[Michelstadt/Erbach] 200 Menschen für Solidarität und Vielfalt

Rund 200 Menschen waren dem Aufruf gefolgt.

Rund 200 Menschen haben am 12. März im hessischen Odenwald unter dem Motto „Für eine Welt ohne Grenzen! Gegen Rassismus und rechte Hetze! Für Solidarität und Vielfalt!“ demonstriert. Sie waren einem Aufruf verschiedener antifaschistischer Gruppen und Bündnisse zur Demonstration gefolgt.

 

Nach der Auftaktkundgebung mit zwei Redebeiträgen von Antifa Jugend Rhein-Neckar und AIHD/iL auf dem Bienemarktgelände in Michelstadt zogen die Demonstrant_innen ins benachbarte Erbach. Die lautstarke Manifestation konnte durch verteilte Flugblätter und Parolen ihre Anliegen deutlich machen. In Erbach fand auf dem Schlossplatz eine Abschlusskundgebung mit zwei Redebeiträgen von DGB Odenwaldkreis und VVN-BdA Heidelberg statt, bevor sich die Demo auflöste.

 

 

Redebeitrag der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD/iL)

Liebe Genoss_innen,

in bürgerlicher Denkweise, die Politik anhand von Parteien und Wahlergebnissen ausmacht, sollten die vergangenen Kommunalwahlen in Hessen ein deutlicher Indikator für das gesellschafltiche Klima in Deutschland gewesen sein.

Rechtsaußen-Parteien haben flächendeckend hervorrangende Ergebnisse eingefahren: Die AfD lag fast überall, wo sie angetreten ist, bei rund 10 %. Andernorts haben NPD oder Republikaner dann den Großteil der Wählerstimmen aufgefangen. Die Freie Liste Biblis wurde mit fast einem Drittel der Stimmen sogar stärkste Partei im Kreis. In den Medien hieß es, das Ergebnis sorge für Aufsehen, es sei sogar ein Paukenschlag für die AfD.

Natürlich ist es dies auch, und natürlich sollte das Warnsignal erkannt werden. Bei den morgigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wird es ähnlich aussehen, und auch hier wird die Rezeption die gleiche sein, und auch hier ist sie prinzipiell richtig, und auch wir und andere Antifa-Gruppen werden mit diesen Ergebnissen politisch arbeiten (müssen).

Jedoch ist es keineswegs überraschend. Wir können es ja schon selber nicht mehr hören, aber seit bald 15 Jahren warnen Studien, wie die von Heitmeyer und die "Mitte-Studien", vor der quer durch alle Gesellschaftsschichten verbreiteten, tief sitzenden gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, also Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Sozialchauvinismus und diversem anderen. Aber das Mantra war und blieb: Rassisten sind immer die anderen.

Dabei war es die CDU, die besonders hier in Hessen mit rassistischen Wahlkämpfen angetreten ist, und die SPD, die für Thilo Sarrazin bis heute die politische Heimat darstellt. In Ortschaften waren immer diejenigen die Nestbeschmutzer_innen, die auf Rassismus und Naziprobleme hingewiesen haben. Niemand wollte etwas davon hören, und wenn doch, dann wurde schnell erkannt, dass die ja alle von außerhalb kommen oder bedauerliche Einzelfälle seien.

Heute ist das anders, aber nicht besser. Insbesondere Politische Parteien kalkulieren eher mit ihrem menschenverachtenden Potenzial. Die Grünen in Baden-Württemberg haben mit Boris Palmer und Winfried Kretschmann schon die Posten des Tübinger Oberbürgermeisters und des Ministerpräsidenten des Landes mit zwei Rechtspopulisten besetzt, die CSU liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Menschenverachtung mit Pegida-Positionen, die SPD biedert sich an Naziparolen an mit der Behauptung, durch sie gäbe es mehr sichere Herkunftsländer. Quer durch alle Parteien hinweg diktiert momentan Rassismus die Politik.

Dabei geht es vorerst nur darum, den Menschen Schutz zu geben, deren Leben in jenen Ländern nicht mehr sicher ist, die durch deutsche beziehungsweise europäische Kriegspolitik in den Bürger_innenkrieg getrieben wurden, oder die durch den von Deutschland massiv durchgesetzten globalen Kapitalismus wegen Hunger und Krankheiten zu menschenfeindlichen Orten geworden sind.

Hinter der Feindseligkeit gegenüber Schutzsuchenden steht der gleiche Rassismus, vor dem schon seit Jahren gewarnt wird. Die Unerreichbarkeit gesellschaftlich vorgegebener Ziele, gepaart mit der ständigen Bedrohung des sozialen Abstiegs bei gleichzeitiger Individualisierung struktureller Gegebenheiten, ist genau jene explosive Mischung, die dafür sorgt, dass Rassismus immer fester Bestandteil einer kapitalistischen Gesellschaft sein wird. Eine explosive Mischung, die sich besonders in Krisenzeiten entlädt und dann hochgehen kann. Das Ergebnis ist eine der stärksten Terrorwellen, die Deutschland bisher erlebt hat: Fast täglich brennen Häuser, werden Menschen auf offener Straße angegriffen, Handgranaten werden geworfen, und jüngst trat ein Pastor aufgrund von Morddrohungen zurück.

Beängstigend ist, dass sich der Terror als gesamtgesellschaftliches Projekt bezeichnen lässt. Die diversen GIDAS, die noch immer regelmäßig Tausende auf die Straße treiben, bilden die zivilgesellschaftliche Basis, die AfD mit der Forderung nach Schießbefehl und Höckes Göbbels-Rethorik bildet den parlamentarischen Arm des Terrors, die bürgerlichen Medien bieten den öffentlichen Akteuren des Terrors eine Plattform in ihren Talkshows und Interviewspalten und schüren darüber hinaus die Angst und den Hass, die den Nährboden für den Nachschub bilden.

Aber nicht nur der rechte Terror will Menschen den Zugang zur gesellschafltichen Teilhabe verweigern. Auch ohne offene Gewalt und oft in versteckter Form steht der gleiche Rassismus hinter Stammtischparolen, kleinen Handlungen im Alltag, institutioneller Diskriminierung und struktureller Benachteiligung. Im Diskurs ist es immer ein diffuses "wir", das einem diffusen "die" gegenübergestellt wird. Beide Gruppen werden als homogen, aber einander unterschiedlich behauptet. Dass dies in jeder Hinsicht grober Unfug ist, muss nicht weiter ausgeführt werden. Und es gibt auch im viel kleineren Rahmen kein einfaches "schwarz und weiß".

Aber wenn es überhaupt ein sogenanntes „wir“ gibt, dann sind dieses "wir" wir alle, die wir heute hier stehen. Dann gehören zu uns diejenigen, die heute in Mannheim und Umgebung Aktionen gegen die AfD gestartet haben.
Dann gehören zu uns diejenigen, die heute in Köln auf der Straße sind, um zu zeigen, dass unser Feminismus antirassistisch ist, diejenigen, die dem verwirrten Naziverschwörungsaufmarsch in Berlin entgegentreten.
Dann gehören zu uns alle, die für eine Welt ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Menschenverachtung kämpfen, egal an welchem Ort der Welt.
Und wir werden uns weigern, uns von Rassisten- oder rechtspopulistischem Pack als Volk beleidigen zu lassen.
Unser "wir" ist immer nur ein "wir" gegen sie.

Ob auf der Straße, am Arbeitsplatz, in der Nachbar_innenschaft oder in
der Politik:
Rassisten aus der Deckung holen!
Gegen Rassismus heißt immer auch gegen Kapitalismus!
Für die soziale Revolution!

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"nachbar_innenschaft"

 

ihr habt sie doch nichtmehr alle

Und dann (Triggerwarnung) "Arbeitsplatz" statt "Arbeiter_innenplatz", unglaublich!!!

 

Naja Spaß beiseite, abgesehen vom Butler-Bullshit ein guter Beitrag.

... du sonst keine probleme hast, du troll!

Zuerst einmal freuen wir uns sehr, dass so viele Menschen heute zu dieser Demo gekommen sind. Das ist gerade in kleineren Städten nicht selbstverständlich, und es ist wichtig, dass sich hier in der Region so ein breites Bündnis zusammengefunden hat.
Mit dieser Demo setzen wir alle ein wichtiges Zeichen gegen Rassismus und rechte Hetze.

Dass Rassismus überall zunimmt, sehen wir jeden Tag: Fast täglich gibt es Brandanschläge auf Unterkünfte, in denen Geflüchtete leben. Naziaufmärsche und andere rechte Veranstaltungen finden an jedem Wochenende statt. Gruppen wie PEGIDA haben massenhaft Zulauf, und die Politikerinnen und Politiker der großen Parteien ahmen immer wieder deren rassistische Sprüche nach. Auf Facebook und Co. toben sich Rassistinnen und Rassisten mit mörderischen Forderungen aus, die direkt aus der Nazi-Zeit stammen könnten.

Und auch im ganz normalen Alltag lässt es sich nicht übersehen: Nazi-Aufkleber begegnen uns schon auf dem Weg zur Bushaltestelle. Auf der Straße und in der Schule hören wir rechte Stammtischparolen, und jetzt im Wahlkampf ist die rassistische Hetze von AfD, NPD und Co. in allen Größen und Formen unübersehbar.

 

Wir sagen:
Lasst uns dem rechten Mob zusammen entgegentreten!
Beseitigt rassistische Aufkleber und Schmierereien im Straßenbild!
Widersprecht rechten Sprüchen in der Schule, im Betrieb und in der Kneipe!
Geht auf Demos, um laut und entschlossen gegen Nazis und rassistische
Aufmärsche zu protestieren!
Schließt euch zusammen und überlegt, wie ihr gemeinsam gegen Rechts
aktiv werden könnt!


Heute und jeden Tag gilt: Gegen Rassismus und rechte Hetze!

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
liebe Freundinnen und Freunde,

gerade in Zeiten wie diesen, in denen der Rassismus in Staat und Gesellschaft täglich wächst, sind Veranstaltungen wie die heutige Demonstration von größter Wichtigkeit.

Die alltägliche Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund nimmt stetig zu, und in Medien und Politik sind rassistische Vorurteile ständig präsent. Mörderische Parolen wie die Forderung der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry, einen Schießbefehl gegen Geflüchtete auszugeben, rufen zwar noch einen Skandal hervor, doch aus den etablierten Parteien ertönen teilweise nur wenig harmlosere Sprüche. Damit machen sie sich zu Stichwortgebern für Nazis und rassistische Meuten, die Anschläge auf Flüchtlingsheime verüben und Geflüchtete im öffentlichen Raum angreifen.

Zugleich werden die Außengrenzen der EU dichtgemacht und die „Festung Europa“ hermetisch abgeriegelt. Abgeriegelt gegen Menschen, die vor Krieg, politischer Verfolgung und tödlichen Lebensbedingungen flüchten müssen. Das bedeutet nicht nur, dass Hunderttausende von Verfolgten schutzlos an den Außengrenzen stranden; zugleich wird damit billigend in Kauf genommen, dass die Zahl der Toten, die bei der Überfahrt über gefährlichere Mittelmeerrouten ertrinken, ins Unermessliche steigt. Mit der aktuellen Schließung der Grenzen wird zudem das ursprüngliche Grundrecht auf Asyl vollends aufgegeben.

Diese Entwicklung empfinden gerade wir als Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes/Bund der AntifaschistInnen als besonders schockierend: die Gründerinnen und Gründer unserer Organisation wussten aus persönlicher Erfahrung nur allzu gut, welche lebensrettende Bedeutung es hat, in einem anderen Land Exil und Zuflucht zu finden. Millionen Verfolgten war die Flucht vor dem Terror der Nazis nicht mehr gelungen, und sie wurden in den faschistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet. Diejenigen Menschen, die vor den Nazis in andere Länder geflohen waren, hatten oftmals eine bittere Odyssee durch die halbe Welt zu erdulden, weil viele Staaten sich nicht bereit erklärten, ihnen Asyl zu gewähren.

Aus dieser Erfahrung heraus wurde nach der Befreiung vom Faschismus im Grundgesetz der BRD das Grundrecht auf Asyl verankert, um künftig den Verfolgten anderer Länder beizustehen. Im Lauf der Zeit wurde dieses Grundrecht immer mehr eingeschränkt und im Jahr 1993 faktisch abgeschafft. Nun werden an den europäischen Grenzen militärische Absperrungen und Zäune mit Stacheldraht errichtet, um die Schutzsuchenden abzuwehren, als wären sie Feinde.

Diese Menschen fliehen vor Kriegen – vor Kriegen, die vielfach unter Beteiligung der deutschen Regierung geführt werden und bei denen die Milizen mit Waffen aus deutscher Produktion morden. Diese Menschen fliehen vor größter Not – aus Ländern, deren Wirtschaft als Folge des europäischen Kolonialismus und aktueller Ausbeutung durch westliche Konzerne zusammengebrochen ist. Diese Menschen fliehen vor politischer Verfolgung – vor Terrorregimes, mit denen die deutsche Regierung auf politischer und wirtschaftlicher Ebene zusammenarbeitet und Abkommen schließt. Dabei wird zwar beiläufig Kritik an der Menschenrechtssituation geäußert, doch das Geschäft läuft weiter.

Besonders bedrückend ist für uns als Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes die Behandlung von Roma durch die deutschen Behörden: Tausende von Roma sind aus osteuropäischen Ländern hierhergeflohen, um Zuflucht vor offener Diskriminierung, pogromartigen Übergriffen und tödlicher Armut zu finden. Sie sind in vielen Fällen die direkten Verwandten von Menschen, die von den Nazis als „Zigeuner“ verfolgt und zu Hunderttausenden in den Vernichtungslagern ermordet wurden. Dass die Angehörigen dieser Opfergruppe heute in der BRD erneut massive Ausgrenzung erfahren, dass sie als „Asylbetrüger“ diffamiert und systematisch abgeschoben werden, ist ein Skandal. Dass sich dagegen kein Widerspruch regt, ist ein noch weitaus größerer Skandal.

Wir müssen zeigen, dass wir aus der Vergangenheit gelernt haben. Wir sind durchaus in der Lage, noch viele weitere Geflüchtete aufzunehmen und ihnen die Möglichkeit zu einem neuen Leben zu gewähren.

Wir fordern:
Grenzen auf für die Verfolgten!
Kein Mensch ist illegal!
Gegen Rassismus und rechte Hetze!

 

 

Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes - Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA)

Kreisvereinigung Heidelberg