Sexismus in der linken Szene (Teil 1)

Im Folgenden wollen wir einige, unserer Haltung nach, sexistische und reaktionäre Vorkommnisse innerhalb der linken Szene (u.a. in Frankfurt am Main) aufgreifen.

 

Uns geht es hierbei nicht um einen moralischen Vorwurf, die Erzeugung schlechten Gewissen oder eine pädagogische Belehrung. Im Gegenteil: Wir wollen, dass dieser Diskurs politisch (!) ernstgenommen wird und nicht als persönlicher Angriff oder persönliche Betroffenheit gewertet wird. Uns geht es also darum, politisch sichtbar zu machen, dass Sexismus in verschiedenen Formen – als Witz, als subtiler Kommentar, als bestimmtes maskulines Männer*ideal, als Mansplaining,[1] als körperliche Performance uvm. – auch und immer wieder in der linken Szene auftaucht. Die linke Szene stellt hierbei leider nicht immer einen emanzipatorischen, anderen – wenn es den überhaupt geben kann – Ort zur bürgerlichen Gesellschaft dar. Wir wollen hiermit auch keine Generalisierung an alle Menschen der Szene betreiben, gleichzeitig können wir die Vorkommnisse aber auch nicht als Ausnahmen darstellen, da sie dafür leider viel zu häufig stattfinden und – und das verwundert uns – oft keine politischen Konsequenzen gezogen werden.

 

„ACAB“

Bastard soll als Beleidigung gegenüber Polizist*innen offenkundig ausdrücken, dass sie minderwertig sind. Selbstverständlich geben Polizist*innen und besonders deren Struktur tagtäglich legitimen Anlass, sie zu beleidigen. Aber warum ist „Bastard“ eine Beleidigung? Und warum ist es DIE Beleidigung der linken Szene? Der Ausspruch ACAB („All cops are bastards“) wurde innerhalb der Linke schon oft kritisiert. Umso mehr wundert es uns, dass er sich (immer noch) großer Beliebtheit erfreut: Sowohl in Form von bunten Luftballons (z.B. bei einer Soliparty im KoZ), im Mosaik an der Bar im Klapperfeld, als Ausruf bei Demos oder anderen Aktionen oder als gängige Beleidigung gegenüber Polizist*innen auf Facebook oder in linken Texten.
Was heißt das eigentlich, Bastard?
Bastard ist eine Bezeichnung für ein uneheliches Kind. Der Begriff war lange Zeit negativ konnotiert, was mit der Verwendung als Beleidigung gegen Polizist*innen bestärkt und erhalten wird. Eine Frau*, die ein Kind von einem Mann* bekam, der nicht ihr Ehemann* war, galt viele Jahrhunderte lang als Schlampe (negativ gemeint), als ehrenlos, als hinterlistig, untreu usw.; das fasst z.B. Schiller schon für das 18. Jahrhundert zusammen: „der thron von England ist durch einen bastard entweiht, der Briten edelherzig volk durch eine listge gauklerin betrogen.“[2]
Zusätzlich bezeichnete der Begriff immer auch eine sog. „Mischform“, etwas „unreines“, was sich in dieser Verwendung ebenso seit dem 18. und 19. Jahrhundert findet. So hielten die Brüder Grimm fest, dass „[…] bastart überhaupt auf gemischte und unechte sachen anwendung findet“[3] Die negativen Konnotation von unehelichen Kindern als „unrein“, schrieb sich in der deutschen Geschichte fort: So wurden nach dem 1. Weltkrieg Kinder von sog. einheimischen Frauen*, meist weißen Frauen* und männlichen Soldaten der französischen Kolonien in Afrika, von denen einige das Rheinland eingenommen hatten, als „Rheinlandbastarde“ bezeichnet.[4] Diese Kinder und ihre Mütter* waren starken Diskriminierungen ausgesetzt.
Was die materielle Wirkung der negativen Konnotation von sog. „Unreinheit“ und „Gemischtheit“ von Menschen betrifft, zeigte sich im deutschen Nationalsozialismus: Hier wurden vor allem Kinder jüdischer Eltern als „unreine Bastarde“ stigmatisiert, sowie Kinder von Sexarbeiter*innen und unverheirateten Frauen*, Kinder von nicht-deutschen Frauen, Kinder mit sog. Behinderungen und nicht-weiße Kinder. All diejenigen, die im NS als Bastard beschimpft wurden, wurden gedemütigt, misshandelt und in aller rassistischsten Konsequenz vernichtet.
Der Begriff bezieht sich neben der rassistisch subjektivierenden Zuschreibung auch auf einen Aspekt, der aus einer linken Klassenperspektive eher bekämpft als befördert werden muss. Denn ein Bastard war immer auch ein Kind, welches aus einem sog. „Mischverhältnis“, was den Klassenstandpunkt betrifft, entsprang. So wurde bspw. ein Kind eines adeligen Mannes* und einer proletarischen oder bäuerlichen Frau* als Bastard bezeichnet. Es war noch Ende des 20. Jahrhunderts undenkbar, ein Kind aus einem solche sog. „Mischverhältnis“ innerhalb des Adels oder des Bürgertums zu akzeptieren. Sie waren aus diesen Kreisen immer ausgeschlossen.
Der Begriff ist augenscheinlich zudem, in seiner Verwendung als Beleidigung, ein (hetero)sexistischer und in sexueller Hinsicht reaktionärer Begriff. Wenn es eine Beleidigung ist, dass Du das Kind unverheirateter Eltern bist oder wenn Deine unverheiratete Mutter mit dem Begriff Schlampe gedemütigt werden soll, wenn sie Dich „ohne Mann“ zur Welt bringt oder Deine Eltern verschiedene Staatsbürger*innenschaften haben, dann ist das schlichtweg reaktionär, antifeministisch und nicht links. Denn wer kann – außer aus guten Gründen des Aufenthaltsstatus oder taktischen Gründen, die auf die Abschaffung derselben hinzielen – innerhalb der Linken tatsächlich die Ehe verteidigen? Einen „Bund für das Leben“ vor Staat und Kirche zu schließen heißt nicht nur, die eigene reaktionäre Spießigkeit festzuzurren, sondern auch, der biopolitischen Regulierung der eigenen Lust, des Begehrens und der Identität durch Staat und Kirche nicht nur mehr oder weniger freiwillig[5] zuzustimmen, sondern auch noch zu bejaen.
Wer kann also vor diesem Hintergrund – und hierfür gibt es schlichtweg niemals Gründe – tatsächlich einen Begriff wie „Bastard“ benutzen, der die rassistische und sexistische Ideologie von Reinheit – sexuell, körperlich und politisch – verteidigt?
So ist es nicht verwunderlich, dass ACAB auch unter (Autonomen) Nationalist*innen und weiteren völkischen Gegner*innen des deutschen Staates  verbreitet ist!

Bei unmittelbaren Versuchen, auf die sexistische und reaktionäre Bedeutung dieses Ausspruchs hinzuweisen, reagierten sogenannte Genoss*innen oft verteidigend oder abwehrend. Abstruse Argumentationen, wie bspw. man habe es hier mit einer „linken Tradition“ zu tun, durch die schon lange viele Linke zusammen gefunden hätten oder der Ausspruch wäre nun mal überall/international zu verstehen und/oder das Wort „Bastard“ stelle doch einfach nur eine neutrale Beleidigung dar….
Folgt man dieser Logik, handelt sich hier anscheinend um einen linken Konsens, der nicht gebrochen werden soll. Ein linker Konsens, den man Sexismus nennen muss, der leider tatsächlich überall zu verstehen ist. Oder warum ist hier die so oft hochgehaltene, vermeintliche Begriffsarbeit plötzlich nicht mehr wichtig?
Es geht hier also um eine weitreichendere Aussage, als möglicherweise oft angenommen wird. Falls eine Linke emanzipatorisch sein will – also ihrem Begriff nach überhaupt links sein will und im besten Falle queer – dann muss klar sein, dass solche Aussagen zum einen reaktionären Schwachsinn reproduzieren und zum noch produktiv für deren Weiterbestehen sorgen, statt religiöse und völkische Moral abzuschaffen und für queere Lustfreund*innenschaft zu kämpfen: „shluss mit der guten und der shlechten frau. diese trennung hat uns zu oft guten sex versaut“ (Sookee).

 

„Hure“, „Hurensohn“, „Bitch“, „Schlampe“

Aus ähnlichen Gründen reaktionär sind Begriffe wie Schlampe, Bitch, Hurensohn oder Hure, wenn sie als Beleidigung fungieren. Diese Begriffe, genauso wie ACAB, wollen wir nicht an sich ablehnen oder verbieten, stattdessen lehnen wir ihre Verwendung als Beleidigung statt als positive Selbstbezeichnung oder als reflektierte Dekonstruktion ab! Es geht also nicht einfach nur darum, diese Begriffe grundsätzlich einer sprachlichen Verwendung zu entziehen, sondern einen kritischen Umgang mit ihnen zu finden, der es ermöglicht, gesellschaftliche Machtverhältnisse offen zu legen und anzugreifen, die sich u.a. in diesen negativ verwendeten Begriffen manifestieren. Eine Praxis der Aneignung und Umdeutung solcher Begrifflichkeiten ist daher je nach Kontext und Subjektposition ein politisch notwendiger Akt.

„Hurensohn“

U.a. bei einer Soliparty am im Sommer 2016 im Klapperfeld schrie ein Typ laut, so dass es alle Anwesenden auf der Tanzfläche hören mussten, „Hurensohn“. Es wird darauf angesprochen, was der scheiß solle und fühlt sich offensichtlich provoziert und/oder ist genervt.
Parallel zu dieser Situation lief in der Sushibar bestimmter Rap, der selbstverständlich mit diesen Begriffen operierte, ohne sie zu kritisieren, zu zerstören oder positiv anzueignen,[6] was diese Intervention von außen betrachtet fast zynisch wirken ließ.
Von dem Typ und seinen zwei „Genossen“ wurde denjenigen Personen, die sie auf das „Hurensohn“ ansprachen entgegnet, sie sollten sich mal „entspannen“ und nicht so hysterisch sein. Abgesehen davon, dass die Entgegnung nicht hysterisch sondern aggressiv war, ist dies ein lächerlicher Versuch, Frauen*, die wütend sind und dies nicht auf liebliche oder freundliche Weise zum Ausdruck bringen, in eine Klischee-Rolle von Frau*-Sein zurückzudrängen. Wenn Frauen* in ihrem Klischeebild nicht rational und demnach nicht an öffentlichen politischen Debatten teilhaben können, dann muss ihre Aneignung und ihre Behauptung als rationale, politische Personen als bspw. hysterisch pathologisiert werden. Daher war nicht nur der Ausruf „Hurensohn“ reaktionär, sondern auch die Reaktion auf die Entgegnung darauf. Denn diese zeigte, dass es scheinbar klar vorherrschende Rollenbilder innerhalb der Linken gibt, innerhalb welcher Frauen* sich „nicht so aufzuregen“ haben und lieber schön ihre Klappe halten mögen. Hier wurden sexistische Zuschreibungen reproduziert. Radikaler Feminismus, der sich auch in der Praxis behauptet, wird als Spielverderber*in dargestellt.
Derselbe Typ, der Hysterie unterstellte, bezeichnete auf einem Barabend von uns einen schwarzen Typen, den wir aufgrund eines sexistischen Vorfalls seinerseits aus dem Klapperfeld schmissen mit dem N-Wort. Auch dieser vermeintliche Genosse musste daraufhin gehen.
An dieser Stelle fragen wir uns wirklich, warum so etwas innerhalb der Szene geduldet wird und keine ersichtlichen Konsequenzen hat?
Wir wollen keinen moralisch besseren Standpunkt beziehen. Grundsätzlich geht es hier in keinster Weise um Moral als bürgerliche Kategorie des „besser Wissens“ und „Belehrens“.  Es geht um eine politische Kritik. Eine Kritik daran, dass eine Linke, die heterosexistische Performances in ihren Kreisen duldet den Anspruch links zu sein nicht nur völlig verfehlt: sie ist es dann, wenn sie Sexist*innen duldet, schlichtweg nicht, sondern reaktionär.

 

„We want and must say that we are all housewives, we are all prostitutes, and we are all gay, because as long as we accept these divisions, and think that we are something better […] we accept the logic of the master. (Silvia Federici)

 

fantifa.frankfurt

 

[1] Mansplaining ist ein Begriff, der auf die Schriftstellerin Rebecca Solnit zurückgeht. Er beschreibt die Momente, in denen Männern* Frauen* die Welt erklären, ungeachtet dessen, ob sie – die Männer* –  Ahnung von dem jeweiligen Thema haben oder nicht.
[2] Schiller. In: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Bd. 1, Sp. 1150 bis 1151.
[4] Vgl.: http://www.zeit.de/1980/42/keiner-hat-hoeren-wollen.
[5] Klar ist, dass in kapitalistischen Verhältnissen, die uns in Gänze subjektivieren, kaum irgendetwas gänzlich freiwillig ist, im Verhältnis jedoch zu Staaten, in denen die Zwangsehe Millionen junger Mädchen in ein grausames Leben knechtet, stellt sich die Frage, wie sich hierzulande Menschen ohne offenkundigen Zwang und Gewalt, zur Ehe entschließen.
[6] Wir meinen hier, dass nicht jede*r Musiker*in, die solche Begriffe verwendet an sich reaktionär ist, sondern dass es auf den Kontext, die ästhetische und politische Verwendung ankommt. So gibt es bspw. bei Fler, Bushido & Co kein Spielraum für progressive „Huren“, während Brooke Candy, Zugezogen Maskulin, Sookee oder Niki Minaj solche Begriffe in ganz unterschiedlicher Weise dekonstruieren oder neu verwenden.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Was für "politische Konsequennzen" soll man denn daraus ziehen, dass irgendwer im Sommer 2016 mal "hurensohn" gerufen hat? Sollen wir ihn suchen gehen und ihm einen lebenslangen Szeneausschluss verkünden?

 aber dafür sorgen, dass diese person und andere es nicht wieder tun werden.kann menschen auch anders diffamieren, als mit klassistischer kackscheisse..

"Bastard soll als Beleidigung gegenüber Polizist*innen offenkundig ausdrücken, dass sie minderwertig sind."

-Nein. Bastard soll einfach ausdrücken, dass man diese Personengruppe hasst und die Funktion der Polizei als Gewaltmonopol des Staates scheiße findet. Bastard wird heutzutage eher als ein Begriff wie "Arschloch" verwendet.

 

"Umso mehr wundert es uns, dass er sich (immer noch) großer Beliebtheit erfreut."

-Vielleicht weil "ACAB" eine der am bekanntesten Abkürzungen/Parolen der Welt ist? Egal wo du auf dieser Erde wandelst, du wirst dieser Parole nicht entgehen können; ob als Graffiti, Spruch auf einer Demo oder Tattoo bei Fußball-Ultras.

 

"Uns geht es hierbei nicht um einen moralischen Vorwurf, die Erzeugung schlechten Gewissen oder eine pädagogische Belehrung."

-Was ist eigentlich mit so Begriffen wie "Wichser"? Warum kommt sowas hier nicht vor? Weil ihr euch dann eingestehen müsstet, dass Sexismus keine Einbahnstraße ist, sondern alle Menschen (auch Männer) davon betroffen sind? So ist euer Text nichts weiter als ein weiterer Versuch alle Männer in der linken Szene als Sexisten darzustellen und moralische Überlegenheit zu gewinnen.

 

Ich hoffe die linke Szene wird sich irgendwann von diesen moralischen Machtspielen verabschieden und wieder aufs wesentliche konzentrieren: Der Kampf gegen jede Form der Herrschaft des Menschen über den Menschen.

wie in deinem ersten Absatz könntest du die Bullen auch mit dem N-Wort belegen.

 

Worte haben Bedeutungen und die werden auch gehört und verstanden.

 

Deshalb ist reaktionär nicht links.

 

Danke für den Text!

"mit der selben Begründung wie in deinem ersten Absatz könntest du die Bullen auch mit dem N-Wort belegen."

-nein, da das N-Wort eine ganz spezifische Beleidigung ist und seine ursprünglische Bedeutung nicht verloren hat.

ACAT finde ich eigentlich die beste und sinnvollste Bezeichnung für die Bullenschweine.

 

ACAT = All Cops are Targets

[...]

[Achtung, mein Kommentar enthält Begriffe, welche wie "Bastard" oder "Arschloch", weil oft normativ als Beleidigung verwandt, Trigger sein können]

 

 

"Bastard soll einfach ausdrücken, dass man diese Personengruppe hasst. [...] Bastard wird heutzutage eher als ein Begriff wie "Arschloch" verwendet. ".

Ich verstehe dieses Argument nicht. Was benennt denn "Arschloch"? Was "Bastard"? Du schreibst das es ausdrücken soll, was "man hasst", denn dafür ist dann schließlich im weitest gefassten Sinne eine "Beleidigung" gedacht. So verstehe ich das. Und eben darum bedeutet solch ein Ausdruck eben immer ein Abbild der Perspektive derjenigen Person, welche ihn verwendet.

Um die Beleidigung auszusprechen, welche klarmachen soll, was (oder eben wen) man hasst, wird also ein Vergleich herangezogen, Also wie bei deien Beispielen also "Arschloch". "Bastard".

Andere, mit gleicher und/oder anderer Perpektive würden vielleicht noch nennen: "Penner". "Assi". "Spast". "Idiot". "Bulle". "Fotze". "Schwuchtel". "Jude". Neger".

Entsprechend deines Standpunktes erfüllen diese (und unzählie andere) Worte genau das, wonach du suchst. Ausdruck dafür zu sein, was gehsst wird.

 

Und eben hier zeigt sich dann, was (mindestens unreflektiert) im Kopf der Person, welche dies ausspricht, für ein Weltbild sich abzeichnet. Wenn marginalisierte, unterdrückte, nicht normative, nicht-menschliche, nicht-männliche, nicht-weiße, auf z.B. Körper oder Schamgefühle... bezogene Begriffe zu genau solch Beleidigung dienen sollen, dann kann es doch nicht unmöglich sein, hier in einem Artikel ein wenig Reflektion einzufordern.

Das sollten doch Grundsätze absolut jeder linker und/oder emanzipativer und/oder autonomer und/oder anarchistischer und/oder kommunistischer und/oder sozialistischer und/oder wasauchimmer für einer Perspektive sein, welche nicht ausschließlich sich hier auf linksunten rumtreibt, um von der "Gegenseite" kommend hier zu provozieren.

 

Ist Kritik so schwer für dich (und viele andere, dein Kommentar ist hier halt ein gerade für mich besonders ärgerliches, weil einfach negatives - Beispiel) anzunehmen? Ist Selbstkritik so unzugänglich? Ist das offene Hinterfragen von Dingen, die kritische Analyse der eigenen Standpunkte, ein Reflektieren und Akzeptieren der eigenen Privilegien so unerträglich?

 

Welche Gesellschaft (oder Welt) verteidigst du?

Und welche Gesellschaft (oder Welt) möchtest du verwirklichen?

 

Und "Begriffe wie 'Wichser'? Was mit denen ist? Die sind ebenso, genau exakt, absolut und beispielhaft genau so falsch und zu reflektieren, wie die von mir ebenfalls nur beispielhaft genannten. Da hast du recht. Denn es soll hier zum einen ein Mensch über ein normativ bestimmtes Ehr/Anstands- und/oder Schamgefühl beleidigt werden. Wer sich selbst liebt, sich sexuell befriedigt, Lust am Körper genießt, wird negativ belegt (Unkeuschheit, Unsittlichkeit, Unanständigkeit, wechselnde Begriffe, zeitgeistabhängig). Zum anderen wird die_derjenige negativ gemeint, welche_r möglicherweise "keine_n" abbekommt. Denn einer mit Scham und Ekel, mit Unanständigkeit belegten Masturbation haftet eben auch oft an, dass die gemeinte Person deshalb zu beleidigen sei, weil diese nicht in der Lage scheint, sich die erwartbare Verfügbarkeit sexueller Handlungen in der warenförmig gedachten Welt zwischenmenschlicher Beziehungen zu bedienen.

"Wichser" ist keine Beleidigung. Und der Gebrauch selbiger sollte reflektiert werden können.

ABER was hier ganz sicher nicht vorliegt, ist irgendeine wie auch immer gedrehte Form von Sexismus. "Sexismus" ist einerseits eben sicher eine Einbahnstraße. Das wird selbst - ganz bürgerlich - bei wikipedia bereits in der ersten Zeile deutlich gemacht: "Unter dem Begriff werden Geschlechterstereotype, Affekte und Verhaltensweisen gefasst, die einen ungleichen sozialen Status von Frauen und Männern zur Folge haben oder darauf hinwirken." Wo außer im Maskulismus wird denn die These vertreten, dass Männer sich irgendeiner feministischen Bedrohungslage ausgesetzt sehen könnten, welche darauf hinwirkt, dass die Männer einen ungleichen sozialen Status haben könnten? Meinst du das wirklich? Wie angesprochen würde ich sagen, dass "Ekel", "Scham", "Anstand", "Moral" u.a. die Gründe (welche alle ebenfalls zur normativen Welt der Herrschaft gehören) für die Wahl von "Wichser" als Beleidigung darstellen. Aber "Sexismus", wenn der Begriff nicht bedeuten soll "-ismus, welcher bezeichnet, dass Dinge mit Sex zu tun haben", dann gibt es hier kein Argument.

 

 

Abschließend "hoffst [du] die linke Szene wird sich irgendwann von diesen moralischen Machtspielen verabschieden und wieder aufs wesentliche konzentrieren: Der Kampf gegen jede Form der Herrschaft des Menschen über den Menschen". Fein. Klingt gut.

Doch Fragen bleiben.

 

Einmal: Wann war denn diese Zeit, welche dein "wieder" beschreibt. Also diese vergangene, utopische linke Epoche, als sich "aufs wesentliche konzentriert" wurde? Als Marx (und unzählige andere) während der "Ersten Internationale" gegen Jüd_innen und Frauen gehetzt haben? Als Hans-Jürgen Krahl von Sigrid Rüger „Genosse Krahl, du bist objektiv ein Konterrevolutionär und ein Agent des Klassenfeindes dazu.“ gesagt bekam, als dieser den Redebeitrag zur "Befreiung der Frau" verhindern wollte? Wann würdest du denn sagen, waren diese glorreichen Zeiten, in welchen herrschaftskritische Positionen nicht dem "Kampf gegen jede Form der Herrschaft" im Weg standen? 

 

Und dann fiele mir noch ein, dass du aus meiner Sicht MEIN Argument nutzt, um DEINE Position zu diskreditieren. Das ist nett. Aber ich befürchte, du meinst das wirklich, was du sagst. Also so anders herum.

Denn wie gesagt, Herrschaft, Hierarchie und soziales Gefühe stabilisierende Begriffe, welche explizit Unterdrückung meinen, benennen und positiv reproduzieren sind, da hast du Recht, sicher ein Hindernis zur Konzentration auf ein wesentliches Ziel, welches "Herrschaftsfreiheit" heißt.

Also hier sind wir uns einig. Ach ne, ich glaube vielleicht doch nicht?

 

Es bleibt dabei. Konterrevolution.

Legt mal eure Uni-Bücher für eine Stunde beiseite, schlagt die Tageszeitung eures Vertrauens auf und bewegt euch mal aus euren Wohlfühl-Kiez. Da draußen gibt es wirkliche Probleme, Verhältnisse die angegriffen gehören und Projekte die angestoßen werden müssen. Vielleicht hört ihr mal auf nur an euch zu denken und ständig euch in euren Problempool zu baden.

Habt ihr schon mal daran gedacht das es auf Partys auch Menschen gibt die nicht dem „Szene- Standand“ unterliegen. Menschen müssen da genommen werden, wo sie stehen. Eurer Ansatz ist richtig aber in der Ausführung total naiv und verfehlt.

Hört auf Worte zu bekämpfen. Bekämpft lieber die Ursachen. Wenn ihr dazu überhaupt in der Lage seid.

auch wenn -oder gerade weil- hier gleich "entspann Dich mal"-ähnliche Reaktionen auftauchen, ist die Wiederholung dieser Problematisierung von Sprache wichtig und gut (sag ich als so called cis-Mann).

Sprache transportiert immer auch Haltung/Meinung/Verständnis, Provokationen verpuffen bei tausendfacher Wiederholung.

 

Das unsägliche ACAB wird ja auch gern verteidigt, weil es "historisch" gesehen gebraucht wurde, da die copz sich davon beleidigt fühlen ohne dass die Ausrufenden Bastarde als minderwertig sehen...mhh, schon immer zweifelhaft, da gerade im Bastard-Ausruf der Hass zu hören ist. Auch wenn Bastarde heutzutage kaum noch gebräuchlich sind (eher durch die Kinder-von-Sexarbeiterinnen abgelöst), ist doch hoffentlich allen klar, dass ich weder was für meine Eltern kann, noch es irgendwie problematisch ist ob meine Eltern verheiratet, gleichen Standes oder was auch immer sind.... Die Argumentation, es sei ein weit verbreiteter Ausruf hinkt, einerseits ist Scheiße auch weit verbreitet, andererseits nutzen es deshalb auch nazis und rechte Hools & Ultras mit denen zumindest ich Nix gemeinsam haben möchte.

Ähnlich ists doch bei Hurensohn/-tochter, auch hier werden Leute auf "falsche Weise" diffamiert und ich zudem sowohl über Eltern definiert als auch für diese verantwortlich gemacht und soll mich nun beleidigt fühlen, Du Yuppiesohn, Du Bankertochter, Du Pffarersohn, Du Politertochter....

"Auf der Strasse" außerhalb des Wohlfühlkiezes muß ich -wie auch der Text- Niemanden für Sprachgebrauch lynchen (machen "die" ja schon selber), kann es aber kritisieren und versuchen die Probleme darin aufzuzeigen, was ja schließlich auch das Menschen- und Gesellschaftsbild betrifft.

Der "Strasse" abzusprechen davon was zu verstehen ist arrogante Scheiße!  

Jetzt entspannt Euch mal, ihr Mackerkids!

.. es geht nicht darum irgendwas zu verteidigen oder "arrogante Scheiße" zu verbreiten, sondern in Anbetracht der gegenwärtigen Verhältnisse Prioritäten zu setzen. Die Szene ist nicht da um sich selber zu bemitleiden und ständig auf dich herumzuhacken. Es müssen Forderungen gestellt werden, Machtverhältnisse angegriffen und Akzente gesetzt werden! Der Artikel ist inhaltlich einfach nur schlecht.

Manchmal frage ich mich was das für Leute sind, müssen sich im Endeffekt aufspielen und zersetzen den letzten Rest einer eigentlich lebenswerten Szene:)

Ich frage mich nur, wie lange und mit welcher Rechtfertigung Leute, die den Anspruch haben, für eine menschlichere Gesellschaft zu kämpfen, sich noch als zugehörig zu dieser realexistierenden  sogenannten "linken Szene"  ansehen wollen? Diese Dinge, die ihr beschreibt, sind so offenkundig menschenverachtend, dass es mit Linkssein absolut nichts zu tun hat. Wer verantwortungsvoll politisch handeln will, müsste sich doch eingestehen, dass so manch ein "Wohlfühlort" und so manch eine "Kuschelgruppe" schon lange nicht mehr als links bezeichnet werden kann oder es vielleicht nie werden konnte.

Es mag schwer sein, aber wer es ernst meint mit dem Linkssein, muss diese Kritik üben und notfalls auch Konsequenzen ziehen und gehen und gemeinsam mit Gleichgesinnten was Neues aufbauen, alles andere unterstützt die Reaktion. Und es gibt genügend solidarische Menschen, sie müssen nur mal lauter werden und sich finden und verständigen. Dafür ist euer Text ein guter Beitrag! 

 

Es ist ja inzwischen so weit, dass sich Teile der linken Szene völlig offen zu Gewalt gegen Frauen bekennen. So wurde vor kurzem einer Person, die den Sexismus während einer linken Veranstaltung in Berlin kritisiert hat, wortwörtlich entgegengeworfen: "Hast du etwas zum ersten Mal in deinem Leben deinen safe space verlassen?" Das heißt, da wird mit voller Überzeugung  eine als "links" ausgegebene Veranstaltung als Ort der Gewalt reklamiert. Im weiteren Verlauf wurde sich hiervon nicht etwa distanziert, sondern es wurde die Person, die den Sexismus kritisiert hat, auf heftigste weiter angegriffen. 

https://linksunten.indymedia.org/de/node/181953

 

Ich denke, es kann hier nicht mehr darum gehen, sich mit den Sexisten auf irgendeine Kompromissformel zu einigen.

 

Einer linken Bewegung muss es ja  darum gehen, klar Position zu beziehen gegen Sexismus, Rassismus und Kapitalismus und dabei vor allem auch die Verschränkungen zwischen den Kategorien  zu thematisieren. Und das geht mit Sexisten sowieso nicht.

leider scheinst du von eindimensionalen Sexismusdefinitionen besessen zu sein

wie im obigen kommentar angesprochen wird, gibt es nicht fälschlicherweise eindimensionalen sexismus, sondern aus gutem grund. per definition und idee ist sexismus eindimensional.

 

"Das wird selbst - ganz bürgerlich - bei wikipedia bereits in der ersten Zeile deutlich gemacht: "Unter dem Begriff werden Geschlechterstereotype, Affekte und Verhaltensweisen gefasst, die einen ungleichen sozialen Status von Frauen und Männern zur Folge haben oder darauf hinwirken.""

 

gewalt gegenüber cis-männern gibt es. hass gegen cis-männer gibt es.

ungleichen sozialen status von cis-männern im sinne von unterdrückung, von herrschaft (also Herr_innenschaft) gegen cis-männer gibt es nicht.

(klar gibt es ungleich in dem sinne, dass in jeglicher form von patriarchaler struktur ganz definitiv cis-männer privilegiert und entsprechend sozial ungleich, weil besser gestellt, sind).

"Es ist ja inzwischen so weit, dass sich Teile der linken Szene völlig offen zu Gewalt gegen Frauen bekennen."

-aha okay habe ich komischerweise noch nicht ein einziges Mal erlebt obwohl ich schon seit Jahren in der linken Szene aktiv bin.

 

"So wurde vor kurzem einer Person, die den Sexismus während einer linken Veranstaltung in Berlin kritisiert hat, wortwörtlich entgegengeworfen: "Hast du etwas zum ersten Mal in deinem Leben deinen safe space verlassen?" Das heißt, da wird mit voller Überzeugung  eine als "links" ausgegebene Veranstaltung als Ort der Gewalt reklamiert."

-Was für ein angeblicher Sexismus wurde denn kritisiert?

-Inwiefern ist der Satz "Hast du etwa zum ersten Mal in deinem Leben deinen safe space verlassen?" Gewalt??? Und wie wird damit der Ort der Veranstaltung als "Ort der Gewalt reklamiert"? Das ist keine Gewalt in deinem Beispiel. Kann es sein, dass du das einfach als Gewalt deklarieren möchtest um dir Gehör zu verschaffen und die moralische Überlegenheit zu gewinnen? Diese Taktik kenne ich schon zu genüge. Lasst euch mal was Neues einfallen! Vielleicht echte Argumente ;)

Ihr seit auch ziemlich reaktionär. Positioniert ihr euch als Bastade? Ich als Bastad im eigentlichen Sinne verbitte mir irgendwelche bevormundung von Bürgerlichen nicht bastaden. Im übrigen erwarte ich eine entschuldigung sollten an dem Text irgendwelche nicht-bastade beteiligt gewesen sein. Wir als bastade entscheiden immernoch selbst von wem der Begriff wann benutzt werden darf und brauchen keine bevormundung durch irgendwelche "linke-Gruppen".

 

Im übrigen ACAB.

 

Es ist einfach nicht logisch was ihr tut. Natürlich ist es wichtig begriffe in Frage zu stellen, eure Meinung aber repressiv in einer subkultur durchsetzen zu wollen und das ganze dabei so schlecht zu bedenken ist dumm.

"the comments on any article about feminism justify feminism." (helen lewis).

 

Eigentlich nicht allzu erstaunlich, aber dennoch Schade einmal mehr feststellen zu müssen, dass dies auch auf linken und in ihrem Anspruch nach emanzipatorischen Seiten zutrift.

 

Btw.: Guter Text, differenzierte Auseinandersetzung mit alltagsnahen Beispielen zum Thema.

 

Ach und an alle, die hier die Meinung vertreten, dass sich die Verfasser_innen doch bitte "wichtigeren" Themen zuwenden sollen: Wie kommt ihr auf die absurde Idee nicht nur zu bestimmen, was wichtige politische Themen sein sollen, sondern auch Sexismus als nicht wichtiges Thema zu verunglimpfen. Hatte eigentlich gehoft, das ganze "Nebenwiderspruch"-Geplapper sollte mittlerweile akut vom Aussterben bedroht sein. Schon mal was von Definitionsmacht gehört? Scheint schon ein bisschen arrogant den Verfasser_innen des Artikels ihre - offensichtlich regelmässig erlebten - Diskriminierungserfahrungen abzusprechen.

Toll das ihr euch mit dem Thema Sexismus in der Linken auseinandergesetzt habt. Logisch sollte die verwendete Sprache auch fortwährend einer linken Kritik unterzogen werden. Bloß verstehe ich eure Kritik in Bezug auf Beleidigungen nicht. Wenn Mensch einen anderen Menschen, eine ganze Personengruppe beleidigen möchte, spielen doch genau diese bürgerlichen Vorstellungen die in der Beleidigung stecken die wichtigste Rolle. Sind sozusagen das Trägermedium. Wenn Mensch also auf einer Demo meint die Polizei pauschal als Bastarde/Bangert/Bongert zu beleidigen ist das zwar ganz bestimmt nicht links, gar emanzipatorisch, sondern es ist eine Beleidigung die genau mit den bürgerlichen Klischees spielt.

 

Ein Sprachcode der zum Beispiel innerhalb der Linken völlig kritiklos übernommen worden ist, ist der des Geflüchteten. Hieß es in den 90er Jahren noch Asylant_In, was aus der griechischen Sprache stammt und etwa der/die "Im Schlaf unberaubte" bedeutete, also dem Mensch einen sicheren Ort im sprachlichen Sinne bot, bietet im Jahre 2016 sprachlich dem hier angekommen Menschen nicht mal mehr einen sicheren Ort, verwehrt ihm diesem. Was zumindest der derzeitigen deutschen Realität entspricht....

Ich finde es gut das Hurensohnrufe in gesellschaftlich irrelvanten autonomen Zentren nicht geduldet werden. Aber um eine wirkliche Kraft, eine Klasse zu werden, müssen wir als Linke unsere selbstgeschaffenen Zonen verlassen und leider noch viele ekelhafte Diskussionen führen....

Vielen Dank für euren Diskussionsbeitrag der ganz bestimmt nicht ekelhaft...

Ein Text dem man, bezogen auf den 'Bastard', gar nicht genug Anerkennung zollen kann, denn weder (ver)ändert sich Sprache noch entwickelt sie sich, hat sie nie, wird sie nie, und das ist gut so! Befähigt es uns doch immer sofort zu erkennen was gemeint ist und was nich, ob 18. oder 21. Jahrhundert, und erspart uns so die Qual allzu abstrakter Gedankengänge; wer zum Beispiel 'fuck this shit' sagt meint damit schließlich nichts anderes als den Geschlechtsverkehr mit Fäkalien ■

 

Was bedeutet es schon dass das Wort 'Bastard' angeblich zum unspezifischen Synonym für 'Du bist (hier bitte irgendetwas negatives das nicht diskriminierend ist einsetzen, danke.)' geworden ist, wenn seine wahre Bedeutung doch schon vor Jahrhunderten auf alle Ewigkeit festgelegt wurde, richtig, nichts.

 

Und so wird es zwar ein langer Kampf, aber am Ende auch ein erfolgreicher sein, schließlich haben wir in sehr vielen Büchern schwarz auf weiß welche Wörter böse sind welche nicht, die sogenannte 'Realität' der Menschen die sie verwenden hin oder her.

 

PS: Bitte macht auch einen Teil über 'Höflichkeit', das kommt schließlich von Hofstaat/Höfische Gesellschaft und ist damit nichts anderes als verbal gelebte Unterdrückung wie damals durch Fürsten oder Könige.

Sehr geil, danke für deinen Kommenar, ich habe sehr gelacht!

 

Und mit geil meine ich rallig, und hätte ich cool gesagt, hätte ich natürlich kühl gemeint, klar soweit.

 

Und übringens möchte ich mich auch einem anderen Kommentar anschließen und mir – als ebenso 'klassischer' Bastard – jede Kritik an meiner Verwendung des Wortes "Bastard" verwehren! Oder wollt ihr weißen Akademiker-Kids jetzt auch noch nach Harlem jetten, um dort Zivilisation und Kultur in der Form zu predigen, dass ihr Menschen mit dunkler Hautfarbe (wie etwa Immortal Technique) erklärt, dass sie Rassisten sind, wenn sie "Yo, ma nigger, waz up?!" sagen?!

 

Außerdem finde ich ja auch "Arschloch" und "Scheiße" auch ganz ganz schwiiieeeerig! Denn schließlich sie ja ein natürlicher Teil unseres Körpers und seiner Funktionen, und wenn jmd. das negativ konnotiert, dann bekomme ich ein ganz schlimmes Verhältnis zu meinem Körper und meinen Exkrementen. Eieiei!

 

Deshalb sollten wir einfach allen das Fluchen verbieten! Gehört sich eh nicht, war schon immer unanständig, lotterhaft, sittenwidrig und insbesondere von Gott ungern gesehen. Weil bis ich erst mal rational all eure Gesetze gecheckt habe, bevor ich in einer emotionalen Situation fluche, um dann verdruckst "Du, duuuu, duuuuu gammlige Avocado, du" zu sagen, nur um dann zu merken, dass ich damit dann ja jmd. entmenschlicht habe, was ja bekanntlich der erste Schritt zum Faschismus ist... bevor ich das tue, kann ich es mir auch gleich ganz sparen. Dann lasse ich mir doch lieber umkommentiert die Knochen brechen, dann bin ich wenigstens PC und kein Macker, hurray!

Wundert mich nicht, ist doch die linke Szene Frankfurts immer mehr durchsetzt von Ultra-Mackern, deren Wortschatz sich mit Bastard, Hurensohn und oire Eltern sind Geschwister doch auf recht überschaubar niedrigem Niveau bewegt.

Uns geht es also darum, politisch sichtbar zu machen, dass Sexismus in verschiedenen Formen – als Witz, als subtiler Kommentar, als bestimmtes maskulines Männer*ideal, als Mansplaining,[1] als körperliche Performance uvm. – auch und immer wieder in der linken Szene auftaucht.

Die Hippies, Pazifisten und Bürgis in allen Ehren - jeder, der seinen Arsch auf eine Anti-Nazi-Demo bewegt, ist wichtig und gehört dahin! - aber bitte lasst die Vorwürfe gegen "maskuline Männerideale".

Denn es sind fast immer die als "Macker" etc. beschimpften Menschen, die sich aktiv den Faschos, den Bullen und den Faschos unter den Bullen entgegenstellen und bereit sind, für den Rest im wahrsten Wortsinne Kopf und Kragen zu riskieren oder auch mal offensiv gegen die Schweine aller Art vorzugehen.

Von mir aus könnt Ihr gern die "Macker" von Demos oder aus Häuserprojekten/Clubs/... vertreiben, aber dann wundert Euch bitte nicht, wenn Ihr von Bullen, Faschos oder "besorgten Bürgern" aufgemischt, verhaftet oder schlimmeres werdet.

Menschen, die sexistische Gewalt ausüben, können allenfalls selber Faschos sein, aber mit Sicherheit keine linke Antifa. 

Als ob die Bezeichnung ausschliesslich nur für sexistische Gewalttäter benutzt wird...ist es nicht vielmehr so das jeder Mensch, jeder Aktivist, jede Aktivistin, welche/r eine bestimmte Körpersprache hat, lauter redet, nach vorne geht tendenziell diese Diffamierung abbekommen kann? Wie oft habe ich in der letzten Dekade, auch grade gegen Aktivistinnen diese Bezeichnungen vernommen, sie seien "voll die scheiss Mackertussies". 

Sexismus ist eine Struktur, die auch Menschen, die als nicht-männlich wahrgenommen werden, in begrenztem Maß die Möglichkeit bietet, die höherstehende/dominante Rolle anzunehmen und so von ihr mit zu profitieren. (Das gibt es auch bei anderen Strukturkategorien (Klasse, Rasse)).   Das findet aber meistens in ziemlich engen Grenzen statt (wenige Personen, nur bestimmte Anlässe, Situationen, Lebensphasen). Und vor allem ist damit die Struktur nicht aufgehoben, die Menschen abwertet, diskriminiert, angreift.

Der Sexismus ist eine Struktur, die nicht zuletzt den Kapitalismus stützt. Der gegen sich selbst und andere rücksichtslose Macker-Mann lässt sich super ausbeuten oder als Handlanger des Systems irgendwo in der Hierarchie einsetzen. Zumal er ja ständig von der sexistischen Ideologie mit seiner angeblichen Höherwertigkeit gegenüber Frauen bestochen wird. Das Kapital bietet ihm als Ausgleich für seine Ausbeutung die Macht über Frauen an, Frauen wiederum sollen ihm durch Übernahme ihrer Rolle den Rücken freihalten. 

...dumm nur, das viele Wörter wie z.B. doof und dumm auch einen "ableistischen" Hintergrund haben. Wenn man ernsthaft behauptet, jeder meine mit "Bastard" uneheliches Kind, der glaubt wohl auch, dass jedes doof als Abwertung von Gehörlosigkeit gemeint ist.

Und was ist mit Idiot? Wurden nicht etliche Leute als "Idioten" psychiatrisiert? Oder Wixxer? Werden da nicht sexuelle Praktiken diskriminiert?

lalalalalalalala...

doch.

und deshalb: ALLES REFLEKTIEREN.

 

was soll das denn? dein argument ist, dass so viel falsch läuft, dass deshalb alles mitgetragen und nicht kritisiert werden sollte.

no way!

Sex, Wut und Hass sind nicht sauber und widersprechen in ihren Wesen grundlegend dem 'purging' durch Sittlichkeits- und Regel-Katalogen ([wanna be-]linke pc inklusive). D.h. nicht(!) dass Sex nicht konsensual sein könne, solle oder müsse etc., oder dass man sich nicht linguistisch-kulturwissenschaftlich damit befassen dürfe, welche gesellschaftlichen Verhältnisse sich an Flüchen und Verfluchungen ablesen lassen.

 

Es heißt aber, dass diesen Tätigkeiten der Regelbruch und die 'Abartigkeit' ex-Akt inhärent sind, da genau diese den Reiz ausmachen. D.h. weder ficken noch fluchen sind durch (eure) Moralheftchen in 'hübsch, nett und artig' umzugestalten. Falls ihr das nämlich wolltet, dann blieben nur noch der rein zweckdienliche GV und mildes Unmuts-Grunzen (aber nicht zu laut und keinesfalls Knurren, weil sonst fühlt sich jmd. bedroht und verlässt dann erstmal sicher für 3 Wochen das Haus nicht mehr, ist also in seiner*ihrer Freiheit eingeschränkt). – Ich aber will das nicht, will nicht, dass diese Tätigkeiten gleich abgeschafft werden und würde euch viel lieber auf das emanzipatorische Potenzial dieser Regelbrüche (Ja!!!, u.U., und reflektiert, und gerne auch diskutiert, und konsensual) aufmerksam machen.

 

Dieses krasse Maß an verschleierter Restriktivität sieht man z.B. an jedem Wochenende: Ja, die Leute dürfen sich voll laufen lassen (um ihren Arbeitsstress klar zu krieg, die Wirtschaft anzukurbeln, sich abzufucken, sich 'frei' fühlen zu dürfen etc.). Und genau dann machen sie plötzlich miteinander rum, lernen sich kennen, probieren sich aus, schlagen sich, vögeln, gestehen nach Jahren ihren besten Freund*INNen ihre Liebe etc. – Wieso genau dann?: Weil die Gesellschaft das alles nur akzeptiert wenn es unter dem Vorzeichen 'Sorry, ich war besoffen läuft' passiert; Sodass deviantes Verhalten, wenn's schief geht (,,Ähh, okay, aber ich mag dich aber nur als Freund, ja") 'zurückgenommen' werden kann... – Ein Bsp. das zeigen soll, wie hier menschliche Bedürfnisse wie in einen Dampfkochtopf unterdrückt werden, aber von einem restriktiven und repressiven System in apolitische und kapitalistische Bahnen geleitet wurden: Mit dem Ziel ihre Sprengkraft abzuleiten, ihre Energie in Profit zu verwandeln und mit oftmals reaktionären Beiprodukten (Vergewaltigungen, Schlägereien zwischen Lohnabhängigen [nein, das liegt nicht nur daran!]...). Diese Umstände und diese Wesenszüge muss man sehen, wenn man über die Bereiche dieser Grenzübertritte dozieren will, und v.a. sollte man sie verstehen, bevor man denkt noch restriktivere und harschere Regeln seien zwingend emanzipatorisch.

"Diese Umstände und diese Wesenszüge muss man sehen" - und dann? Was tut man, wenn einem so klar vor Augen steht, wie systemstabilisierend, wie prokapitalistisch der Sexismus ist? Wie er die kapitalistische Ausbeutung stützt?

Kommt drauf an.

Gesetzt den Fall, man wäre links, antikapitalistisch, antifaschistisch, für eine  menschlichere Gesellschaft, eine Gesellschaft von Gleichen? Dann würde es zur eigenen politischen Agenda ganz klar dazugehören, den Sexismus eben als das zu entlarven was er ist: Als gewalttätiges Unterdrückungsverhältnis, das darüber hinaus der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Ausbeutungssystems dient. 

Wenn man aber zu denen gehört, deren Agenda es ist,  den Kapitalismus zu stürzen, die  vom Sexismus aber weiterhin profitieren wollen, dann eiert man eben in solchen Halbargumentationen rum. Man versucht den Sexismus-Kritikerinnen anzudichten, sie selbst würden die Verbindung zum Kapitalismus nicht sehen, ja am besten, sie würden im Kapitalismus eigentlich überhaupt nicht das Problem sehen, oder man versteigt sich sogar zu dem, was du im letzten Satz schreibt: die Kritik am Sexismus sei in Wahrheit dasselbe wie die Unterdrückung menschlicher Beziehungen im Kapitalismus im Interesse des Kapitals. Wer Sexismus kritisiert, sei also im Grunde nichts anderes als der verlängerte Arm des Kapitals.

Merkst du was?

Du musst, um diese Diffamierung hinzukriegen, sexistische Gewalt mit positiven menschlichen Beziehungen gleichsetzen. Das, so denke ich, ist das Ekelhafte, was allerspätestens jede Zusammenarbeit mit der Sexisten-Fraktion unmöglich macht, ganz egal, wie antikapitalistisch sie  sich präsentiert.

 

 

[Hier wurde gerade ein Kommentar gelöscht, der obigen Text in etwa Folgendes vorwarf: Der Text zeuge von einem Willen für immer im Kapitalismus zu leben, weil seine Autorin* (der*die Kommentierende ging jedoch augenscheinlich von einem cis-männlichen Autoren aus) lieber fluchend in die ,,Opfer [seiner (d.h. eig ihrer*)] Fick-Attacken abspritzen" wolle. – Nicht mehr und nicht weniger wurde auf drei Zeilen vorgeworfen. Ich möchte diesen krassen Vorwürfen lieber entgegnen als sie schlicht zensiert zu haben:

 

 

 

Wenn du schon auf Linksunten diskutieren willst, dann bitte ersthaft, anstatt nur wie der*die letzte Talk Show-Politiker*in deine Meinung hier hinzurotzen. Wenn du Kritik an meiner Position hast dann mach sie inhaltlich und nicht mit krassen Beleidigungen, Vorwürfen und Verdächtigungen, die sich auf deinen ,,Eindruck'' stützen. Und dann ließ wenigstens auch richtig, denn im Text ist mehrfach(!) betont worden, dass unumstritten nur konsensualer Sex emanzipatorisch sein kann, während Vergewaltigungen (d.h. nicht-konsensualer Sex) als genau das Gegenteil explizit gekennzeichnet wurden.

 

Aber was glaubst du denn, wieso Sex hinter verschlossenen Türen stattfindet!? Wieso die Leute nicht mit ihren Vorgesetzen, Paffen, vagen Bekannten, Bäcker*INNEn, und Politiker nicht in Talkshows über Sexualität sprechen? Obwohl Sexualität zu fast jedem Menschen dazu gehört?! – Eben genau weil(!) diese Gesellschaft so ist, dass sie Sex, dass sie Fluchen tabuisiert, hinter verschlossene Türen verbannt, wo sie dafür z.T. umso krasser sind. (Und: Doch, diese Themen gehören sehr wohl zusammen und ihr Verknüpfung ist keine ,,Fick-Attacke". – Oder wieso sind deiner Meinung nach, wie im Fantifa-Text aufgeführt, so viele Beschimpfungen und Flüche ("Fuck"!) Wörter aus dem sexuellen Bereich?!

 

Wenn du nicht gewillt bist darüber offen zu sprechen, nicht mal gewillt bist Analyse-Vorschläge inhaltlich zu diskutieren, geschweige denn eigene vorbringst, dann bist DU es, der*die den status quo für immer festschreibt. – Und der Kapitalismus hat all das (wie exemplarisch gezeigt) längst integriert; d.h. DU perpetuierst einen seiner Stützpfeiler auf ewig.

 

(Und im Übrigen bin ich ein weiblicher* Mensch, ich finde nur, dass sollte keine Relevanz für die Bewertung meines Arguments haben.)

"wieso sind ... so viele Beschimpfungen ... Wörter aus dem sexuellen Bereich"

 

weil Sexisten Sexualität durch sexualisierte Gewalt ersetzen. Gewalt, die sie sexualisieren. Was du umdrehst, indem du Sex mit  Wut, Hass, Flüchen in eins setzt. 

Ihr wollt jetzt wirklicg darüber diskutieren, das man Beleidigungen doch bitteschön politisch korrekt und superreflektiert formulieren soll? 1. Die Semantik des Wortes Bastard bietet noch mehr als nur die Definition eines unehelichen Kindes. 2. Sollte es in der linken wahrlich keinen Menschen geben der sich dadurch ernsthaft beleidigt fühlt, wenn doch, haben wir ein Problem. 3.Geht es meines Erachtens bei einer Beleidigung doch genau darum, jemanden verbal zu demütigen, zu triggern, seine kleinbürgerliche Fassade anzuknacksen. Ob das immer sinnvoll ist oder erfolgreich damit ist, besonders viele Menschen auf seine Seite zieht oder das komplette Gegenteil der Fall ist, steht auf einem ganz anderen Blatt und kann getrennt davon diskutiert werden. 

ist doch ganz einfach, wir brauchen eine Beleidigung die niemanden beleidigt, aber dennoch die Antipathie ausdrückt.

 

Statt A.C.A.B. und FCK CPS zum Beispiel F.I.E.N.O.K.W.D.P.S.T. (Find ich echt nicht ok was die Polizei so tut), D.P.G.B.I.E.A. (Der Polizei gegenüber bin ich echt abgeneigt), W.D.P.T.I.M.Z.R. (Was die Polizei tut ist mir zu repressiv) oder P.W.W.J.N.S.N.G.B.S.D.M.D.N.F.I. (Polizist_In werden war jetzt nich so ne gute Berufswahl, solltest du mal drüber nachdenken finde ich), et voilà, Problem gelöst!

 

 

Vorbestellungen für T-Shirts, Aufnäher, Kapus, Jacken, Mützen etc nehme ich gerne entgegen unter: nettbeleidigen@glücksbärchiland.com