Das riecht nach Konfrontation: Unter dem Motto "Nazis ins Wasser schubsen" wollen autonome Linke einen Aufmarsch von Rechtsextremen in Weil am Rhein verhindern. Die Polizei ist besorgt.
Von Marco Schopferer und Ulrich Senf
Nachdem die Rechten für den 24. September einen Aufmarsch zum "Tag der Europäischen Völker" in Friedlingen auf dem Hüninger Platz angemeldet haben, deutet nun alles darauf hin, dass es an dem besagten Samstag in Weil am Rhein zu einer offenen Konfrontation zwischen Rechten und autonomen Linken kommen könnte. Die KTS in Freiburg, das selbstverwaltete autonome Zentrum für Politik und Kultur, ruft unter dem Motto "Nazis ins Wasser schubsen" überregional zur Anti-Nazi-Blockade in Weil am Rhein auf.
Das gesamte Stadtgebiet, so die Ankündigung, wollen die Autonomen, die 
Anarchie als ihre politische Vision bezeichnen, an dem Samstag für 
Aktionen nutzen. Ziel soll es sein, den Naziaufmarsch um jeden Preis zu 
verhindern, "von der Anreise bis zur Abfahrt", wie sie schreiben. Mit 
"Out-of-Control Aktionen", die unkoordiniert und damit für ihre Gegner 
wie auch für die Polizei kaum abzuschätzen sind, wollen sie dem 
"Nazispuk keinen Meter Raum geben". Welche Mittel sie dabei im Blick 
haben, zeigt ein Foto der Dreiländerbrücke mit dem Schriftzug: "Nazis 
ins Wasser schubsen!" Über die Dreiländerbrücke, so das 
unmissverständliche Signal, das der Deutlichkeit halber auch auf 
Französisch zu lesen ist, sollen Rechte keinen Weg nach Friedlingen 
finden.
				
				
Aufruf auch auf Französisch
Auf der Homepage des Kulturzentrums als auch auf der linksradikalen 
Nachrichtenseite "linksunten"schreiben die Aktivisten: "Wir werden uns 
nicht einschüchtern lassen und uns dem Tag der europäischen Völker in 
den Weg stellen. Wir rufen dazu auf, am 24. September 2016 nach Weil am 
Rhein zu kommen und den Tag für die Nazis zum Desaster zu machen!" Gegen
 den "Nazispuk auf der Straße" helfe nur, sich öffentlich dagegen zu 
stellen und den Rechtsextremen keinen Meter Raum zu geben. "Dabei wollen
 wir den Neonazis jeden Raum in der Stadt nehmen", ist zu lesen.
Um dieses Ziel zu erreichen, rufen die Aktivisten zu Out-of-Control 
Aktionen im gesamten Stadtgebiet auf. Dabei sollen "viele verschiedene 
Protestformen Platz haben. Das wollen wir durch dezentrale Aktionen 
erreichen", heißt es in dem überregionalen Aufruf, der mit den Worten 
endet: "¡No Pasaran! (was heißt: Keiner soll durchkommen) – Für die 
Freiheit – Für die Anarchie!" Sitzblockaden schlagen die Autonomen dazu 
ebenso vor wie "Pink & Silver-Paraden, Punkmusik und Straßenpartys, 
agile Kleingruppen, etc." Dass der Aufruf auch auf Französisch übersetzt
 wurde, lässt vermuten, dass die Autonomen mit der Ankündigung ihre 
Gegner vorwarnen und einschüchtern wollen. Immerhin versuchen auch die 
Rechten, den "Tag der europäischen Völker" mit Flyern und einer eigenen 
französischen Seite in Frankreich zu bewerben. In dem Nachbarland, in 
dem übrigens auch der ehemalige Weiler und Organisator des Aufmarsches 
Andreas Weigand lebt, haben die Rechten eine große Lobby. Die 
Facebookseite zum Tag der europäischen Völker ist bereits über 1000 Mal 
geteilt worden, wenngleich sich erst 55 Menschen öffentlich für den 
Aufmarsch angemeldet und 124 ihr Interesse bekundet haben. Den deutschen
 Aufruf haben dabei 66 mit "gefällt mir" markiert, den französischen 129
 Personen.
Von "unüberbrückbaren Gegensätzen", die sich mit den Rechten und den 
autonomen Linken am 24. September in Friedlingen wohl gegenüberstehen 
werden, spricht die Polizei. "Konflikte sind bei dieser Konstellation 
nicht auszuschließen", erklärt Pressesprecher Wissler. Die Polizei 
bereite sich schon seit Wochen auf den Einsatz vor, um jederzeit 
reagieren und Auswüchse verhindern zu können.
Spezielle Verkehrssituation birgt Brisanz
Wie brisant die Situation in Friedlingen ist, veranschaulicht schon der 
Blick auf die wenigen Zufahrtswege in den Stadtteil. Neben der 
Dreiländerbrücke, die die Autonomen offensichtlich schon im Blick haben,
 um Rechte am Durchkommen zu hindern, gibt es neben dem Weg über den 
Zoll und die Friedensbrücke nur noch die Zufahrt über den Kreisel an der
 Colmarer Straße, um an den Hüninger Platz zu kommen. Was an einem 
Samstag um die Mittagszeit – der Aufmarsch ist auf 13 Uhr angemeldet – 
Sitzblockaden oder andere "Out-of-Controll-Aktionen" für Folgen haben 
können, lässt sich ausmalen.
Wie gewaltfreier Protest gegen eine rechtsextreme Veranstaltung vonstatten gehen kann, zeigt im Übrigen der Blick nach Freiburg.
 Im Jahr 2002 hatte dort ein breites Bündnis eine NPD-Demo schlichtweg 
unmöglich gemacht. 10.000 Menschen versperrten die Straßen vor dem 
Hauptbahnhof. Für die 100 angereisten NPD-Anhänger war kein Durchkommen;
 sie sagten ihren Zug durch Freiburg ab.



Aufruf der KTS
Nazis? Rhein! (deutsch)
Nazis ? Nagez ! (français)