Wie erwartet, war der Neonazi-Aufmarsch des "III. Weg" am 1. Mai 2016 in Plauen die größte Naziveranstaltung an diesem Tag in Deutschland. Wie schon am 1. Mai 2015 in Saalfeld konnte die militante Rechte sich in Plauen "austoben" und die Polizei und AntifaschistInnen angreifen. Dieser Text setzt sich kritisch mit der antifaschistischen Gegenmobilisierung auseinander. Am Ende des Artikels findet sich die Einsatzplanung der Polizei für den Tag.
Verwirrende Erfolgsmeldungen
Das antifaschistische Bündnis "Time to Act!" meldete sich mit zum Teil unterschiedlichen Aussagen zum Geschehen zu Wort (Pressemitteilung am 1. Mai, Bericht am 3. Mai), die ein zu positives Bild des Tages zeichnen. Die Situation der eigenen Demonstration wird neben vielen Schikanen seitens der Polizei wie folgt beschrieben:
Bei einem späteren Stop der Demonstration kam es zu einem Gerangel zwischen Cops und den ersten Reihen, in deren Rahmen uns das Fronttransparent entrissen wurde. Die Polizei führte uns an diesem Tag wie vorherzusehen war in einem Wanderkessel. Doch die Taktik ging nur zum Teil auf. Immer wieder gelang es Gruppen von Antifaschist_innen die Demonstration zu verlassen.
Es ist unverständlich, wenn die OrganisatorInnen selber mit einem "Wanderkessel" rechneten, weshalb sich so wenig auf diese Situation vorbereitet wurde. Die meisten AntifaschistInnen waren es offensichtlich nicht. Es waren weder genug Seitentransparente noch andere Hilfsmittel vorhanden um sich gegen Angriffe der Polizei zu schützen. Von Auseinandersetzungen mit größeren bewaffneten Gruppen von Faschisten ganz zu schweigen.
Die wenigen "erfolgreichen Ausbrüche" aus dem Kessel konnten nur von sehr wenigen genutzt werden und wurden meist mit einer Vielzahl an körperlichen Verletzungen erkämpft.
Die Aussage: "Eine größere Anzahl an Verletzten musste glücklicher Weise an diesem Tag nicht beklagt werden." ist daher falsch. Es gab mehrere verletzte AntifaschistInnen durch massive Übergriffe der Polizei, gerade Kopfverletzungen waren nicht selten.
Wozu diese Demonstration?
Die antifaschistische Demonstration hat das große Potenzial von mehr als 1000 AntifaschistInnen wirkungslos gemacht. Von Anfang an wurde deutlich, dass der Großteil der eingesetzten Polizeikräfte an und um die Antifa-Demo postiert war.
Die Seitenstraßen auf der Antifa-Route waren massiv und oft doppelt gesichert. Als ein Teil der Demo vor Beginn ausbrach um eine Blockade vor dem Startpunkt der Neonazis zu errichten, mussten Polizeikräfte auf der Antifa-Route abgezogen werden und wurden direkt vor der Demospitze und an den Rändern eingesetzt. Die Seitenstraße auf der Antifa-Route boten erst in dieser polizeilich unterbesetzten Situation überhaupt die geringe Chance durchbrochen zu werden. Eine Möglichkeit, die nie genutzt werden konnte, da die Demo immer noch stand und so nie die Möglichkeit einer Dynamik aufgenommen werden konnte.
Jedoch zeigte sich hier, dass die Polizei immer nur ihre Kräfte um die Antifa-Demo verschob und die Demonstration die besten Bedingungen schaffte, die AntifaschistInnen an diesem Tag unter Kontrolle zu halten.
Dies war auch schon am 1.Mai 2014 in Plauen ähnlich. Erst nach dem Ende der damaligen Antifa-Demo war es durch die vielen Gruppen möglich in Richtung der Neonazi-Route zu gelangen und eine größere Blockade zu bilden. Die Polizei hatte schon seinerzeit nicht genügend Kräfte um an mehreren Stellen AntifaschistInnen aufzuhalten.
Dieses Bild bot sich auch an diesem 1.Mai in Plauen, nur andersherum, als mehrere große Neonazigruppen aus ihrer Demonstration ausgebrochen waren. Die wenigsten wurden polizeilich begleitet und die Polizei verlor zwischenzeitlich die Kontrolle, lediglich der Antifa-Kessel und ein Kessel der übrigen Neonazis blieb bestehen.
Mehrere Neonazigruppen versuchten AntifaschistInnen durch die Stadt zu jagen. Die wenigen AntifaschistInnen, die nicht im Wanderkessel durch die Stadt geführt wurden, waren oft den größeren Gruppen unterlegen und mussten Abstand halten. Nur selten konnte sich den Neonazis in den Weg gestellt werden oder diese zum Rückzug bewogen werden.
Daher muss das Konzept der Antifa-Demo an jenem Tag diskutiert werden. Nach dem Erlebten wäre ein dezentrales Konzept in Plauen sicher angebrachter gewesen. Eine gute Grundlage für Strategieüberlegungen bietet immer noch das Papier des damaligen "Bündnis gegen Rechts" Leipzig (BgR).
Wo kamen all die Neonazis her?
Nach dem Abbruch der Neonazi-Demo fragten sich viele wo die ganzen Gruppen her kamen und warum es den Neonazis offensichtlich eher gelungen ist ihre polizeiliche Begleitung los zu werden. Dazu einige Beobachtungen:
- ein Vorteil der Neonazis war die schwächere polizeiliche Begleitung, die Ausbrüche natürlich begünstigt und das Verstöße gegen Auflagen im Vergleich zur Antifa-Demo nicht geahndet wurden. In Sachsen üblich, nicht beeinflussbar und daher geschenkt.
- offensichtlich waren die Neonazis besser vorbereitet, ausgerüstet und wurden wohl wenig bis gar nicht kontrolliert. Dafür spricht die passive Bewaffnung, die mitgeführte Pyrotechnik, wesentlich mehr Transparente, Fahnen, Schilder und der geschlossene Block der "Autonomen Nationalisten".
- die Struktur von Neonazidemonstration ist besser für Ausbrüche geeignet, sie organisiert sich in Blöcken und ist dadurch auch länger gezogen. Die polizeiliche Begleitung wird dadurch an den Rändern ebenso dünner. Es zeigte sich auch, dass die unterschiedlichen Blöcke auch selbstständiger agieren können und schneller auf Lücken und Angriffe reagieren.
- der Ort für den Ausbruch war von den Gegebenheiten sehr günstig und hat Raum geboten
Der Auflösungsort für die Antifa-Demo dagegen hätte nicht unglücklicher gewählt werden können. Zumal es offensichtlich darüber innerhalb der Demo keine Absprache gab. Als der Lautsprecherwagen verkündete, dass die Demo jetzt vorbei sei, bekam dies der hintere Teil durch die Straßenkreuzung kaum mit.
Neben dem zweiten Lautsprecherwagen befand sich zudem neben zwei Polizeiautos nur eine Kette aus drei Bereitschaftspolizisten, die einen Ausbruch des Großteils der Demo möglich gemacht hätte. Die Polizei bemerkte jedoch diesen Fehler und ließ die Lücke aufstocken. Erst Minuten später gelang es mehreren AntifaschistInnen über einen Hof in eben jene Straße zu kommen, die vorher nur von den drei Polizisten gesichert wurde. Unterbunden wurde dieser Ausbruch mit massiver Gewalt von den Polizisten, die die Lücke vorher auffüllten.
Es ist auch völlig unverständlich wie die Demo-Organisation auf die Idee kommen konnte, die Antifa-Demo mit der Annahme zu beenden, die AntifaschistInnen könnten sich dann frei bewegen und in jede beliebige Richtung gehen.
Dieses Recht mag zwar für Neonazis oder rassistische Versammlungen wie PEGIDA/LEGIDA vorhanden sein, aber für Antifa-Demos war dies noch nie möglich, gerade in Sachsen. Dies bestätigt auch noch einmal, dass die Überlegung mit einer großen antifaschistischen Demonstration den Neonaziaufmarsch zu verhindern, strategisch falsch war.
Von einem "Misserfolg" für die Neonaziszene kann daher keine Rede sein. Es gab wieder einmal eine Vorabdemonstration der Neonazis zum Startpunkt, einen Neonaziaufmarsch unter ihren Bedingungen mit einem strafrechtlich folgenlosen Angriff auf die Polizei. Zudem einen gelungen Ausbruch, bei dem mehrere Gruppen Neonazis unbehelligt durch die Stadt ziehen konnten und jagt auf Menschen machten. Als Belohnung gab es wieder eine "Spontandemonstration" zurück zum Bahnhof.
Kurzum, der 1. Mai war für die militante Rechte um den "III. Weg" zum dritten Mal ein Erfolg.
Dennoch konnte in Plauen einiges Material von Neonazis in die Hände von AntifaschistInnen gelangen, wir werden in naher Zukunft darauf noch einmal zurück kommen.
Strategisch und taktisch besser vorbereiten - Kennwort "Wallenstein"
Zum Abschluss wird hier die Einsatzplanung der Polizei veröffentlicht. Mögen diese Unterlagen genutzt werden um polizeiliche Einsatzplanungen besser zu verstehen. Nutzt das Material in der Vorbereitung und Umsetzung für erfolgreiche antifaschistische Aktionen gegen die Aufmärsche von Faschisten.
Informationen zu antifaschistischen Strukturen und Gegenprotesten wurden entfernt.
Auf den "Versammlungskarten" handelt es sich bei Punkt K anscheinend um die "Fahrschule" von Bernd Grett, einst Unterführer der »Wehrsportgruppe Hoffmann«.
Danke
auf jeden Fall
gute, sachliche Kritik. unglaublich, wieviel Potential an diesem Tag verschenkt wurde, wie unorganisiert/unentschlossen die ersten Reihen größtenteils waren, und wie sehr sich die Demo von den Bullen hat schikanieren und leiten lassen hat.
Na ja
Als Wanderkesselmitbewohner teile ich zwar manche Einwände gegen das Demokonzept, bezweifle aber, dass dezentral wirklich besser gewesen wäre. Viele AntifaschistInnen waren nicht besonders ortskundig. Trotz berechtigter Kritikpunkte sehe ich auch die Gesamtbilanz anders: Dass in der Provinz eine entschlossene, lautstarke, gut gelaunte und (obwohl das nicht das allein Entscheidende ist) zahlenmäßig überlegene Gegenmobilisierung gelingt, ist ja in Sachsen alles andere als selbstverständlich und schon per se erfreulich.
Na komm
fehlende ortskenntnis ist doch kein argument. oft sind antifaschistInnen in der stadt, die nicht von dort kommen, daher gibt es doch immer karten. willst du also, dass die leute von ausserhalb immer schön mit einer demo durch den ort geführt werden und dann wieder fahren? und was hat jetzt die zahlenmäßig überlegene gegendemo gebracht? nichts. davon sind die nazis auch nicht beeindruckt und symphatien hat der andere black block (antifa-demo) doch auch nicht gesammelt, da bringt es auch nichts, dass der "gut gelaunt" war. "mehr" zu sein hat keine aussage und zeigt, dass es nicht zwangsläufig auch dazu führt, einen naziaufmarsch zu verhindern, das sollte doch noch das ziel sein oder nicht?
Woher...
Antrag beim Antfa e.V.
Mensch stellt einen Antrag beim Antifa e.V. (Vordrucke gibt's in jedem gut sortierten Infoladen), dieser wiederum stellt eine Anfrage an die Bundesregierung. Das Kanzler_innenamt fordert dann bei der jeweiligen Polizeidienststelle den Plan an. Dann geht er den Weg rückwärts zum Anfragenden.
Für den Vorgang wird eine Pauschalgebühr von 35,50€ erhoben, welche jedoch direkt mit dem Demogeld verrechnet weren kann.
Der Antifa e.V. Witz...
ist so 2010.
Witz?
Du bist anscheinend nicht tief genug in der Szene...
35.50 is mir mittlerweile zu wenig!generalstreik jetzt!
hehe, beste!
Wie kleine Kinder...
...die gerne Krieg spielen!
Ich halte diese "Auswertung" und den offensichtlich zu Grunde liegenden Ansatz für zweifelhaft. Das Ganze liest sich wie ein Strategiepapier aus dem Vietnamkrieg o.Ä. - von den reichlich paranoiden und pauschalen Einschätzungen bzgl. dem Durchgreifen der Polizei und den angeblich folgenlosen Handeln der Nazis mal abgesehen.
Schade eigentlich, dass das hier offenbar zum Kriegsspiel mutiert!
Ja wie denn sonst?
Die Polizei hat in Sachen "Strategie Großlage" massivst dazugelernt. Darauf _müssen_ wir reagieren, wenn wir in Zukunft nicht nur Wanderkesseldemos wollen, sondern auch laute und handfeste Kundgebungen der eigenen Meinung und Überzeugung.
Wir (als antifaschistische Bewegung) nutzen noch viel zu wenig das uns gegebene Potential. Anonymes kommunizieren ist ein leichtes, auch mobil. Unter Zuhilfename offener Tools wie google maps können von wenigen Leuten (5, maximal 8) Bewegungskarten der Polizei und Nazis rund um Demos erstellt werden, welche interessierte Leute dann abrufen können.
Legeres Auftreten und Absprache innerhalb der eigenen Gruppe ermöglicht ein effektives Umfließen der Ketten und Kessel, Genossen außerhalb dieser Kessel können Informationen nach innen (z.B. über Mannstärke, eventuell Schwächen etc.) geben - dank Headsets via Bluethooth unter der Mütze auch völlig anonym.
Leider sind sehr viele Genossen noch im Schema "ich zieh mir ne schwarze Jacke an und laufe mit 300 Kumpels gleicher Coleur eng umschlungen im Block" unterwegs. Warum schreien unsere Demos Bullenketten mit "Haut ab" an? Bringt das was?
Die Zeit sinnvoll nutzen, die Lage checken, eventuelle Schwächen in den Reihen der Beamten finden und bei einer guten Gelegenheit losschlagen - das ist sicher effektiver und kostet auch weniger Leute den Kopf (im Sinne der Verhaftung) als dieses bekloppte "einzelne Böller/Flaschen aus der 27. Reihe werfen". Cops treten nen Meter beiseit und gut ist.
Konzentriertes Angehen einer Polizeizüge (bzw. darin laufender Beamter), Lockvogelspiele und ähnliches sind schon mit 10 Leuten leicht umsetzbar und können die Bullen dort effektiv auflaufen lassen und vor allem auch wieder für den Respekt sorgen, der gebührt.
Vielleicht schreibe ich da die Tage mal nen kleinen Artikel zu. Das verschenkte Potential, das die Faschos dann gnadenlos ausnutzen, tut leider langsam weh.
Danke!
.....voll meine Meinung! :)
Kennwort Wallenstein
Kennwort Wallenstein
Unter dem Tarnnamen Wallenstein liefen im Zweiten Weltkrieg drei Anti-Partisanenoperationen der Wehrmacht in Norditalien bei der eine Vielzahl an Menschen ermordet wurden.
gute und richtige Kritik
erschwerend kommt noch dazu, dass die Faschos an dem Tag insgesamt 4 Demos in Plauen durchziehen konnten.
Die Hauptdemo, die Sponti zurück zum Banhof, dann die Demo vom Banhof Mitte quer durch die Stadt zum oberen Bahnhof mit ca. 100 Birnen fast ohne Bullenschutz ("Antikapblock") und eine weitere Demo zum oberen Bahnhof mit 150 unbegleiteten Nazis aus Richtung des Bullenreviers( vor Auftakt).
Also der Tag war ein voller Erfolg für die Faschos.
Kennwort "Wallenstein"
Kannst du dazu noch was schreiben, kann ich in den Unterlagen das Wort nicht finden. danke.
open eyes
KennWort Wallenstein
Mich wird nur mal interessieren wie ihr an das Zeuge der Nazi hergekommen seit!! !
LG der antifaschistischen Widerstand aus Eisenhüttenstadt
Wie gewinne ich im Lotto
Wer würde ernsthaft ein klein wenig Licht im Dunkel gegen die richtigen Zahlen eintauschen ?
http://www.manna-die-spezerei.de/philosophie
nicht zuviel fragen, lieber kraftvoll zubeissen ;)
Thnx an 161 - Crew *1312*