Stellungnahme der antifaschistischen gruppe 5 zum Strafverfahren gegen den Verbindungsstudenten Amadeus Quirin Hölle wegen der Tötung eines Studenten

burschen verboten

Vor etwas mehr als einem Jahr, in den frühen Morgenstunden am Sonntag, 12.10.2014, wurde Patrick H., ein Erstsemesterstudent der Sozialwissenschaften, in der Marburger Oberstadt getötet. Todesursache war ein Stich ins Herz mit einem Taschenmesser durch den Verbindungsstudenten der Landsmannschaft Nibelungia zu Marburg, Amadeus Quirin Hölle. Die Nibelungia ist eine pflichtschlagende Verbindung, ansässig im Hainweg 20 in Marburg, und organisiert im Dachverband Coburger Convent.

I. Einleitung: Informationslage und linke Erwartungshaltung


Vor etwas mehr als einem Jahr, in den frühen Morgenstunden am Sonntag, 12.10.2014, wurde Patrick H., ein Erstsemesterstudent der Sozialwissenschaften, in der Marburger Oberstadt getötet. Todesursache war ein Stich ins Herz mit einem Taschenmesser durch den Verbindungsstudenten der Landsmannschaft Nibelungia zu Marburg, Amadeus Quirin Hölle. Die Nibelungia ist eine pflichtschlagende Verbindung, ansässig im Hainweg 20 in Marburg, und organisiert im Dachverband Coburger Convent.
Die Erwartungshaltung, als Antifagruppe Position zu dieser Tat zu beziehen, war offensichtlich. Entsprechend bemühten wir uns sofort intensiv, sämtliche verfügbaren Informationen zusammenzutragen. Dies erwies sich jedoch als schwierig, da wir nur auf wenige Augenzeug_innenberichte zurückgreifen konnten. Zentrale Informationsquelle waren auch für uns die Medien, vor allem die Oberhessische Presse. Eine Informationsquelle, die bekanntermaßen ohnehin mit Vorsicht zu genießen ist. In der Sache selbst bestimmten vor allem Gerüchte den öffentlichen Diskurs: Von einem Einstecktuch war die Rede, von Verbindungscouleur, von Nazimord. Klarheit konnte so kurz nach der Tat nicht geschaffen werden. Insbesondere die für uns bedeutsame Frage, ob sich der Streit um die Verbindungszugehörigkeit Hölles drehte, konnte damals nicht beantwortet werden. Die völlig unklare Faktenlage trotz intensivster Bemühungen veranlasste uns dazu, diese Unklarheiten ganz ehrlich als Dilemma antifaschistischer Analyse öffentlich zu machen: „Verbindungen erziehen ihre Mitglieder zu reaktionär verwendeten Werten wie Ehre, Treue und mannhafter Wehrhaftigkeit. Inwieweit dies jedoch mit der konkreten Tat in Zusammenhang steht, bleibt noch zu klären.“ Unsere einzig mögliche Konsequenz sahen wir darin, das Verfahren genauestens aus einem politischen Blickwinkel zu beobachten und ggf. kritisch zu begleiten.

Es werden zunächst einige Erkenntnisse über Verbindungsmitglieder und ihre Seilschaften veröffentlicht (II.). Im Gegensatz zu den meisten Personen, die sich insbesondere im Internet dazu berufen sahen, den Prozess und die Lage der linken Szene in Marburg zu beurteilen, beruhen unsere Informationen auf einer lückenlosen und gewissenhaften Prozessbeobachtung, bei der wir jede der 32 Zeug_innen-Aussagen und alle sonstigen Verfahrenshandlungen an den sechs Prozesstagen vollständig mitbekommen haben. Neben den allgemeinen Erkenntnissen über das Verbindungswesen liefern wir hiermit zudem unsere Einschätzung zum Strafverfahren selbst (III.) sowie eine allgemeine politische Einschätzung der Geschehnisse rund um die Tat und den Prozess (IV.).

II. Vorstellungsrunde


Die Informationen aus dem Gerichtsverfahren über die Zugehörigkeit von Beteiligten zu Studentenverbindungen lassen sich wie folgt darstellen:

Landsmannschaft Nibelungia Marburg (Coburger Convent/farbentragend/pflichtschlagend):
-    Amadeus Quirin Hölle: wohnhaft in Marburg, Pilgrimstein 22 (Angeklagter)
-    Dr. Axel Wöller (Rechtsanwalt von Amadeus Quirin Hölle, Kanzlei in 10117 Berlin)
-    Ludwig Bettelhäuser (Vorsitzender der Aktivitas im Sommersemester 2014)

Turnerschaft Schaumburgia Marburg (Coburger Convent/farbentragend/pflichtschlagend):
-    Ali Baram Shahid (an Schlägerei beteiligt)
-    Darman Shahid (Bruder von Ali Baram Shahid)
-    Moritz Justus Philipp Wegner (an Schlägerei beteiligt)
-    Stephan Wegner (Vater von Moritz Wegner, Rechtsanwalt, Kanzlei in 97199 Ochsenfurt)

Am Vorabend der Tat waren die meisten der Beteiligten zu sogenannten Semesterantrittskneipen auf den jeweiligen Verbindungshäusern zusammengekommen - ein Zusammentreffen der Seilschaften. Ali Baram Shahid, einer der beiden Verbindungsstudenten, die zur Tatzeit mit Hölle weilten, durfte an seiner Schaumburgia-Feierlichkeit allerdings nicht teilnehmen, da er wegen schlechter Studienleistungen gerade eine Disziplinarstrafe seiner Verbindung verbüßte, die ihm neben der Teilnahme an Verbindungsveranstaltungen auch grundsätzlich den Kontakt zu anderen Korporierten untersagte - ein wundervolles Beispiel stupider, autoritärer Verbindungssozialisation.
Ali Baram Shahid sowie der andere in der Tatnacht anwesende Korporierte, Moritz Justus Philipp Wegner, unternahmen bei ihrer polizeilichen Vernehmung in den frühen Morgenstunden der Tatnacht den Versuch, ihren guten Freund Amadeus Hölle, der geflohen war, dadurch zu schützen, dass sie leugneten ihn zu kennen und stattdessen angaben, ihn erst an dem Abend als „Tim“ kennengelernt zu haben. Ein perfider Vertuschungsversuch, der verbindungsstudentischen Korpsgeist erkennen lässt. Doch kurz nach ihrer Aussage - wohl auf Drängen des Alten Herren Rechtsanwalt Stephan Wegner - nahmen beide wieder Abstand von ihrem Versuch und sagten zumindest hinsichtlich ihrer Beziehung zu Hölle die Wahrheit.

III. Erkenntnisse über das Tötungsdelikt und das staatliche Strafverfahren


Das Strafverfahren wurde vor dem Landgericht Marburg an sechs Prozesstagen sehr eingehend geführt. Unsere Einschätzung über die Tat selbst sowie deren Würdigung durch das Strafgericht erfolgt anhand von drei Feststellungen:

1. Amadeus Quirin Hölle hat im Laufe einer Schlägerei zwischen zwei Gruppen einen Messerstich ausgeführt und damit Patrick H. getötet.
Vor der Bar „Roxy“ in der Marburger Oberstadt (Reitgasse) war es in der Tatnacht zu einer Schlägerei zwischen zwei Gruppen gekommen. Die eine Gruppe bestand aus den drei Verbindungsstudenten Hölle, Shahid und Wegner, die andere Gruppe aus dem Opfer Patrick H. sowie sechs seiner Freunde. Im Verlauf dieser Schlägerei stach Hölle mit seinem Taschenmesser in die Brust des Opfers, welches später dieser Verletzung erlag.
Die Aussagen der Verbindungsstudenten, sich entweder nicht an den Messerstich erinnern zu können bzw. einen „Zusammenstoß“ wahrgenommen zu haben (Hölle) oder überhaupt nichts davon mitbekommen zu haben (Shahid/Wegner), bewerten wir im Großen und Ganzen als unglaubwürdige und abgesprochene Schutzbehauptungen. Hölle versuchte selbstverständlich durch eine gut vorbereitete Aussage, sich selbst zu entlasten. Shahid und Wegner unterstützten ihn dabei, jedoch war ihnen die jeweils eigene Entlastung wichtiger als die Entlastung Hölles. Glaubhaft an den Aussagen der Verbindungsstudenten waren allenfalls die Angaben zum Trunkenheitszustand, der bei allen Beteiligten weit fortgeschritten war.
Die Freund_innen des Opfers konnten wie auch alle außenstehenden Zeug_innen keine Angaben zum Einsatz eines Messers machen. Niemand hatte in der turbulenten Situation einen Stich mit einem Messer wahrgenommen. Letztendlich sprachen in dieser Frage aber die Fakten für sich. Staatsanwaltschaft und auch das Gericht teilten im Ergebnis diese Einschätzung und nahmen das Vorliegen eines Tötungsdeliktes an.

2. Der genaue Ablauf der Schlägerei lässt sich nicht bis ins letzte Detail aufklären. Die Zugehörigkeit von Amadeus Quirin Hölle zu einer Studentenverbindung spielte bei der Entstehung des Streits keine Rolle. Der Ablauf der Schlägerei war jedoch geprägt von der Zurschaustellung von Männlichkeit.
Die Angaben zur Entwicklung der Schlägerei sind unterschiedlich. Streitauslöser war wohl ein Zusammentreffen zwischen Hölle und drei Freunden des Opfers in der Toilette der Bar, in dessen Verlauf ein Freund des Opfers das Einstecktuch aus Hölles Jackett entwendete, um es einem anderen als Toilettenpapier zu reichen. Hölle holte sich sein Tuch ohne körperliche Auseinandersetzung zurück und die Situation schien vorerst geklärt. Bei einem Einstecktuch handelt es sich im Übrigen nicht um Verbindungscouleur.
Einige Zeit später, als alle Beteiligten wegen der Schließung die Bar gleichzeitig verließen, kam es vor der Tür zu einem erneuten Wortgefecht. Dieses begannen zwei Freunde des Opfers mit Hölle und entwendeten ihm dabei erneut das Einstecktuch, nachdem Hölle einen der beiden angespuckt hatte. Es entstand eine wüste Schlägerei, bei der neben Hölle vor allem Ali Baram Shahid als Aggressor auftrat. Er fand auf Seiten der Freunde des Opfers mindestens zwei Personen vor, die ebenfalls Schlichtungsversuchen zum Trotz die Schlägerei forcierten. Diese Einschätzung beruht auf der Aussage dieser beiden Personen selbst. Schlichtungsversuche gab es sowohl aus der Gruppe des Opfers als auch aus der Gruppe des Angeklagten. Es ließ sich in keiner der beiden Gruppen ein organisiertes und in sich geschlossenes Vorgehen feststellen.
Das Opfer Patrick H. hob im weiteren Verlauf die Stange eines Straßenschildes vom Boden auf, hielt diese quer vor den eigenen Körper, ging damit auf Hölle zu und drängte ihn zurück. Dabei versuchte er Hölle zu treten und beschimpfte ihn. Patrick H., der in der Tatnacht Amphetamine konsumiert hatte, war laut Aussage seiner Freunde sehr aggressiv und „außer sich“ und sei „nicht zu beruhigen“ gewesen. Diese Einschätzung zu Patrick H.‘s Verhalten beruht ausschließlich auf Aussagen von seinen Freunden und außenstehenden Personen, nicht auf den Aussagen der Verbindungsstudenten.
Hölle stach in der Folge mit seinem Taschenmesser zu, welches sich in seiner Jackentasche befunden hatte. Da nicht einmal die beiden Freunde von Hölle eine Warnung vor dem Messerstich vernommen haben, ist davon auszugehen, dass er unvermittelt zustach.
Die Verbindungszugehörigkeit von Hölle spielte nach unserer Einschätzung bei der gesamten Entstehung des Streits keine Rolle. Keine_r der 32 Zeug_innen sagte etwas aus, das Anlass für eine gegenteilige Annahme liefern konnte. Wir stufen insbesondere die Aussagen der Freund_innen des Opfers - gerade weil sie offensichtlich nicht vorbereitet und abgesprochen und deshalb teilweise widersprüchlich waren - als sehr glaubwürdig ein.
Unserer Einschätzung nach standen sich in dieser Nacht auf beiden Seiten Männer gegenüber, die sich - zusätzlich aufgeputscht durch Alkohol und Amphetamine - aggressiv, pöbelig und mackrig verhielten. Die gegenseitigen Aggressionen schaukelten sich bis zum bekannten tragischen Ende hoch.
Nur weil wir die Verbindungszugehörigkeit Hölles nicht als ausschlaggebend für die Entstehung des Streits einstufen, wollen wir die Tat dennoch nicht als unpolitisch betrachten. Die Erziehung zur mannhaften Wehrhaftigkeit ist ein konstituierender Teil des Verbindungswesens. Jedoch stellen patriarchale Männlichkeitskonzeptionen und die ihnen einbeschriebenen Ideale ein gesamtgesellschaftliches Problem dar. In der konkreten Analyse von Streit und Schlägerei müssen verschiedene Faktoren beachtet werden. Ein sehr wichtiger davon ist unserer Einschätzung nach die Gemengelage aus verletztem Stolz, Aggressivität und mackerhaftem Auftreten, die aus oben genannter reaktionärer Geschlechtskonzeption resultiert. Die Verbindungszugehörigkeit der Beteiligten spielt für uns also insofern eine Rolle, als dass das problematische Männlichkeitsbild, das den Ablauf der Situation geprägt hat, in überhöhter Form Teil des Weltbildes und Ideals von Verbindungsstudenten ist. Wie bereits angeführt betrachten wir die oben beschriebene Geschlechtsperformance allerdings nicht als Alleinstellungsmerkmal von Studentenverbindungen. Die aus einer reaktionären Erziehung resultierenden Handlungsschemata trafen in der nicht-korporierten Gruppe um Patrick H. einen willigen Gegenpart.

3. Ob Amadeus Quirin Hölle bei seiner Tat in Notwehr handelte, lässt sich nicht eindeutig klären.
Das Gericht nahm im Ergebnis eine Notwehr von Hölle an, weswegen trotz des vollendeten Totschlags ein Freispruch erfolgte. Entscheidend für die Einstufung als Notwehr ist die Frage, ob der Messerstich Hölles eine erforderliche Verteidigungshandlung gegen den Angriff des Opfers mit dem Straßenschild gewesen ist oder nicht. Das Gericht nahm eine solche Verteidigungshandlung an, weshalb Hölle straflos bleibt. Im Urteil wurde festgestellt, dass das Gericht nicht davon überzeugt sei, dass diese Handlung wirklich erforderlich gewesen sei, dies aber im Bereich des Möglichen liege und deshalb (im Zweifel für den Angeklagten) davon ausgegangen werden müsse, dass der Messerstich zumindest erforderlich gewesen sein könnte.
Wir halten die Annahme einer nicht erforderlichen Notwehrhandlung für plausibler. Hölle hatte vor seinem Messerstich keine Warnung ausgesprochen, hätte dies unserer Einschätzung nach aber tun können. Die Gegenauffassung des Gerichts bewegt sich im Bereich des Erwartbaren und juristisch Nachvollziehbaren und keinesfalls im Bereich der „Klassenjustiz“, der Willkür oder der Vereitelung eines politischen Hintergrundes der Tat. Die Rekonstruktion des Tathergangs, von der das Gericht bei seiner Entscheidung ausgeht, halten wir nach den gegebenen Umständen des Gerichtsprozesses grundsätzlich für richtig. Es wird sich zeigen, ob das Revisionsgericht zu einer anderen Auffassung kommen wird.

IV. Fazit und politische Einschätzung


Wir hatten uns als Antifagruppe nicht nur mit der Tötung durch einen Verbindungsstudenten auseinander zu setzen, sondern auch mit Erwartungshaltungen und Vorwürfen aus der linken Szene. Wir würden den politischen Hintergrund der Tat verschleiern und einen politischen Mord verschweigen. Unsere nicht der allgemeinen Erwartung entsprechende Reaktion wurde als Schweigen gewertet, das den Freispruch begünstigt habe. Dabei kamen häufig Vorwürfe von Personen, die offensichtlich keinerlei Kenntnisse über die Umstände der Tat haben. Eine populistische und hetzerische Vorgehensweise, die normalerweise der BILD-Zeitung vorgehalten wird, aber in Zeiten von stupider Facebook-Omnipräsenz selbst vor vermeintlich linken Kreisen keinen Halt zu machen scheint.
Uns ist wichtig, dazu folgende drei Punkte festzuhalten:

1. Es liegt kein Fall von „Klassenjustiz“ und kein politisches Skandalurteil vor.
Unserer Auffassung nach ging das Gericht von einem richtigen Geschehensablauf aus. Diese Rekonstruktion des Sachverhalts stützt sich vor allem auf die Zeug_innen, die der Gruppe des Opfers zuzuordnen sind, sowie auf völlig außenstehende Zeug_innen. Wir halten die Aussagen der Verbindungsstudenten nicht für glaubwürdig und auch das Gericht hatte vielfach Zweifel daran. Dies ändert aber nichts daran, dass der Geschehensablauf wie u. a. von den Freund_innen des Opfers geschildert vorgegangen sein muss. Aus reinem Wunschdenken einen völlig anderen Ablauf zu konstruieren, erscheint uns nicht zielführend, sondern populistisch.
Ganz grundsätzlich möchten wir an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir bei unserer Politik keinen Cent auf Staat und Recht setzen. Wir verstehen antifaschistische Politik als Kampf ums Ganze und sehen uns deshalb im offenen Widerspruch zum kapitalistischen Staat.
Dies darf aber im Umkehrschluss nicht bedeuten, selbst noch hinter Errungenschaften des bürgerlichen Staates zurückzufallen. Deswegen halten wir innerhalb des bürgerlichen Staates rechtsstaatliche Errungenschaften wie den Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ und die Ablehnung justizieller Willkür für sinnvoll. Von einem verschwiegenen Nazimord oder einem Urteil von „Klassenjustiz“ kann wie geschildert keine Rede sein.

2. Antifa-Arbeit muss auf seriöser Recherche basieren und darf nicht emotional gesteuertem Vergeltungsbedürfnis folgen.
Aus den Passivitäts-Vorwürfen, die uns meist ohne sachliche Grundlage gemacht wurden, entnehmen wir ein auch in der linken Szene offensichtlich weit verbreitetes Bedürfnis nach Rache und Vergeltung. Es bestand offenbar vielfach der Wunsch, ein linksradikales Opfer - durch Nazihand ermordet -, einen Märtyrer zu haben, den man politisch benutzen kann. Auf diesem Bedürfnis gründende an uns gerichtete Forderungen sind ekelhaft.
Eine solide und seriöse Recherche muss immer der Ausgangspunkt antifaschistischer Arbeit sein. Sie darf unseretwegen durch emotionale Bedürfnisse nach Vergeltung motiviert, aber niemals gesteuert werden. Die Möglichkeit, eine breitere Öffentlichkeit überhaupt zu erreichen und letztendlich von antifaschistischen Inhalten zu überzeugen, hängt auch maßgeblich davon ab, durch verlässliche Informationen als ernst zu nehmende Ansprechpersonen wahrgenommen zu werden. Mit plumpen und vorschnellen Bauchgefühl-Forderungen ohne informativen Background ist als Antifagruppe nicht viel zu gewinnen.

3. Studentenverbindungen gehören aufgelöst!
Trotz allem gilt unser Hauptaugenmerk wie eh und je dem politischen Gegner. Studentenverbindungen wirken aktiv an gesellschaftlichen Ausschlussprozessen mit und gehören aus vielerlei Gründen aufgelöst. Diesen Kampf müssen wir gemeinsam weiterkämpfen! Diese Stellungnahme liefert Informationen, die dafür nützlich sein können.
Auch wenn die vorliegende Stellungnahme die linke Volksmob-Seele nicht zufriedenstellen wird, ist sie als Teil antifaschistischen Engagements gegen das Verbindungswesen zu verstehen. Die konkrete Tat taugt nicht als Beispiel für eine generelle Kritik am Verbindungswesen. Sie ist aber für eine solche Kritik auch nicht nötig. Für die spezifische Kritik am Ideal von mannhafter Wehrhaftigkeit und an mit ihr verbundener Praxis in korporierten wie nicht-korporierten Kreisen kann die Tat jedoch Illustration sein.
Wir brauchen für eine grundsätzliche Ablehnung des Verbindungswesens keinen konstruierten politischen Mord. Für uns gilt nach wie vor: Das Verbindungswesen und die beteiligten und profitierenden Personen müssen mit allen Mitteln bekämpft werden!

Marburg bleibt rot!

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Zusammengefasst: Der Täter kommt zwar aus einer Verbindung die schwere Gewalt bei Ehrverletzung als normal erscheinen lässt, aber der andere war 1) niemand den die AG 5 persönlich kennt und hat 2.) auch Stress gemacht, deswegen ist er eigentlich selber Schuld. Linke die das kritisieren, wollen nur Rache und verstehen die juristische Finesse eures Antifa-Gerichtes nicht. Die Möglichkeit unabhängig von der Ebene der persönlichen Vergeltung anhand dieses "tragischen Todesfalls" in die politische Offensive zu gehen und eine der deutlichsten Ausprägungen aggressiver Männlichkeit in Marburg, die Burschies, zu kritisieren und deren Auflösung zu fordern kommt euch nicht in den Sinn. Fazit I: Ihr versteht den Unterschied zwischen (Strafrecht-)Recht und Politik nicht. Fazit II: Es ist eine Schande, dass ihr Möchtegern-Juristen euch noch Antifa nennen dürft.

... kehrt es sich am besten. Wenn ich diese Verniedlichung "Burschies" schon lese, mit der alles vorangeschriebene ad absurdum geführt wird...

Mehr fällt Dir zur Kritik wohl auch nicht ein.

 

Ein Text zur grundlegenden in Schutznahme von Mördern aus der Burschenschaft - das muss wirklich erstmal verdaut werden. Kein Verständnis.

Ich kann mich den Dankesworten für die Stellungnahme nur anschließen und blicke gleichermaßen verblüfft auf den niveaulosen Kritikversuch hier...

 

"und deren Auflösung zu fordern kommt euch nicht in den Sinn"

Das ist doch grandioser Blödsinn. Die Stellungnahme schließt doch genau mit diesem Aspekt ("Studentenverbindungen gehören aufgelöst!").

 

ANTIFA kann nur klappen, wenn seriös und nicht oberflächlich hingeschaut wird.

Danke für euren schönen Text! Damit lässt sich langfristig Politik machen. Nicht den Blödsinn den manche andere Gruppen bundesweit so schreiben, wo die Auslassungen, Verdrehungen und Uminterpretationen teilweise die eigentlichen Infos untergehen lassen. Gruppen in Freiburg, Berlin oder Leipzig machen vor, dass man gerade mit seriösen Infos kompromisslos gegen Nazis und deren Freund_innen vorgehen kann.

Das zeigt euer Problem: Es geht nicht um die "Infos" es geht um deren Einordnung und die daraus zu ziehenden Konsequenzen. Gemeinhin nennt man das Politik, aber das werdet ihr unpolitischen TKKG-"Antifas" wohl nie verstehen... Wobei das was ihr hier abgeliefert habt ist nocgh schlimmer: Das ist offensive Entpolitisierung eines Tötungsdeliktes von Burschenschaftlern. Und es ging ganz offensichtlich dabei nicht um Wettschulden.

Deinem Beitrag merkt man die Rach- und Vergeltungssucht doch genau an, die in der Stellungnahme thematisiert wird. Es geht doch schon damit los, dass es nichtmal ein Burschenschaftler war... Reine Pöbelei. Nichts Fundiertes.

Ein ziemlich besserwisserischer Text, fast scheint es, da wollten sich einige Jura_Student_innen dem Gericht anbiedern. Die Schlussfolgerung aus der Verhandlung bewegt sich allein auf der Grundlage dessen, was verhandelt bzw. was davon widergegeben wurde. Seltsam, dass sich der Text nicht anderen Fragen auseinandersetzt, die für die Notwehr-Situation ziemlich wichtig sind. Und ich bin großer Anhänger der "im Zweifel für..."-Geschichte.

 

- Warum hatte der Täter überhaupt ein Messer dabei?

- War es Zufall, dass er direkt ins Herz traf?

- Hatte der Täter Nahkampf mit Messer trainiert oder gelernt (bei der Bundeswehr oder so?)

 

Ich denke, mann muss schon ziemlich geschickt sein, um einen mit einer Stange bewaffneten Menschen mit einem Stich sofort zu töten. Ich, der ich mich mit Messern nicht auskenne, hätte es für aussichtsreicher gehalten, mich entweder auf die Fäuste zu verlassen oder mit dem Messer einfach nur rumzufuchteln, anstatt da so nah ranzugehen, dass man ein Messer nutzen kann - noch dazu ganz unauffällig mit einem Stich direkt ins Herz...

 

Wenn solche Fragen bei der heiklen Auseinandersetzung um Notwehr tatsächlich nicht ausführlich zur Sprache kamen, würde ich per Ferndiagnose eben doch auf einen unmotivierten Staatsanwalt, eine schlechte oder nicht vorhandene Nebenklage und einen "milden" Richter tippen (dazu verliert Ihr kein Wort). Da kommt dann eben doch evtl. Klassenjustiz in's Spiel, v.a. wenn mensch sich das andersherum vorstellt, wenn ein kleiner Punk einen Korpsstudent erstochen hätte, dann wäre der Staatsanwalt da womöglich motivierter rangegangen und hätte v.a. vermutlich einen Top-Anwalt an der Seite gehabt, der solche Fragen stellt.

 

Bei Mord muss Anklage erhoben werden. Wenn man den Täter davon kommen lassen will, dann spielt man halt einen durchaus "eingehend geführten" Prozess durch und auf Notwehr, indem einige Fragen nicht gestellt werden. Vielleicht habt Ihr Euch vorführen lassen?

wird es langsam nur noch peinlich.

 

Wenn man über jedes vor Gericht gesprochene Wort kann man sich auch gleich die gesamten Unterlagen anschauen.

Wenn auf eine Notwehrsituation entschieden wird, dann nicht ohne alle relevanten Fragen gestellt zu haben.

 

Ich kenne genug Leute, die aus Diversen Gründen, sei es um sich nen Apfel zu schälen oder um den Schraubenzieher zu benutzen oder weiß der Geier, ein Tachenmesser dabei haben.  Es kommt mir so vor, dass alle immer gleich an ein richtiges Klappmesser denken, mit dem man bewusst umherstolziert um einzuschüchtern oder es zu benutzen.

Wer bei diesem Alkoholpegel noch genau Zielen kann ist vll Chuck Norris, ein anderer würde mir da nicht einfallen.

Nein, hat er nicht.

 

So, da du dich nicht mit Messer auskennst, solltest du keine Vermutungen anstellen, das diese wieder nur Gerüchte hervorrufen.

 

Hättst du aufgepasst, dann wüsstest du noch, dass nicht er sich auf den anderen zubewegt hat, sondern es anders herum war.

 

Es passieren die blödesten Unfälle...

 

Mir selbst ist noch kein Fall bekannt in dem ein Punk auf einen Verbindungstudenten mit einem Messer losging, ich könnte mir aber vorstellen, dass es dann aus einer anderen Situation entsanden ist/wäre.

 

Also, allem in allem eine seh gute Ferndiagnos...;)

 

Es hat jetzt gerade nur dich erwischt weil du der letzte post warst, es gibt obendrüber noch weitere Kommentare bei denen man sich nur gegen den Kopf hauen kann...

"dann nicht ohne alle relevanten Fragen gestellt zu haben", schreibst Du. Aber warum antwortest Du dann nicht: Warum hatte er ein Messer dabei? War er im Umgang damit geübt? Wann hat er es ausgeklappt? Warum die Brust? Beim Opfer geht Ihr auf Details ein, wie auf den Amphetamin-Konsum, diese Details, die angeblich alle geklärt wurden, erwähnt Ihr in keinem Ton. So faktenbasiert und top-saubere Recherche bzw. Wiedergabe, wie Ihr Euch hier loben lasst, ist das gar nicht. Oder warum wird davon nichts beschrieben, wenn doch "alle relevanten Fragen gestellt" wurden? "Es passieren die blödesten Unfälle". Das find ich menschenverachtend.

Ich bin weder Autor dieses Textes, noch ein Mitglied.

 

Er hatte das Messer nicht dabei, um jemanden abzustechen.

Es wurde ausgeklappt, nachdem ein Freund von ihm schon am Boden lag, ein Ende der Eskalation jedoch nicht in Sicht lag.

Wenn du jemanden zurückstoßen willst, ist im Normalfall die Brust die Trefferfläche.

Ein Stich in tiefere Körperteile wie der Bauch ist nicht minder gefählich.

Wenn man Pech hat,  trifft man dort auch tödlich und das ist sogar noch wahrscheinlicher.

Ausserdem kannst du in so einer Situation mit über 2 Promille nicht rational denken.

 

Nunja, durch Amphetamine wird man gepusht, da kann man schneller übermütig werden, Und wie es in diesem Fall wohl gewesen ist, ging die Agression

nicht von den Verbindungstudenten aus, egal wie sehr du/ihr euch das wünschen würdet.

Wo werden denn bitte auf keine Details eingegangen, bzws wo beim Opfer mehr...

Beide Gruppen waren stark alkoholisiert.

Der Streitverlauf wurde geschildert, was für Infos fehlen dir, ich verstehe wirklich nicht, was du meinst.

Es wurde sogar der volle Name in  den Artikel gepackt.

 

Ich finde es eher menschenverachtend jemandem unterstellen zu wollen, mit Absicht einen Menschen umgebracht zu haben obwohl die Situation geklärt wurde.

 

Das zeigt mal wieder euer engstirniges Denken im Sinne von : "Ich will aber, dass es so und so gewesen ist, also wars so auch. Egal, waas für Fakten am Ende dagegen sprechen"

"Die Schlussfolgerung aus der Verhandlung bewegt sich allein auf der Grundlage dessen, was verhandelt bzw. was davon widergegeben wurde."

 

Richtig und genau so muss Antifa-Arbeit gemacht werden. Sie muss sich auf Gesagtes stützen, auf Erlebtes oder eben auf Recherchierbares. Sie muss den Versuch unternehmen, belastbare Tatsachen zu ergründen und dann auf dieser Grundlage Politik machen. Und wenn ich die Stellungnahme richtig deute, wurde auf verschiedenen Ebenen versucht, mögliche alle Infos zu generieren. Genau so stelle ich mir das vor.

 

Was führst Du denn im Gegenzug für alternative Methoden an?

- "es scheint"

- "Ich denke, mann muss"

- "Ich hätte es für aussichtsreicher gehalten"

- "würde ich per Ferndiagnose eben doch tippen"

- "Da kommt dann eben doch evtl."

- "wenn mensch sich das andersherum vorstellt, wäre momöglich und hätte vermutlich"

 

Schon der Wortlaut des Beitrages entlarvt Dich der reinen Spekulation! Und genau das darf auf gar keinen Fall Grundlage von Antifa-Arbeit sein. In diesem Punkt stimme ich der Stellungnahme zu 100% zu. Da sollte man dann lieber ehrlich in den sauren Apfel beißen und zugeben, nicht alle Fragen zufriedenstellend beantworten zu können.

Vielen Dank für diesen sehr guten Artikel über Gewalt, prozessuale Aufarbeitung und antifaschistische Positionen, im Speziellen, wie Allgemeinen.

Es tut gut solch reflektierte Positionen zu lesen. Mit diesen lassen sich vertrauenswürdige und nachhaltige antifaschistische Strukturen aufbauen.

Endlich die erste sachliche Stimme zum Vorfall aus linker Sicht. Danke für die Recherche und Prozessbeobachtung!

Auch ich möchte mich für die Prozessbeobachtung und den Bericht bedanken. Die Argumentationen und Einordnungen finde ich persönlich gut nachvollziehbar und differenziert.