In den vergangenen Tagen war in verschiedenen Medien zu lesen, dass in Thüringen mehrere Bürgerwehren aktiv seien. Zwar würde eine Nähe zur rechten Szene vermutet, von Rechtsextremisten angeleitet seien diese aber angeblich nicht. Ein genauerer Blick zeigt aber nicht nur, dass zwei Bürgerwehren von (ehemaligen) NPD-Funktionären angeführt werden, auch gibt es weitere eindeutige Belege für Verbindungen zur Neonazi-Szene und Verquickungen mit der Thüringer AfD.
Aufgrund einer Anfrage des Landtagsabgeordneten Raimund Walk (CDU) ist das Thema Bürgerwehren in Thüringen erneut in verschiedenen Medien präsent. Insgesamt seien vier Bürgerwehren aktiv, darunter in Blankenburg, Lichte, Arnstadt und Ellrich. Die „Bürgerwehr Untersuhl, Gerstungen und Umgebung“ sei hingegen inaktiv, so die Einschätzung der Sicherheitsbehörden. Bei den noch aktiven Gruppen sähen die Behörden Verbindungen zur extremen Rechten, wobei die Darstellungen weitaus harmloser sind als die Realität. und die Sicherheitsbehörden in den zurückliegenden Monaten wenig unternommen, um die Aktivitäten der Gruppen einzudämmen. Vielmehr konnten einige Akteure sogar in kommunal finanzierten Zeitungen Texte veröffentlichen oder und ein führendes Mitglied trägt sogar kommunale Verantwortung. Ein genauer Blick auf die Bürgerwehren in Thüringen.
Der „Bürgerschutzverein“ in Ellrich
Mitte Oktober 2015 trat der ehemalige Bürgermeisterkandidat Denny Friedrichs an die Presse und verkündete die Gründung eines „Bürgerschutzvereins in Ellrich“. Insgesamt seien neun Menschen als Gründungsmitglieder zusammengekommen. „Wir wollen neutral auftreten und uns nicht instrumentalisieren lassen“, sagte Friedrichs damals der Thüringer Allgemeinen. Schon im Januar 2016 konnte der Vorsitzende des Vereins dann einen Artikel in der „Ellricher Zeitung“ veröffentlichen, in dem er die für die extreme Rechte typische Opferumkehr für seinen Verein betrieb. In Bezug auf die offenbar in Ellrich formulierte Kritik an seinem Verein, schrieb Friedrich: „Die Deutschen sollten aus mehreren Beispielen der Geschichte gelernt haben und dass blinde Gefolgschaft, jeglicher Art, immer in einer Einbahnstraße endet.“ In der Februar-Ausgabe der kommunalen Postille kündigte Friedrichs dann an, dass der „Bürgerschutzverein“ im März 2016 eine Bürgerbefragung durchführen werde – natürlich zum Thema Migration und Asyl. Die „repräsentative“ Umfrage, welche in Ellrich und Umgebung durchgeführt wurde, wurde dann erneut in der „Ellricher Zeitung“ veröffentlicht.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Verbindungen des „Bürgerschutzvereins“ zur Neonazi-Szene in der Region bereits öffentlich dokumentiert. Denny Friedrichs war bereits Anfang März 2016 bei der neonazistischen „Volksbewegung Nordthüringen“ zu Gast und trat im Zuge einer „Bürgerversammlung“ in Nordhausen als Referent auf. Im Veranstaltungsbericht der Neonazis heißt es: „Als nächstes stellte Denny Friedrichs den Verein ‚Ellricher Bürger für Sicherheit und Ordnung“ vor. Die Stadt Ellrich samt Umgebung wird lediglich durch einen einzelnen Polizisten in einem Opel Corsa ‚beschützt‘, der Mann steht kurz vor seiner Pension und wie sie sich sicherlich vorstellen können ist es äußerst schwierig als einzelner in einem Kleinwagen überhaupt jemanden zu Verhaften. Man kann davon ausgehen das mindestens 15 Minuten vergehen bevor Verstärkung aus Nordhausen eintreffen würde. Aus diesem Grund beschlossen mutige Ellricher Bürger eine Initiative ins Leben zu rufen um selbst für ihre Sicherheit und die ihrer Kinder sorge zu tragen“ (Fehler im Original).
Neben Friedrichs referierten an jenem Abend noch der Neonazi Christoph Bransche und der Antisemit Axel Schlimper von der „Europäischen Aktion“.. Schlimper bezeichnete Angela Merkel bei Thügida-Aufmärschen mal als Jüdin, die das deutsche Volk zerstören wolle. Schaut man auf die weiteren Mitglieder des „Bürgerschutzvereins“, zeigt sich, dass die Verbindungen zur Neonazi-Szene kein Einzelfall sind und auch innerhalb des Vereins Rassismus zentral ist. Neben Friedrichs gehören auch Liane Steup und Manfred Keitel (beide aus Sülzhayn) zu der Gruppe. Manfred Keitel agiert seit Monaten als Hetzer in den sozialen Netzwerken – vor allem Facebook und vk.com. Er postet und verbreitet antisemitische und rassistische Inhalte und all das ist öffentlich einzusehen. Nach dem Brandanschlag in Clausnitz veröffentlichte Keitel im Februar 2016 einen Post, in dem er schreibt: „Ich befürworte zu 100% das Abfackeln dieser Asylunterkunft.
Wenn es diese Volksverräter nicht begreifen, was sie unserer deutschen Kultur, unseren deutschen Werten, unseren Alten, ehrwürdigen Frauen und Kindern mit der Einschleusung dieser widerlichen Muslimratten antun, muss zu diesen Maßnahmen gegriffen werden“.Im Juli 2016 teilte er eine antisemitisches Bild von Mel Gibson, auf dem zu lesen ist:
„Die Juden sind für alle Kriege in der Welt verantwortlich“. Diese beiden Beispiele sind nur eine kleine Auswahl der menschenverachtenden Posts des Bürgerschutzvereins-Mitglieds Manfred Keitel. Keitels Hetze blieb nicht unbemerkt und so fand bei ihm 2016 eine Hausdurchsuchung wegen Volksverhetzung statt. Dabei wurden verschiedene Datenträger und Computer beschlagnahmt. Thüringen Rechtsaußen hatte 2016 bereits über Keitels Verbindungen zur Thüringer AfD berichtet, insbesondere zu Jürgen Pohl dem Büroleiter von Björn Höcke. Zur Bundestagswahl 2017 wurde Pohl auf den Listenplatz zwei der Thüringer Landesliste gewählt.
Bürgerwehr Mitglied Liane Steup bei Neonazi-Aufmarsch in DresdenNeben Friedrichs und Keitel gehört auch Liane Steup aus Sülzhayn zum Bürgerschutzverein. Steup startete mit dem „Bürgerschutzverein“ ihre politische Karriere als „besorgte Bürgerin“ und ist mittlerweile tief in die extrem rechte Szene eingebunden. Parallel zur ihren Aktivitäten im „Bürgerschutzverein“ begann die alleinerziehende Mutter sich im extrem rechten „Bündnis deutscher Patrioten“ zu engagieren.
Dem gehören bundesweit beispielsweise der gewalttätige extrem rechte Rapper Chris Ares (Chris Zloch) und auch der Neonazi Philipp Hasselbach aus München an. Steup war hier zunächst im Thüringer Ableger aktiv, beteiligte sich aber auch an bundesweiten Aktionen. Neben Steup gehörten in Thüringen nur rund zehn Personen zum BDP. Mit dabei auch der Rassist und Antisemit Marco Metzner aus Erfurt, der gegen den dortigen Moscheebau hetzt (siehe Bericht hier). Das gezeigte Bild stammt aus dem November 2016, Metzner ist der vierte von links.
Steups stetige Radikalisierung zeigte sich auch in ihren geposteten Inhalten. Spätestens ab Ende 2016 postete sie mehrfach antisemitische Videos und andere Beiträge, die klassische Verschwörungstheorien abbilden. Personell und organisatorisch ist Steup dann spätestens ab Anfang 2017 endgültig der Neonazi-Szene zuzurechnen. So nahm sie im Februar am neonazistischen „Trauermarsch“ in Dresden teil. Danach nahmen Steups Kontakte zur Neonazi-Szene stetig zu. So traf sie sich im Februar 2017 zwei Mal (13. und 23. Februar) mit dem Neonazi-Kampfsporttrainer und Thügida-Aktivisten Hannjo Wegmann, welcher selbst aus Nordhausen stammt und Weggefährte des Früheren V-Mannes des Thüringer Verfassungsschutzes, Kai Uwe Trinkaus, war.
Hier ging es nicht nur um ein persönliches Treffen, sondern nach eigener Aussage auch um die Planung zukünftiger Aktivitäten in Nordthüringen. Bereits vor zehn Jahren wurde Wegmann beim Messerkampf-Training mit Trinkaus in Erfurt dokumentiert. Daneben folgten Rednerinnenauftritte von Steup bei der „Merkel muss weg“-Demo in Berlin am 4. März 2017 und bei Thügida am 21. März 2017. Das Bild zeigt Steup mit den Neonazis David Köckert, Alexander Kurth, Kay Hönicke, Julia Schwarze und Enrico Stubbe am 4. März 2017 in Berlin.
Mit eben jenen Verbindungen zeigt sich deutlich, dass der „Bürgerschutzverein“ Ellrich nicht nur diverse Kontakte zur extrem rechten Szene hat, sondern sowohl personell als auch ideologisch fest mit ihr verbunden ist. Dabei sind unsere Rechercheergebnisse in weiten Teilen öffentlich zugänglich, womit noch weniger klar ist, wie aus Sicht der Sicherheitsbehörden hier nur eine diffuse Nähe der Gruppierung zur extremen Rechten attestiert werden kann. So gibt es offenbar auch keine Reaktion, wenn Personen aus eben jenem Umfeld öffentliche Posten erlangen. Der Vorsitzende des „Bürgerschutzvereins“ Denny Friedrich ist seit Monaten zuständig für die Schiedsstelle der Stadtverwaltung Ellrich. Er darf also offiziell Streitigkeiten im Namen einer Kommune schlichten.
„Patriotische Bürger für Arnstadt (PBFA)“
Weiter heißt es in der Antwort des Ministeriums, dass keine Kenntnisse über ein konzentriertes Vorgehen der extremen Rechten in Thüringen vorliegen, zur Gründung sogenannter Bürgerwehren „anzuhalten und anzuleiten oder bestehende zielgerichtetzu unterwandern“, man könne aber nicht ausschließen, dass sich „Rechtsextremisten den bekannt gewordenen „Bürgerwehren“ angeschlossen haben“. Bei der Gruppe PBFA, die zuvor als „Bürgerwehr Arnstadt“ agierte, weiß man aber von „rechtsextremistischen Aktivitäten“ eines Verantwortlichen im Zusammenhang mit Thügida. Tatsächlich reichen hier die Nazi-Umtriebe aber deutlich weiter: Die Gruppe PBFA wurde 2015 ins Leben gerufen und trat bereits damals gemeinsam mit Neonazis der NPD wie Enrico Biczysko , Safet Babic und David Köckert auf. Gründungs- und Führungspersonen der „Patriotischen Bürger für Arnstadt“ wie Sven Krämer, Sven Henneborn und Nicole Krämer sind dabei selbst nicht nur Mitglieder der NPD und bereits im NPD-Landtagswahlkampf 2014 aktiv gewesen, sondern seit Oktober 2015 auch allesamt Vorstandsmitglieder des NPD-Kreisverbandes Erfurt-Sömmerda.
Damit wurde eine Bürgerwehr zumindest zeitweise von NPD-Funktionären in Thüringen angeleitet. Fotos zeigen auch hier Hand in Hand: Sven Krämer und den Neonazi Hannjo Wegmann, der bereits bei der Bürgerwehr in Ellrich auffiel. Im Juni 2016 trat das Krämer-Duo ohne Angaben von Gründen zwar aus der NPD aus, ist aber weiterhin als Ableger der neonazistischen Thügida aktiv, die vom früheren NPD-Landesorganisationsleiter David Köckert angeführt wird. Über sein Facebook-Profil hatte Krämer im Vorfeld des 1. Mai 2017 seine Teilnahme bei einer Neonazi-Demonstration der Partei „DIE RECHTE“ in Halle angekündigt. Auf der Rückfahrt führten Neonazis in Apolda eine Spontandemonstration durch, bei der Polizeifahrzeuge und Polizisten angegriffen wurden.
Die sogenannte Bürgerwehr Piesau tritt eindeutig im neonazistischen Spektrum auf, positioniert sich mit schwarz-weiß-roter Fahne und der Aufschrift „Nationaler Widerstand“ und macht Werbung für Neonazi-Aufmärsche in Thüringen, hat aber nur eine beschränkte Reichweite. Ob von der Seite außerhalb der Netzwelt Aktivitäten ausgingen, ist nicht bekannt. Keine Erwähnung gibt es über der Verein „Deutscher Zivilschutz e.V.“ um das Altenburger Bürgerforum, der in seinem Auftreten zumindest Anhaltspunkte für die Betätigung als Bürgerwehr liefert.
Die inaktive (?) „Bürgerwehr Untersuhl, Gerstungen und Umgebung“
Bereits Mitte 2015 gründete sich in Gerstungen und Umgebung die
„Bürgerwehr Untersuhl, Gerstungen und Umgebung“. Zentrale
Organisationsplattform ist nach wie vor eine Facebook-Gruppe. Darin sind
weit über 2.000 Mitglieder versammelt, welche nicht nur aus der Region,
sondern aus ganz Deutschland stammen (Thüringen Rechtsaußen liegen
komplette Listen der Mitglieder vor). Ein großer Teil der Bürgerwehr
besteht seit Beginn aus Neonazis aus der gesamten Republik. Zu den
Mitgliedern gehören beispielsweise Patrick David Wieschke, Karsten Höhn
oder auch Neonazis aus der „Nationalen Jugend Eisenach“ wie Amon Sode,
Maximilian Andreas oder Leon Ringl, mit denen die „Bürgerwehr“ aktiv
zusammenarbeitet. Im Zentrum der Aktivitäten steht der Frontmann der
Gruppe, der Neonazi Andreas Niebling. Niebling gehört bereits seit Ende
der 1990er Jahre zur Neonazi-Szene und ist seither eng mit Patrick David
Wieschke verbunden.
Gemeinsam gehörten die beiden bis Anfang der 2000er zum Führungskreis der NPD in der Region. Auch wenn Niebling die Partei verlassen hat, ist er nach wie vor eng mit eben jenen Kreisen verbunden. Von Anfang an wurde die Gruppe auch genutzt, um politisch Stimmung zu machen. Ziel war es ganz offensichtlich, gegen die Rot-Rot-Grüne Landesregierung zu agieren, politische Gegner zu denunzieren und anderseits die NPD als legitime politische Kraft darzustellen. Nach einer Kundgebung der NPD im Oktober 2015 zeigte sich bereits dass Niebling seine alten Kameraden auch weiterhin unterstützen würde. Als einige in der Gruppe sich verwundert zeigten und fragten, was die NPD mit der ganzen Sache zu tun habe, schrieb Niebling: „Mit was soll die was zu tun haben? Die haben einfach nur eine Kundgebung gemacht, wegen dem letzten Übergriff in Gerstungen und haben die Leute aufgeklärt“. Daneben wurden immer wieder Bilder von Menschen in der Gruppe verbreitet, die sich gegen Neonazis engagieren. Offen wird in der Facebook-Gruppe der „Bürgerwehr“ sowieso nicht diskutiert, dazu ist den Organisatoren die große Öffentlichkeit der Gruppe zu bewusst.
Jenseits der digitalen Aktivitäten nahm Niebling spätestens seit Anfang 2016 wieder an Neonazi-Demonstrationen teil. So beispielsweise am 20. April beim Thügida-Aufmarsch in Eisenberg. Doch Nieblings eigentliches Betätigungsfeld sind Rechtsrock-Konzerte. So besuchte der Neonazi vor allem 2016 nicht nur zahlreiche Konzerte in der NPD-Parteizentrale in Eisenach, sondern verkaufte auch Karten dafür oder bot Mitfahrgelegenheiten an. Im April 2016 bot Niebling Mitfahrgelegenheiten zum „Rock für Identität“ an, an welchem er selbst als Zuschauer teilnahm. Zu dem Konzert waren insgesamt rund 3.500 Neonazis aus ganz Europa angereist. Ein weiterer Screenshot aus dem Juli 2016 zeigt, dass Niebling eine größere Zahl an Karten für ein Konzert des Neonazis Michael „Lunikoff“ Regener in der NPD-Geschäftsstelle in Eisenach an sein Umfeld weitergab.
Wie schon beim „Bürgerschutzverein“ in Ellrich zeigt sich auch in Gerstungen, dass die „Bürgerwehr“ nicht nur personell an die extreme Rechte anknüpft, sondern maßgeblich von deren Akteuren bestimmt wird. Und es ging bei dem Agieren der Gruppen immer um mehr als nur für „Sicherheit“ zu sorgen. Sie sind ein wichtiger Teil, um die rassistische Stimmung zu schüren und gegen das angebliche „Establishment“ zu mobilisieren. Nicht ohne Grund war bis zu ersten Veröffentlichung über die „Bürgerwehr Gerstungen“ auf Thüringen Rechtsaußen auch die AfD-Landtagsabgeordnete Corinna Herold offen in der Gruppe aktiv. Die oben benannten Gruppen haben in den vergangenen Monaten dazu beigetragen, dass die Abgrenzung zur Neonazi-Szene erkennbar aufgebrochen ist. Hier wurde in allen Fällen über die jeweilige Gruppe aktiv mit anderen Neonazi-Gruppen zusammengearbeitet und so auch Menschen mobilisiert, die bisher keinen Kontakt mit Neonazi-Organisationen hatten.
Wie die Sicherheitsbehörden und damit maßgeblich der Thüringer Verfassungsschutz zu dem Urteil kommt, es habe hier keine zielgerichtetes Agieren gegeben, ist schleierhaft. Und auch die Diagnose, die Bürgerwehr Gerstungen sei nicht mehr aktiv, ist zu hinterfragen.
Zum einen besteht weiterhin die Facebook-Gruppe, in der nach wie vor Inhalte gepostet werden. Zum anderen gab es erst Anfang des Jahres mehrere Vorfälle in Gerstungen, in die Niebling mit Facebook-Postings und realem Durck vor Ort aktiv eingriff. Die gegenläufige Darstellung lässt zumindest auf eine mangelnde Analysefähigkeit und nach wie vor unzureichende Beurteilung extrem rechter Strukturen schlussfolgern. Die „Bürgerwehr Gerstungen“ war übrigens genauso überrascht, dass das Innenministerium die Gruppe als inaktiv bezeichnet. Intern gibt man sich belustigt und sieht die fehlende Aufmerksamkeit eher positiv.
Am 6. Juni 2017 berichtete zudem die Thüringer Allgemeine Fussballspiel der B-Junioren im Wartburgkreis, dass extra von einem Polizeiaufgebot geschützt werden musste. Hintergrund, so die TA, sei dass die Bürgerwehr Gerstungen wochenlang „in sozialen Netzwerken mit ausländerfeindlichen Parolen gegen die bei Eintracht Eisenach kicken jungen Füchtlinge aufgehetzt hatte“. In der geschlossenen Facebook-Gruppe der „nicht mehr existenten“ Bürgerwehr Gruppe veröffentlichte Anführer Andreas Niebling noch am gleichen Nachmittag Fotos der Polizeiwagen. Auch die TA schreibt: „Obwohl das Spiel sehr kurzfristig angesetzt wurde, waren unter den Zuschauern einige Mitglieder der Bürgerwehr, deren dumpfe Äußerungen für Kopfschütteln sorgten“.
Weitere AfD-Verbindungen
In der Anfrage ebenfalls nicht erwähnt ist die geschlossene
Facebook-Gruppe „Bürgerwehr Thüringen“, der rund 2.700 Mitglieder
angehören, in der neben Vertretern der NPD, der Neonazi-Musikszene und
Freien Kameradschaften bis 2015 ebenso die AfD-Abgeordnete Corinna Herold Mitglied war. Auch bei Demonstrationen der AfD in Thüringen, wie im September 2015 waren vereinzelt Neonazis mit T-Shirt Aufdrucken
„Bürgerwehr“ zu sehen. Der letzte Eintrag in der Facebook-Gruppe
„Bürgerwehr Thüringen“ stammt vom 10. Juni 2017. Christopher Walter,
seines Zeichens Vorstandsmitglied im AfD-Kreisverband Westthüringen, läd
die Mitglieder der Gruppe zum Sommerfest der AfD nach Geismar ein.
Auftreten soll dort auch Stephan Brandner, Vorsitzender des
Justizausschusses im Thüringer Landtag und Spitzenkandidat der Thüringer
AfD zur Bundestagswahl, der auch in der Facebook-Gruppe „Bürgerforum
Ostthüringen“ Mitglied sind, in der sich Neonazis und AfD-Mitglieder die
Klinke in die Hand geben.
Dass Brandner, der am 24. September 2017 in den Deutschen Bundestag einziehen will, möglicherweise genauso wenig vom Rechtsstaat hält wie manche Gruppen, die sich als „Bürgerwehr“ bezeichnen und die der AfD nahe stehen, offenbarte er Anfang Juni 2017 selbst auf Twitter. Am 4. Juni schrieb er „Islam: Raus aus Europa!“ und einen Tag später veröffentlichte er das Foto einer Steinschleuder mit Metallkugeln, die er sich nach eigenen Angaben neu zugelegt habe. Auf wen oder was er damit schießen will, bleibt vorerst sein Geheimnis.
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