Am 20.10.2016 fand die Verhandlung der Räumungsklage gegen den Kiezladen Friedel54 im Amtsgericht Neukölln statt. Ihr Ziel war es, den Kiezladen Friedel54 aus den Räumen zu drängen, die er seit 12 Jahren mit politischen und kulturellen Angeboten füllt. Eingereicht wurde die Klage durch die neuen Hauseigentümer, der Pinehill S.à.r.l., noch bevor sie Kontakt mit den Mieter_innen aufnahm.
Zur Erinnerung
Das Kiezladen-Kollektiv wollte zusammen mit den Bewohner_innen des 
Hauses das Haus im Mietshäuser-Syndikat-Modell kaufen und selbst 
verwalten. Durch eine Vielzahl solidarischer Aktionen wurden die 
Eigentümer_innen zu Verhandlungen gezwungen. Die Citec verkaufte, noch 
während dieser Scheinverhandlungen das Haus an die Luxemburger 
Briefkastenfirma Pinehill. Wir wurden also verarscht undzwar doppelt: 
Die Räumungsklage gegen uns wurde von der Citec im Kaufvertrag explizit 
gefordert. Unsere Wut auf die Wiener Kapitalisten ist dementsprechend 
groß.
Vor Gericht
Dass für das deutsche Recht und seine Justiz abstrakte 
Eigentumsverhältnisse schützenswerter sind als die Befriedigung 
menschlicher Bedürfnisse, wissen wir nicht erst seit der Verhandlung. 
Wir erwarteten von diesem Termin also herzlich wenig. Ganz im Gegenteil 
wir mussten damit rechnen, dass ein Räumungstitel erwirkt und spätestens
 im Dezember vollstreckt würde. Umso mehr hat uns die Unterstützung vor 
und im Gerichtsgebäude an diesem Morgen gefreut.
Dass die Räumung juristisch nicht mehr verhindert werden kann, wurde vor Gericht bestätigt, dennoch schlug die Richterin einen Vergleich 1 vor. Dieser Vergleich besagt folgendes.
- Die Kündigung wird als juristisch rechtmäßig anerkannt.
- Wir verlieren den Anspruch in Berufung zu gehen.
- Der Kiezladen wird bis zum 31.3.2017 in den Räumen geduldet. Eine Räumung ist erst danach möglich.
- Die Gerichtskosten werden geteilt. Wir übernehmen keine gegnerischen Anwaltskosten.
- Beide Seiten können den Vergleich bis 2 Wochen nach der Verhandlung widerrufen.
Bei Widerruf des Vergleichs wäre es nicht zu einer erneuten Verhandlung gekommen, sondern zu einer Urteilsverkündung, die auf eine zeitnahe Räumung hinausgelaufen wäre. Spätestens Ende Dezember wäre es zu dieser gekommen.
Vergleich angenommen
Unsere teils sehr kontroverse Diskussion hat gezeigt, dass egal welche 
Entscheidung wir treffen sie keinen Erfolg darstellt, sondern praktische
 und taktische Vorteile und Nachteile abgewogen werden müssen. Einige 
der Wichtigsten für unsere Entscheidung, den Vergleich nicht zu 
widerrufen, sind unseres Erachtens nach: 
- Der Zeitpunkt einer Räumung ist berechenbarer, sodass der Widerstand gegen diese umso unberechenbarer sein kann.
- Menschen mit unsicherem Aufenthalt können 5 Monate länger Veranstaltungen in der F54 organisieren und/oder besuchen.
- Wir müssen den Anwalt der Gegenseite nicht bezahlen und verschwenden keine weitere Energie mit Gerichtsprozessen.
- Wir können uns mehr auf andere stadtpolitische, antifaschistische Kämpfe wie z.B. HG_M99 , Linie206 oder Potse/Drugstore lenken und sie aktiv unterstützen.
- Wir werden weiterhin keine Miete zahlen.
Perspektive und Widerstand
Keine_r wird die Friedelstraße 54 freiwillig verlassen!
Wir erkennen das Recht des Kapitals nicht als die maßgebliche Größe 
an, die unser Handeln bestimmt. Wir werden weiterhin mit allen Mitteln 
der praktischen Eigentumskritik versuchen, uns die Räume des Hauses 
nutzbar zu machen. Dass wir nun auf diese ganze Scheiße eingegangen sind, heißt aber nicht,
 dass wir sie nicht weiterhin kritisieren und angreifen werden. Ganz im 
Gegenteil die heiße Phase hat erst begonnen. Das Ziel, die Friedelstraße
 54 nach den Vorstellungen der Bewohner*innen und Nutzer*innen zu 
gestalten, werden wir weiterhin energisch, einfallsreich und gemeinsam 
verfolgen. Dazu gehört eine praktische Kritik der herrschenden 
Eigentumsverhältnisse.  
Die Hausfassade einen neuen Anstrich bekommen und ein “Themenmonat Eigentumskritik” füllt die Tresenabende unter der Woche. Weder eine Räumung noch eine Wiedervermietung der Ladenlokalitäten in 
der Friedelstaße 54 werden ein einfacher Geschäftsvorgang sein.
Auch wenn wir uns über alle solidarischen Akte freuen und eine militante
 Kampagne erhoffen – Die Friedel54 ist nicht der Nabel der Welt. Bringt 
euch in die Kiezversammlungen ein, wehrt euch gegen Miete und 
Kündigungen zusammen mit euren Nachbar_innen in eurem eigenen Haus! 
Unterstützt HG_M99, Potse/Drugstore, die Linie206, Altes Sportamt 
(Bremen), AZ Gathe (Wuppertal) und die vielen kämpferischen 
Hausgemeinschaften wie UnserBlockBleibt, Koloniestraße oder 
Schönleinstraße 4! In Zeiten des gesellschaftlichen Rechtsrucks ist es 
umso wichtiger sich auch mit den Marginalisierten und Illigalisierten 
dieser Stadt zu vernetzen und sie zu unterstützen.
Kiezdemo:  " Rebellische Nachbarn – Solidarische Kieze – 
Stadt von Unten" am 19.11. um 16.30 Uhr am Herrfurthplatz (Nahe 
U-Boddinstraße)
Wir rufen alle Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen auf an diesem Tag
 ihre Meinung auf die Straße zu bringen und gegen die gewaltsamen 
Eingriffe von Staat und Kapital in unsere Leben zu demonstrieren, seien 
es Zwangsräumungen, Mieten oder Abschiebungen. Lasst uns den Herbst und 
Winter nutzen um radikale Positionen wieder in den Alltag zu tragen. Hier findet ihr den Aufruf.
Wütend und solidarisch,
Das Kiezladen Friedel54-Kollektiv
1 „Vergleich“ ist ein juristischer Fachausdruck, der nichts über Freiwilligkeit oder Einvernehmlichkeit aussagt, sondern lediglich das Ende eines Zivilprozesses ohne Urteil beschreibt
Blog: friedel54.noblogs.org
Facebook: @Kiezladen Friedel54
Twitter: @kiezladen_f54



Eigentum ist Diebstahl!
Guter Text, Danke für das Update und die Analyse!
Wir sehen uns am 19.11. auf der Straße.
Lolz
MAcht's oder machts nicht, aber verste kt euch doch nicht hinter refugees. Wie der erste Punkt --> Scheinargument.
Keinargument
Paternalistischer Mist, den du nur vorwerfen kannst, weil du ihn internalisiert hast. Dein Satz geht davon aus, dass es ein "Ihr" gibt und "Refugees", ein Innen und ein Außen. Fakt ist aber, dass in der Friedel54 Gruppen Teil des Kollektiv sind, die eben davon betroffen sind. Die Entscheidung ist also nicht "für Refugees" getroffen, sondern (auch) durch Refugees. Ein entscheidender Unterschied, der kein Verstecken möglich macht, sondern sich der Diskussion mit jenen stellt, für die sowohl die eine als auch die andere Entscheidung Auswirkungen hat. Wenn die Friedel 54-Menschen meinen, dass es ein starker Punkt bei der Diskussion war, kann man das so hinnehmen. Was daran Scheinargument sein soll, bleibt weiter offen. Was hingegen dich zu diesem Vorwurf bringt ist klar...
...um es nicht Rassismus zu nennen, sagen wir Paternalismus.