„die Hebel da ansetzen, wo es weh tut“

"Wer ist dafür, dass wir was tun müssen?"

Anmerkungen zur Einladung des ...ums Ganze-Bündnisses für ein bundesweites „Kampagne[n-] und Verständigung[s]“-Treffen derradikalen Linken“ am 31. Januar 2016

 

Das kommunistische ...ums Ganze-Bündnis lädt für morgen, den 31. Januar 2016 mit folgendem An­spruch zu einem bundesweiten Treffen der „radikalen Linken“ ein:

 

„Wir müssen jetzt mehr als ‚Hauptsache irgendwas’ tun. Nämlich unsere begrenzten Kräfte bündeln, uns finden, die Hebel da ansetzen, wo es weh tut – uns koordinieren. [...]. Und, na klar, dafür muss die Solidarität politisch werden […]. Wir glauben, es braucht in und neben all diesen Initiativen [Blockupy usw.] die Sichtbarkeit einer praktischen Perspektive jenseits von Staat, Nation und Kapi­tal.“

(http://umsganze.org/einladung-radikale-linke/)

 

Uns scheint allerdings, dieser Anspruch wird in der Einladung allenfalls nur schwach einge­löst. Wir haben uns hingesetzt und nachgedacht und die Denk-Ergebnisse in drei – unter­schiedlich langen – Texten aufgeschrieben.

 

  • Von uns wohl wohlwollend zur Kenntnis genommen:

»Der Merkelsche Biedermeier ist vorbei«

 

http://www.neues-deutschland.de/artikel/999475.der-merkelsche-biedermeier-ist-vorbei.html

 

  • Von uns leider nicht mehr rechtzeitig zur Kenntnis genommen:

 

Solidarität muss politisch werden

 

http://critiquenact.blogsport.eu/2016/01/23/237/

 

 

 

Übersicht:

 

  • Text 1 – Überlegungen von Theorie als Praxis (TaP):

 

  • Text 2 – Kommentar von systemcrash zu Text 1:

 

  • Text 3 – Rückantwort von TaP:

 

 

 

Text 1 – Überlegungen von  Theorie als Praxis  (TaP)1:

 

Daß der oben zitierte Anspruch in der Einladung nicht eingelöst wird, zeigt sich m.E. unter anderem in der generellen Bestimmung des Treffens als „Treffen zwecks Planung einer Mit­mach-Kampagne und Verständigung über die kommenden Tage“.

 

Dem entsprechen dann auch die Themen, die besprochen werden sollen: „Auch Anlässe an denen wir diese Bemühungen öffentlichkeitswirksam zusammenführen könnten, bieten sich bereits an: Der AfD-Programmparteitag im Frühjahr, ein dezentraler Aktionstag gegen die Fluchtverursacher, der antinationale Feiertag am 3. Oktober im Pegida-Country Sachsen oder auch ein Ausflug an den schönsten Zaun Österreichs in Spielfeld, etc. pp. – es gibt eine Menge Möglichkeiten.“

 

Es soll also anscheinend um Aktionen als Aktionen gehen, während die inhaltliche Aussage, mit der für sie mobilisiert werden sollen, bzw. die bei den bzw. mittels der Aktionen transpor­tiert werden soll, allenfalls dünn skizziert ist. Zwischen dem abstrakten – wenn auch richtigen – Anspruch, „praktischen Perspektive jenseits von Staat, Nation und Kapital“ und der konkre­ten Benennung allein von AfD und Pegida klafft eine große Lücke. Die Aufzählung von Akti­onsanlässen hört sich für mich eher nach ‚zurück zur reinen Antifa-Politik’, denn nach „Per­spektive jenseits von Staat, Nation und Kapital“ an. Die offizielle Staatspolitik von Union und SPD mit parlamentarischem und außerparlamentarischem Wurmfortsatz in Form von Grünen und FDP kommt genauso wenig vor, wie die Linkspartei als loyale Opposition und die ver­schiedenen Strömungen der außerparlamentarischen Linken mit ihren unterschiedlichen Praxen und Vorschlägen bspw. auf den Feldern Anti-Neoliberalismus und Flüchtlingssolidari­tät.

 

Die vorgeschlagenen Aktionsanlässe sind sicherlich nicht falsch – aber, daß und inwiefern sie mehr sind als Anlässe für „‚Hauptsache irgendwas’ tun“, wird nicht herausgearbeitet. Was fehlt, ist eine Herleitung der konkreten Aktionsanlässe aus einer konkreten Analyse der aktu­ellen Lage und der Kräfte, die in ihr agieren, und aus einer allgemeinen Strategie zum Um­sturz der gesellschaftlichen Strukturen.

 

Eine optimistische Lageeinschätzung

 

Am ehesten setzen die Einladenden noch einen spezifischen Akzent mit ihrer recht optimisti­schen Lageeinschätzung am Anfang:

 

„So schnell kann es gehen. Nach der erfolgreichen Erpressung Griechenlands durch Troika und Bun­desregierung schien im Sommer erstmal wieder linke Ratlosigkeit angesagt – selbst bei denen, die keine große Hoffnung in die staatliche Zähmung des Kapitalismus oder ein soziales Europa setzen. Aber die Siegesfeier des Europas, in dem ‚nun wieder deutsch gesprochen’ werden sollte, war ziem­lich kurz. Zahllose Menschen umgingen die Abschottung der Festung und kamen trotz mehrfach gestaffelter Grenzen und einem gewalttätigen Rassismus auf den Straßen einfach selber ins Herz des Krisenregimes. Das Ergebnis: Das Dublin-System der Abschottung und Abschiebung ist zusam­mengebrochen. Diese Entwicklung ist auch ein Ergebnis der kontinuierlichen Arbeit einer breiten & grenzübergreifenden antirassistischen Bewegung.“

 

 

  • Mir scheint es übertrieben zu sein, vom Zusammenbruch des „Dublin-System[s] der Abschottung und Abschiebung“ zu sprechen; jedenfalls Abschiebungen finden weiter­hin statt.

  • Mir fehlt in dem Absatz eine Analyse des (begrenzten) Stellenwertes des „Dublin-Sys­tems“ (Asylantragsbearbeitung im Land der Erst-Einreise) für das Funktionieren und die Effekte der rassistischen Strukturen innerhalb der EU sowie des Interesses unter­schiedlicher Kräfte innerhalb der europäischen Nationalstaaten an diesem System et­was zu ändern.

  • Mir fehlt auch eine Analyse des Interesses von Teilen des Kapitals an einer Vermeh­rung des Arbeitskraftangebotes in Europa im allgemeinen oder von spezifischer Ar­beitskraft oder von Arbeitskraft von ArbeitskraftbesitzerInnen in spezifischer Lage.

  • Mir scheint es daher auf alle Fälle unterkomplex zu sein, den vermeintlichen Zusam­menbruch des „Dublin-System[s] der Abschottung und Abschiebung“ allein als Erfolg der Geflüchteten selbst sowie antirassistischer Bewegungen in Deutschland zu sehen (sozusagen antirassistisch gewendeter Operaismus: „am Anfang […] steht der Kampf Arbeiterklasse“2 – und nicht der der Bourgeoisie). Weder der deutsche Staat noch das deutsche Kapital waren in den letzten Monate einfach nur Getriebene.

  • Und mir erscheint es außerdem ziemlich fragwürdig zu sein, die „erfolgreiche Erpres­sung Griechenlands“ (eine Formulierung, in der im übrigen „Griechenland“ als homo­genes nationales Kollektiv behandelt wird und innere Widersprüche in der griechi­schen Gesellschaft nicht vorkommen) auf einer Ebene mit den „[z]ahllose[n] Men­schen“, die „die Abschottung der Festung“ (Europa) umgingen, zu behandeln und ge­geneinander aufzurechnen – und so dann doch noch zu einer recht erfreulichen lin­ken Bilanz für das Jahr 2015 zu gelangen.

  • Und wenn schließlich ein „Aktionstag gegen die Fluchtverursacher“ vorgeschlagen wird, scheint mir zum einen schwierig zu werden, im Rahmen eines solchen Aktions­tages nicht (nur) das Verhalten einzelner AkteurInnen (z.B. WaffenlieferantInnen) mo­ralisch zu skandalisieren, sondern herauszuarbeiten, daß kapitalistische Konkurrenz als solche zu ungleicher Entwicklung (SiegerInnen und VerliererInnen im Konkurrenz­kampf) führt. Noch schwieriger wird bei einer Fokussierung auf heutige AkteuerInnen, die fundamentale Bedeutung des europäischen Kolonialrassismus, der sich nicht nur einfach aus der kapitalistischen Produktionsweise ableiten läßt (auch wenn er mit ihr verknüpft ist), für die heutige ungleiche Verteilung von Überlebenschancen und Le­bensbedingungen weltweit herauszuarbeiten. Und schließlich scheint mir selbst bei einer Ersetzung des personalen Ausdrucks „Fluchtverursacher“ durch den struktura­leren Begriff „Fluchtursachen“ schwierig zu vermeiden, imperialistischen Intervention­ismus unter dem Motto, „Wir müssen die Fluchtursachen kämpfen“, auch noch unge­wollt zu befeuern.

 

 

Wo’s den Herrschenden und Ausbeutenden wirklich weh tut...

 

Umso mehr möchte ich meinerseits die Frage, wo die Hebel angesetzt werden müßten, da­mit es den Herrschenden ernstlich weh tut, aufgreifen – und ich möchte auf diese Frage eine Antwort geben, von der ich beanspruchen möchte, daß sie eher „klassisch“ als die „neueste Mode“ ist. Die Antwort lautet: Es sind die Arbeit und ihre eventuelle Verweigerung, und es ist das staatliche Gewaltmonopol und die eventuelle Weigerung, ihm Folge zu leisten / es einzu­halten.

 

Arbeit

 

1. Fritz und Kalle schrieben in der Deutschen Ideologie – und das scheint mir weiterhin wahr zu sein:

 

„Zum Leben aber gehört vor Allem Essen und Trinken, Wohnung, Kleidung und noch einiges Andere. Die erste geschichtliche Tat ist also die Erzeugung der Mittel zur Befriedigung dieser Bedürfnisse, […], und zwar ist dies […] eine Grundbedingung aller Geschichte, die noch heute, wie vor Jahrtau­senden, täglich und stündlich erfüllt werden muß, um die Menschen nur am Leben zu erhalten.“ (MEW 3, 28) „Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie. Was sie sind, fällt also zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als auch damit, wie sie produzieren.“ (ebd., 28 – Hv. i.O.).

 

Mich überzeugt deshalb die Aufforderung der Antifa Kritik & Klassenkampf (ehemals: Cam­pus Antifa) FfM, „die entsprechenden Kämpfe [...] im Bewusstsein der eigenen Proletarität“ zu führen:

 

„Auch die linksradikalen Aktivist*innen stehen – daran muss man (sich selbst) scheinbar immer wie­der erinnern – in einem materiellen Verhältnis zur Verwertung des Kapitals, sind selbst Ausgebeute­te. Nur wenn ihre Kämpfe direkt in dieses Verhältnis eingreifen, haben sie Einfluss darauf und kön­nen so antikapitalistisch wirken. Die Geste des in der Masse der ihre Gegnerschaft zum Schweine­system Beteuernden, sich in seiner Radikalität ebenso wie in seiner Moralität so wohlfühlenden ge­streckten Mittel- bzw. Zeigefingers bleibt solange eine symbolische Feier der eigenen Ohnmacht, wie sie nicht innerhalb des eigenen Ausbeutungsverhältnisses stattfindet, die entsprechenden Kämpfe also nicht in die Reproduktion der bestehenden Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse eingreifen und somit im Bewusstsein der eigenen Proletarität geführt werden. Die Forderung nach der Abschaf­fung des Kapitalismus muss sich aus dem Widerspruch, in dem die Bedürfnisse des eigenen Lebens zu den Bedürfnissen des Kapitals stehen, ergeben;“ anderenfalls „bleibt [sie] idealistisch“. (http://akkffm.blogsport.de/images/DerkommendeAufprall_web.pdf, S. 8)

 

Bezüglich des vom ...ums Ganze-Bündnis angeschobenen europaweiten M 31-Aktionsakti­ontag 2012 war der (m.E. richtige) Anspruch zwar:

 

„Besser wir kämpfen gemeinsam gegen das Diktat des Kapitalismus, und organisieren uns endlich europaweit. Der Europäische Aktionstag am 31. März 2012 ist dafür ein erster Schritt. Unsere De­monstrationen in Griechenland, Spanien, Deutschland anderen europäischen Staaten sind mehr als ein Zeichen antikapitalistischer Solidarität. Sie sind schon jetzt Teil einer europaweiten Diskussion und Vernetzung. Wir laden alle emanzipatorischen Initiativen ein, diesen Prozess mit zu gestalten. Wir müssen uns außerhalb der staatstragenden Institutionen organisieren, und einen langen Atem haben. Obwohl die Krise in den europäischen Ländern oft sehr unterschiedlich verläuft, haben wir ein gemeinsames Ziel: Wir wollen den Kapitalismus nicht retten, sondern überwinden.“

(http://march31.net/de/call-for-action-german/)

 

Aber realisiert wurde dieser Anspruch nicht (und daran, daß er nicht realisiert wurde, scheint mir die Wende, die UG seitdem weg vom M 31-Netzwerk hin zu IL und Blockupy vollzog, nicht ganz ohne Verantwortung zu sein; ebenso, daß der Aufbau des Beyond Europe-Netz­werkes nicht in das M 31-Netzwerk hinein verbreitert, sondern als Exklusiv-Ding von UG ge­handhabt wurde). Und daher teile ich auch die Diagnose der Antifa Kritik & Klassenkampf:

 

„Alle uns bis heute bekannten Versuche, auf die heutigen Krisenbearbeitungsstrategien des Kapitals zu reagieren, konnten die mit ihnen einhergehenden Angriffe auf die Lohnabhängigen nicht abweh­ren – unsere eigenen inbegriffen. Alle Politik, die über Teilbereichskämpfe hinausweist, begegnet uns in der einen oder anderen Form des Events oder der reinen Kritik. Beide Formen greifen nicht verän­dernd in unseren Alltag als Lohnabhängige, in die Sphäre der kapitalistischen Produktionsweise ein“ (S. 2)

 

2. Das ‚Thema’ Arbeit ist dabei auch zugleich ein Thema, das – durchaus im Gegensatz zur geläufigen Thematisierung von Patriarchat und Rassismus als ‚Gegenstände’ aus den Be­reich Ideologie bzw. Diskurs – erlaubt, nicht nur die kapitalistische Produktionsweise, sondern auch das patriarchale Geschlechterverhältnis und das rassistische Verhältnis zwischen Weißen und Schwarzen zu thematisieren:

 

Der link, der erlaubt, alle drei Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse angemessenen zu thematisieren, sind dabei die Konzepte des doing gender3 und der Performativität (Hervorgebrachtheit) von Geschlecht, die Feministinnen Ende der 1980er / Anfang der 1990er Jahre entwickelten. In der weiteren – hegemonial: kulturalistischen – Rezeption wur­de „doing gender“ zwar vor allem oberflächlich als Klamotten-Frage aufgefaßt.

 

Materialistisch gewendet kann in rassistischer und geschlechtshierarchischer Arbeitsteilung sowie in der Arbeitsteilung zwischen den Klassen der materielle Hauptfaktor von doing race, doing gender und doing class – ausbeuten und ausgebeutet werden; herrschen und be­herrscht werden – gesehen zu werden.4 Dort mit dem Widerstand anzusetzen, würde den Herrschenden in den verschiedenen Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnissen (den Kapi­talistInnen, den Männern, den Weißen) wirklich wehtun.

 

Gender and sexuality are not simply the result of discursive or signifying practices performed on the body, but also, and more importantly, they are the effect of labor performed by, on, and through bod­ies as historically determined by the division of labor and the unequal access to economic and social resources.“ (Teresa L. Ebert5).
Die „These, daß die Geschlechtsidentität eine Konstruktion ist, behauptet [… also] keinesfalls, daß die Geschlechtsidentität scheinhaft oder künstlich ist“6; sie existiert nicht unabhängig „von den sozio­ökonomischen Bedingungen, von der konkreten sich verändernden Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen“. „[D]ie Geschlechterideologie [hat] wie andere Ideologien [… e]ine Materialität, die nicht nur in kulturelle Praxen im engeren Sinne eingeschrieben ist, sondern die ebenso eingeschrieben ist in die bestehende Praxis der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung.“ (Petra Schaper-Rinkel7). „Die gelebte Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen, die gelebte Differenz in allen Bereichen des Lebens verstärkt immer wieder die Evidenz dieser ‚Zweigeschlechtlichkeit‘, läßt Vorstellungen von dem unterschiedlichen Wesen, der unterschiedlichen Natur von Frauen und Männern und davon abgeleiteten unterschiedlichen Aufgaben plausibel erscheinen.“ (dies.8).

 

So wie Lenin sagte, daß Klassen „große Menschengruppen“ seien, „die sich voneinander un­terscheiden durch ihren Platz in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftli­chen Produktion, nach ihrem […] Verhältnis zu den Produktionsmitteln“ (LW 29, 410), so läßt sich auch sagen, daß Geschlechter und Rassen „große Menschengruppen [sind], die sich voneinander unterscheiden durch ihren Platz in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftlichen Produktion“ – nur mit dem Unterschied, daß bei Letzteren der Produkti­onsmitteln-Besitz nicht der Schlüsselfaktor für die Stellung im Produktionssystem ist.

Daß Geschlecht insofern analog zu Klasse zu analysieren ist, hatten auch Marx und Engels bereits in der Deutschen Ideologie erkannt (auch wenn es von ihnen und nachfolgenden MarxistInnen später – zugunsten von Klassenreduktionismus – wieder ‚vergessen’ wurde): „Mit der Teilung der Arbeit […] ist zu gleicher Zeit auch die Verteilung, und zwar die unglei­che, sowohl quantitative wie qualitative Verteilung der Arbeit und ihrer Produkte gegeben, also das Eigentum, das in der Familie, wo die Frau und die Kinder die Sklaven des Mannes sind, schon seinen Keim, seine erste Form hat. Die freilich noch sehr rohe, latente Sklaverei in der Familie ist das erste Eigentum, das übrigens hier schon vollkommen der Definition der modernen Ökonomen entspricht, nach der es die Verfügung über fremde Arbeitskraft ist.“ (MEW 3, 32)

 

Entsprechend lassen sich schließlich auch die internationale Arbeitsteilung zwischen den im­perialistischen Metropolen und kapitalistischer Peripherie sowie die rassifizierten nationalen Arbeitsmärkte als ein entscheidender Faktor von doing race – also der Reproduktion des Rassismus, der durchaus nicht nur ‚falsches Bewußtsein’, ‚Vorurteil’ oder ‚Diskriminierung’ und auch nicht nur bloßer Nebeneffekt von ‚Staat und Kapital’ ist – analysieren.

 

Staatliches Gewaltmonopol

 

Kommen wir nun zu einem zweiten Punkt, wo es den Herrschenden wehtut. Als ‚Folie’ für der Argumentation soll in diesem Fall kein UG-Text dienen, sondern ein Text aus einem ganz anderen politischen Spektrum – nämlich die Kritik von Claudia Cinatti an den „‚antineoliberalen’ Fronten und d[en] Zusammenschlüsse ‚antikapitalistischer Parteien’“.

Ich gehe davon aus, daß das ...ums Ganze-Bündnis einer Kritik an Formationen, die einen diffusen (UG würde sagen: „verkürzten“) Antikapitalismus auf’s Schild heben oder sich gar auf bloßen Anti-Neoliberalismus beschränken, bereitwillig zustimmen wird – und auch ich stimme dieser Kritik rundherum zu.

 

Heikel finden ich selbst allerdings einen anderen Aspekt des Artikels von Claudia Cinatti und mich interessiert brennend, was UG-GenossInnen zu diesem Punkt denken. Claudia Cinatti kritisiert nicht nur die aktuelle Orientierung der trotzkistischen IV. Internationale auf soge­nannte „breite“, „antikapitalistische“ oder auch bloß „anti-neoliberale“ Parteien, sondern dis­kutiert auch den Text von 2006 Sur le retour de la question politico-strategique9 (engl.: On the return of the politico-strategic question; kast.: El retorno de la cuestión político-estratégica) von Daniel Bensaïd, einem führenden Mitglied der IV. Internationale.

 

Claudia Cinatti schreibt über diesen Text:

 

„Laut Bensaïd stehen sich seit der zweiten Nachkriegszeit zwei große ‚strategische Hypothesen’ ge­genüber.10 Eine der beiden nennt er ‚aufständischen Generalstreik’, die trotz aller Ungenauigkeit oder Vereinfachung auf eine Revolutionsstrategie mit Vorbild in der russischen Oktoberrevolution von 1917 hinweist. Dies bedeutet eine Revolution, die von der Arbeiterklasse im Bündnis mit den subal­ternen Klassen angeführt wird, unter Hegemonie der Stadt über das Land, und die die Diktatur des Proletariats errichtet. Diese stützt sich auf die Sowjets oder die Arbeiter- und Bauernräte als Organe der Selbstbestimmung und eignet sich die Macht mit Hilfe eines bewaffneten Aufstandes an, der von einer revolutionären marxistischen Partei angeführt wird.

Die andere stützte sich im Wesentlichen auf die Bauernschaft und kleinbürgerliche Führungen, die i.a. populistisch oder Varianten nationaler Stalinismen waren. Ihre Methode war der Guerillakrieg und ihre Strategie die der Klassenzusammenarbeit mit Sektoren der ‚nationalen Bourgeoisien’, wie z.B. der ‚Block aus vier Klassen’ von Mao Tse-Tung oder aber die ‚demokratischen’ Regierungen von Vi­etnam oder Kuba, die der Enteignung und Nationalisierung der Produktionsmittel vorangingen. Die Fokus-Theorie von Che Guevara war Teil dieser Guerillastrategie im Sinne einer Revolution, die nicht durch den Aufstand der Massen, sondern durch eine Partei-Armee durchgeführt wurde. Ihr Ziel war jedoch die sozialistische Revolution, d.h., die Enteignung und Nationalisierung der Produktionsmittel, und nicht das Bündnis mit der ‚nationalen Bourgeoisie’.“

 

Mir scheint: Hinsichtlich der Kritik an der klassen- und geschlechter-indifferenten Volksfront-Strategie der nationalen Befreiungsbewegung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lie­ße sich noch relativ einfach eine relative Übereinstimmung zwischen Claudia Cinatti, mir und auch dem UG-Bündnis herstellen.

 

Weitaus weniger sicher scheint mir allerdings zu sein, daß damit auch schon der Stab über die sog. „Guerillastrategie“ gebrochen und die sog. ‚Aufstands-Strategie’ vorzuziehen ist. Denn, Claudia Cinatti, identifiziert die volksfrontistische Guerilla-Strategie zwar u.a. mit „Vari­anten nationaler Stalinismen“.

 

Wahr ist allerdings auch, daß die klassische oder vermeintliche klassische Aufstands-Strate­gie (= langsame und legale Akkumulation der Kräfte und dann gibt es irgendwann einen zwar bewaffneten, aber weitgehend unblutigen und schnellen Aufstand) nicht nur von klassen-ori­entierten, dissidenten Strömungen im Trotzkismus, sondern auch von den StalinistInnen des „friedlichen Übergangs“ und der „antimonopolitischen Demokratie“ vertreten wurde  (während die IV. Internationale in den 1970er Jahren die trikontinentale Guerillastrategie unterstütze).

 

In der Broschüre tripple oppression & bewaffneter Kampf11 hieß es in den 1990er Jahren:

 

„Die RAF versuchte mit der in ihren ersten theoretischen Schriften skizzierten Konzeption die vorste­hend angesprochene Blockierung des revolutionären Prozesses durch die Fortsetzung des studen­tInnenbewegten Subjektivismus durch die Spontis einerseits und den Objektivismus der diversen ‚kommunistischen Parteien’ andererseits aufzubrechen:

1. Die Gründung und Existenz von Guerillagruppen, nicht nur in der BRD, war ein praktischer Bruch mit der Versozialdemokratisierung der Kommunistischen Parteien, ihrem Revisionismus und Legalis­mus. Anders als die ML-NostalgikerInnen, die in den 70er Jahren massiv auftraten, war die Metropo­lenguerilla ein praktischer Bruch mit dem Revisionismus, auch dem stalinistischen.

Das mag erst einmal überraschen, weil zumindest in ihren theoretischen Beiträgen wenig Auseinan­dersetzung mit dem Phänomen des Stalinismus erfolgt ist.

Während aber die legalistische, revisionistische Praxis und Theorie der KPs kein Bruch, sondern eine logische Fortsetzung stalinistischer Politik (‚Sozialismus in einem Land’, Volksfront-Kurs seit 1936 etc.) war, entstand die Metropolenguerilla weltweit aus einer linken, nichtstalinistischen Linie. Die Guerillagruppen im Trikont, auf die sich auch die RAF berief, wie die Tupamaros in Uruguay, die Guerillagruppe um Che Guevara oder ähnliche Gruppen in anderen Staaten, gründeten sich in Ab­grenzung und oft im Kampf mit dem Volksfront-Kurs der KPs. Dies veranlaßte Fidel Castro seiner­seits zu der Aussage, daß dann, wenn Kommunisten versagen, andere die Revolution weitertreiben müssen.“

 

Wie insbesondere von der kommunistischen Linie in der post-68er westeuropäischen Stadt­guerilla gelten gemacht wurde, war die Linie Lenins durchaus nicht die – ihm von der stalinis­tischen und trotzkistischen Orthodoxie unterstellte – Linie der Vertagung der Frage der revolutio­nären Gewalt auf den allerletzten Moment – auf den Moment des Aufstandes selbst.

Im Feb. 1906, also noch nach dem gescheiterten Aufstandsversuch vom Dez. 1905 bezog sich Lenin (s. auch den Anhang auf der letzten Seite dieses Papiers) positiv auf die „Partisa­nenaktionen der Kampfgruppen, die schon seit langem von den Sozialdemokraten beider Fraktionen“ der SDAPR (also den Bolschewiki und den Menschewiki) gegründet worden sind (LW 10, 107). Gerade aus dem Scheitern des Dezember-Aufstandes schlußfolgerte er: „Er [Ein weiterer Aufstand] muß uns bewaffnet, militärisch organisiert und zu entscheidenden An­griffsaktionen befähigt finden. […]. Tatsache ist [...], daß wir bis heute in den meisten rein russischen Zentren [...] an der mangelnden Initiative unserer Kampfgruppen, an ihrer unzu­länglichen Kampferfahrung, an der unzureichenden Entschlossenheit ihrer Aktionen“ kranken (ebd., 106).

 

Später im gleichen Jahr bekräftigte Lenin in seiner Schrift Die Lehren des Moskauer Auf­stand noch einmal die Vorbereitungs- (und nicht nur Durchführungs)funktion des PartisanIn­nenkriegs für einen erfolgreichen Aufstand: „Der Partisanenkrieg, der Massenterror [gemeint ist der von den Massen ausgeübte revolutionäre Terror; nicht Terror gegen die Massen, TaP], der jetzt nach dem Dezember überall in Rußland fast pausenlos ausgeübt wird, wird zweifellos helfen, die Massen zu lehren, im Augenblick des Aufstands die richtige Taktik anzuwenden.“ (LW 11, 163)

 

Nun liegt auf der Hand, daß heute in der BRD sowohl das Niveau der Massenkämpfe als auch das politische System ein gründlich anderes sind im zaristischen Rußland 1906.

 

Aber...

 

1. zum Niveau der Massenkämpfe: a) Mein Vorschlag ist ja nicht am Sonntag nach der Kaffeepause PartisanInnenkampfgruppen zu gründen und dann in den nächsten Tagen an den Wohnorten der zu dem Kongreß Angereisten loszuschlagen. Mein Vorschlag ist auch nicht, übermorgen die Rote Armee Fraktion oder Revolutionären Zellen wiederzugründen oder die Praxis an genau dem Punkt wieder aufzunehmen, den dem diese Gruppen ihre Pra­xis Anfang der 1990er Jahr aufgaben.

 

Meine These lautet vielmehr: Wenn wir darüber diskutieren wollen, wo und wie es den Herr­schenden wirklich wehtut, dann muß meines Erachtens auch die Frage der revolutionären Gewalt – auch über Demo-Militanz hinaus – wieder in die linken Strategiedebatten eingeführt werden.12 Und zwar in dem Sinne, in dem der Kommunistische Bund (KB) nach Putsch 1973 in Chile in einer Broschüre-Ankündigung schrieb:

 

„Es wäre verhängnisvoll, würde sich die westdeutsche Arbeiterklasse erst dann eingehend mit dem Problem des bewaffneten Kampfes befassen, wenn die Klassenkämpfe den bewaffneten Kampf in der BRD auf die Tagesordnung gesetzt haben werden.“

(http://mao-archiv.de/Scans/INT/LA/S/RCH/KB/Chile_KB018.jpg)

 

Im Sommer 2015 fiel sogar Alexis Tsipras auf: „Wir können [...] aus linken Regierungserfah­rungen früherer Perioden lernen und wissen, dass Wahlen zu gewinnen nicht bedeutet, dass man von einem Tag auf den anderen Zugang zu den Schalthebeln der Macht bekommt.13 Leider zog er daraus die Schlußfolgerung, sich der Macht zu unterwerfen, statt die Frage nach einer Strategie, mit der die Machtfrage von emanzipatorischer Seite aus erfolgreich aufgeworfen kann, zu stellen. Die belgische LCR dachte damals in eine andere Richtung und formulierte 15 Thesen zur Machtprobe in Griechenland und die Dringlichkeit einer linken Strategiedebatte14.

 

b) Claudia Cinatti verwirft die „Guerillastrategie“ ja nicht nur für Argentinien oder die BRD des Jahres 2006 oder 2016, sondern auch für die Zeit um 1968 herum, als die Guerillastrategie jedenfalls im Trikont massenhaft verfolgt und in vielen Ländern auch militärische Erfolge er­zielte. Der Fehler der damaligen trikontinentalen Guerillastrategie war m.E. nicht ihre militäri­sche Form, sondern ihre klassen- und geschlechterpolitisch15 falsche Ausrichtung.

 

2. zur unterschiedlichen Form der politischen Regimes: Zweifelsohne hat die BRD heute ein anderes politisches Regime als es der Zarismus war. Aber Lenin rechtfertigte den Parti­sanInnenkrieg ja nicht mit dem spezifischen Charakter des Zarismus; seine diesbzgl. Überle­gungen können m.E. durchaus revolutionäre Allgemeingültigkeit beanspruchen.

Was aus den Spezifika des Zarismus resultierte, war, daß nicht nur der militärische Apparat klandestin organisiert war, sondern auch die politische Organisierung (in Lenins Terminologie „Partei“) klandestin erfolgte.

Die Aufnahmebedingungen der Kommunistische Internationale von 1921 bestimmten für alle Mitgliedsparteien, also auch die in Westeuropa und Nordamerika: „Sie sind verpflichtet, über­all einen parallelen illegalen Organisationsapparat zu schaffen“ (S. 6 – Aufnahmebedingung 3.). Das war zwar mit der Erwartung verknüpft: „Fast in allen Ländern Europas und Amerikas tritt der Klassenkampf in die Phase des Bürgerkrieges ein.“ (ebd.) Das trat dann zwar nicht in der erwarteten Form bzw. in der unerwarteten Form des italieni­schen Faschismus, des deutschen Nationalsozialismus, der spanischen Frankismus und ähnlicher Regime ein; aber während die Zuspitzung der gesellschaftlichen Konflikte zu Bür­gerInnenkriegen nur „[f]ast“ für „alle Länder“ erwartet wurde, war die vorsorgliche Schaffung eines klandestinen Parallelapparates für alle Länder gefordert.

 

Und dies war ja dann auch die Schlußfolgerung der RAF aus dem Verbot der französischen Gauche Proletarienne und der Infiltration der us-amerikanischen Black Panther Partei durch das FBI:

 

„Das Schicksal der Black Panther Partei und das Schicksal der Gauche Proletarienne dürfte auf je­ner Fehleinschätzung basieren, die den tatsächlichen Widerspruch zwischen Verfassung und Verfas­sungswirklichkeit und dessen Verschärfung, wenn Widerstand organisiert in Erscheinung tritt, nicht realisiert. Die nicht realisiert, daß sich die Bedingungen der Legalität durch aktiven Widerstand not­wendigerweise verändern und daß es deshalb notwendig ist, die Legalität gleichzeitig für den politi­schen Kampf und für die Organisierung von Illegalität auszunutzen und daß es falsch ist, auf die Ille­galisierung als Schicksalsschlag durch das System zu warten, weil Illegalisierung dann gleich Zer­schlagung ist und das dann die Rechnung ist, die aufgeht.“

(https://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/Stadtguerilla+RAF/RAF/raf-texte+materialien.PDF, S. 48)

 

Kommen wir nun vom Grundsätzlichen zum Aktuellen und dem konkreten Thema des Kon­gresses am Sonntag zurück:

 

 

Vorschlag für vier Kampagnen, die sich nicht an den Events der Gegenseite(n) abar­beiten, sondern eigene Themen setzen

 

Ausgehend von den vorgenannten Überlegungen möchte ich drei Themen für Kampagnen, die sich nicht an den Events der Gegenseite(n) abarbeiten, sondern eigene Themen setzen, vorschlagen:

 

 

Kampagne 1: Grenzen auf – Arbeitsmarkt auf / Gleiche Rechte für alle

 

Inhalt: eine Kampagne für die Aufhebung aller gesetzlichen Bestimmungen, nach denen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besonderer Genehmigung bedürfen, um er­werbstätig zu werden („Aufenthaltstitel, der einem Ausländer die Ausübung einer Beschäfti­gung erlaubt“ nach § 39 Aufenthaltsgesetz / früher: Arbeitserlaubnis nach § 284 SGB III alte Fassung).16

 

Ziele:

 

1.) Politisch-juristisch – Kurzfristig-reformerisch: Abbau der Ungleichberechtigung entlang der Staatsangehörigkeit; langfristig-revolutionär-antirassistisch: ein Schritt zu Überwindung der Kategorisierung von Menschen überhaupt entlang nationaler Zugehörigkeit / Staatsange­hörigkeit.

In diesem Sinne könnte eine solche Kampagne auf das Wahlrecht und andere Nicht-Staats­angehörige diskriminierende rechtliche Regelungen ausgeweitet werden.

 

2.) Ökonomisch und ideologisch: Abbau der ökonomischen Abhängigkeit von Geflüchte­ten von staatlichen Sozialleistungen und altruistischer Unterstützung von HelferInnen und Abbau der damit verbundenen besonderen Verhaltens- und Dankbarkeits‚pflichten’ (Paternalismus-Falle)

 

3. Strategisch: Unterlaufen der rechten Rhetorik ‚die Ausländer liegen uns auf der Tasche’.

 

Damit eine solche Kampagne nicht zu einer Apologie kapitalistischer Lohnarbeit und bürgerli­cher Freiheit und Gleichheit wird, wäre sie zugleich mit einer

 

 

Kampagne 2: Für gewerkschaftliche und politische Organisierung zu verbinden

 

Motto: Gemeinsam leben – Gemeinsam kämpfen!


Ziele:

 

1. ökonomisch: dem Versuch entgegenarbeiten, Zuwanderung für Lohndrückerei zu instru­mentalisieren

 

2. politisch-ökonomisch: Überwindung der paternalistischen Konstellation ‚wohlmeinende deutsche UreinwohnerInnen helfen armen Geflüchteten bzgl. Bürokratie, Sprache und mit Lebensmittel’ durch einen gemeinsamen politischen Kampf

 

und 3. ganz pragmatisch: Mehr gewerkschaftliche und emanzipatorische, politische Orga­nisierung von hier schon Lebenden und Zuwandernden wäre eh sehr wünschenswert und würde das Kräfteverhältnis im Kampf gegen die verschiedenen Herrschenden verändern.

 

Details:

 

a) Die Kampagne wäre m.E. als Bündnis für – wahlweise – gewerkschaftliche Organisierung in DGB-Gewerkschaften und/oder FAU bzw. IWW zu führen.

 

b) Sie müßte undokumentiert Arbeitende einschließen; das heißt: Mitgliedschaft unter Pseudonym und bei Barzahlung der Mitgliedschaftsbeiträge müßten Thema und Teil der Kampagne sein.

 

c) Es müßte noch eine Konzeption entwickelt werden, wie Werbung für gewerkschaftliche und politische Organisierung dabei konkret verknüpft wird. Ich denke, auf einer sehr abstrakten Ebene müßte der BA-Vorschlag ‚gewerkschaftliche Organisierung + Orte der kol­lektiven Reflektion, Analyse und Organisation, die die konkrete Kritik aus und an den Teilbe­reichen der Gesellschaft und ihren unmittelbaren Zumutungen auf ihr eigentliches gesell­schaftliches Niveau hebt und so diese erkennbar und damit abschaffbar macht’ auch für Ge­nossInnen akzeptabel sein, die (wie auch ich selbst) keine syndikalistische Orientierung ver­treten.

 

 

Kampagne 3: {nicht besonders gelungener Arbeitstitel und auch als konzeptionelle Idee noch nicht besonders klar: Geflüchtete schulen hier schon länger oder immer lebende Revo­lutionärInnen in Sachen Illegalität und BürgerInnenkrieg}

 

Während Kampagne 1 und 2 also auf den Punkt „Arbeit“, an dem es den Herrschenden weht tut, zielt, zielt Kampagne 3 auf den Punkt „Staatliches Gewaltmonopol / Bewaffneter Kampf“.

Dabei kann es logischerweise nicht darum gehen, daß bei Demos, Veranstaltungen und Kongressen offen auftretende Gruppen Schulungen in Waffenbenutzung anbieten (abgesehen davon, daß ein Großteil der Geflüchteten – und auch der politisch aktiven Geflüchteten – dafür vermutlich nicht kompetent ist) und die meisten hiesigen Linken dafür keinen aktuellen Bedarf haben.

Was m.E. aber sehr wohl sinnvoll wäre, wofür jedenfalls ein Teil der Geflüchteten auch Kenntnisse und Kompetenzen hat und was sich auch noch mit kalkulierbarem Repressionsri­siko nicht-klandestin organisieren ließe, wäre:

  • Veranstaltungen mit Erfahrungsberichten über’s Untertauchen, leben mit falschen Pa­pieren und Grenzen überwinden

  • Veranstaltungen zu strategischen Problemen der BürgerInnenkriegs-Führung: Ver­hältnis von Politischem und Militärischen; Problematik von Kolleteralschäden; techno­logisches Gefälle zwischen staatlichen Armee und Guerillaeinheiten. (Ein entscheid­endes Problem in diesem Zusammenhang ist freilich, daß es außer ansatzweise in Rojava in den heutigen BürgerInnenkriegen weitgehend unmöglich ist, auch nur klei­nere Übel zu identifizieren).

 

Auch bei dieser Kampagne ginge es als Nebeneffekt – des theoretischen Effekts die Macht­frage und die Frage der revolutionären Gewalt wieder in die linke Strategiediskussion einzu­führen – wiederum um die Überwindung der paternalistischen Konstellation, daß hier schon immer oder jedenfalls längere Zeit Lebende neu Zugewanderten ‚großzügig’ erklären, wie’s hier so mit Sprache, Bürokratie usw. läuft und ihnen ‚hilft’ damit zurechtzukommen – weil die Rollen von Lehrenden/Helfenden sowie Lernenden/Geholfenen im Rahmen dieser Kampa­gne umgekehrt würden.

 

 

Eine vierte Kampagne könnte unter dem Motto „Kriegs- und Kolonialschulden sind Kollek­tivschulden“ versuchen,

  • nicht einfach Themenhopping zu betreiben, sondern versuchen, auch in der aktuellen politischen Konjunktur am Thema der Krisenproteste und der NS-Schulden Deutsch­lands bei Griechenland dranzubleiben und letzteres Thema, ohne NS und Kolonialis­mus gleichzusetzen, zu einer Forderung nach Reparationen für den europäischen Ko­lonialismus auszuweiten.

  • Freilich könnte diese Forderung keine – mit Unterschriftensammlungen und Petitionen zu verfolgende – realpolitische Forderung an die heutigen europäischen sowie wei­ßen, nordamerikanischen und australisch/ozeanischen SiedlerInnenstaaten sein, son­dern es wäre der notwendige Beitrag etwaiger postkapitalistischer und postrassisti­scher Gesellschaften in diesen Gebieten zum Projekt einer kommunistischen Weltge­sellschaft.

  • Eine solche Kampagne wäre dabei zugleich ideologischer Kampf gegen den Korpora­tivismus und Sozialchauvismus großer Teile der weißen Lohnabhängigen; sie müßte freilich zugleich deutlich machen, daß postkapitalistische und postrassistische Gesell­schaften in Europa und Nordamerika nur möglich werden, wenn eine Mehrheit der Lohnabhängigen für einen Bruch mit Korporativismus und Sozialchauvismus gewonnen wird; sie ist also mit Klassenorientierung und Klassenkampf verbinden.


Anhang:

 

Antrag von Lenin an den Wiedervereinigungspartei von Bolschewiki und Menschiwki 1906

 

PARTISANENKAMPFAKTIONEN

 

In der Erwägung:

 

1. daß es seit dem Dezemberauf stand fast nirgends in Rußland zur völligen Einstellung der Kampfhandlungen gekommen ist, die jetzt von Seiten des revolutionären Volkes in einzelnen Partisanenüberfällen auf den Feind zum Ausdruck kommen;

 

2. daß derartige Partisanenaktionen, die beim Vorhandensein zweier feindlicher bewaffneter Kräfte und beim Wüten der vorübergehend triumphierenden militärischen Unterdrückung un­vermeidlich sind, zugleich der Desorganisierung des Feindes dienen und die kommenden of­fenen bewaffneten Massenaktionen vorbereiten;

 

3. daß derartige Aktionen auch für die Kampferziehung und militärische Ausbildung unserer Kampfgruppen notwendig sind, die sich während des Dezemberaufstands an vielen Orten praktisch als unvorbereitet auf die für sie neue Sache erwiesen haben;

 

erklären wir und beantragen, der Parteitag wolle beschließen:

 

1. die Partei muß die Partisanenaktionen der Kampfgruppen, die zur Partei gehören oder sich an sie anlehnen, als prinzipiell zulässig und in der gegenwärtigen Periode zweckmäßig anerkennen;

 

2. die Partisanenkampfaktionen müssen so geartet sein, daß sie der Aufgabe Rechnung tra­gen, Kader von Führern der Arbeitermassen während des Aufstands zu erziehen und Erfah­rung in überraschenden Angriffshandlungen zu vermitteln;

 

3. als unmittelbare Hauptaufgabe solcher Aktionen ist die Zerstörung des Regierungs-, Poli­zei- und Militärapparats zu betrachten sowie der schonungslose Kampf gegen die aktiven Schwarzhunderterorganisationen, die der Bevölkerung gegenüber zu Gewalt greifen und sie einzuschüchtern suchen;

 

4. Kampfaktionen sind gleichfalls zulässig, um Geldmittel, die dem Feind, d. h. der absolutis­tischen Regierung gehören, zu erbeuten und diese Mittel für die Erfordernisse des Aufstands zu verwenden, wobei streng darauf zu achten ist, daß die Interessen der Bevölkerung mög­lichst geschont werden;

 

5. die Partisanenkampfaktionen müssen unter Kontrolle der Partei durchgeführt werden, und zwar so, d,aß. die Kräfte des Proletariats nicht unnütz vergeudet werden und daß dabei die Bedingungen der Arbeiterbewegung in dem betreffenden Ort und die Stimmung der breiten Massen berücksichtigt werden.

 

Quelle:

 

LW 10, 146 f.

 

Text 2 – Kommentar von systemcrash zu Text 1:

 

die grundsätzliche kritik von TaP am der einladung zum UG-kongress teile ich.

 

vor allem unterstütze ich die notwendigkeit, ausgehend von der eigenen „proletariatät“ die kämpfe da hin zu tragen, wo die leute auch ihre sozialen mittelpunkte haben. also betrieb und persönliches / politisches umfeld. die notwendigkeit von „arbeitskämpfen“ dürfte ja unter linken relativ unstrittig sein, aber unter bedingungen der krise auch nicht so leicht umzusetz­ten. auch die politik der gewerkschaften ist alles andere als dazu geeignet, den klassen­kampf von unten zu befördern. von daher wäre es wichtig über eine kampfstrategie innerhalb der gewerkschaften gegen die bürokratische führung nachzudenken.

 

ausdrücklich distanzieren möchte ich mich davon, klasse, geschlecht und „rasse“ als drei un­terschiedliche felder für drei revolutionäre strategien zu betrachten. ich sehe zwar, dass man geschlechter- und „rassen“-verhältnisse nicht aus dem kapitalverhältnis ableiten kann, denke aber trotzdem, dass es nur EINE revolutionäre strategie geben kann. allerdings muss sich die bewegung der lohnanbhängigen dahingehend entwickeln, dass sie neben ihren brot- und butterfragen auch weitergehende fragen wie die überwindung patriarchaler und rassistischer verhältnisse mit in ihre agenda aufnimmt. die bewegung der lohnabhängigen muss daher – wie es lenin in was tun sagt – als volkstribun aller unterdrückten fungieren.

 

ebenfalls scheinen mir überlegungen zum „bewaffneten kampf“ zu einem zeitpunkt, wo so­wohl die „klassenbewegung“ als auch die linke vollkommen am boden liegen, fernab jeder realitätsbeziehung zu sein. abstrakt mag es richtig sein, dass man auf alles vorbereitet sein muss, aber es gibt auch entwicklungsschritte – und im moment fangen wir wieder mehr oder weniger ganz bei null an. heute stehen wirklich andere fragen auf der tagesordnung. es gilt, eine linke hegemonie zu erringen und das erfordert vor allem siege auf den intellektu­ellen barrikaden- alles andere mag sich dann später quasi „organisch“ ergeben, aus der logik sich gesellschaftspolitisch zuspitzender situationen.

 

auch mit dem Begriff ‚kollektivschulden’ haben ich probleme. wir werden dazu bei gelegenheit zwei längere kontroverse papiere, ggf. mit rück- und rückrückantwort veröffentlichen.

 

Text 3 – Rückantwort von TaP:

 

@ „ich sehe zwar, dass man geschlechter- und ‚rassen’-verhältnisse nicht aus dem kapital­verhältnis ableiten kann, denke aber trotzdem, dass es nur EINE revolutionäre strategie ge­ben kann."

 

Ich würde jedenfalls zustimmen, daß eine solche integrale revolutionäre Strategien wün­schenswert ist; und es wäre die Aufgabe der KommunistInnen, eine solche integrale Strate­gie zu entwickeln, wenn sie ihren Anspruch ernstnehmen, alle Herrschaft und Ausbeutung überwinden zu wollen.

 

Mir scheint allerdings, bei den allermeisten KommunistInnen fehlt es diesbzgl. schon an der Ernsthaftigkeit des Anspruchs und bei den wenigen anderen (mich eingeschlossen) scheint es mir jedenfalls an ausreichenden theoretischen Instrumenten dafür zu fehlen.

 

Das ...ums Ganze-Bündnis gehört sicherlich zu den KommunistInnen mit einem überdurch­schnittlichen Maß an Ernsthaftigkeit des Anspruchs und überdurchschnittlich gut ausgefeilten theoretischen Instrumenten. Aber auch diese High End- (um nicht zu sagen: First Class-)KommunistInnen scheinen mir immer wieder dahin zu tendieren, am Ende doch das Ganze mit dem Kapitalismus zu verwech­seln.17

 

Endnoten

 

1 Zusammen betreiben wir den Blog „Pläne über Pläne. Plan A, B, C, … – Strategieforum – under construction – für radikale und revolu­tionäre Linke in der BRD: http://plaene.blogsport.eu/.

 

2 Mario Tronti, Arbeiter und Kapital, Frankfurt am Main 1974, 176 ff. zit n. Kritisches Wörterbuch des Marxismus ([West]berlin, 1986], Stichwort „Operaismus“. Dies soll lt. KWM besagen: „Die nicht immer sichtbaren Bewegungen der Arbeiterklasse erklä­ren die des Kapi­tals und der kapitalistischen Gesellschaft, nicht etwa umgekehrt.“

Und in der Tat sagt Tronti: „Der Kampf der Arbeiterklasse hat den Kapitalisten gezwungen, die Form seiner Herrschaft zu verän­dern.“ (http://www.kommunismus.narod.ru/knigi/pdf/Mario_Tronti_-_Arbeiter_und_Kapital.pdf, S. 16 des Digitalisats bzw. S. 26 der Original-Paginierung. – Das vom KWM angeführte Zitat ist dort merkwürdigerweise nicht zu finden.)

Die Aussage, daß der Kampf der ArbeiterInnenklasse in vielen Fällen die KapitalistInnen gezwungen hat, die Form ihrer Herr­schaft zu verändern, ist zutreffend; aber daraus das grundlegende ‚historische Prinzip’ der kapitalistischen Produktionsweise zu machen, über­sieht dreierlei:

1. Nicht erst der Kampf der Lohnabhängigen, sondern allein schon die Konkurrenz des Kapitals untereinander (der Einzelkapita­le mit­einander) zwingt es zur ständigen Modifizierung der Formen sein Herrschaft.

Und 2. und noch grundlegender: Damit es Klassen, damit es Rassen, damit es Geschlechter gibt, muß die Gesellschaft zu­nächst ein­mal in selbige geteilt werden, und diese Teilung ist Kampf ‚von oben’; nicht Kampf ‚von unten’ (vgl. Louis Althusser, Antwort an John Le­wis, in: Arenz/Bischoff/Jaeggi [Hg.], Was ist revolutionärer Marxismus?, Westberlin, 1973, 35 - 76 [49; engl. p. 50]). – Am Anfang steht (anders als der Operaismus meint) nicht der Kampf ‚von unten’, sondern der Kampf ‚von oben’. Die „die Ausbeutung einer Klasse durch eine andere [konstituiert], also der Klassenkampf die Klassenteilung (ebd.).

3. „Die Klasse der Lohnabhängigen ist nicht zuletzt deshalb beherrschte Klasse, weil sie vom Kapitalverwertungsprozeß be­herrscht wird, und nicht umgekehrt.“ (http://theoriealspraxis.blogsport.de/images/RevSoz_Kritik_an_Autonomie_14.pdf, S. 4).

Die gegenteilige Sichtweise des Operaismus führt zu einem linksradikalen Wunschdenken: Die Bedeutung und Wichtigkeit des Wider­standes ‚von unten’; die Möglichkeiten in der jeweiligen historischen Situation werden überschätzt.

 

3 „Die Geschlechterdifferenz, die Identität als Frauen und Männer und die Arbeitsteilung nach Geschlecht sind also nicht vorgesell­schaftlich existent, sondern sozial konstituiert. Diese Konstituierung ist ein Prozeß des ‚doing gender‘, in dem durch ‚geschlechtliches Handeln’ (bspw. Arbeitsteilung) die Geschlechterbinarität von den Handelnden ununterbrochen reproduziert wird bzw. werden muß“ (Pe­tra Schaper-Rinkel, Althusser und der de-konstruktive Feminismus, unveröff. Vortrag zur mündlichen Diplomprüfung, FU Berlin, 1994, 5).


4 „Es gibt kein omnihistorisches, vorgesellschaftliches Wesen des Menschen, der Individuen, der Klassen, der Geschlechter, der Ras­sen; die Identitäten der Individuen und gesellschaftlichen Gruppen werden vielmehr erst in gesellschaftlicher Praxis, insbesondere durch die Arbeitsteilung konstituiert.“ (http://www.nao-prozess.de/blog/happy-birthday-lenin-ein-intertextuelles-posthumes-geburtstagsprasent/)

 

5 Ludic Feminism, the Body, Performance, and Labor: Bringing Materialism Back into Feminist Cultural Studies, in: Cultural Critique Iss. 23, Winter 1992/93, 5 - 50 (40, vgl. auch: ebd., 9, 17, 21, 25, 36 f. und bes. 40 - 42).


6 Vgl. Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, Suhrkamp: Frankfurt am Main, 1991, 60: „Die These, daß die Geschlechtsidenti­tät eine Konstruktion ist, bedeutet nicht deren Scheinhaftigkeit oder Künstlichkeit, […].“

 

7 Schaper-Rinkel, a.a.O. (FN 3), 5, 6, 8 – Erg. d. Vf.In; vgl. überarbeitet: http://schaper-rinkel.eu/wp-content/uploads/2006/10/04schaper-r.pdf, 45, 46, 53

 

8 Geschlechterverhältnisse im Erwerbsleben während des und nach dem Ende des „real existierenden Sozialismus“, Dipl.arb. FU Ber­lin, 1994, 110.

 

9 in: Critique Communiste, Nr. 181.

 

10 Vgl. Bensaïd selbst: „Our starting point lies in the great revolutionary experiences of the 20th century […]. We have used them to dis­tinguish between two major hypotheses, or scenarios: that of the insurrectional general strike and that of the extended popular war. They encapsulate two types of crisis, two forms of dual power, two ways of resolving the crisis.“ (http://danielbensaid.org/On-the-return-of-the-politico)

 

11 Broschüren-Gruppe, RAF und Frankfurter Schule, in: dies. in Zusammenarbeit mit dem ASTA-FU sowie Frigga Haug, Wolfgang Fritz Haug, Wolf Dieter Narr, Uwe Wesel, Harald Wolf (Hg.) Für eine neue revolutionäre Praxis. Triple oppression & bewaffneter Kampf. Eine Dokumentation von antiimperialistischen, feministischen, kommunistischen Beiträgen zur Debatte über die Neubestimmung revolutio­närer Politik 1986-1993, Selbstverlag: Berlin, 1. Aufl. 1994, 2. Aufl. 1995, 125 - 130 (127 f.).


12 Sowohl Generalstreiks als auch militante Demos – u.U. sogar friedliche Demos – können zwar Regierungen stürzen, aber sie kön­nen nicht die Staatsmacht umstürzen (es sei denn, sie haben außenpolitische militärische Rückendeckung, wie es beim weitgehend friedlichen Sturz des ‚Real’sozialismus Ende der 1980er / Anfang 1990er Jahre der Fall war).

 

14 http://plaene.blogsport.eu/2015/07/18/bt-6-15-strategie-thesen-der-lcr-belgien/. Darauf antworteten wiederum mein gelegentlich Ko-Autor systemcrash und ich mit Thesen zu einer europäischen revolutionären Programmatik (http://plaene.blogsport.eu/2015/08/10/bt-7-programmatik-thesen-von-achim-schill-und-dgs/). Über den hier vorliegenden Text konnten wir uns allerdings nicht so richtig einigen, weshalb wir ihn zweigeteilt (Text 1 von TaP + Kommentar von systemcrash präsentieren).


16 Diejenigen, die wollen, könnten eine solche Kampagne auch als Kampgane für die Erstreckung von Art. 12 I 1 GG („Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.“) auf alle EinwohnerInnen der BRD artikulieren. In der parla­mentarischen Logik gedacht, hat diese Formulierung freilich den Nachteil, daß die Einführung einer grundrechtlichen Gleichberechti­gung einer 2/3-Mehrheit bedürfte, während für eine (‚freiwillige’, parlamentarische) Änderung der einfachen Gesetze (ohne daß damit eine grundrechtliche Pflicht umgesetzt wird) die einfache Mehrheit reicht.

 

17 Vgl. meine Kritik am TOP-Flugblatt zum 8. März 2014: https://linksunten.indymedia.org/de/node/110989 und in zwei Texten der Ba­sisgruppe Antifa:

  • Es gilt sie [patriarchalen Verhältnisse] so revolutionär zu stürzen wie den Kapitalismus, die bürgerliche Gesellschaft in ihrer Gänze.“ (http://basisgruppe-antifa.org/wp/texte/zum-geschlechterverhaltnis-im-kapitalismus/) – Die „bürgerliche Gesellschaft in ihrer Gänze“ scheint hier eine Paraphrase für „den Kapitalismus“ sein; und wie sich die patriarchalen Verhältnisse zu dieser Gänze verhalten, bleibt leider im Nebel – allerdings mit deutlicher Tendenz im Satz zuvor, sie aus dem Kapitalverhältnis abzuleiten: „Die hier vom Staat mit seiner Rechtsgleichheit hergestellten und gesicherten Zustände bleiben die des Privateigentums an Produktionsmitteln, der kapitalistischen Ausbeutung und damit histo­risch die der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.“ (meine Hv.)

  • Wir werden im heutigen Vortrag die These vertreten, dass die kapitalistischen Verhältnisse den Rahmen für verschiedene Herrschaftsverhältnisse und Ideologien bilden.“ (http://basisgruppe-antifa.org/wp/feministisch-ums-ganze-kaempfen/ – meine Hv.) – Und warum nicht z.B. umgekehrt (oder ganz anders), wo doch das Patriachat auf alle Fälle älter als die kapitalistische Form der Klassengesellschaft ist?!

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