Lüneburg: Aktivist*innen steigen der Bundeswehr aufs Dach um 
gegen die Militarisierung des öffentlichen Raumes und des politischen 
Denkens und Handelns zu protestieren.
 Mit einer 
spektakulären Aktion an einer Gebäudefassade über dem Lüneburger 
Marktplatz demonstrierten am  Donnerstag, den 30.03. Aktivist*innen 
gegen den dort stattfindenden „Rückkehrerappell“ der Bundeswehr. Sie 
entrollten Banner mit der Aufschrift „Krieg ist Terror – nur mit mehr 
Geld!“ sowie „Der größte Verrat ist Dienst fürs Vaterland“ und 
protestierten lautstark. Nach knappen anderthalb Stunden wurden die 
Aktivist*innen vom vermummten Sondereinsatzkommando (SEK) geräumt. 
Als „Rückkehrer“ sind die Soldat*innen des in der Lüneburger Theodor-Körner-Kaserne stationierten Aufklärungslehrbataillon 3 gemeint. Angehörige dieser Truppe sind immer wieder an den weltweiten Kampfeinsätzen der Bundeswehr beteiligt. Bei diesem militärischen Spektakel, bei dem die Soldaten als Friedensstifter*innen oder humanitäre Helfer*innen präsentiert werden sollen, wird der wahre Charakter der „Auslandseinsätze“ der Bundeswehr bewusst verwischt: Die internationalen Einsätze dienen nicht der Friedenssicherung, Menschenrechten oder dem Kampf gegen den Terrorismus. Tatsächlich geht es bei den Militäreinsätzen in erster Linie um wirtschaftliche und machtpolitische Interessen, sowie Profite für die Rüstungsindustrie. Deutschland ist aktuell an Militäroperationen in über 16 Ländern beteiligt. Die Zahl der deutschen Kriegseinsätze ist seit dem Kosovokrieg 1999 kontinuierlich gestiegen. Die Bundesregierung plant die Ausgaben für Krieg, Soldaten und neue Waffen von derzeit 34 Milliarden Euro bis 2020 auf 40 Milliarden Euro zu erhöhen. Als einer der fünf führenden Waffenexporteure gießt Deutschland zudem laufend neues Öl in das Feuer bestehender Konflikte.
 Öffentliche Appelle des Militärs 
haben in Lüneburg eine unrühmliche Tradition. Sei es Reichs- oder 
Wehrmacht oder heute die Bundeswehr, die in Lüneburg stationierten 
Militäreinheiten suchten immer wieder die Öffentlichkeit, um Zustimmung 
für ihre Kriegspolitik zu erlangen und Soldatentum und Krieg zu 
glorifizieren - wie am heutigen Tag auf dem Marktplatz.
 „Wir 
widersprechen energisch und öffentlich der Militarisierung des 
öffentlichen Raumes und des politischen Denkens und Handelns. 
Kriegspropaganda darf kein Raum geboten werden“ so die 
Kletteraktivist*innen.
Sie spielten antimilitaristische Lieder (Le Deserteur, Es ist an der Zeit, usw.) über ein Megafon ab und äußerten Kritik an der stetigen Militarisierung des öffentlichen Raums. Die Lüneburger Polizei setzte auf ein gewaltiges martialisches Polizeiaufgebot, um die angekündigten Proteste gegen das öffentliche Auftreten der Bundeswehr zu unterbinden. Selbst das Sondereinsatzkommando aus Hannover wurde vorsorglich in Bereitschaft versetzt, um unliebsamen Protest zu unterbinden. Nach knappen anderthalb Stunden wurden die Aktivist*innen vom SEK geräumt. Eine Antiterorreinheit wurde zur Beschneidung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingesetzt. Die Polizei hielt sich nicht einmal an ihre eigenen Gesetze und sprengte die Versammlung ohne vorige Ankündigung. Ob das die „Demokratie“ ist, die die Bundeswehr in aller Welt verteidigen will?
 Die SEK-Beamten gingen unprofessionell gegen 
die Kletteraktivist*innen vor und beschädigten sowohl das Dach als auch 
ein Protestbanner der Demonstrierenden. Sie gefährdeten außerdem eine 
Aktivistin bei der Räumung. Lediglich der Protest der 
Kletteraktivist*innen und aufmerksamer Zuschauer*innen verhinderte das 
gefährliche Durchschneiden des Sicherungsseiles der Aktivistin durch das
 SEK.
Nach der Räumung wurden alle Aktivist*innen auch jene, die auf dem Dach die Seile bewachten, in Gewahrsam zur „Gefahrenabwehr“genommen. Friedlicher Protest stellt offensichtlich eine Gefahr für die Propaganda der Bundeswehr dar! Zahlreiche Passant*innen zeigten sich empört und beglückwünschten die vier Aktivist*innen mit Applaus für die erfolgreiche Aktion. Der Rückkehrerappell erwies sich schließlich als ein absolutes Fiasko für die Veranstalter. Es kamen statt den angekündigten 1500 Besucher*innen nur ungefähr 500 – davon gut ein Drittel Kritiker*innen der Veranstaltung. Die in Gewahrsam genommenen Aktivist*innen wurden zum Heinrich-Heine-Haus abgeführt. Schon absurd, dass sich die Bundeswehr und Polizei in dem Haus eingerichtet hatte, wo Heinrich Heine doch schon 1845 schrieb „Deutschland, wir weben dein Leichentuch“.
 Die Kletteraktivist*innen
 wurden dort durch Amtsrichterin Lindner zu ihrer Ingewahrsamnahme 
„angehört“. Die „Anhörung“ erwies sich als eine Farce im 
Schein-Rechtsstaat. Die Richterin hatte sich bereits vor der Anhörung 
der Aktivist*innen entschieden und brachte zum Ausdruck, sie würde die 
rechtlichen Einwände der Aktivist*innen so oder so nicht 
berücksichtigen, ihnen sei kein Glauben zu schenken.Durch 
Befangenheitsanträge seitens der Aktivist*innen wurde der ursprüngliche 
Plan der Richterin allerdings durchkreuzt und sie musste eine*n 
Kolleg*in suchen, was ihr offenbar nicht gelang. Der Antrag wurde nicht 
bearbeitet, was Richterin Lindner nicht daran hinderte  die 
Ingewahrsamnahme anzuordnen. Der Vorgang verwunderte die Betroffenen 
nicht: Richterin Lindner ist in Lüneburg für katastrophalen 
Entscheidungen im Asylrecht bekannt – sowie für ihren willkürlichen 
Verhandlungsstil im „Keksprozess“ vor wenigen Jahren. Sie verurteilte 
einen Aktivisten, dem vorgeworfen wurde, abgelaufene Kekse aus einer 
Mülltonne entnommen zu haben. Ihr Urteil wurde damals in der 
Berufungsinstanz aufgehoben.
 Nach der „Anhörung“ beschlagnahmte die 
Polizei sämtliche Kletterausrüstungen und kundgebungsimmanente 
Gegenstände wie Banner und Megafon. Selbst ihre Rucksäcke wurden als 
Beweismittel sichergestellt. Die Logik hinter der Beschlagnahmung der 
Rucksäcke als Tatmittel ist nicht verständlich, weil danach auch die 
Kleidung der Aktivist*innen hätte beschlagnahmt werden müssen. 
Schließlich wurde diese auch während der Aktion getragen!
 Die 
Aktivist*innen wurden im Anschluss an das Militärspektakel auf dem 
Marktplatz frei gelassen. Die Aktion ist jedoch nicht beendet: Sowohl 
der Gewahrsam als auch die Beschlagnahme ihrer persönlichen Gegenstände 
dienen dem Zweck der Kriminalisierung und Ersatzbestrafung. Die 
Betroffenen wollen sich juristisch dagegen wehren. Auch wurden politisch
 motivierte Strafverfahren gegen sie eingeleitet.
Spendenaufruf
 
 Leider kostet auch der Widerstand in der kapitalistischen Welt Geld und
 die Polizei hat Material im Wert von über 1000 Euro beschlagnahmt. Wenn
 ihr die Aktion unterstützenswert haltet und/oder ein paar Euros übrig 
habt, helft uns bitte das Material zu ersetzen.
 Über Unterstützung 
würden wir uns riesig freuen :) Der Verein Unfug e.V., der sich die 
Förderung von bezahlbarem Wohnraum, von Freiräumen und gewaltfreiem 
politisches Engagement zum Ziel gesetzt hat, stellt sein Konto für 
Solispenden zur Verfügung.
 Ob in der Luft oder auf der Straße: wir sehen uns bei der nächsten Polit-Aktion!
 Spenden:
 
 Unfug e.V.
 IBAN: DE38430609672033583600
 BIC: GENODEM1GLS
 Stichwort: Aktionsunterstützung
Krieg beginnt hier – Widerstand auch!
Weitere Informationen:
 www.krieg.nirgendwo.info
 www.unfug.denknix.de 








