Dutzende Helfer pinseln beim Freiburger Aktionstag gegen Graffiti. Doch die Freude über die frischen Fassaden "Im Grün" hält nicht lange an: Am Tag danach gibt es neue Schmierereien.
Es riecht nach frischer Farbe. Dutzende Männer und Frauen in weißen Malerkitteln säumen die Bürgersteige. Verschiedenste Pinsel lugen aus halbgeöffneten Farbeimern. Der "Aktionstag" im Rahmen des "Solidarmodells Anti-Graffiti Freiburg" ist an diesem Samstag in vollem Gange. Groß ist die Freude der Anwohner des Innenstadtquartiers "Im Grün", dass ihre vollgeschmierten Fassaden frisch gestrichen werden. Um so härter trifft sie der Tiefschlag am Sonntagmorgen: 15 Wände sind erneut beschädigt worden: "Nix is sicher", lautet der Schriftzug der Täter.
35 Häuser bekamen neue Anstriche
Bereits zum 13. Mal veranstaltete der Verein "Sicheres Freiburg" einen 
Aktionstag, bei dem ein Stadtteil von illegalen Schmierereien gesäubert 
werden sollte. "Im Grün" wollten die Organisatoren 35 Häuser in Angriff 
nehmen, darunter zwei komplette Straßenzüge.
So lange hatten die Anwohner diesen Tag herbeigesehnt, so lange hatten 
sie sich über die unzähligen Graffiti an nahezu jedem Haus geärgert. 
"Die Menschen fühlen sich nicht sicher. Das ist ein Angriff auf unser 
Eigentum", sagt Ursula Stüber. Auch ihr Haus wurde immer wieder 
beschmiert, sogar bis in den Eingangsbereich hinein. Das letzte Graffito
 hat sie erst vor Kurzem wegmachen lassen. Für 200 Euro. Heute hingegen 
arbeiten alle ehrenamtlich – die sieben beteiligten Malerfirmen 
verlangen kein Geld.
				
				
Ursula Stüber fotografiert die vielen Malerinnen und Maler, wie sie 
kratzen, schrubben, streichen. Die Schmierereien sind auf Hauswänden, 
Türen, Rollladen oder Vorsprüngen, in Knie- oder zwei Metern Höhe. Lange
 hatten sie "Im Grün" das Gefühl, es tue sich nichts. Die Anwohner 
berichten von der überlasteten Polizei und um so skrupelloseren 
Sprayern. Viele Hausbesitzer hätten resigniert. Anca Rosler-Koslar, 
Vorsitzende des Lokalvereins, berichtet von zahlreichen Briefen wegen 
des Aktionstags. Tenor: "Uns reicht’s, endlich kümmert sich jemand."
Fette Signaturen – keine Kunstwerke
Gerade deshalb geht es für viele um mehr als die Entfernung unliebsamer 
"Kunstwerke". Es geht darum, ein Zeichen zu setzen – gegen eine 
Straftat, die von vielen Sprayern als Lappalie angesehen wird. "So 
können wir immerhin der Zunahme von Graffiti Einhalt gebieten", sagt 
Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach, der als Schirmherr mitmacht.
Dass die Hoffnung trügt, ahnt er so wenig wie Eberhard Knerlein, der zu 
seinem Haus in der Alten Gießerei führt. Dutzende Graffiti zieren sein 
Mehrfamilienhaus. Kreativität lassen die meisten Sprayer vermissen, es 
überwiegen fette Signaturen in allen erdenklichen Farben. Die Täter 
kämen immer nachts und überwiegend am Wochenende, erzählt er. Als die 
Maler anrücken, serviert Knerlein ihnen frisch gebrühten Kaffee. 
Enthusiastisch stehen er und die anderen Hausbewohner um die Männer 
herum, die die Hausfassade schon nach wenigen Minuten wieder in 
gewohntem Hellrot glänzen lassen.
"Dass es hier so extrem ist, hätte ich nicht gedacht", sagt Malermeister
 Matthias Disch, während er die großflächigen Schmierereien in 
Augenschein nimmt. Mit zwölf Malern ist er angerückt. Der Aktionstag sei
 durchaus auch Werbung für die Firma.
Für die Hausbewohner um Eberhard Knerlein hätte die Entfernung der 
Graffiti bis zu 3000 Euro gekostet. Jetzt blicken sie voller Freude auf 
eine blitzsaubere Wand, wie sie sie schon lange nicht gesehen haben. "So
 gefällt mir das absolut", sagt Knerlein. "Mal schauen, wie lange das so
 bleibt." Vielleicht sollten sie eine Nachtwache aufstellen, scherzen 
die Anwohner.
Es war kein Scherz, sondern Prophezeiung. Unbekannte haben in der Nacht 
an 15 Häusern der Belfortstraße und Adlerstraße erneute 
Graffiti-Botschaften hinterlassen. Darunter sind auch zahlreiche Häuser,
 die am Vortag gereinigt worden waren. Eine Anwohnerin, die ihren Namen 
aus Angst nicht in der Zeitung lesen möchte, ist aufgebracht und 
verbittert.
Die Schriftzüge sind eine höhnische Kampfansage an die Organisatoren des
 Aktionstages: "Nix is sicher im Leben". Und ein hinterlassenes 
Flugblatt endet mit der Drohung: "Unser Entsetzen hat Folgeschäden". Die
 Anwohnerin vermutet, dass die Täter aus dem linksalternativen Teil des 
Viertels kommen. "Die wollen uns ihren Lebensstil aufzwingen."
Die Eigentümer können eine dreimonatige Garantie des Aktionstags in 
Anspruch nehmen, wonach die Malerfirmen erneute Schmierereien kostenlos 
beseitigen. Dafür müssen die Hausbesitzer allerdings Anzeige erstatten. 
Am Sonntag war bereits eine Polizeistreife vor Ort


Im Archiv gewühlt
In Berlin hat man einen unversöhnlichen Umgangston mit solchen Firmen gefunden: Der „Graffiti Frei GmbH“ die nach dem 1.Mai laut Eigenangabe „seit 1999 regelmäßig politische Schriftzüge am Kottbusser Tor“ entferne brannte 2012 ihr ganzer Fuhrpark weg.
BM: Brandstifter zünden Autos von Graffiti-Reinigungsfirma an
BZ: Zündeten Graffiti-Sprayer Fuhrpark an?
Sicher wäre erstmal eine Verwarnung angebracht...