Neulich soll die "Bürgerwehr Freiburg" zum ersten Mal patrouilliert haben. Die Polizei betrachtet dies mit großer Skepsis, eine Gemeinderatsfraktion spricht von "Rechtsradikalen". Wer dahinter steckt:
Am Mittwoch ging die Fraktionsgemeinschaft von Junges Freiburg, Die
Partei und Grüne Alternative Freiburg (JPG) an die Öffentlichkeit. In
einem Brief an Stadtverwaltung und Polizei erkundigte sie sich nach dem,
was seit November unter dem Namen „Bürgerwehr Freiburg“ durchs Internet geistert – und neuerdings angeblich auch durch die Straßen der Stadt.
Im
Herbst war die „Bürgerwehr Freiburg“ gegründet worden – als
Facebook-Seite. Rund 880 Menschen haben sie bis heute gelikt. Beim
Großteil der Posts geht es um die Flüchtlingskrise und Straftaten, die
in Südbaden begangen worden sein sollen. Links führen zu Seiten mit
Namen wie „Aufwachen Deutschland“ – einer
selbsternannten „patriotischen Plattform“. Auch haben die
Bürgerwehr-Betreiber ein Video des als rechtspopulistisch geltenden
Magazins Compact geteilt.
Vorstrafen und Gefängnis
Die JPG fragt in ihrem Brief unter anderem: „Können Sie uns
mitteilen, wer die Facebook-Seite betreibt?“ Die Stadt bestätigt bis
jetzt lediglich den Eingang des Schreibens, die Polizei möchte dazu noch
nichts sagen. Die Spur führt zu Sascha F. – seinen Nachnamen will er
nicht in der Zeitung lesen.
Er ist um die 40, arbeitslos, ein ehemaliger Türsteher. Er ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Körperverletzung –
eine Zeit lang saß er im Gefängnis, zuletzt wohl 2008. Fragt man F.
danach, verteidigt er sich. „Joschka Fischer war früher auch ein
Steinewerfer.“
Heute zeigt er auf seinem privaten Facebook-Profil
Bilder, auf denen er mit seinen Hunden schmust. Und eine Grafik mit der
Aufschrift: „Wer weiß, was demnächst hier in Deutschland los ist. Habe
mir clevererweise schon mal bei Ebay eine Herren-Burka gekauft.“ Daneben
abgebildet: eine Kutte des rassistischen Ku-Klux-Klans. „Satire“, sagt F.
„Ich bin nicht rechtsradikal, ich habe viele ausländische Freunde“
Die JPG bezeichnet die Bürgerwehr als rechtsradikal.
„Ich bin nicht rechtsradikal, ich habe viele ausländische Freunde“,
sagt Sascha F. Als „Hampelmänner“ beschimpft er die Verfasser des
Briefs. Er könne gar kein „Nazi“ sein, sein Vater stamme schließlich aus
Südafrika.
„Es ist nicht nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge,
der straffällig wird – nicht der Einzelfall, wie es immer in den Medien
heißt“, behauptet F. Die Vorfälle hätten zugenommen, das gehe ihm gegen
den Strich. Also habe er die Seite erstellt.
Heute betreibt F. sie mit einem Bekannten. Im Januar warfen die beiden einen ihrer Administratoren raus. Zwei, drei Beiträge habe der gepostet, die „zu rechtslastig“ gewesen seien.
Patrouille am Rosenmontag
In dem offenen Brief fragt die JPG nun Stadt und Polizei: „Haben Sie
diese ’Bürgerwehr Freiburg’ im Auge und für wie wahrscheinlich halten
Sie es, dass diese tatsächlich durch Freiburg patrouilliert?“
Polizeisprecher
Dirk Klose bejaht das. „Uns liegen aber keine konkreten Erkenntnisse
vor, dass Streifengänge stattgefunden haben.“ Vor zwei Wochen hatte die
Bürgerwehr auf Facebook verkündet, sie habe am Rosenmontag zum ersten Mal patrouilliert – mit „knapp 20 Mann“.
„Außerdem waren wir abends zwei, dreimal zwischen Stühlinger und Innenstadt unterwegs
– mit drei bis vier Leuten“, sagt F. „Wir wollen einen Beitrag leisten,
dass die Straßen sicherer werden. Die Polizei ist wohl unterbesetzt.“
Klose
hält davon nichts. „Im öffentlichen Raum Streife zu laufen, ist Sache
der Polizei.“ Schon im Mai 2014 hatten einige Freiburger angekündigt, im
Quartier „Im Grün“ patrouillieren zu wollen. Auf
Drängen der Polizei gaben sie ihr Vorhaben auf. Sascha F. will
weitermachen, am liebsten mit noch mehr Leuten.
Festnahme durch jedermann
Verhindern konnte die Bürgerwehr noch keinerlei Straftaten. Was,
wenn sich die Gelegenheit bieten sollte? „Einschreiten, die Person
festhalten und die Polizei verständigen. Wenn sich die Person wehrt,
muss man den Widerstand brechen.“
F. beruft sich auf §127
der Strafprozessordnung, der jedermann berechtigen soll, eine Person
festzunehmen, wenn sie auf frischer Tat ertappt wird und Fluchtgefahr
besteht.
Neulich hat die Bürgerwehr Fotos aus dem Sommer 1992
gepostet – von Angela Merkels Besuch bei Rechtsradikalen in
Rostock-Lichtenhagen. Zu sehen war auch ein junger Mann mit Hitlergruß. Der Kommentar der Bürgerwehr: „Da haben wir noch glücklich geschaut, da haben die Buden gebrannt.“
Sascha F.
Heißt Sascha Faassen.