(B) Wie gefährlich kann Straßenkunst sein?

wanne - Kopie

Anlässlich einer Adbusting-Aktion zum feministischen Kampftag lieferte die Berliner Polizei einen höchst eigenwilligen Beitrag zur Frage, wie gefährlich politische Straßenkunst ist. Offensichtlich in der Hoffnung, die Adbustings an der Demostrecke vor den Teilnehmenden verbergen zu können, postierte die Polizei vor den Kunstwerken entweder Wannen oder breitschultrige Kolleginnen. Doch welche Gefahr hofften die Beamt*innen dadurch zu verhindern?

 

Adbusting zum Frauenkampftag

Zu der Streitfrage, wie gefährlich (und damit sinnvoll) politische Straßenkunst ist, lieferte die Berliner Polizei am 6. März anlässlich einer Demo zum Frauenkampftag ihre ganz eigene Bewertung ab. Die staatlichen Schergen interagierten im Kontext der Demo höchst eigenwillig mit sogenannten Adbustings. Bei dieser Aktionsform hatten Künstler*innen der Gruppe „Initiative neue ehrliche Marktwirtschaft“ (InehMaWi) am Rande der Demo Werbekasten geöffnet, um die darin befindlichen Plakate gegen eigenen auszutauschen. Die neue Varianten imitierten optisch das Design der Bundesregierung. Zum waren sie mit jeweils einem Logo einer im Bundestag sitzenden Partei versehen. Auf diese Weise wurde den Grünen der Slogan „Feminismus? Für uns ein Elitenprojekt“ untergeschoben. Die SPD bekannt sich scheinbar zu „Feminismus? Nur im Dienste der Wirtschaft.“ Und die CDU musste sich „Feminismus? Nur für deutsche Frauen.“ gefallen lassen. In einem ursprünglich auf Indymedia veröffentlichtem Bekenner*innenschreiben erläutert die Gruppe die Hintergründe ihrer Aktion.

 

„Fe-mi-nis-mus?“

Für Beobachter*innen überraschend erkannten einige der eingesetzten Polizeikräfte die gut imitierten Plakate anscheinend als Fälschungen. Offenbar waren einige der staatlich bezahlten Gewalttäter*innen sogar in der Lage, die Slogans nicht nur als Herrschaftskritik zu entziffern, sondern darüber hinaus noch einen inhaltlichen Bezug zur Demo herzustellen. (Vielleicht darf man sich den Erkenntnisprozess so oder so ähnlich vorstellen: „Eh, Du, Heinz... guck ma.“ „Hm ja was den Gabi?“ „ Na, guck doch mal. Das Plakat da.“ „Ja und? Was soll damit sein?“ „Na, lies doch mal“. „Fe-mi-nis-mus? Nur für deutsche Frauen. Versteh ich nicht. Was soll damit sein?“ „Na, das würden unsere Regierung und die CDU nie sagen!“ „Nicht?“ „Und guck mal: Das Plakat hängt schief. Und hier wellt es sich. Und da ist es geknickt!“ „Ja...hehehe. Da hatte es wer eilig“. „Ich ruf' den Chef. Der soll sich das mal angucken...“ (fiktiver Dialog)).

 

Der Versuch, Kunst zu verbergen

Laut Augenzeug*innenberichten ist besagter Chef dann auch gekommen. Zu dritt standen sie nun vor dem Plakat, grübelten und versuchten verzweifelt, mit bloßen Händen den Kasten zu öffnen (was für Berliner Cops eine beeindruckende kognitive Leistung ist. Normalerweise stoßen, schubsen und schlagen uniformierte Demokrat*innen erst mal wild in der Gegend rum, um ihren Willen zu bekommen (Rums. Zong. Peng. Gegentret. „Mhhh. Geht nicht auf Chef.“ „Vielleicht sollten wir verhandeln oder deeskalieren?“ „Gute Idee. Gabi, lass den Kasten in Ruhe. Heinz, ruf ma die Deeskalationsbeauftragten.“) Wieder fiktiver Dialog). Nachdem auch das ohne Erfolg bleibt, ergeht offenbar eine interessante Order. Auf Befehl positionieren sich vor jedem der als Fälschung erkannten Poster entweder Wannen oder breitschultrige Scherg*innen, um die Plakate vor den Blicken der Demo-Teilnehmenden zu verbergen. Was freilich erst recht dazu führt, dass selbst linksliberale Latschdemo-Konsumet*innen sich fragen, was für spannende Dinge die Cops da wohl versuchen zu verbergen.

 

Unsouveräner im Umgang mit Kreativität

Einen derart unsouveränen Umgang mit Kunst und kreativen Protest legt die Berliner Polizei öfter an den Tag. Sei es bei der Beschlagnahme von Tortenkatapulten, dem willkürlichen Zensieren von Wandbildern in Kreuzberg, beim Kriminalisieren kreativer Demos wie der Mülldemo in der Rigaer Straße oder der Pro-Guttenberg-Demos vor 5 Jahren.

 

Cops als überforderte Trottel mit Allmachtsfantasien

Was diese Szenen gemeinsam haben, ist dass das die Cops entweder wie überforderte Trottel dastehen oder als gewalttätige Schläger*innenhorde des demokratischen Regimes. Es bedarf regelmäßig Bilder wie die vom sogenannten „Marsch der Entschlossenen“, als Berliner Bereitschaftspolizei Gräber und Kreuze hochmotiviert zerstörte (im Video ab Minute 0:31), um die Realität auch den Demokratiefans vor Augen zu führen. Die Wirkung derartiger Bilder, die staatliche Gewalt delegitimieren, dürfte deutlich zu Tage treten. Diese Nebenwirkung ist ein großer Vorteil kreativer symbolischer Aktionen.

 

Mehr Infos:

 

Adbustings zum feministischen Kampftag:

http://maqui.blogsport.eu/2016/03/07/b-adbusting-zum-feministischen-kampftag/

 

Kommunikationsguerilla mit der Gewerkschaft der Polizei

http://maqui.blogsport.eu/2016/02/26/kommunikationsguerilla-mit-der-gdp-erst-gefaelschte-plakate-dann-gefaelschte-pressemitteilung/

 

Über das Verhältnis von Kunst und Politik beim Adbusting

http://maqui.blogsport.eu/2015/11/20/das-verhaeltnis-von-kunst-und-politik-beim-adbusting/

 

Analyse zur Bedeutung von Polizei für das demokratische Regime

http://maqui.blogsport.eu/2016/02/21/polizei-gewalt-als-teil-der-demokratie/

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