[Gö] 10.9. alerta antifascista! Gemeinsam stoppen wir die Neonazis!

Nachbarschaft-Anschreiben

Liebe Nachbarinnen und Nachbarn, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir wenden uns heute auf diesem Weg an Sie, um Sie über den antifaschistischen Widerstand gegen einen geplanten Aufmarsch von Neonazis am 10. September 2016 zu informieren.

 

Sicherlich sind Sie bereits gut informiert. Seit Monaten treibt eine dreiste Truppe von fanatischen Nazis, rassistischen Hasspredigern, rechten Rockern und versoffenen Hooligans ihr Unwesen in der Region Südniedersachsen. Seit Mai diesen Jahres dürfen wir uns mit diesem Neonazi-Freundeskreis nun auch in Göttingen rumschlagen. Manche fragen sich vielleicht: Sollte man sich wegen dieses Häuflein Elends derart aufregen, es sind doch nur 88, 33 oder zuletzt 4 traurige Gestalten, die ihrem Anführer Jens Wilke folgen? Ja, aber - antworten wir. Die geringe Teilnehmerzahl bei den Neonazikundgebungen ist dem beharrlichen Protest der lokalen Bündnisse gegen Rechts und den unterschiedlichen Widerstandsformen von Antifaschistinnen und Antifaschisten zu verdanken. Würden die Rechten nicht ausdauernden Gegenwind verspüren, trauten sich viel mehr auf die Straße der Pegida-Effekt drohte im November 2015 von Thüringen nach Duderstadt in Südniedersachsen zu schwappen. Es gibt in 20-30 Prozent der Bevölkerung rechtsextreme Einstellungspotentiale. Sie kennen das sicherlich: Am Arbeitsplatz oder vom Nachbarsbalkon: dieses schamlose hasserfüllte und menschenfeindliche Gerede von Leuten, die eigentlich ganz normal aussehen. Es gilt also zu widersprechen, NEIN zu sagen, aktiv zu werden – solange es noch geht.

 

Dem ungenierten Auftreten der Neonazis folgen schon heute offene rassistische Angriffe gegen Flüchtlinge, Migrantinnen oder einfach Menschen, die nicht in das rechte Weltbild pas- sen: In Heiligenstadt, Witzenhausen, Adelebsen und Hardegsen wurden in den letzten Monaten Menschen von Neonazis verletzt. Auch in der Göttinger Innenstadt kommt es mittlerweile zu offenen Attacken. Und wir erinnern uns: Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre starben 3 Menschen in Göttingen in der Folge von Neonazi- und Polizeigewalt. Die heutigen Neonazis drohen offen mit Schusswaffen, Mord- und Totschlag. Es gilt also zu widersprechen, NEIN zu sagen, aktiv zu werden – um Schlimmeres zu verhindern.


Vielfach hören wir, die Deutschen hätten aus ihrer Geschichte gelernt. Wir bezweifeln das und fühlen uns stattdessen konkret den Mahnungen der Opfer des Naziterrors und der antifaschistischen WiderstandskämpferInnen in Europa verpflichtet. Die Präsidenten aller internationalen Häftlingsverbände haben zum Jahrestag der Auschwitz-Befreiung am 27.1.2009 ein gemeinsames Vermächtnis formuliert: „(...) deshalb schmerzt und empört es uns sehr, heute feststellen zu

müssen: Die Welt hat zu wenig aus unserer Geschichte gelernt. (...) Unsere Reihen lichten sich. (...) Wir bitten die jungen Menschen, unseren Kampf gegen die Nazi-Ideologie und für eine gerechte, friedliche und tolerante Welt fortzuführen, eine Welt, in der Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben sollen. Dies sei unser Vermächtnis.“ Darum sagen wir: Manche Aktionen gegen Neonazis sind vielleicht nicht legal – ethisch gesehen aber legitim. Darum sagen wir: „Antifa, wir dürfen das!“

 

Wir bitten Sie: Hören Sie hin, schauen Sie nicht weg, sprechen Sie mit NachbarInnen und KollegInnen, werden Sie selber aktiv. Jetzt, ist der richtige Zeitpunkt! Gelegenheiten gibt es vielfältige, große und kleine. Sie haben vielleicht ein altes Sofa im Hausflur stehen? Stellen Sie es am 10. September früh morgens an die Straße – wir können es gebrauchen um klarzustellen: Hier marschiert kein Neonazi durch! Reichen Sie engagierten jungen Menschen Getränke oder halten Sie joggenden Damen im modischen Schwarz ihre Gartenpforte auf: „Hier ist eine Abkürzung!“. Hängen Sie Bettlaken mit schmähenden Aufschriften aus dem Fenster, bereiten Sie Konfetti vor, stellen Sie ihre Musikbox ans Fenster und zeigen Sie den Rechten was Sie von ihnen halten. Kennen Sie diesen Hit von den Ärzten? Es geht uns nicht um Gewalt, es geht uns ganz im Gegenteil darum beherzt und mit Augenmaß alle jene Mittel zu ergreifen, die nötig sind, um den Neonazis eine klare Abfuhr zu erteilen. Damit wir die nächsten 10 Jahre erneut vor ihnen Ruhe haben. Leider müssen Sie wir an dieser Stelle auf einige beunruhigende Umstände hinweisen. Teils irrtümlich, teils aber auch in gezielter Täuschungsabsicht treten öffentlich Personen auf, die wahlweise vorgeben: „Ich mache hier nur meinen Job“, „Die NPD ist keine verbotene Partei und darum haben auch diese Leute ein Recht zu demonstrieren“ oder gar „Ich verteidige die FDGO“. Lassen Sie sich keinen Bären aufbinden. Die diffuse „Freiheitlich Demokratische Grundordnung“ wird gerne von jenen herangezogen, die aktuell das Sagen haben um konformes Verhalten zu erpressen. Verfassungsrang hat diese ominöse FDGO nicht. Sehr wohl aber das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und in diesem sind sowohl ein Wiederbetätigungsverbot für Nazis wie auch ein Widerstandsrecht der Bürgerinnen und Bürger festgehalten. Die NPD konnte vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten werden, weil ein großer Teil ihres Personals bezahlte V-Männer des Verfassungsschutzes sind. Man könne nicht unterscheiden, welche Inhalte vom Staat in Auftrag gegeben wurden und wer nun die echten Nazis seien.


Eine Nebenbemerkung: Was soll uns das eigentlich über den angekündigten NPD-Aufmarsch am 10. September in Göttingen sagen? Und nein: Menschen verprügeln, Alte und Kinder schubsen oder eine Landtagsvizepräsidentin mit Pfefferspray zu blenden ist kein normaler Job. Der Job der Polizei hätte es 1998 sein müssen das NSU-Trio bei einer Verkehrskontrolle in Hannover festzunehmen. Dann könnten 10 Opfer der Neonaziterrors noch leben.

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Richtig gut! Ich hab den Text abspeichert, den nehmen wir das nächste Mal auch.

Göttingen soll die Hölle für Nazis und Cops werden.