-IN- "You´ll never walk alone!"

Stop Police Brutality

Aufruf zur Demo gegen Polizeigewalt und Repression, 8.Oktober 20:00Uhr Westfriedhof. Polizeigewalt betrifft dich nicht? So schnell kann es gehen. Auf dem Nachhauseweg in eine Polizeikontrolle geraten und schon steht mensch zwei Beamten gegenüber und ist sich unsicher was mensch nun eigentlich darf und was nicht.

Muss ich in das Röhrchen blasen? Dürfen die eine Urinprobe nehmen? Und dann steigt schnell das Gefühl in einem auf, eigentlich sei es egal, was diese Polizisten dürfen und was nicht, denn wenn ich eine Handlung verweigere, ist das ja wohl verdächtig…. Nach dem Motto „Wer nichts zu verbergen hat, der wird sich auch nicht weigern“. Dabei ist es problematisch, wenn einen das Bestehen auf den eigenen Rechten zum „Verdächtigen“ macht. Diese alltägliche Situation zeigt, wie schnell jede/r von uns in die Lage geraten kann, der Willkür der Polizei ausgeliefert zu sein. Und sie zeigt auch, dass Polizeigewalt ein Thema ist, das uns alle angeht.

 

17.06.2014: In Herford eskaliert eine Polizeikontrolle. Der 39-jährige E. wird angehalten, weil er am Steuer telefoniert. Er macht einen Alkoholtest, der negativ ausfällt. Ob E. und sein Cousin, der zur Kontrolle dazustößt, die Polizisten beleidigen oder provozieren, ist unklar. Jedenfalls kommt es zu einem Gewaltausbruch. Der ebenfalls 39 Jahre alte Polizist schlägt zu und setzt Pfefferspray ein – aus Notwehr, wie er später sagt. Nach dem Gerangel zeigt er E. an und will Schmerzensgeld. Auch E. zeigt den Polizisten an. E. und sein Cousin landen vor Gericht, wegen Körperverletzung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Doch in der Verhandlung nimmt der Fall dann eine überraschende Wendung. Die Polizei hat der Staatsanwaltschaft eine Reihe Standbilder aus der Videokamera übergeben, die den Fall aus dem Streifenwagen heraus filmte – und das gesamte Video. Die Staatsanwältin hatte sich vor der Verhandlung nur die Standbilder angesehen. Und die suggerieren, dass die Aggression vom Kontrollierten E. ausgeht. Doch als vor Gericht das ganze Video gezeigt wird, stellt die Richterin fest, dass das Gegenteil der Fall ist: Ohne ersichtlichen Grund greift der Polizist E. an, tritt ihm mit dem Knie zwischen die Beine und sprüht Pfefferspray auf ihn. SZ – 07.05.2015

 

25.07.2014: Zivilfahnder der Polizei entdecken B., der wegen mutmaßlichem Handel mit Cannabis per Haftbefehl gesucht wird, vor einem Wohnblock. Die Beamten wollen den Mann verhaften. Der 33-Jährige aber ergreift die Flucht. Dann zieht einer der Polizisten seine Dienstwaffe, gibt einen Warnschuss ab und zielt – nach eigener Aussage – auf die Beine des Mannes. Die Kugel trifft B. allerdings im Nacken. Für ihn gibt es keine Rettung mehr. Im Februar 2016 wird das Verfahren gegen den Beamten eingestellt. br.de – 18.02.2016

 

18.07.2016: Nachdem die 18-jährige Schülerin aus München von der Polizei aus der Sitzblockade gegen PEGIDA gezogen wird, ging ein Beamter auf sie los. Er schlug sie gegen die Brust, schubste sie in eine Hecke, während der Kollege neben ihm der Schülerin aus heiterem Himmel einen gezielten Schlag ins Gesicht versetzte. Als die 18-Jährige bereits am Boden lag, blutend, die Hände schützend vor dem Gesicht, hielt ihr der Beamte die Faust noch einmal vor die Nase. Bei der 18-Jährigen wurde bei der ärztlichen Untersuchung eine Schädelprellung, eine Nasenwandprellung und eine leichte Gehirnerschütterung festgestellt. AZ – 21.07.2016

 

09.2014: Ein Bundespolizist soll auf der Wache am Hauptbahnhof Hannover Migranten misshandelt haben, während diese sich in Polizeigewahrsam befanden. Zwei Kollegen hatten Strafanzeige erstattet, auch gegen sie und vier weitere Beamte wurde ermittelt. Gerichtlich festgestellt ist nun, dass der Bundespolizist S. einen gefesselten, gekrümmt auf dem Boden liegenden Marokkaner mehrfach fotografierte und einem Kollegen eines der Bilder zuschickte. Sein Kommentar: „Das ist ein Maroc. Den habe ich weiß bekommen.“ Dass er außerdem schrieb, den 19-jährigen Schwarzfahrer zum Verzehr gammeligen Schweinemetts gezwungen zu haben, soll reine Prahlerei gewesen sein. Die Staatsanwältin stufte die Situation, die sich im September 2014 im hannoverschen Hauptbahnhof abspielte, als „demütigend“ ein: „Daraus spricht eine fremdenfeindliche und menschenverachtende Gesinnung.“ Richter Freudenberg sagte, es sei „der Polizei unwürdig, solch ein Foto zu verschicken“. Doch strafrechtlich betrachtet ist das Weiterleiten der Aufnahme nur ein Verstoß gegen das Kunsturheberrechtsgesetz: Der Polizeiobermeister hatte den Flüchtling nicht gefragt, ob er mit dem Versenden einverstanden ist. HAZ – 22.07.2016

 

Kontrolliert hier eigentlich jemand die Polizei?

 

Wird Anzeige gegen einen Polizisten erstattet so liegt ein Anfangsverdacht vor und die Staatsanwaltschaft ist dann zur Aufnahme von Ermittlungen verpflichtet. Diese werden durch ein Ermittlungsverfahren von der Polizei selbst geleistet. Das heißt, in Deutschland ermittelt die Polizei gegen die Polizei. Sind die Ermittlungen abgeschlossen, prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein hinreichender Tatverdacht besteht und Anklage erhoben oder andernfalls das Verfahren eingestellt wird.


Viele Opfer von Polizeigewalt schrecken jedoch bereits vor dem Schritt der Anzeige zurück und wenn sie ihn wagen folgt i.d.R. sofort die Gegenanzeige. Amnesty International berichtet zudem von Betroffenen, die angaben, dass sich Polizisten weigerten, ihre Anzeige aufzunehmen.

 

Tatsächlich wird in den meisten Fällen die Anklage fallen gelassen. Polizisten, die beleidigen, schlagen oder drohen, werden fast nie dafür bestraft. 2014 wurden 2138 Polizisten wegen Körperverletzung von Bürgern angezeigt. Nur gegen 33 Polizisten haben die zuständigen Staatsanwaltschaften Anklage erhoben – ganze 1,5 Prozent. Und fast alle kommen ohne Strafe davon. Genaue Zahlen gibt es jedoch nicht, da Verurteilungen von Polizisten nicht statistisch erfasst werden.

 

Die Polizeigewerkschaften halten interne Ermittlungsstellen für ausreichend. „Wir haben längst unabhängige Ermittler – die heißen bei uns Staatsanwälte“, sagt Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Die deutsche Polizei genieße bei den Bürgern das größte Vertrauen im europäischen Vergleich. Es gebe immer Interessen, die Polizei schlecht aussehen zu lassen. „Urteile werden aber im Gerichtssaal gesprochen und nicht in Talk-Shows.“ Wendt versteht nicht, warum man mit den Zahlen transparenter umgehen sollte. „Die Zahlen zeigen doch schon, wie wenig Vergehen von Polizisten es gibt.“ correctiv.org – 20.08.2015

 

Immer wieder missbrauchen Polizisten ihre Macht, werden gewalttätig gegenüber Schutzlosen und decken sich gegenseitig. Das gute Ansehen und „große Vertrauen“ in die deutsche Polizei basiert auf Nichtwissen und Ignoranz. Auf Einzeltäter- und Schwarzes Schaf-Ausreden. Die Realität sieht anders aus. Die niedrigen Zahlen an Anzeigen als Aussage darüber zu werten, wie wenige Vergehen Polizisten begehen, ist ein fataler Fehler. Im Gegenteil sind sie alarmierender Beweis dafür, dass mensch das Vertrauen in den Rechtsstaat verloren hat. Das Wissen darum vor Gericht als Mensch zweiter Klasse behandelt zu werden, dem man keinen Glauben schenkt.

 

Wo führt das hin?

Wir befinden uns in einem schleichenden Prozess der Aushöhlung unserer Rechte (BND-Gesetz, Vorratsdatenspeicherung, Integrationsgesetz) und der Erweiterung der Rechte der Staatsmacht.
Wir befinden uns auf dem Weg in einen Kontrollstaat in dem Polizeigewalt zur Tagesordnung wird.

Und was können wir tun?

Aufmerksamkeit schaffen! Polizeigewalt wurde jahrelang ignoriert und verleugnet. Doch die Presseberichte der letzten Jahre zeigen: Aufmerksamkeit kann etwas bewirken.

 

Polizeigewalt kann jeden treffen. United we stand! You‘ll never walk alone!
Komm zur Demo am 8.10.2016 um 20:00 am Westfriedhof Ingolstadt

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