Auf dem Papier schien die Sache mit dem Führungswechsel an Dresdens Polizeispitze klar. Auf Dieter Kroll, der seit 2011 an der Spitze der Polizei in der Sächsischen Landeshauptstadt stand und dessen Dienstzeit im letzten Jahr noch einmal um ein Jahr verlängert worden war, folgt am 1. April mit Horst Kretzschmar ein alter Bekannter. Kretzschmar, der als Chef der Bereitschaftspolizei nach Dresden kommt, war schon bis 2014 u.a. als Stellvertreter von Dieter Hanitsch Vize-Präsident der Dresdner Polizei. In seine Amtszeit fiel auch die Versetzung Hanitschs durch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), nachdem dieser als Bauernopfer für die bis heute umstrittene Funkzellenabfrage im Februar 2011 seinen Posten abgeben musste.
Zur Verabschiedung bedankte sich Innenminister Ulbig noch einmal ausdrücklich bei Kroll für seine Arbeit in den zurückliegenden fünf Jahren und stellte wider besseren Wissens fest, dass nicht die jahrelangen Proteste zehntausender Menschen, sondern dessen „Einsatzphilosophie“ zu einer „weitgehenden Befriedung an Tagen wie dem 13. Februar“ beigetragen haben soll. Was jedoch in der offiziellen Pressemitteilung verschwiegen wurde ist die Tatsache, dass Kretzschmar ursprünglich gar nicht als neuer Präsident vorgesehen war.
Stattdessen sollte Ulbigs Wunschkandidat Ulrich Bornmann den Posten übernehmen. Aus diesem Grund war Bornmann schon einmal zur fachlichen Einarbeitung in Dresden, doch bereits damals hatte es aus den Reihen der Grünen Zweifel und Kritik an dieser Entscheidung gegeben. Was war der Grund?
Ein halbes Jahr zuvor waren gegen die Sächsische Bereitschaftspolizei und dessen damaligen Präsidenten Bornmann Vorwürfe laut geworden, wonach Einsatzkräfte gleich in mehreren Fällen mit einer mit Lösch- und Frostschutzmittel angereicherten Flüssigkeit gegen Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Kundgebung in Leipzig und gegen Fußballfans in Dresden vorgegangen sein sollen. Wenige Monate später war Bornmann von Ulbig ins Ministerium versetzt worden, strafrechtliche Folgen hatte der von der Polizeiführung zunächst sogar bestrittene Gebrauch bis heute allerdings für keinen der beteiligten Beamten.
Dies sollte allerdings nicht der einzige Vorfall bleiben, bei dem die Personalie Bornmann eine Rolle spielt. Erst vor wenigen Wochen war er vom Innenministerium beurlaubt worden, nachdem er kürzlich mit 1,5 Promille auf der A9 in Sachsen-Anhalt einen Auffahrunfall verursacht hatte.
Nach Christian Hartmann, dem innenpolitischen Sprecher der Sächsischen CDU, der erst vor wenigen Wochen ebenfalls betrunken unweit des Sächsischen Landtags sein Auto beschädigt und anschließend von der Polizei angehalten und kontrolliert worden war, ist dies bereits der zweite bekannt gewordene Fall eines sächsischen Beamten, der es mit der Straßenverkehrsordnung offenbar nicht allzu genau nimmt.
90er
Großer Parteitag, Reden zum Gähnen...