Fußballfans aus der Region Dresden blamieren Sachsen in Frankreich

Dieses Bild von deutschen Hooligans vor dem Hauptbahnhof in Lille zeigt nach Angaben der Dresdner Polizei mindestens „zehn gewaltbereite Dynamo-Fans“.
Erstveröffentlicht: 
14.06.2016

Ausreiseverbote, Reichskriegsflaggen, Hitlergrüße: Teils gewaltbereite Hooligans aus der Ultras-Szene der SG Dynamo Dresden bringen bereits zu Beginn der EM die Planungen der Polizei durcheinander.

 

Die drei Kleinbusse sind schon eine Weile unterwegs. Es ist wenig Verkehr in der Nacht von Sonnabend zum Sonntag, die Männer in den Fahrzeugen freuen sich. Ihr Ziel ist Lille, der erste Spielort der Fußballnationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Das immer noch rund 360 Kilometer entfernte Stadion sollten die Männer jedoch nicht erreichen. Kurz vor der Grenze zu Luxemburg, um drei Uhr früh, stoppen schwer bewaffnete Bundespolizisten der Inspektion Trier die drei Fahrzeuge. Eine mobile Einsatzkontrolle.

 

Dabei haben die insgesamt 18 Männer eigens für diesen Trip die Kleintransporter gemietet, einen VW-T5 und zwei Mercedes-Vito. Nach SZ-Informationen geschah dies bei der Autoverleihfirma Avis, der Mietvertrag lief bis zum 18. Juni, zwei Tage nach dem Spiel der Deutschen gegen Polen im Stade de France in Paris.

 

In den Fahrzeugen entdecken die Trierer Polizisten unter anderem Sturmhauben und Mundschutz. „Bei den festgehaltenen Personen handelt sich um einschlägig bekannte Gewalttäter aus Dresden“, sagt ein Sprecher. Die 18 Fans müssen nach dem Fund auf den Hof der Bundespolizeiinspektion Trier nahe den Kaiserthermen fahren und dort ihre Autos stehenlassen. Den Sonntag über nimmt die Polizei sie in Gewahrsam, dann untersagt ihnen ein Amtsrichter die Ausreise nach Frankreich.

 

Nach Angaben des sächsischen Innenministeriums gehören die Männer zur „gewaltbereiten Ultras-Szene der SG Dynamo Dresden“. Einige seien in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst. Die Polizei in Dresden ergänzt, dass etwa gegen die Hälfte von ihnen ermittelt wird wegen einer Massenschlägerei mit Fans von Hansa Rostock Ende März in Dresden. Man werfe ihnen Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vor. Mitte Mai durchsuchte die Polizei deshalb Wohnungen von 15 Beschuldigten.

 

Polizeisprecher Thomas Geithner sagt, vor der Europameisterschaft habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass gewaltbereite Hooligans aus der Region Dresden vorgehabt hätten, nach Frankreich zu reisen. Man habe vor allem den islamistischen Terror gesehen, nicht aber solche Schlägereien auf dem Schirm gehabt. Nun habe sich die Lage „komplett geändert“. Die Dresdner Polizei werde ihre Maßnahmen korrigieren. Rund 70 Personen stünden im Visier. „Wir haben unsere Planung über den Haufen geworfen“, sagt Geithner.

 

Anders als die Hooligans auf der Autobahn, sind andere Hardcore-Fans aus Sachsen ihrem Ziel Lille am Sonntag deutlich näher gekommen: Während der Amtsrichter in Trier Ausreiseverbote erteilt, posieren 31 andere Männer vor dem Hauptbahnhof in Lille. Martialisch halten sie die Flagge der kaiserlichen Reichsmarine in die Kamera, einer macht den Hitlergruß, ein anderer streckt einen Schal mit der Aufschrift „Dresden Ost“ ins Bild.

 

Das ist eine offizielle Fangruppe von Dynamo, die nach Angabe der Fanseite des Vereins 250 Euro für die Herstellung der größten Vereinsfahne der Welt spendete. Das Motto der Gruppe lautet: „jung, motiviert und gewaltbereit“. Außer Dresden-Ost handelt es sich nach SZ-Informationen bei den Männern auf dem Foto um Dynamo-Anhänger der Gruppierungen Dresden-West und „Bautzen Supporters“. Die Polizei hingegen bestätigt nur: „Wir haben alle Personen auf dem Foto identifiziert.“ Mindestens zehn von ihnen seien als „gewaltbereite Dynamo-Fans“ erkannt worden.

 

Nicht klar ist, ob sie es in die Innenstadt von Lille geschafft haben. In Internetvideos vom Grand Place vor dem Ausbruch der Krawalle taucht jedenfalls wieder eine Reichskriegsflagge auf. Sie hängt am Menüschild einer Brasserie. Bier fließt, Schnäpse werden gehoben. Plötzlich fliegen Getränke und Essen auf Passanten. Mittendrin: ein junger Mann mit umgedrehten Basecap auf dem Kopf. Auf der Rückseite seines T-Shirts ist eine Faust, darüber steht „Heimatstadt Dresden“. Ein Fanbetreuer des Deutschen Fußballbundes, der Augenzeuge ist, berichtet dem RBB-Radio: „Das war eindeutig ein Übergriff von rund 30 deutschen Nazi-Hools. Sie haben einzelne unbeteiligte Personen regelrecht überfallen.“ Die Hools hätten ungehindert friedliebende Ukrainer jagen können. Der Polizeisprecher in Lille sagt, zwei Personen seien am Kopf verletzt worden und hätten ins Krankenhaus gebracht werden müssen. Einen Gewalttäter habe man festgenommen, der stamme jedoch nicht aus Deutschland, sondern aus der Schweiz.

 

Ein Mitglied der Facebook-Gruppe „Dynamo Dresden – Faust des Ostens“ postet im Internet Fotos und Videos von den Krawallen. Und schreibt dazu: „Wir mischen mit.“ Pikant daran ist: Sollte tatsächlich ein Faust-des-Ostens-Mitglied an den Krawallen beteiligt gewesen sein, so muss auch Sachsens Verfassungsschutz seinen Kenntnisstand überarbeiten. In Bericht 2015 wird die Gruppierung zwar als rechtsextremistisch eingeschätzt, allerdings heißt es dort weiter: Diese Fußballfanvereinigung „trat nicht mehr mit eigenen Aktivitäten in der Öffentlichkeit in Erscheinung“. Ihre Mitglieder stünden aber weiterhin „als Mobilisierungspotenzial für andere rechtsextremistische Aktivitäten zur Verfügung“.

 

Fünf Faust-des-Ostens-Mitglieder sind bereits seit Juli 2013 angeklagt, unter anderem wegen des Tatvorwurfs zur Bildung einer kriminellen Vereinigung. Das Landgericht Dresden hat es allerdings auch nach fast drei Jahren noch nicht geschafft, über die Eröffnung des Verfahrens zu entscheiden. Insgesamt ermittelte die Polizei im März 2016 gegen zwölf Mitglieder der Gruppe in insgesamt 15 Verfahren.

 

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Valentin Lippmann hat nun eine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Er will wissen, wie viele sächsische Hooligans nach Frankreich gereist sind. Die in Trier aufgehaltenen Hooligans sollen derweil mit ihren Kleinbussen wieder die Heimreise angetreten haben. Zuständige Bundespolizisten eskortierten sie bis zur Landesgrenze von Rheinland-Pfalz. Ob die 18 dann tatsächlich zurück nach Dresden fuhren, ist ungewiss.

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Hier nochmal der link zu den unverpixelten Birnen: https://pbs.twimg.com/media/Ckwu5uRXEAAzrwK.jpg

Dieses Bild von deutschen Hooligans vor dem Hauptbahnhof in Lille zeigt nach Angaben der Dresdner Polizei mindestens „zehn gewaltbereite Dynamo-Fans“.