Mit obiger Schlagzeile versuchte die Bild-Zeitung über die Feiertage ihr Zielpublikum in Festtagsstimmung zu bringen. Hintergrund der Story ist ein nur für wenige Stunden sichtbares Posting auf linksunten.indymedia.org. Seinen Weg in die Medienlandschaft fand die Geschichte über einen rassistischen Blog. Doch das ist nicht das einzige Bedenkenswerte an der Pose.
Spott und Humor als Waffe gegen staatlich bezahlte Gewalttäter_Innen
Um Missverständnisse zu vermeiden: Selbstverständlich „verhöhnen“ Linksradikale regelmäßig die Polizei. Zum Beispiel hier und hier. Und das ist gut so. Schließlich ist Humor, Spott und Gelächter eine der wenigen effektiven Waffen gegen staatlich bezahlte Gewalttäter_Innen. Aber anstatt sich mit der in den besagten beispielhaften Texten postulierten Polizei-Kritik zu beschäftigen, schießt sich über Weihnachten der bundesrepublikanische Blätterwald auf ein wirres Troll-Posting ein.
Mit wirrem Geschreibsel in die BILD-Zeitung?
Autor des im offenen Internet-Portal „Indymedia“ veröffentlichten Geschreibsel ist der Troll „Zeiti“. Zeiti wohnt in Berlin und dürfte seit mindestens 10 Jahren Hausverbot in jedem ernstzunehmenden linken Laden haben. Darauf reagiert er ebenfalls seit mindestens 10 Jahren mit destruktiver Troll-Tätigkeit auf beiden deutschen Indymedias. Die Qualität seiner Beiträge liegt meistens noch unter dem Niveau des aktuell so viel zitierten. Allein, dass er klassisch neoliberal fordert, das „faschistische“ Unternehmen Die Bahn durch einen privaten Konzern zu ersetzen, dürfte Bände sprechen.
„bullen abschlachten“?
Die aktuelle Geschichte ist nicht der erste Coup, den „Zeiti“ landet. Bereits zum 1. Mai 2010 musste in Berlin ein Indymedia-Kommentar von „Zeiti“ unter dem Titel „Bullen abschlachten“ als Beleg dafür herhalten, dass Linke gezielt versuchen würden, Polizist_Innen zu töten (Quelle). Mit ein bisschen Google-Recherche hätten auch die Journalist_Innen im bundesrepublikanischen Blätterwald diese Info finden können. Auch den Fakt, dass Zeitis wirre Statements (genau wie das aktuelle) regelmäßig binnen kürzester Zeit gelöscht werden, lässt sich mittels Google-Recherche nachvollziehen. Und trotzdem bringt die BILD-Zeitung die Story als Aufreger über die Feiertage.
Auf Indy sofort gelöscht
Doch das eigentliche Problem ist nicht, das der Artikel nur so vor inhaltlichen Fehlern, die mit etwas guten Willen und minimaler Recherche zu vermeiden gewesen wären, strotzt. Das größte Problem ist, was davor und danach passierte. Doch der Reihe nach. Wie der Zeitstempel verrät, veröffentlicht am 25.12.2015 um 09:09 Zeiti seinen unsäglichen Kommentar. Angesichts der Feiertage bleibt das Kommentar für Zeitis Verhältnisse relativ lange sichtbar. Doch bereits vor 12 Uhr am ersten Weihnachtstag fällt es einem der Moderator_Innen auf und wird gelöscht.
Via Rassist_Innen-Blog...
Zu den Wenigen, die außer Zeiti an den Feiertagen nichts besseres zu tun haben, als im Internet zu trollen, gehört nun leider ausgerechnet „Michael Mannheimer“. Unter diesem Pseudonym betreibt der „Politicaly-Incorrect“-Autor Michael Karl Merkle einen Blog, mit welchem er gegen „Islamisierung“ und „Links-Trend“ hetzt (für mehr Infos und Quellen siehe afdwatch und heise). Ausgerechnet in der die angeblichen traditionellen Familienwerte hochhaltenden Neuen Rechten scheint man mit dem Familienfest „Weihnacht“ wenig am Hut zu haben und statt dessen die Zeit mit Internet totzuschlagen. „Michael Mannheimer“ übernimmt den Kommentar Zeitis unter dem irreführenden Titel „ANTIFA ruft auf „linksunten“ zu Solidarität mit Polizistenmörder auf“ in seinen Blog. Zudem erwähnt der Autor, dass der Artikel bereits von den Mods gelöscht ist, und kommentiert dies süffisant.
...in den Mainstream
Von dort landet der hanebüchene Zeiti-Text interessanter Weise direkt am nächsten Tag in der BILD-Zeitung. Und noch einen Tag später, am Montag, den 28.12.2015 übernehmen neben unzähligen Blogs und privaten Homepages die Blätter der Focus-Gruppe und des DuMont-Konzerns die Story aus der Bild-Zeitung (z.B. ksa, Berliner Zeitung, Huffington Post und Focus). Selbstverständlich einschließlich der albernen Recherchefehler, wie der Behauptung, auf der offenen Nachrichtenplattform Indymedia könnten nur „Mitglieder“ veröffentlichen. Doch das Problem, dass der Fall „Zeiti“ exemplarisch aufzeigt, ist also deutlich größer als es der Slogan „Bild lügt“ abbilden könnte. Viel eher lässt sich die gesamtgesellschaftliche Problemlage mit drei Thesen verdeutlichen.
Die politische Rechte verabschiedet sich von der Wirklichkeit
Zum einen zeigt der Fall, das man im rechten Bürger_Innentum bereit ist, jeden Scheiß zu glauben, solange er ins Weltbild passt. Der Spaß um den „Antifa e.V.“ ist kein Einzelfall, sondern Symptom. Weite Teile des Bürgertums in Deutschland haben sich von den Prämissen der Aufklärung verabschiedet und glauben jeden irrationalen Scheiß ohne jeden Beleg. Ob „Volkstod“, „Überfremdung“ oder „BRD-GmbH“: Belege, Rationalität, Argumente sind völlig egal. Wie mit solchen Emotions-Hippies in Zukunft ein zielorientierter problemlösender Diskurs um politische Streitfragen möglich sein soll, sei einmal dahin gestellt.
Rassismus als Primärquelle?
Das zweite Problem, dass der aktuelle Fall aufzeigt ist, dass die größte Zeitung des Landes überhaupt gar kein Problem damit hat, wenn ihre Autor_Innen rassistische Blogs als Quelle benutzen und die dortigen Thesen einem Millionen-Publikum näher bringen.
Rassismus und Anti-Kommunismus als gemeinsamer gesellschaftlicher Nenner?
Und das dritte Problem ist das Gefährlichste. Hat eine im öffentlichen Diskurs als zur gesellschaftlichen Mitte gehörend wahrgenommene Stimme den rechten Bullshit erst einmal aufgenommen, scheint es in der gesellschaftlichen Mitte keinerlei Schutzmechanismus gegen rechten Müll mehr zu geben. Beispielhaft stehen dafür die DuMount-Blätter „Kölner Stadt-Anzeiger“ und die „Berliner Zeitung“. Diese richten sich mit ihrer Blattlinie an eine liberale und sozialdemokratische Leser_Innenschaft. An diese reichen diese Blätter nun rechte Ideologie einschließlich Recherchefehler ungeprüft weiter. Und statt kritisch nachzufragen, fällt diese „gesellschaftliche Mitte“ den Kommentaren im Netz zufolge munter in das Linken-Bashing ein. Dieser offensichtliche Verlust eines „politischen Kompass“ in weiten Teilen der Gesellschaft sollte zu denken geben.
Mehr Infos:
Der Bild-Artikel mit Screenshot des Zeiti-Postings:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/163402
Hohn, Spott und Polizeikritik:
Adbusting-Aktion gegen Polizeigewalt:
http://maqui.blogsport.eu/2015/12/07/gegen-polizeigewalt-weltweit/
Das Verhältnis von Kunst und Politik beim Adbusting:
http://maqui.blogsport.eu/2015/11/20/das-verhaeltnis-von-kunst-und-politik-beim-adbusting/
Nicht zu Verhindern und
ich finde das alles nicht so wichtig, diese Schmierblätter (z.b. Bild) können selber einen solchen Artikel schreiben dann schnell einen Screenshot machen und Veröffendlichen, das würde nicht nur auf linksunten sondern auch auf anderen Seiten funktionieren.(Welche sage ich hier lieber nicht)
Öfteres Moderieren würde nicht helfen, weil das ganze würde nach meiner Einschätzung keine drei Minuten dauert, also Übermitteln und dann Screenshot. Auch kann man einen Artikel leicht komplett fälschen, erforderlich nichtmals besondere Photoshop und Dreamweaver Kenntnisse.
Davor kann man sich im Internet schlecht schützen, ohne Grundsätzliches zu Ändern (z.b. keine offene Plattform sondern Veröffendlichen nur noch nach Gegenlesen wie in der taz aber da ist glaube ich auch noch eine eMail Adresse erforderlich... ein Witz).
Aber selbst das würde wie in diesem Fall nichts helfen, da es der Bildzeitung um Propaganda geht, ... das ganze erinnert mich jetzt irgendwie an diesen Finsteren antidemokraten Erdogan und seinen Paranoid-Diktatorischen "Umgang" mit nicht genehmen Medien.
Hallo?
Das Problem ist nicht das individuelle Probem wofür Zeiti steht, das Problem ist die Bild. Ein Massenphänomen.
"Um auf der Internetseite einen Artikel zu veröffentlichen, muss man Mitglied sein" so lügt dieses meist verkaufte Medium.
Propaganda...
Ich denke das die Bildzeitung in erster Linie verkaufen will. Und traurigerweise geht das mit flachen reißerischen Artikeln und vielen großen Bildern eben besser als mit Inhalt. Die Bild ist keine gesteuerte Propagandazentrale mit dem Auftrag Linke, Flüchtlinge und Griechen zu dissen. Aber das verkauft sich eben ganz gut. Und die Vermarktungsstrategie beruht eben mehr auf Emotionen als auf Fakten, das braucht keine teure und aufwendige Recherche, sondern die Empörung der Leser_innen reicht aus um wichtigtes Printmedium in Kaltland zu sein.
linker Debattierclub?
Das mehrfarbige WC Papier sondert irgend welchen Gestank ab und "die Linke" setzt sich inhaltlich damit auseinander? Wenn ich solche Reaktionen der Linken erlebe wudert es mich nicht, dass Sicherheitsbehörden sie mit wenigen Ausnahmen als nicht besonders gefährlich einstuft.
In den 60ziger und 70ziger Jahren gab es Brandanschläge als Antwort
Computer beschlagnahmt
Internet-Hetzer nach Herborner Polizistenmord ermittelt
https://linksunten.indymedia.org/de/node/164550