Nach dem Polizeieinsatz in der "Rigaer 94" reißt die Serie von Anschlägen nicht ab. In der Nacht zu Sonntag brannten in mehreren Bezirken Autos, in Wedding randalierten etwa 100 Vermummte.
von Jörn Hasselmann
Innensenator Frank Henkel (CDU) sprach von einer "klaren Kampfansage an unsere Stadt". Henkel nutzte in seiner Mitteilung erneut die Formulierung "Terror": "Mit diesen Taten werden Menschen terrorisiert, und so muss das auch gewertet werden: als willkürlicher Terror gegen die Bevölkerung. Wir dürfen und werden uns davon als Stadt nicht einschüchtern lassen."
Zuvor hatte es Kritik aus den Oppositionsreihen wegen der Formulierung gegeben. Terror sei etwas anderes, so das Argument. Henkel sagte weiter: "Ich bin überrascht, dass es bislang nur wenige politische Reaktionen auf die Straftaten der vergangenen Tage gibt. Wir brauchen eine breite Front gegen diese Anschläge. Wenn solche Angriffe von rechts kämen, wäre das Konsens. Das muss es aber auch jetzt sein. Es wäre der erste Schritt, wenn diese Chaoten merken, dass sie in unserer Stadt völlig isoliert sind."
Auf Twitter verurteilte - wie üblich - der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber "Hass und Gewalt der linksautonomen Szene". Erneut wurde das Wahlkreis-Büro des CDU-Abgeordneten Kurt Wansner in der Gubener Straße in Friedrichshain beschmiert, und zwar mit dem Szenekürzel "R94". Auf der einschlägigen linksextremistischen Internetseite indymedia wurden die Anschläge gefeiert: "Auch in der 4. Nacht in Folge wieder Aktionen" In der vergangenen Woche hatte die Polizei auf Veranlassung des Eigentümers einen Teil des Friedrichshainer Szeneobjektes Rigaer Straße 94 geräumt, darunter die Kneipe "Kadterschmiede".
Mit Sprühkreide Parolen auf die Straße gemalt
Die Besatzung eines Streifenwagens hatte nach Polizeiangaben kurz nach 22 Uhr in der Müllerstraße einen Aufzug mit "ca. 100 vermummten, schwarz gekleideten Personen in der Müllerstraße" bemerkt, "die Holzlatten und Bengalos bei sich hatten". Aus dem nicht angemeldeten Aufzug heraus beschädigten dann mehrere Personen durch Schlagen und Treten die Eingangstür des Jobcenters in der Müllerstraße und sprühten anschließend Parolen mit Sprühkreide auf die Fahrbahn. Das Jobcenter war bereits zwei Nächte zuvor attackiert worden. Als die Polizei eintraf, flüchteten die Personen unerkannt über die Burgsdorfstraße in Richtung Willdenowstraße und Max-Josef-Metzger-Platz. "Dabei warfen sie Bauzäune und Warnbaken von einer dort befindlichen Baustelle auf die Fahrbahn", berichtet die Polizei. Nach Zeugenaussagen sollen mehrere vermummte Personen am Max-Josef-Metzger-Platz brennende Bengalfeuer unter einen geparkten BMW gelegt haben, die allerdings schnell wieder erloschen. Durch die Funken wurden zwei Reifen beschädigt. Es wird nun des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetzes, des besonders schweren Landfriedensbruchs und wegen Sachbeschädigung gegen Unbekannt ermittelt.
Zudem brannten in mehrere Bezirken Autos
Wie die Polizei am Morgen mitteilte, brannten in der Nacht in mehreren Bezirken Autos. Ein Zeuge hatte gegen 2.45 Uhr in Schöneberg in der Fritz-Elsas-Straße Flammen an einem VW Caddy bemerkt. Die Feuerwehr löschte das Feuer. Es handelte sich um einen Wagen der Firma Wall.
In Gesundbrunnen sah ein Taxifahrer kurz vor 4 Uhr einen brennenden VW Golf in der Neuen Hochstraße Ecke Liesenstraße und alarmierte die Feuerwehr und die Polizei. Die Einsatzkräfte löschten die Flammen; das Auto wurde völlig zerstört wurde. Durch die Hitzeentwicklung wurde ein Mercedes A 180, der hinter dem brennenden Wagen stand, ebenfalls stark beschädigt. In Lichtenberg bemerkten Anwohner des Alice-und-Hella-Hirsch-Ring in Rummelsburg kurz vor 4 Uhr auf einem Anwohnerparkplatz ein brennendes Auto. Beim Eintreffen der Einsatzkräfte der Feuerwehr brannten bereits vier Fahrzeuge vollständig. Das Feuer wurde gelöscht.
Ein weiteres in der Nähe abgestelltes Wohnmobil wurde durch die starke Hitzeentwicklung beschädigt. Erste Ermittlungen ergaben, dass vermutlich ein Mercedes GL angezündet worden war und die Flammen dann auf einen Audi A4, einen VW Passat und Mercedes ML übergegriffen hatten. Die letzte Tat wurde gegen 6.40 Uhr in Mitte begangen. Dort hatten Unbekannte einen Golf und einen BMW in der Rungestraße angezündet, wodurch ein Mini und ein VW Touran ebenfalls beschädigt wurden. Der für politische Delikte zuständige Polizeiliche Staatsschutz des Berliner Landeskriminalamtes hat in allen Fällen die Ermittlungen übernommen.
Die Demo zur Rigaer blieb friedlich
Wie berichtet hatten 500 Menschen am Sonnabendnachmittag in Neukölln und Kreuzberg „Solidarität mit der Rigaer 94“ demonstriert. Sie zogen friedlich vom Hermannplatz zum Kottbusser Tor.