Wir waren viele, die sich über die Zunahme von offensiven Akten in den Strassen verschiedener Städte in den letzten Monate erfreut haben, darunter wilde Umzüge oder Unruhen. Zusammenstösse mit den Wachhunden des Staates und des Eigentums bis zur Zerstörung ihrer Arbeitsmittel, eingeschlagene Scheiben von Geschäften bis zur Plünderung ihrer Inhalte, Angriffe auf Journalisten (i. O.: journaflic, Wortspiel aus journaliste und flic (= Bulle)) bis zum Rauswurf von Friedensstiftern, dies alles hat die Arroganz der Macht erschüttert.
In allen Formen des Kampfes – die sich nicht auf die „soziale Bewegung“ beschränken lassen – sind die Selbstorganisation und die direkte Aktion unumgänglich, um mit der Befriedung durch die Waren und dem staatlichen Terrorismus zu brechen. Denn die Behauptung, es sei unmöglich, dass sich Individuen direkt der bestehenden Ordnung entgegenstellen, deutet an, dass ganz einfach keine soziale Revolte möglich ist.
Die Repression ist nicht nur der Moment, in dem die Flashballs oder die Schlagstöcke die Körper der Widerspenstigen treffen, sondern jeder Moment im Alltag unter der Herrschaft von Staat und Kapital, der die Armen mit tausenden psychologischen und materiellen Masnahmen dazu zwingt, ein scheiss Leben voller Einschränkungen zu akzeptieren. Sie ist auch das Gefängnis, das immer mehr Menschen immer länger einsperrt, um sie zu bestrafen, sie zu isolieren, sie zu brechen und sie weit weg von den Augen der braven Bürger_innen mit ruhigem Gewissen zu horten. Sie ist auch das Gefängnis unter offenem Himmel mit den Mitteln wie den elektronischen Fussfesseln, dem Hausarrest, den Rayonverboten, den richterlichen Kontrollen, etc.
Die Solidaritätskasse für die Gefangenen des sozialen Kriegs Kalimero, im Nachgang der Bewegung gegen das CPE gegründet, exisitiert seit 10 Jahren in der Region Paris. Der erste Text legte die Grundlagen seiner Aktivitäten fest:
„Weil wir wissen, dass die Polizei und die Justiz einzig ein Werkzeug im Krieg ist, der darauf abzielt, jede rebellische Regung zu zerschlagen, stützen wir uns nicht auf eine Position als Opfer. Die Aufgabe, die wir uns geben, ist es, konkrete und materielle Hilfe für die Kamerad_innen, Gefährt_innen und Freund_innen (auch wenn wir diese nicht kennen sollen) aufzubringen, hauptsächlich in monatlichen Beiträgen für die Gefangenen, in der technischen Hilfe für die Verteidigung und der Beteiligung an der Schaffung von einem Kräfteverhältnis innerhalb und ausserhalb des Gerichts.“
Momentan und seit mehreren Monaten schicken wir regelmässig Beiträge an verschiedene Untersuchungshäftlinge, gegen die wegen dem Brandangriff auf ein Bullenauto während einer Demo vom 18. Mai 2016 ermittelt wird, an einen Krawallmacher aus Meaumont-sur-Oise, der seit Juli 2016 nach den Krawallen in Folge der Ermordung von Adama ebenfalls in Untersuchungshaft sitzt, sowie an den Gefährten, der für die zerstörerische Demo vom 14. April 2016 zu 10 Monaten verurteilt wurde. Verschiedene Initiativen wurden bereits organisiert, um die Kasse weiterhin zu füllen, wie das Konzert im Oktober in Montreuil während dem Wochenende der Solidarität mit den Gefangenen des sozialen Kriegs.
Da wir nicht nur auf die Repression gegen die sogenannten „sozialen Bewegungen“ reagieren wollen, sondern uns in der Kontinuität der Revolten verorten, die individuell oder kollektiv sein können und verschiedene Formen annehmen, da die Urteile und die von den Untersuchungsrichter_innen angeordneten Haftzeiten zu lange dauern, da die Kasse Kalimero die monatlichen Beiträge nur dank der Vervielfachung von verschiedenen Initiativen, um Geld zu gewinnen, schicken kann, da der soziale Krige keine Ruhe kennt, rufen wir alle zu solidarischen Beiträgen auf, um die Kasse flüssig zu halten, sei dies durch Zahlungen (punktuell oder regelmässig) oder durch das Organisieren von Konzerten, Kantinen oder anderem.
Man findet uns jeden zweiten Donnerstag im Monat an der Versammlung von Kalimero in Montreuil, um mit uns zu diskutieren oder um uns einen kleinen Briefumschlag zuzustecken, oder schreibt uns per Mail (kalimeroparis@riseup.net), um eine Überweisung zu organisieren.
Einige Beteiligte an Kalimero, Paris
Februar 2017
Merci
Texte aus einer derartigen Haltung heraus und mit einem derartigen politischen Verständnis sind quälend selten. Doch bei jedem dieser wenigen Male geben sie mir ein Stück Hoffnung zurück, dass es doch ein paar Leute gibt, die wirklich konsequent und ernsthaft politisch denken und handeln; und nicht nur Idiotie, gegenseitige Vorwürfe, 'identity politics' und Spaltung. Bon courage et toute ma solidarité!