Ende April 2015 begann der tschechische Staat einen Angriff bisher ungekannten Ausmaßes gegen die anarchistische Bewegung. Im Rahmen der sogenannten „Operation Fenix“ wurden mehrere Wohnungen und Bewegungsräume gestürmt und durchsucht, Server, Computer, Datenträger und Telefone beschlagnahmt und 11 Personen festgenommen. Anfang Mai 2015 wurde dann das besetzte Haus Cibulka in Prag geräumt und Ende Juni 2015 der russische Anarchist Igor festgenommen. Später stellte sich heraus, dass der ganze Terrorismus-Fall von mindestens zwei V-Männern, die der tschechische Staat in die anarchistische Bewegung eingeschleust hatte, fabriziert worden war.
Von den Fenix Vier, die für mehrere Monate in U-Haft gesteckt wurden, befindet sich nur noch Martin hinter Gittern. Petr, Aleš und Igor sind in der Zwischenzeit entlassen worden. Vor anderthalb Wochen, am 9. Juni 2016, entschied das Gericht, die bereits 14monatige Untersuchungshaft von Martin noch einmal zu verlängern. Die Verlängerung der U-Haft stellt jedoch nur den Gipfel des Eisbergs dar. Der tschechische Staat wendet seit Monaten zahlreiche Mittel an, um Martin zu brechen: Verweigerung veganer Ernährung im Knast, die vollzugstypischen Schikanen und Sippenhaft-Maßnehmen, d.h. die Verfolgung und Überwachung seines persönlichen und familiären Umfelds.
Deswegen hat Martin am 9. Juni 2016 einen Hungerstreik begonnen. Er fordert seine Freiheit und eine Ende der staatlichen Verfolgung seines Umfelds.
Das tschechische Anarchistische Schwarze Kreuz und das Anti-Fenix-Kollektiv rufen zu internationaler Solidarität mit Martin auf. Organisiert Solidaritätsaktionen, am besten in der Nähe von Vertretungen des tschechischen Staats, und schreibt Martin Briefe! Er kann nicht gut Englisch, freut sich aber über jedes Zeichen der Solidarität.
Martin Ignačák 10.8.1986
V.V. Praha – Pankrác
P.O.BOX – 5
Praha 4
140 57
Czech Republic
Weitere Infos unter:
https://anarchistblackcross.cz/
https://antifenix.noblogs.org/
Quelle: http://abcj.blackblogs.org/2016/06/19/martin-ignacak-im-hungerstreik
Kritik
Vor einigen Wochen gab es in der Interim einen Artikel über einen in Tschechien anarchistischen Gefangenen, der von einem ihm zugewandten verfasst wurde. In dem Schreiben wurde allein das Vorenthalten veganer Ernährung thematisiert, die als Folter beschrieben wurde.
Ich war tief entsetzt, nach dem ich nun etliche Folterberichte aus Syrien erzählt bekam, diese, aus konservative Sicht Pillepalle, als Folter zu bezeichnen! Ich habe mich etliche Male über derart Verharmlosung aufgeregt, da ich auch gegen Holocaustrelativierungen bin und mir den Arsch abdiskutieren würde mit Leuten die diesen Horror in die Lächerlichkeit ziehen.
Offenbar scheint es aber doch eine ganze Reihe an Problemen zu geben, aber außer einem nicht näher definiertem Terror Verdacht und der Überwachung seines näheren Umfeldes steht auch hier nichts in dem Artikel. In dem ANTIFENIX Blog gibt es allerhand Solidaritätsadressen, aber kaum etwas das nachvollziehen lässt, wo denn nun das Problem handfest liegt, so dass man gewissermaßen gezwungen ist, einfach so zwischen gut und schlecht zu wählen. Is irgendwo verständlich aber happy bin ich damit nicht, schon garnicht, wenn der gute Mann sich von Familie und Freunden das vegane Essen lange hat in den Knast bringen lassen, wie in dem Text "
Communiqué from Martin Ignačák: start of hunger strike 9.6.2016" beschrieben ist.
Dass den vier Leuten ein Anschlag auf das Haus eines Ministers in Tschechien unterstellt wurde, findet man nur mit Mühe und Not heraus, dass die vier aus der Anti-Spe Szene kamen wird auch nicht erwähnt, aber:
Soli Soli Soli. Bin ich blöd weil ich inzwischen nachfrage, zählen meine durchmischten Erfahrungen im Umgang mit anarchistischen Strömungen nicht, oder ist es einfach meine oder eine deutsche Macke alles durchzuanalysieren?
Das einzige was sich an eigener Aussage substanziell finden lässt ist ein Schreiben Martins aus dem letzten Jahr, sehr aufschlussreich:
https://antifenix.noblogs.org/post/category/deutsch/ dort ist lediglich ein Brief von Martin geschrieben:
https://antifenix.noblogs.org/post/2015/06/25/was-suchten-und-fragten-sie/
>>Getreu dem Motto “Wir rennen rein, und es wäre seltsam, wenn wir nichts fänden,” belog die Polizei das Gericht mit absurden Vorwürfen, um bewaffnete Raubüberfälle, Raub und Entführung in einer organisierten Gruppe zu legalisieren. Die Polizei wusste nicht nur, dass ich in der Zeit des angeblichen Angriffs im Ausland war, aber wenn ich tatsächlich zu dieser Zeit in der Tschechischen Republik gewesen wäre, ist es wirklich eine lächerliche Vorstellung, dass ich vom Ort des Angriffs “die Reste der Zündvorrichtung” (mit denen die Durchsuchung begründet wurde) 350 km mit zurück nach Hause (wo der Eingriff vorgenommen wurde) genommen, sie ein und ein viertel Jahr aufbewahrt hätte, und auch damit in eine neue Wohnung umgezogen wäre.
All diese Informationen standen der Polizei zur Verfügung, trotzdem raubten und entführten sie. In der Tat, in meinem Haus machten sie sich auf die Suche nach anderen Dingen, die im Durchsuchungsbefehl überhaupt nicht erwähnt wurden. Sie suchten Dinge, die mit der Bewegung für die Befreiung der Tiere in Verbindung stehen. Werkzeuge und Geräte, die von Aktivisten zur Sabotage und zur Tierbefreiung auf Pelzfarmen verwendet wurden. Einige dieser Informationen kannte ich nicht, weil die Polizei sich hinter meinem Rücken zu schaffen machte. Sie suchten irgendeine “Zange” zwischen den Werkzeugen, fanden aber nur einen alten stumpfen Kombinationszange.<<
Interessant ist dieser Fall, in dem offenbar ein Teil der Gruppe als Nazi-affinen Kerl und Informant für Bullen verunglimpft wird:
RESPONSE ON THE LIES SPREAD ABOUT OUR COMRADE LUKAS BORL
https://antifenix.noblogs.org/post/2016/03/11/response-on-the-lies-sprea...
Später taucht bei "international" ein dreißig Seiten langer Text, glorreich als PDF formatiert, also nicht so ideal im Punkto Datensicherheit, auf:
https://antifenix.noblogs.org/files/2015/09/sazba_fenix_EN.pdf
Wenigstens etwas.
ok
Die fehlenden Infos sind vielleicht kritikwürdig, und Bezeichnungen wie 'Folter' unangenehm (auch wenn ich finde, dass es in Punkto Folter vielleicht immer noch andere, "noch krassere Praktiken" geben kann - im aktuellen Fall überlass ich es aber mal dem Betroffenen zu urteilen). Das soll aber nicht ablenken davon, dass der Staat einen kritischen, rebellischen Menschen schon über ein Jahr in U-Haft steckt und (im täglichen Leben im Knast ist das wichtiger als man sich draussen oft denken kann) ihm Essbares offenbar verweigert.
Ich finde das sind genug Gründe, Martin Unterstützung zukommen zu lassen!
Lange her
Lange ist Operation Fénix schon her, ebensolang sitzt Martin in U-Haft.
Damal hab ich einige Texte für Indy übersetzt. Hier diese (und zusätzliche) Links, für alle, die noch Überblick brauchen:
http://linksunten.indymedia.org/de/node/150096
https://linksunten.indymedia.org/en/node/142304
https://linksunten.indymedia.org/en/node/142367
https://linksunten.indymedia.org/en/node/146427
https://linksunten.indymedia.org/en/node/146743
https://linksunten.indymedia.org/en/node/147041
https://linksunten.indymedia.org/en/node/147315
https://linksunten.indymedia.org/en/node/153018
https://linksunten.indymedia.org/en/node/161538
Nur in Kürze: Von zwischenzeitlich vier Inhaftierten sitzt noch einer (Martin). Nur Igor wird ein Anschlag auf das Haus des Verteidigungsministers vorgeworfen, den anderen Bewaffnung bzw. die Planung eines Anschlags auf einen Militärzug. Diese Planungen gab es, jedoch wurden sie im Wesentlichen von Polizeispitzeln vorangetrieben. Für mehr Details lest euch durch die Links!