen. Gemeinsam und solidarisch können wir solidarische Kieze aufbauen, in denen die Menschen, die dort leben und arbeiten entscheiden, was dort passiert. Und gemeinsam und solidarisch können wir all den Investor*innen, Politiker*innen und Sicherheitskräften den Mittelfinger zeigen, die sich anmaßen über uns und unser Leben bestimmen zu wollen.
Lasst uns gemeinsam die Räumung des Kiezladen Friedel54 und jede weitere
 Zwangsräumung verhindern. Lasst uns in unseren Häusern, unseren Kiezen,
 unseren Vierteln organisieren und der schleichenden Verdrängung unsere 
Wut und unseren Widerstand entgegen setzen. Lasst uns gemeinsam für mehr
 rebellische Nachbarschaften, solidarische Kieze und die Stadt von Unten
 streiten und kämpfen.

