Dem Aufruf des Antirassistischen Netzwerks Untermain folgten etwa 250 Menschen. Unterstützt wurde die Demo noch von Attac Aschaffenburg, Halkevi Aschaffenburg und Die Linke - bayerischer Untermain. Die Demo startete vor dem Bahnhof in der Frohsinnstraße, zog mit zahlreichen Plakaten, Transparenten, Fahnen und lauten Sprechchören über Platanenallee und Würzburgerstraße einmal um die Innenstadt zum Freihofplatz, wo die erste Zwischenkundgebung abgehalten wurde. Vorbei am Weihnachtsmarkt stoppte die Demo noch einmal vor dem Cafe Fischer in der Weißenburger Straße, in dem bis vor kurzem der lokale AfD-Ableger seine regelmäßigen Stammtische abhielt. Am Bahnhof angekommen löste sich die Versammlung dann auf. Zum Aufwärmen gabs Vokü beim Kneipenkollektiv Hannebambel, bevor es dann Abends noch zum Antira-Solikonzert in den Stern ging.
Ein Naziskin versuchte die Demo am Kreisel vor der City Galerie zu provozieren, wurde jedoch von Staatsschutzbeamten des Platzes verwiesen. In Aschaffenburg und Umgebung geben Neonazis und andere Rassisten* keine Ruhe. So wurden am vergangen Wochenende zwei Geflüchtete auf dem Weihnachtsmarkt in Alzenau beschimpft und getreten. Vor einigen Wochen wurde ein Refugees Welcome-Logo an der Aschaffenburger Kneipe Stern besprüht, zeitgleich wurden Plakate der "Identitären" verklebt. Die organisierten Neonazis der NPD verteilen in den Gemeinden Goldbach und Hösbach regelmäßig rassistische Hetzpamphlete und versuchen Bürgerversammlungen zu vereinnahmen. Dabei schlug der NPD-Kreisvorsitzende Falko Schüßler am 06. Juli in Goldbach vor laufenden Kameras einem Besucher ins Gesicht. Nicht so gut lief es für die Kameraden am 02. September bei einer Bürgerversammlung in Aschaffenburger Stadtteil Schweinheim. Spontan protestierten 80 Menschen gegen ihre rassistische Hetze. Doch auch die Unterkünfte der Geflüchteten sind immer wieder Ziel. So kam es am 18. Juli zu einem bisher nicht aufgeklärten Brandanschlag auf eine Unterkunft in Waldaschaff. Diese Aufzählung ist nicht vollständig und darf gerne ergänzt werden.
Mit der Demonstration am 05. Dezember wurde ein dringend nötiges Zeichen gegen die aktuellen Entwicklungen rund um die Fluchtbewegungen - sowohl Regional wie auch Europaweit - gesetzt. Jetzt gilt es unsere Netzwerke auszubauen, uns weiter zu organisieren und den rechten Tendenzen am Untermain entschieden entgegen zu treten. Dazu gehört für uns der Kampf gegen neonazistische Strukturen genauso wie gegen bürgerliche Rechte von CSU, AfD bis Pegida, gegen Asylgesetzverschärfungen und den Ausbau der Festung Europa.
*Die lokale Tageszeitung spricht seit einiger Zeit nur noch von "Asylkritikern"
Zeitungsbericht bereits online
300 Menschen demonstrieren in Aschaffenburg gegen Rassismus: »Jeder Fluchtgrund ist legitim«
Aschaffenburg – Montag, 07.12.2015 - 00:00 Uhr
Gegen Rassismus haben 300 Menschen am Samstag in Aschaffenburg demonstriert. Sie folgten dem Aufruf des antirassistischen Netzwerks Unterfranken und zogen nachmittags vom Hauptbahnhof über Platanenallee und Scharfeck durch die Innenstadt.
Redner riefen dazu auf, Fluchtursachen zu bekämpfen - und nicht Flüchtlinge. Sie klagten auch die deutsche Politik an.
Eine junge Frau spricht am Hauptbahnhof in ein Mikrofon. Sie trägt an dem wolkenverhangenen Tag eine Sonnenbrille. Sie sagt, eine globale Migrationsbewegung rüttele an den Zäunen Europas. Doch »Abschottung hält niemanden von der Flucht ab«. Es gelte, die Ursachen zu bekämpfen, die Menschen zur Flucht bewegen. Ihre Namen wollen die Redner nicht in der Zeitung lesen, sagt ein Sprecher des Netzwerks. Sie wollen nicht, dass sie in rechten Kreisen bekannt werden.
Die junge Frau spricht also anonym weiter: Gründe für die Flucht sind ihrer Ansicht nach eine »neokoloniale Ausbeutung« und durch Kriege zerstörte Gemeinwesen, in denen Milizen und Warlords herrschen. Sie schreibt europäischen Ländern eine Mitschuld zu: Es seien auch Kriege der Nato gewesen, die Länder im Orient zu gescheiterten Staaten machten. Als solche gelten zum Beispiel Afghanistan und Irak. »Jeder Fluchtgrund ist legitim.«
Auch Deutschland sei an internationalen Problemen beteiligt: durch Waffenexporte und die Unterstützung illegitimer Regimes in anderen Ländern. In Deutschland stört die Rednerin der anwachsende Fremdenhass und Rechtspopulismus. Das auch bürgerliche Parteien diese Rhetorik teilweise nutzen, befeuere Angriffe auf Asylbewerberheime.
Dann zieht der Tross vom Bahnhof aus los, skandiert »Refugees Welcome« (Flüchtlinge willkommen), reckt Plakate in die Luft. Die Gruppe Noabgida - gegen Pegida in Aschaffenburg - ruft auf: »Das Sterben beenden: Fähren statt Frontex«. Junge Menschen haben Sprechblasen gebastelt: »Euer Rassismus kotzt uns an.« Es sind verschiedene gesellschaftliche Gruppen vertreten: Jugendliche, Familien, ältere Menschen.
Die Demo verlief friedlich. Von rund 300 Demonstranten sprach die Polizei. Diese Zahl übertraf die Erwartungen des Veranstalters, dem antirassistischen Netzwerk Unterfranken, deutlich.
Kevin Zahn