Wir werden am dienem Wochenende ein Kundgebung über 24 Stunden abhalten "Für ein Gedenken an Halim Dener". Von Sonntag den 25.09. 18 Uhr bis Montag den 26.09. 18 Uhr werden wir uns am Steintor Hannover versammeln und mit verschiedensten Aktionen darauf aufmerksam machen, dass auch nach 23 Jahren nix an den von einem Polizisten erschossenen Jugendlichen erinnert.
Halim Dener: gefoltert. geflüchtet. verboten. erschossen.
Halim Dener musste 1994 vor dem Krieg in seiner Heimat fliehen. Das türkische Militär zerstörte Anfang der 90er Jahre in Nordkurdistan über 4.000 Dörfer, 17.000 „Morde unbekannter Täter“ wurden zumeist an kurdischen Zivilist*innen begangen, das „Verschwindenlassen von Personen“ und Folter waren gängige Praxis von Militär, Polizei, Geheimdienst und Paramilitärs. Halim selbst wurde vor seiner Flucht in Polizeihaft gefoltert, sein Dorf zerstört.
Als „unbegleiteter minderjähriger Flüchtling“ kam der 16-Jährige in die BRD. Um seine Familie in der Heimat nicht zu gefährden, musste er unter falschem Namen Asyl beantragen. Kurz zuvor gipfelten deutschlandweit öffentliche Hetze und ein gesellschaftlich weit verbreiteter Rassismus in Pogromen gegen Geflüchtete und Migrant*innen, wie in Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen. In der Folge verschärfte die Bundesregierung das Asylrecht.
Gegen die kurdische Bevölkerung in der BRD gab es eine regelrechte 
Hetzkampagne, die im November 1993 zum Verbot der Arbeiterpartei 
Kurdistans (PKK) und ihr nahestehender Organisationen führte. Die simple
 Gleichung „Kurd*innen = PKK = Terrorist*innen“ sollte die staatliche 
Repression gegen Kurd*innen rechtfertigen, mit der die BRD ihre 
wirtschaftlichen und politischen Interessen wahren wollte. In der BRD 
setzte sich Halim weiter für die Freiheitsbewegung Kurdistans ein. Am 
30.06.1994 wurde er beim Kleben von Plakaten mit dem Emblem der ERNK, 
des (damaligen) politischen Arms der PKK, von SEK-Polizisten in Zivil 
überrascht und bei der Festnahme aus kürzester Entfernung in den Rücken 
geschossen. An dieser Schussverletzung starb er wenig später. Der 
Polizist wurde von seinen Kolleg*innen gedeckt, sodass die Tat nie 
angemessen aufgeklärt werden konnte.
Die gesellschaftlichen und politischen Fragen von Krieg, Flucht, 
staatlicher Repression und Polizeigewalt, die zu Halims Tod geführt 
haben, sind heute so aktuell wie vor 21 Jahren, daher die Kampagne Halim
 Dener: gefoltert. geflüchtet. verboten. erschossen.
Es herrscht wieder Krieg in der Türkei und Kurdistan.
Nicht erst seit dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 herrscht in der Türkei ein Zustand offener Unterdrückung. Bereits ein Jahr zuvor wurde nach dem Wahlerfolg der pro-kurdischen HDP der Krieg gegen die Kurd*innen erneut begonnen. Seitdem werden monatelange Ausgangssperren verhängt und ganze kurdische Städte dem Erdboden gleichgemacht. Hunderttausende Kurd*innen, aber auch viele türkische Intellektuelle und Journalist*innen, die sich kritisch äußern, werden durch das AKP-Regime verfolgt oder zur Flucht gezwungen.
Die Bombardements kurdischer Städte und Dörfer, die hunderten zivilen 
Opfer und Massaker durch das Militär, die Angriffe auf die pro-kurdische
 HDP im Parlament und die Aufhebung der Presse- und Versammlungsfreiheit
 werden von Deutschland größtenteils totgeschwiegen, um zugleich der 
Türkei die vollständige Unterstützung im „Kampf gegen den Terrorismus“ 
zu versichern. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung den Krieg 
in Kurdistan und gegen Menschen auf der Flucht nach Europa durch den 
EU-Türkei Deal aktiv. Trotz der von der Bundesregierung eingestandenen 
Unterstützung des AKP-Regimes für islamistische Terrorgruppen, hält die 
Regierung an dem Deal fest. Zu wichtig ist die Türkei als Türsteher der 
Festung Europa.
Weg mit dem Verbot der PKK!
Schluss mit der Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung!
Die Kurd*innen haben in Kobanê und Shengal den „Islamischen Staat“ (IS) zurückgedrängt und haben damit bewiesen, dass sie der einzige Akteur im Nahen Osten sind, der für eine friedliche und menschenwürdige Zukunft kämpft. Die Freiheitsbewegung Kurdistans hat sich dadurch zu einer immer größer werdenden Alternative zu den Regimen von Erdogan in der Türkei, Assad in Syrien oder den islamistischen Terroristen des „Islamischen Staat“ (IS) entwickelt. Sie steht wie keine andere Bewegung für Demokratie, Frauenrechte und Frieden. Die Volksverteidigungseinheiten (YPG) und die Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) sind entscheidende Kräfte gegen den IS im Irak und in Syrien. Trotz allem wird die Freiheitsbewegung Kurdistans in der Türkei und Deutschland weiterhin unnachgiebig verfolgt.
Die Kriminalisierung von Kurd*innen in Deutschland wird unter dem 
Vorwand einer Terroristische Vereinigung anzugehören oder diese zu 
unterstützen auch ganz aktuell weiter fortgesetzt. Kurd*innen werden mit
 Repression überzogen: Durchsuchungen von Privatwohnungen, Vereinen, 
Beschlagnahmungen und Inhaftierungen waren und sind immer wieder an der 
Tagesordnung. Das 24. Internationale kurdische Kulturfestival, welches 
Anfang September in Köln stattfinden sollte, wurde verunmöglicht. Die 
türkische Regierung hatte ein Verbot dieses »Europatreffens der PKK« 
gefordert. Die deutschen Behörden setzten die Forderung um.
Mittlerweile begnügt sich die Türkei nicht mehr damit die Kurd*innen in der Türkei zu bekämpfen sondern ist im Rahmen der Offensive „Schutzschild Euphrat“ unter dem fadenscheinigen Vorwand den „Islamischen Staat“ zu bekämpfen, in Nordsyrien einmarschiert. Doch der Angriff der türkischen Armee dient nur vorgeblich der Grenzsicherung und dem Kampf gegen den „Islamischen Staat“. Die türkische Regierung will vor allem eine zusammenhängende demokratische Selbstverwaltung im Norden Syriens verhindern.
Würdevolles Gedenken an Halim Dener! Sein Kampf geht weiter!
1994 erkannte der SPD-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg noch das legitime Bedürfnis nach Trauer und Erinnerung an und sagte bei einer Gedenkkundgebung offen, dass er das PKK-Verbot für falsch halte. Leider hat das nichts bewirkt. Im Gegenteil: Im Laufe der letzten Jahre gab es zahlreiche Kriminalisierungsversuche von Seiten des Staates – auch in Hannover. So wurde zum Beispiel am 11.02.2016 das Unabhängige Jugendzentrum Kornstraße durchsucht. Dem UJZ Kornstraße wird vorgeworfen, die PKK zu unterstützen, indem es Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt haben soll. Stattdessen hat das UJZ Kornstraße der kurdischen Jugend und dem Verband Studierender aus Kurdistan Raum für Treffen gegeben.
Beschlagnahmt wurden bei der Razzia lediglich 41 Plakate, 82 Flyer und 
vier Computer. Doch allein die Forderung „Weg mit dem Verbot der PKK“ 
auf den beschlagnahmten Plakaten scheint auszureichen, um das UJZ 
Kornstraße zu kriminalisieren.
Auch gab es mehrere Verfahren gegen türkische und kurdische 
Aktivist*innen. So zum Beispiel gegen Mustafa Celik und Kenan Bastu. 
Wegen Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“ 
nach Paragraph 129b wurden beide vom Oberlandesgericht (OLG) Celle zu 
einer Haftstrafe von jeweils zweieinhalb Jahren verurteilt.
Darüber hinaus stehen in München derzeit 10 Aktivist*innen wegen einer 
angeblichen Mitgliedschaft in der TKP/ML (Türkische Kommunistische 
Partei / Marxistisch Leninistisch) vor Gericht. Diese Organisation ist 
in Deutschland zwar nicht verboten, hat sich aber in der Türkei stark an
 der Linken Opposition beteiligt.
Krieg, Flucht, staatliche Repression und Polizeigewalt sind ungelöste gesellschaftliche Fragen. Sie haben zum Tod von Halim Dener geführt. Ein würdevolles Gedenken an ihn ist ein Teil des Umgangs mit den Problemen von heute.
Wenn Menschen kriminalisiert werden, weil sie Flugblätter verteilen, 
Konzerte planen oder für Frieden in Kurdistan demonstrieren, wird eines 
offensichtlich: Das PKK-Verbot muss weg!
Die PKK ist keine „Terror-Vereinigung“ sondern vielmehr eine 
Organisation, die einen wichtigen Bündnispartner im Nahen Osten für eine
 demokratische Perspektive in der Region darstellt. Alle demokratischen 
Kräfte müssten ein Interesse an einem Austausch über die Ideen und 
Ansätze einer direkten kommunalen Demokratie und dem Zusammenleben 
jenseits kultureller, ethnischer und religiöser Grenzen haben, wie es 
aktuell in Rojava versucht wird.
Es muss einen angemessenen Umgang mit dem Tod Halim Deners geben. Die 
Verantwortlichen müssen endlich Farbe bekennen; dort wo Halim Dener 
erschossen wurde brauch es einen Ort des Gedenkens.
Deshalb fordern wir…
Weg mit dem Verbot der PKK!
Würdevolles Gedenken an Halim Dener!
Programm
Sonntag 25.09.2016
18 Uhr Auftaktkundgebung
20 Uhr Kulturprogramm mit Live Musik
22 Uhr „Der Freiheitskampf der Kurdinnen“ Arte Doku
Montag 26.09.2016
8 Uhr Auftakt
10 Uhr Plenum
11:30 Uhr Wegweiseaktion
12 Uhr Politik Kunst Kultur
Infostände
Performance
live Musik
15:30 Uhr Wegweiseaktion
16 Uhr Politik Kunst Kultur
Infostände
Performance
live Musik
18 Uhr Abschlusskundgebung, Pressekonferenz

