Dieser Text wurde ursprünglich 1975 als Nachwort zum bei den Éditions Payot in der Buchreihe „Critique de la politique“ erschienenen Buch von F. Domela Nieuwenhuis, Le socialisme en danger, veröffentlicht. Damals erlaubte die Lektüre dieses Texts gewissen Genossen, die dabei waren, mit dem traditionellen Anarchismus und dem dogmatischen „Marxismus“ der verschiedenen damals angesagten Grüppchen zu brechen, sich der Problematik Kommunismus/Anarchismus mit schärferen Sinnen zu stellen und einen Klärungsprozess der „revolutionären Theorie“ im Verhältnis zu den „historischen Zyklen“ einzuleiten. Weil wir diese Überlegungen heute immer noch für dringend und treffend halten, haben wir diesen Text dem Vergessen entrissen, um ihn zur Diskussion zu stellen.
A. 1848-1871
I. „Nach den Revolten (Lyon, Manchester), die den zukünftigen 
Auftritt des Proletariats auf der gesellschaftlichen und politischen 
Bühne als historische Klasse voraussehen liessen, kam es zur Revolte dear Weber von Schlesien, die erste proletarische Handlung, die auf der Ebene des theoretischen Beitrages präziser war. Mit diesem Aufstand zeichnete sich die grundlegende Richtung der kommenden proletarischen Kämpfe ab.“ [1]
In seinem berühmten Text über den schlesischen Aufstand […] definiert 
Marx auf klare Art und Weise das kommunistische Programm des 
europäischen Proletariats zwischen 1844 und 1848:
1. Er zeigt, dass „die klassische Periode des politischen Verstandes“, jene der „französische[n] Revolution“, vorbei ist;
2. Er zeigt, dass das, wovon das Proletariat getrennt ist, und dies durch seine Arbeit selbst, nicht der politische Staat, d.h. die bürgerliche Ordnung, sondern „das Leben selbst, das physische und geistige Leben, die menschliche Sittlichkeit, die menschliche Tätigkeit, der menschliche Genuß, das menschliche Wesen“ ist;
3. Am Schluss zeigt er, wie die Revolution eine politische Revolution 
mit einem gesellschaftlichen Geist sein wird, d.h. wie der politische 
Akt der Zerstörung der bürgerlichen Macht und der damit verwachsenen 
gesellschaftlichen Verhältnisse Teil eines Moments in einer breiteren gesellschaftlichen Bewegung ist, die gleichbedeutend mit der (Wieder-)Erschaffung der menschlichen Gemeinschaft und damit dem Ende der Politik ist.
Davon ausgehend kann das Proletariat nicht mehr nach der Beseitigung 
seiner Isolation gegenüber dem Staat und der Macht, d.h. nach der 
Reorganisation einer herrschenden Schicht streben, sondern muss auf eine 
Zerstörung der Trennung der Gesellschaft in Klassen abzielen, da es „kein besondres Recht in Anspruch nimmt, weil kein besondres Unrecht, sondern das Unrecht schlechthin an ih[m] verübt wird“. [2]
Die verschiedenen theoretischen und programmatischen Beiträge von Marx und Engels (Das Elend der Philosophie und Das kommunistische Manifest,
 um nur die wichtigsten zu nennen) liefern der entstehenden 
proletarischen Bewegung eine historisch situierte theoretische 
Grundlage, obwohl sie nur von wenigen Arbeitern, und häufig von jenen, 
welche bezüglich der Klasse in einer peripheren Situation sind 
(Handwerker, proletarisierte Handwerker), gelesen und diskutiert werden,
 gleichzeitig gehen sie definitiv über den utopischen 
Sozialismus, den utopischen Kommunismus, den Proudhonschen Sozialismus 
und den blanquistischen Radikalismus hinaus. Obwohl diese Sekten 
weiterhin aktiv innerhalb des Proletariats existieren und häufig dessen 
wirkliche Vertreter sind (siehe die Situation in Frankreich in den Mémoires d’un révolutionnaire von Gustave Lefrançais), existierte formell eine Sekte, die über die Sekten hinausging, und deren wirklicher
 Inhalt die Überschreitung einer Vorhersage des Kommunismus war, sie war
 der Ausdruck des revolutionären Wesens in seiner Bewegung: Diese Sekte 
war der Bund der Kommunisten. Diese Grundlage drückte die 
theoretische/praktische Verbindung mit der revolutionären Gegenwart der 
Bewegung selbst in ihrer konkreten und unmittelbaren Perspektive aus.
Daher erschien die kommunistische Perspektive als direkt 
verbunden mit der bürgerlichen demokratischen-nationalen Revolution von 
1848, die vom Kleinbürgertum und der Arbeiterklasse angeführt wurde. Die
 Theorie erlaubte somit ausgehend von der wirklichen Situation, die 
Strategie und die Taktik des europäischen Proletariats zu 
erstellen, die ihm durch sein Wesen selbst auferlegt worden waren. Wir 
werden nicht weiter auf diese Taktik und diese Strategie zur Zeit der 
progressiven bürgerlichen Revolutionen eingehen und können einfach 
beiläufig zwei Dinge festhalten: a) Der Kommunismus wird gleichzeitig 
als Produkt des Kapitals ab einem gewissen Stadium der Entwicklung der Produktivkräfte, doch auch, und zugleich, als Bestätigung und Austreten seiner globalen Natur verstanden, und dies von Anfang an,
 d.h. dass die Notwendigkeit, sich zwischen 1844 und 1848 als politische
 Partei zu konstituieren, eben genau mit der Verweigerung der rein 
politischen Praxis verbunden ist, ein dialektischer Gegensatz, der sich 
im Verlauf der revolutionären Krise von 1848 auflöst. b) Das Proletariat
 wird aktiv als eine aus der Arbeiterklasse kommende, autonome Klasse im 
Verhältnis zur Demokratie erfasst, eben genau und v.a., weil es auf lebendige Art und Weise grösstenteils unter Nicht-Arbeitern existiert. Das Proletariat ist also historisches Verhältnis und Sinn für dieses Verhältnis.
Die kommunistische Bewegung ist somit genau der Widerschein der 
historischen Tätigkeit des Proletariats von 1848, das damals 
Arbeiterklasse war. Der Bund der Kommunisten ist sowohl Träger der 
zentralen Perspektive, als auch ihrer wirklichen Grenzen. Seine 
Tätigkeit verlor sich unmittelbar im Wutausbruch, und dann in der 
Niederlage, doch „die proletarische Bewegung taucht im Verlauf eines 
Prozesses auf, dessen einheitlicher und eindeutiger Charakter die 
Vereinigung der historischen und formellen Ausdrücke der Bewegung 
andeuten, welche die zukünftige kommunistische Revolution aufzeigen 
wird“. [3]
1848 ist also die erste einheitliche Erscheinung des Proletariats/der 
Arbeiterklasse. Aufgrund des Entwicklungsstadiums der damaligen 
Produktiv- und der historischen Kräfte können die Arbeiter nur der 
Bourgeoisie helfen und sich danach verteidigen (Juni 1848); doch 
in dieser „Verteidigung“ selbst – die es nur erlaubte, das 
kommunistische Programm auf negative Art und Weise zu bekräftigen, die 
Zerstörung eines Mechanismus wie des Tausches konnte nicht in die 
Problemstellung eingehen, da materiell nicht lösbar – in dieser 
„Verteidigung“ also ist das, was wichtig ist, die Tatsache, dass die 
Bourgeoisie (und ihre verschiedenen provisorischen Verbündeten) gezwungen
 war, die Arbeiter anzugreifen, die in den Strassen von Paris ein 
Gespenst spazieren führten, das sofort in den Gehirnen der Herrschenden 
zu spuken begann, und jene, dass sie unter dem Risiko der Rückkehr der 
Ketten der feudalen Macht bevorzugte, sie anzugreifen. In Deutschland 
warf sie sich in die liebenden Arme der Feudalisten; in Frankreich, wo 
die Situation politisch weiter fortgeschritten war, tanzte sie 
den Reigen der Bündnisse bis 1871. P { margin-bottom: 0.21cm; }A:link {  }Die Verbindung Kommunisten/Proletarier als andere Lektion der 
proletarischen Verteidigung von Juni 1848 erscheint allerdings nicht als
 Verhältnis Führer/Geführte, sondern als praktische Organisation des theoretischen und 
programmatischen Ausdrucks, als wirkliche Bewegung. Die durch die 
praktischen Grenzen der Epoche (u.a. die Abwesenheit der bewussten 
Koordination zwischen proletarischen Elementen verschiedener Nationen 
aufgrund der Abwesenheit einer Perspektive, die über die Verteidigung 
hinausgeht) eingeschränkte Verbindung zwischen dem Proletariat und der 
kommunistischen Theorie liess schon etwas qualitativ höher stehendes 
erkennen.
II. Gleichzeitig erlitt das Proletariat seine erste Niederlage als 
autonome Klasse; der konterrevolutionäre Zyklus beginnt. Es kam somit 
nicht mehr in Frage, eine formelle Organisation weiterzuführen, die 
fähig war, das revolutionäre Programm zu hüten und zu verwirklichen. 
Nach kurzen Illusionen (zwischen 1850 und 1852) verstehen Marx und 
Engels, dass es ihre Aufgabe ist, Lehren aus dieser Revolution von 1848 
zu ziehen, ihre Grenzen und ihre mögliche Überschreitung zu verstehen. 
Sie entscheiden sich, den Bund der Kommunisten aufzulösen, um besser auf
 der kommunistischen Linie zu bleiben.
„Bei dieser allgemeinen Prosperität, worin die Produktivkräfte der 
bürgerlichen Gesellschaft sich so üppig entwickeln, wie dies innerhalb 
der bürgerlichen Verhältnisse überhaupt möglich ist, kann von einer 
wirklichen Revolution keine Rede sein. Eine solche Revolution ist nur in
 den Perioden möglich, wo diese beiden Faktoren, die modernen Produktivkräfte und die bürgerlichen Produktionsformen, miteinander in Widerspruch
 geraten. Die verschiedenen Zänkereien, in denen sich jetzt die 
Repräsentanten der einzelnen Fraktionen der kontinentalen Ordnungspartei
 ergehn und gegenseitig kompromittieren, weit entfernt zu neuen 
Revolutionen Anlaß zu geben, sind im Gegenteil nur möglich, weil die 
Grundlage der Verhältnisse momentan so sicher und, was die Reaktion 
nicht weiß, so bürgerlich ist.“ [4]
Sie weigern sich, auf die Verschwörung (siehe Enthüllungen über den Kommunistenprozess zu Köln
 von Marx), die militärische gewalttätige Aktion einer Minderheit, die 
Propaganda und die Agitation zurückzugreifen. Es geht nämlich darum, 
sich nicht von den Formen der Revolution und/oder ihrer Niederlage 
beeinflussen und/oder sich nicht vom Realismus der konterrevolutionären 
Wirklichkeit anstecken zu lassen.
„Ich habe ferner das Mißverständnis zu beseitigen gesucht, als ob ich 
unter ’Partei’ einen seit 8 Jahren verstorbnen ’Bund’ oder eine seit 12 
Jahren aufgelöste Zeitungsredaktion verstehe. Unter Partei verstand ich 
die Partei im großen historischen Sinn.“ [5]
 Die einzige Arbeit ist also die theoretische Arbeit, v.a. die Kritik 
der politischen Ökonomie und die Präzisierung des Wesens der 
kommunistischen Produktion. In dieser Zeit der Konterrevolution 
(1850-1864) verweigert Marx jegliche andere Organisation als jene seiner
 theoretischen und praktischen Arbeit (sofern es praktische Tätigkeit 
gibt). Dieser Anti-Formalismus erlaubt ihm gleichzeitig, die hier und 
dort handelnden „Sozialisten“ radikal zu kritisieren.
III. Die 1864 gegründete Erste Internationale (IAA: Internationale 
Arbeiter-Assoziation) ist mit dem Wiederaufkommen proletarischer Kämpfe,
 dem revolutionären Aufschwung und der Wirtschaftskrise verbunden. Die 
Erste Internationale vereinigt alle Fraktionen des Proletariats, die das
 theoretische Bewusstseins des Kampfes erlangt haben, wenn auch und v.a.
 nur partiell. Die Erste Internationale ist tatsächlich ein 
verbindendes Element zwischen den verschiedenen Schichten des 
Proletariats und seinen verschiedenen gesellschaftlichen Situationen in 
Europa. Sie ist ein Moment des Vereinigungsprozesses und beschleunigt 
ihn gleichzeitig.
Gegenüber dem Proudhonismus des reaktionären Kleinbürgertums und dem 
Lasallismus, der zugleich der Vorgänger der Sozialdemokratie als auch 
schon Insolvenzverwalter ist, sind die Revolutionäre in zwei Lager 
geteilt: die Kollektivisten mit Bakunin und die um Marx gruppierten 
Kommunisten. Diese Teilung überschnitt sich damals fast perfekt mit der 
Teilung zwischen entwickelten und wenig entwickelten kapitalistischen 
Zonen; diese These ist durchaus bekannt, doch sie hilft nur, einen 
Aspekt des Problems zu verstehen: Ausser der Tatsache, dass England 
näher bei einem Proudhonschen Sozialismus als bei einem marxistischen 
Kommunismus ist, überschneidet (und kaschiert) diese Teilung eine andere
 Trennung innerhalb des Proletariats selbst. Einerseits geht es 
auf der Marxschen Seite darum, „den Bedürfnissen des Klassenkampfes und 
der Organisation der Arbeiter zur Klasse unmittelbar Nahrung und Anstoß 
[zu] geben“ [6]
 und damit alle Arbeiter auf der Grundlage eines für das europäische 
Proletariat in seiner Gesamtheit unmittelbar realisierbaren Programms zu
 vereinigen. Diese Konzeption der Internationale entsprang einer 
realistischen Konzeption des historischen Zyklus des Proletariats: 
Entwicklung der Produktivkräfte, jeweilige Bedeutungen der kämpfenden 
gesellschaftlichen Klassen, wirkliche Reformmöglichkeiten, die das 
politische Feld der Emanzipation des Proletariats öffnen, doch dabei 
„das Endziel klar hindurchsehn“ usw. Andererseits ging die 
anti-autoritäre Konzeption vom Auftauchen der proletarischen 
Autonomie selbst aus, ihrer historischen Emergenz, ihrer Forderung von Beginn 
an nach der unmittelbaren kommunistischen Revolution und somit von der 
Verweigerung, den wirklichen Zustand der Kräfte, die Notwendigkeit der 
Vermittlungen usw. in Betracht zu ziehen. Auf der einen Seite, im Namen 
einer klaren Definition des Kommunismus, der Durchmarsch durch das 
politische Feld unter dem Risiko, sich darin zu verlieren (siehe Marx, 
der ursprünglich die Kommune im Namen einer schon sozialdemokratischen 
Taktik- und Strategieanalyse missbilligt [7])
 und auf der anderen Seite die naive Dürftigkeit, die freie Gesellschaft
 unmittelbar durch einfachen Willen (siehe Bakunin in Lyon [8])
 im Namen einer noch sehr schmalen Definition dieser Gesellschaft zu 
verwirklichen: der Kollektivismus. Diese beiden Konzeptionen, wovon eine
 zum Kult der „politischen“ Aktion, die andere zum Kult der 
wirtschaftlichen Aktion führen konnte und die in zwei verschiedenen 
Zonen der historischen Entwicklung entstanden sind, drücken eigentlich 
ein tieferes Phänomen aus: die tragische Dualität der Praxis des 
damaligen Proletariats selbst. Einerseits konnten die wirklichen Möglichkeiten 
der Kämpfe nicht die kommunistische Revolution bringen und zwangen das 
Proletariat, mit anderen Schichten Kompromisse zu schliessen; 
andererseits taucht die unmittelbare Bekräftigung der Revolution auf, 
obschon unmöglich. Diese beiden Konzeptionen waren eine Spaltung des 
Wesens des Proletariats selbst; losgelöst von ihrem Kontext des 
revolutionären Aufschwungs führte die eine zur Aufopferung des 
revolutionären Ziels zu Gunsten eines immediatistischen Kampfes im Namen selbst der notwendigen historischen Verkettung der unmittelbaren Kämpfe, die zum revolutionären Endkampf führen sollten,
 die andere zur Aufopferung des wirklichen Verständnisses der 
Entwicklung der Kämpfe zu Gunsten einer Bekräftigung des revolutionären 
Ziels im Namen selbst des revolutionären Endkampfes, von dem 
behauptet wurde, er sei in jedem unmittelbaren Moment des Kampfes 
gegenwärtig.
Offensichtlich repräsentiert das Marxsche Lager die Theorie des 
fortgeschrittenen Industrieproletariats und ist somit auf theoretischer 
Ebene Träger davon, d.h. Träger der Theorie des Proletariats als 
gesellschaftliches Verhältnis und als historisches Werden. Es ist eine Zeugungslinie,
 denn verschiedene Strömungen, vom Proudhonismus bis zum Blanquismus, 
existieren und sind sogar quantitativ bedeutender als jene um Marx und 
Bakunin. Doch wichtig ist die Tatsache, dass das Lager von Marx
 (die „Partei“ Marx) das Korpus des kommunistischen Programms 
(Beseitigung der Lohnarbeit und des Handels) selbst entwirren konnte, während 
jenes von Bakunin beim Kollektivismus stecken geblieben ist, einer Art 
hybriden Mischung, auf halbem Weg zwischen dem korporatistischen 
Proudhonschen Mutualismus und dem Kommunismus, ein Abbild der Situation 
selbst dieser neuen Proletarier, welche gerade erst das Handwerk oder 
das Landleben verlassen haben, von einer Produktionsweise in die nächste
 wechseln und in Richtung Kommunismus gehen. Zu diesem Zeitpunkt ist das
 Wesentliche der kommunistischen Theorie (1867, Buch 1 des Kapital,
 übrigens von Bakunin ins Russische übersetzt) mit der Entwicklung der 
IAA verbunden. Die IAA vereinigt alle Fraktionen des Proletariats und 
ihre Teilungen „Marxisten/Bakuninisten“ werden erst nach der Niederlage 
der Revolution, nach der Kommune wirklich wirksam. Die Erste 
Internationale ist somit eine der Fraktionen der Partei, die sich ab 
1868, v.a. in Paris, innerhalb des Proletariats manifestiert; sie ist 
die Fraktion des Bewusstseins davon genau wie die Blanquisten die 
militärische Fraktion davon sind (diese Teilung in organische 
„Fraktionen“ ist Zeichen der Grenzen). Für Marx war es damals unnötig, die anderen Strömungen aus der formellen
 Organisation Erste Internationale ausschliessen zu wollen, da er diese nicht mit der historischen Partei 
identifizierte und bemerkenswert klar verstand, dass die Zwänge des 
revolutionären Kampfes die Fraktionen innerhalb der Organisation und ausserhalb
 davon vereinigen werden. Und wenn sich auch die Spannungen zwischen der
 „Partei Marx“ und der „Partei Bakunin“ ab 1868 klar abzeichnen, war 
doch die Kommune und ihre Niederlage der Ort und der Zeitpunkt der 
progressiven Spaltung. Eigentlich ist die Erste Internationale sowohl formelle Partei, als auch wirtschaftliches und programmatisches Organ. Die Einheit des Proletariats und seiner revolutionären Fraktionen werden darin trotz den grundlegenden Gegensätzen (die hier nicht diskutiert werden, jedoch stets ohne Verhältnis zum Zyklus analysiert wurden) aufrechterhalten.
IV. Die Vermittlungen zwischen der Klasse und ihrem Programm, wenn 
sie auch sehr wichtig sein mögen, sind mit ihrer wirklichen Entwicklung 
verbunden. Sie sind sogar ein Ausdruck davon.
Die parlamentarische Politik bis 1871 kann z.B. durch den Grad der 
Entwicklung des Kapitalismus als spezifische Produktionsweise erklärt 
werden. Die schwache Entwicklung des Proletariats, die mit der schwachen
 Entwicklung des Kapitals zusammenhängt, zwingt es dazu, zu versuchen, seine entstehende Kraft und seine Momente der Revolte in der parlamentarischen Sphäre zu konkretisieren. Umgekehrt wird seine Intervention auf diesem Terrain durch die Tatsache möglich gemacht, dass keine Klasse fähig ist, ihre Forderungen diskussionslos zu diktieren. Das Parlament ist alternativ und effizient
 der Ort der Absprache und der Konfrontation zwischen der 
Handelsbourgeoisie, der Finanzaristokratie und unter gewissen 
Bedingungen dem Proletariat [9]. Es ist die Blütezeit der demokratischen
 Epoche der Bewegung; obwohl die Marxisten die Demokratie ablehnen, 
akzeptieren sie diese, um daran als politische Partei teilzunehmen, und 
die Anti-Autoritären hingegen nehmen nicht daran teil, doch beanspruchen
 sie wahr und rein, nicht bürgerlich, nicht parlamentarisch usw. Diese 
Eigenschaft zeigt gut den ambivalenten Charakter der damaligen 
Diskussion Marxisten/Bakuninisten innerhalb der IAA.
V. Die Kommune ist der Höhepunkt der wirklichen Bewegung, deren 
Ausdruck die Erste Internationale ist. Das dialektische Verhältnis 
zwischen der historischen Partei und der revolutionären Machtergreifung 
in Verbindung mit den formellen Organen ist klar. Marx erklärt in einem 
Brief an Kugelmann (vom 12. April 1871), dass die Kommune „die 
glorreichste Tat unserer Partei seit der Pariser Juni-Insurrektion“ [10] ist; was klar die absolute Einheit und Kontinuität in seiner Konzeption der Handlung der Klasse und der Klassenorganisation (d.h. ihrer praktischen Aufgaben) zeigt, ausserhalb jeglichem Formalismus.
Ausserdem ist die Kommune die Verwirklichung der ihr vorhergehenden Bewegung. Innerhalb der Kommune sind
 die ideologischen Gegensätze überwunden: Die Spaltung 
Mehrheit/Minderheit geht durch jede Fraktion und die direkte Demokratie 
ist in ihr verwirklicht.
Mit ihrer glorreichen Niederlage schliesst sich ein Zyklus 
proletarischer Kämpfe (eigentlich dauert er bis 1873-1874: Auswirkungen 
in Belgien, Skandinavien, Spanien usw.). Die formelle Organisation des 
Proletariats ist an einen neuen Wendepunkt gelangt: 1848 ging es darum, 
sich an der bürgerlichen Revolution zu beteiligen und auf virtuelle und geheime Art und Weise als politische Partei organisiert zu sein; 1871 ging es darum, die politische Demokratie zu organisieren, um die Grundlagen des Terrains der gesellschaftlichen Emanzipation des Proletariats zu legen, und somit als wirkliche politische Partei
 organisiert zu sein. Nach 1871 kommt all das nicht mehr in Frage: 
Mehrere programmatische Errungenschaften erweisen sich als prinzipielle 
Lehren der Kommune:
- Die
 Ära der progressiven bürgerlichen, nationalen Revolutionen ist vorbei, 
das Proletariat braucht keine Kompromisse mehr mit anderen 
gesellschaftlichen Schichten zu schliessen, es muss entweder Teil von 
ihnen werden, sie zerstören oder von ihnen zerstört werden. Es muss 
seine Diktatur bekräftigen.
- Das
 Proletariat kann sich nicht mehr in der politischen (und erst recht 
parlamentarischen) Sphäre entwickeln; die einzige übrig bleibende politische Frage ist der Inhalt seiner Diktatur und diese Frage bleibt politisch, denn es ist noch nicht gesellschaftlich vorherrschend (die Frage des Staates ist die Folge dieser Lehre).
- Das Proletariat trägt von nun an, in seiner eigenen Existenz, den unmittelbaren Inhalt seiner Aufgaben und braucht keine formelle Partei mehr. Es kann nur als seine eigene historische Partei „sein“.
- Das kommunistische Programm erscheint klar als autonomes Programm des Proletariats, als Zerstörung des Tausches, wenn auch negativ (in Anbetracht des Entwicklungsniveaus der Produktivkräfte).
VI. „1871 war das Proletariat zu isoliert, um auf einen Sieg hoffen zu können. Hätte es Versailles militärisch
 besiegt, wäre es, einerseits, unmittelbar mit der europäischen 
Konterrevolution, wovon die preussische Armee ein blosser Vorposten war,
 konfrontiert gewesen, andererseits, und v.a., mit den Problemen der 
kommunistischen Transformation des Produktions- und Verteilungsapparats,
 während der Kapitalismus erst mit der Vergesellschaftung der Produktion
 begonnen hatte.“ [11]
Die revolutionäre Organisation drückte die besiegte Kommune aus und die 
IAA musste sich auflösen. Es war die Zeit der heftigen Spaltungen zwischen 
Fraktionen, die Partei Marx und die Partei Bakunin wollten die Führung 
übernehmen: So drückte die Apparatspolitik die Konterrevolution aus. Die
 verschiedenen und partiellen Zonen und Aspekte der Totalität der 
Klasse, die im revolutionären Angriff vereinigt waren, stehen dieses Mal
 im Gegensatz zueinander. Die Konterrevolution löste die Einheit der 
Klasse auf, spaltete sie, sowie auch ihren theoretischen und 
programmatischen Ausdruck. Mit dem Schwung der Kommune und ihren 
Auswirkungen konnten Marx und Engels, obwohl sie sich der Politik 
hingaben (Kampf um den Generalrat), die grundlegende Errungenschaft der 
Kommune bis ungefähr 1875 theoretisieren (Bürgerkrieg in Frankreich, Kritik des Gothaer Programms). Nach 1875 waren sie alleine.
 Die historische Partei lebte bei ihnen dank der Wiederaufnahme der 
theoretischen Arbeit weiter, die durch den revolutionären Sturm 
unterbrochen worden war (Das Kapital, Anti-Dühring usw.), doch diese Arbeit war nicht direkt mit der Praxis
 des Proletariats verbunden, das auf den Zustand des variablen Kapitals 
beschränkt worden war. Das zeigt, bis zu welchem Punkt die politischen
 Positionen von Marx, und dann v.a. von Engels, nicht revolutionär 
waren; und bezüglich Engels konterrevolutionär. Die Dichotomie zwischen 
der Aussage der kommunistischen Theorie, die sie verfeinerten (es ging 
nur darum, auf eine zuvor formulierte und ausgearbeitete Theorie 
zurückzukommen), und ihrer Praxis im Zeitalter war absolut 
geworden, das Zeitalter war konterrevolutionär und das Zeitalter und 
ihre Praxis korrumpierten sogar die Aussage der kommunistischen Theorie,
 bei Engels in mehreren Texten wie Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, welche klar den sozialdemokratischen und undialektischen
 Inhalt zeigen. Nach 1875 bleiben also zwei Männer übrig, die eine 
grundlegende theoretische Arbeit weiter führen (v.a. Kritik der Ökonomie
 und der Wissenschaften), sich der Situation aber gleichzeitig nur 
halbwegs bewusst sind (Marx etwas mehr, siehe den Brief an Nieuwenhuis, Kritik des Gothaer Programms). Nach 1883, dem Todesjahr von Marx, bleibt ein Mann übrig, der das Werk der „Partei Marx“ „treu“, d.h. ideologisch weiterführt, doch ein für alle Mal in der Konterrevolution versinkt und Anführer des Marxismus wird, der Theorie der Sozialdemokratie.
VII. Zwar ist die Niederlage der Kommune historisch gehaltvoll, doch sie besiegelt die Teilung der proletarischen Bewegung in:
- politische Fraktionen:
 die beiden rivalisierenden IAA, jene von Marx/Engels bis 1874 und jene der
 Bakuninisten, die in Genf, Spanien und Italien weiter besteht; dann die
 Gruppen, Gruppierungen, Sekten, Parteien usw.;
- wirtschaftliche Fraktionen: die berufsständischen und gewerkschaftlichen Organisationen;
- programmatische Fraktionen:
 Marx/Engels alleine gegen ihre Schüler bis ungefähr 1880 („Was Du über 
die Deutschen schreibst, verwundert mich in keiner Weise. Hier ganz 
ebenso. Engels und ich haben uns daher ganz von dem Pack zurückgezogen 
[…].“ [12]); dann der kleine informelle und internationale Zusammenschluss von Anarchisten rund um Malatesta, usw.
Der soziale Frieden ist gesichert und die intensive freie Entwicklung 
des Kapitals hat auch freien Lauf. Die bürgerliche nationale Revolution 
vollendet sich (Deutschland, Italien) und vereinigt ihre 
Ausbeutungsbedingungen. Der Übergang zur reellen Herrschaft des Werts 
steht auf der Tagesordnung und die Zerstörung der sich ihm 
entgegenstellenden Hindernisse ist im Gang. Die Arbeit wird allmählich 
von der Mehrarbeit aufgezehrt. Der Maschinenbetrieb entwickelt sich. Die
 Sozialdemokratie als kohärenter Ausdruck dieser Entwicklung wird zur 
gesellschaftlichen Hülle des Kapitals.
VIII. Als Paraphrase und Berichtigung der Einschätzung von Karl Korsch in Krise des Marxismus (1931) können wir bekräftigen, dass sich mit den Jahren 1871 bis 1875 der erste grosse historische Zyklus der kapitalistischen Entwicklung vollendet. Im Verlauf desselben hat der Kapitalismus auf der damaligen begrenzten Grundlage schon alle Phasen seiner Entwicklung bis zu jenem Punkt durchlaufen, wo der bewusste Teil des Proletariats die soziale Revolution der Arbeiterklasse selbst auf die Tagesordnung setzen kann, jener Arbeiterklasse, die damals das Proletariat war. Folglich hat die Klassenbewegung des Proletariats – auf dieser begrenzten Grundlage – schon ein ziemlich hohes Entwicklungsstadium erreicht: Die revolutionären Kämpfe, welche zu dieser Zeit von isolierten Fraktionen der Arbeiterklasse geführt wurden, sind der praktische Ausdruck davon und die Mitglieder der Internationale die historische Verbindung gewesen; jene, welche die „Partei Marx“ formten, indem sie damals den definitiven (momentanen und zukünftigen) Inhalt der bewussten Praxis der proletarischen Klasse formulierten, haben den theoretischen Ausdruck dafür geliefert.
B. Sozialdemokratie und Bewegung des Kapitals
I. Die Entstehung der Zweiten Internationale ist mehr oder weniger 
erzwungen und der Epoche zuwiderlaufend. Ihre prinzipielle Basis ist die
 deutsche Sozialdemokratie; man kann sogar sagen, dass die Zweite 
Internationale ironischerweise die Ausdehnung des „deutschen 
Sozialismus“ ist, wovon Marx sprach und sich 1871 den Sieg zusammen mit 
jenem von Bismarck wünschte! Die deutsche Sozialdemokratie, deren 
Konstitution kurz nach der proletarischen Niederlage (Gothaer Kongress,
 1875) nur eine Vereinigung des Lassallianismus mit einigen 
marxistischen Prinzipien war, die man zur wissenschaftlichen Dekoration 
behielt, stellte die Basis der gesamten europäischen sozialistischen 
Bewegung dar. Der instruktivste Text über die Entstehung der Zweiten 
Internationale ist diese Passage von Engels in seinem Brief an Sorge vom
 8. Juni 1889: „Sonst hat der Kongreß wenig zu bedeuten. Ich gehe 
natürlich nicht hin, ich kann mich dauernd nicht wieder in die Agitation
 stürzen. Aber die Leute wollen nun einmal wieder Kongresse spielen, und da ist es besser, diese werden nicht von Brousse [13] und Hyndman dirigiert. Es war grade noch Zeit, ihnen das Handwerk zu legen.“ [14]
 Es ist klar, dass die Position von Engels, ein Befürworter des 
Beitritts der aus Gotha entstandenen deutschen Partei zu dieser 
Internationale des Opportunismus, und zwar nur, um zu verhindern, dass 
die Possibilisten und die Engländer die Führung davon übernehmen, nicht 
im Geringsten ambivalent ist: Sie ist zutiefst manipulativ und 
konterrevolutionär. Als ob die Revolutionäre sich an einer 
konterrevolutionären Institution beteiligen müssten, um zu verhindern, 
dass sie von Konterrevolutionären angeführt wird! Indem er das tat, gab 
er sich mit gefesselten Händen dem internationalen Reformismus hin, und 
von diesem Moment an bleiben alle Kritiken „privat“ (beispielsweise in Briefen) 
oder werden von der Bebel-Gruppe zensiert. Doch es kommt noch besser: 
Neben der Tatsache, dass er seinem bemerkenswerten Satz zur Bewegung des
 Proletariats 1884 [AdÜ: 1885] widersprach („Die internationale Bewegung
 des europäischen und amerikanischen Proletariats ist jetzt so erstarkt,
 daß nicht nur ihre erste enge Form - der geheime Bund -, sondern selbst
 ihre zweite, unendlich umfassendere Form - die öffentliche 
Internationale Arbeiterassoziation - eine Fessel für sie geworden und 
daß das einfache, auf der Einsicht in die Dieselbigkeit der Klassenlage 
beruhende Gefühl der Solidarität hinreicht, unter den Arbeitern aller 
Länder und Zungen eine und dieselbe große Partei des Proletariats zu 
schaffen und zusammenzuhalten.“ [15]),
 einem Satz, in dem ein richtiges Verständnis der historischen Partei 
gegenüber der formellen Partei unter Beweis gestellt wird, hiess er auch
 die internationale Sozialdemokratie gut, indem er ihr ideologische 
Waffen lieferte; der „Marxismus“ wurde somit zu einer Ideologie mit 
einer unmittelbaren praktischen Funktion in der kapitalistischen Gesellschaft.
 Die Entstehung des Marxismus (siehe Marx: „Ich bin kein Marxist“) ist 
ein Kind der Niederlage des Proletariats und des bürgerlichen Sieges.
Auf diese Art und Weise gab Engels während der in der Sozialdemokratie 
ausbrechenden Krise den „Stimmton“ für den Ausschluss der linken 
Fraktionen an. Er wurde nicht nur von den Deutschen benutzt, indem sie ihn zensierten, sondern er half auch den gleichen Leuten, innere 
Konflikte der Partei im Interesse der fundamental opportunistischen 
Führung zu regeln. Seine Haltung erlaubte es der Zweiten Internationale,
 alle revolutionären Elemente auszuschliessen und sie umso 
monolithischer zu machen. Tatsächlich manifestierte sich von Anfang an 
eine mächtige internationale Bewegung der Kritik der 
Sozialdemokratie und sie wurde jedes Mal mit dem Segen von Engels 
ausgeschlossen; ihre Geschichte wurde aus offensichtlichen Gründen von 
allen Historikern der Arbeiterbewegung vernachlässigt: in Deutschland die Opposition der „Jungen“, welche zwischen 1889 und 1892 in Berlin konzentriert waren, obwohl unfähig, ihrer Position eine tiefe theoretische Perspektive zu geben, stellte besonders ihr Anti-Parlamentarismus eine gesunde und revolutionäre Reaktion dar; in Dänemark die antifrontistische dänische Linke von Trier,
 welche ein Bündnis mit den Parteien der bürgerlichen, liberalen und 
bäuerlichen Opposition ablehnte und 1889 aus der dänischen Partei 
ausgeschlossen wurde [16];
 in Schweden die um Bergregen versammelte Gruppe, die sich dem 
Reformismus und dem Parlamentarismus heftig widersetzte, in Verbindung 
mit den deutschen „Jungen“ stand und 1891 aus der Partei ausgeschlossen 
wurde [17];
 die revolutionären Sozialisten in England rund um William Morris und 
auch die in den revolutionären Gewerkschaften organisierten Sozialisten 
wie Tom Mann; die Holländer mit F. D. Nieuwenhuis usw., und es gab, 
obwohl weniger zahlreich, Gruppen und Individuen mit ähnlichen 
Positionen in Frankreich, Italien, Spanien, den USA und Japan. 
Die Zweite Internationale wurde zum aktiven Zentrum der 
gesellschaftlichen bürgerlichen Entwicklung nach einem internationalen 
Kampf gegen 1) die revolutionären Elemente, wie jene linken Fraktionen, 
welche sie kritisierten, 2) und die anarcho-kommunistische Bewegung, die mit Gewalt von den Kongressen 1891, 1893 und 1894 ausgeschlossen wurde. Die Zweite Internationale ist nie degeneriert; sie wurde zu einem 
Zeitpunkt erschaffen, wo es überhaupt keine revolutionäre Perspektive 
gab, und deshalb beteiligte sie sich von Anfang an und total
 am politischen System der Bourgeoisie. Einer der grossen Schwächen der 
wieder erstehenden kommunistischen Bewegung gegen 1905 (Trotzki, Rosa 
Luxemburg, Pannekoek usw.) war das Unverständnis des Wesens der 
Sozialdemokratie. Doch die Gründe, weswegen die Zweite Internationale am
 bürgerlichen politischen Spiel teilnehmen und es konsolidieren konnte, sind sehr tief.
II. Nach der Niederlage der Pariser Kommune und ihren verschiedenen Auswirkungen „war die Arbeiterklasse geschlagen, die Konterrevolution triumphierte. Die Zweite Internationale entsprach den konterrevolutionären Bedingungen, der kapitalistischen Entwicklung“ [18]. Deshalb muss von einer Charakterisierung der Periode ausgegangen werden: die Periode der formellen Herrschaft des Werts. Während dieser Periode gibt es eine Dichotomie zwischen der Besonderheit der kapitalistischen Produktionsweise: die Lohnarbeit und die Ähnlichkeit des kapitalistischen Produktionsprozesses mit den vorhergehenden: a) der unmittelbare Arbeitsprozess ist, wenn auch nicht vorherrschend, zumindest sehr wichtig und hat den Mann als Grundlage („der Arbeiter“ [„l’ouvrier“, wortwörtlich „der Werker“]), die Bezeichnung ist vielsagend, vollbringt die Totalität des Produktionsprozesses, oder zumindest annähernd, und die notwendige Arbeitszeit entspricht ungefähr der Mehrarbeitszeit; b) weite Gebiete haben nur eine präkapitalistische Produktion, sowohl ausserhalb als auch innerhalb der kapitalistischen Länder.
„In Folge hat der Proletarier im Produktionsprozess einen doppelten 
Charakter – sagen wir halb halb – als Produzent von Gebrauchswert 
(Arbeiter) und Produzent von Tauschwert (Proletarier). Daraus entsteht eine „Dichotomie“ innerhalb des Proletariers selbst:
als potentielle Ware (Ware Arbeitskraft) – enteignet – ist er vollständig Proletarier;
als besondere, im Produktionsprozess operierende Ware (Arbeits- und 
Verwertungsprozess) ist er „sowohl Proletarier als auch Arbeiter, aber 
allen voran Arbeiter.“ [19]
Das Proletariat erscheint also zu dieser Zeit als Klasse der Arbeit,
 was eben der Entwicklung des Produktionsprozesses entspricht. Die 
Arbeiterklasse erschafft sich also die Verteidigungsorgane ihrer 
unmittelbaren Interessen, die Verteidigung des Preises ihrer 
Arbeitskraft: die Gewerkschaften. Sie treten als die Repräsentanten des 
menschlichen Arbeitsprozesses gegen den wissenschaftlichen und 
mechanisierten Arbeitsprozess, gegen den Verwertungsprozess zutage. Es 
ist jedoch hier, wo sich das Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital als 
invariable Grösse zeigt, diese Verteidigung der Interessen der 
Arbeitskraft innerhalb jenes kapitalistischen Verhältnisses der 
Lohnarbeit, welches zum Triumph des Verwertungsprozesses tendiert. 
„Beträchtliche Lohnerhöhungen zwingen das Kapital tatsächlich immer 
dazu, sich zu mechanisieren, lang- oder kurzfristig, und immer mehr; das
 gleiche gilt für die Verkürzung des Arbeitstages; es ist somit der 
Übergang von einer extensiven zu einer intensiven Ausbeutungsweise, vom 
absoluten zum relativen Mehrwert.“ [20]
In Tat und Wahrheit ist die „Arbeiterbewegung“ der adäquate Ausdruck der Wertbewegung selbst,
 denn sie tendiert dazu, den Verwertungsprozess im Sinne der reellen 
Herrschaft des Werts voranzutreiben. Die Arbeiterbewegung ist die 
wirkliche Lenkerin der Proletarisierungsbewegung. Im Paar Kapital-Arbeit
 ist es die Arbeit, die aktiv ist und, durch ihre eigenen Forderungen, 
ihrem mit ihr verbundenen Feind – dem Kapital – die Reproduktion 
ermöglicht. Die Arbeiterbewegung ist der Ausdruck der Bewegung des 
variablen Kapitals, des Proletariats als ökonomische Kategorie des 
Kapitalismus.
Unter diesen Bedingungen fiel die Entwicklung der gewaltigen deutschen 
(und anderen) sozialdemokratischen Gewerkschaften mit den Interessen der
 progressiven, industriellen Bourgeoisie zusammen; es war eben eine 
Notwendigkeit für die Entwicklung des Kapitals, zum offensichtlichen 
Nachteil der reaktionären Landbourgeoisie. Die wesentlichen Probleme der
 Geschichte waren die nationale Einigung und die Planungsorganisation 
des Kapitals. Die sich intensiv entwickelnden Gewerkschaften wurden 
schnell von der radikalen Bourgeoisie unterstützt: Die Organisation des 
variablen Kapitals war eine Voraussetzung für die Entwicklung der 
nationalen kapitalistischen Akkumulation. Die Sozialdemokratie war der 
politische Ausdruck dieses Phänomens. Die nationale Planung der 
Arbeitskraft machte aus den Sozialdemokraten die Makler und die 
Organisatoren dieser Arbeitskraft und die Verteidiger der 
Nationalökonomie, der Verstaatlichung der Produktion. Der Mythos der 
Verstaatlichung der Produktion als Sozialismus war von Engels im Anti-Dühring
 gut analysiert worden: „Aber weder die Verwandlung in 
Aktiengesellschaften noch die in Staatseigentum, hebt die 
Kapitaleigenschaft der Produktivkräfte auf. Bei den Aktiengesellschaften
 liegt dies auf der Hand. Und der moderne Staat ist wieder nur die 
Organisation, welche sich die bürgerliche Gesellschaft gibt, um die 
allgemeinen äußern Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise 
aufrechtzuerhalten gegen Übergriffe, sowohl der Arbeiter wie der 
einzelnen Kapitalisten. Der moderne Staat, was auch seine Form, ist eine
 wesentlich kapitalistische Maschine, Staat der Kapitalisten, der 
ideelle Gesamtkapitalist. Je mehr Produktivkräfte er in sein Eigentum 
übernimmt, desto mehr wird er wirklicher Gesamtkapitalist, desto mehr 
Staatsbürger beutet er aus. Die Arbeiter bleiben Lohnarbeiter, 
Proletarier. Das Kapitalverhältnis wird nicht aufgehoben, es wird 
vielmehr auf die Spitze getrieben.“ „Das Konzept der Arbeiterklasse war 
eine Antwort auf die Wirklichkeit der kapitalistischen Ökonomie; es war 
eine pazifistische, gradualistische, demokratische und reformistische 
ökonomische Konzeption.“ [21]
 Die Arbeiter mussten sich als Konsumenten (deswegen die 
Genossenschaften) und als Produzenten (deswegen die Gewerkschaften), als
 Wähler (deswegen die parlamentarischen Gruppen), als Quartierbewohner 
(deswegen die Gemeindegruppen) und als Teilnehmer am ideologischen und 
kulturellen Leben (deswegen die Chöre, die Schulen, die kulturellen 
Gruppen usw.) organisieren. Die Partei war der all diese Teile verbindende Organismus, die organisatorische und ideologische Kohäsion der Arbeiterbewegung. Das Proletariat, die revolutionäre Klasse war verschwunden, um den kapitalistischen Kategorien Platz zu machen.
III. Das Proletariat/variable Kapital fand also seinen Ausdruck in 
der sozialdemokratischen Partei. Die gewöhnlichen Erklärungen bezüglich 
des Wesens der Sozialdemokratie, entweder anhand der Existenz der 
Arbeiteraristokratie, oder dem Wirken einer reformistischen Führung, sind
 besonders unzutreffend. Doch noch weniger real ist die Erklärung der 
Sozialdemokratie als Repräsentantin der Mittelschichten der Bourgeoisie:
 Professoren usw. Sie war die Repräsentantin des Proletariats als variables Kapital, nicht weniger und nicht mehr.
 Sie war die Repräsentantin der modernen Entwicklung des Kapitals: 
nationale Einigung, Übergang zur reellen Herrschaft, Konzentration der 
Produktivkräfte, „Vergesellschaftung“, Laizisierung der Schule, 
Organisation der Arbeitskraft, Entwicklung der wissenschaftlichen 
Forschung, progressive Fusion der Wirtschaft und der Politik, 
Staatsverehrung usw.
Was Lassalle und Bismarck, dann Bebel, Liebknecht, Kautsky, Volmar und 
Bernstein zu tun versuchten, wird 1919 von Ebert, Noske und Scheidemann 
verwirklicht. Das Wirtschaftsprogramm der Sozialdemokratie wird vom 
Nationalsozialismus verwirklicht: Die unmittelbaren Forderungen des 
Proletariats werden gegen dasselbe verwirklicht. Die Sozialdemokratie 
war die politische Bewegung der Tendenz des Proletariats, 
gesellschaftlich vorherrschende Klasse zu werden (innerhalb des 
Kapitalismus, da Klasse und Proletariat/Arbeiterbewegung).
Die Analyse der sozialdemokratischen Praxis ist nicht das Ziel dieses 
Textes, diese wäre sehr langwierig und würde eine vertiefte Studie 
erfordern, die übrigens nie unternommen worden ist; doch wir können auf 
der Ebene der alltäglichen Existenz der deutschen Gesellschaft gewisse 
Züge skizzieren.
Die Sozialdemokratie stellte die unglaublichste Einbettungs- und 
Disziplinierungskraft der Arbeiterklasse dar, im Austausch gegen ein 
Feilschen um den Preis der Arbeitskraft; ihre Kontrolle über die 
Gewerkschaften war absolut. „Die personelle Vereinigung, wovon wir 
weiter oben sprachen, ist umso mehr garantiert, als dass es vereinbart 
ist, dass die Gewerkschaften nur permanente Sekretäre, und 
gewissermassen Funktionäre wählen, welche Mitglieder der Partei sind.“ [22]
 Sie war eine wahrhaftige Gesellschaft in der Gesellschaft, ein Staat im
 Staate mit ihren Gewerkschaften, Funktionären, Abgeordneten, 
Frauenbünden, Jugendorganisationen, Journalisten und ihrer Presse (zu 
der bis zu 89 Tageszeitungen gezählt werden können!), 
Parteischule, einer wahrhaftigen Universität, ihren 
Gemeindeabgeordneten, Kultur-, Turn- oder Musikgesellschaften, 
Sanatorien, ihrem Geld, ihren Aktien usw. Ihre Organisation diente daher
 als Grundlage für den deutschen Wiederaufbau nach dem Ersten Weltkrieg.
 Diese enorme Maschine sonderte selbstverständlich eine Masse an 
Berufstätigen, Gewerkschaftsbonzen und politischen Funktionären, 
Journalisten und Ökonomen ab, die sehr schnell zu einer wirklichen 
gesellschaftlichen Schicht mit ihren materiellen Interessen, ihrer 
Mentalität, ihrem Gewicht in der politischen Waage wurden. Diese 
Fraktion des Kleinbürgertums, welche wortwörtlich durch die Entwicklung 
der Sozialdemokratie erschaffen wurde, wurde durch den Einschluss
 eines beträchtlichen Teils des deutschen Klein- und Mittelbürgertums 
gestärkt; alle „treibenden Kräfte“ der deutschen Gesellschaft schlossen 
sich der Organisation an: Professoren, Intellektuelle, Akademiker, 
Doktoren, Schriftsteller, Juristen, Ökonomen usw. Und selbstverständlich
 wurde das Bündnis dieser verschiedenen Elemente sehr schnell zur 
Grundlage der Führung der Partei selbst. Das Bündnis zwischen der 
Arbeiterklasse (durch die Vermittlung der „Arbeiteraristokratie“ und 
ihren verschiedenen gewerkschaftlichen und politischen Repräsentanten) 
und der sozialdemokratischen Intelligenzija kam im Sinne einer 
absoluten Unterordnung des deutschen Proletariats unter das 
Mittelbürgertum der Partei, unter ihre Anführer zu Stande. Der 
Burgfrieden von 1914 war darin schon vorgezeichnet. Und die Wurzeln der 
marxistischen (d.h. kautskystischen, dann leninistischen) Ideologie 
waren darin getränkt.
IV. Die „marxistische“ Theorie, die allen voran von Engels, und dann 
Bernstein und Kautsky ausgearbeitet und formuliert wurde, geht von 
dieser historischen Grundlage aus. Wir wiederholen hier die allseits 
bekannte Analyse dieser ideologischen Wende nicht, die von Karl Korsch 
ausführlich analysiert wurde und wozu sich auch Jean Barrot [Gilles 
Dauvé] und Pierre Guillaume in ihren Nachworten zu Trois sources du marxisme [Die historische Leistung von Karl Marx] in den Cahiers Spartacus äusserten, sondern wir wollen nur die Basis dieser ideologischen Wende verstehen.
Das Bündnis/Herrschaftsverhältnis zwischen den Arbeitern und den 
Intellektuellen innerhalb der Partei musste zwangsläufig zur daraufhin 
in Was tun? von Lenin entwickelten Theorie führen. Kautsky 
schrieb: „Das moderne sozialistische Bewußtsein kann nur erstehen auf 
Grund tiefer wissenschaftlicher Einsicht. […] Der Träger der 
Wissenschaft ist aber nicht das Proletariat, sondern die bürgerliche Intelligenz
 […] Das sozialistische Bewußtsein ist also etwas in den Klassenkampf 
des Proletariats von außen Hineingetragenes, nicht etwas aus ihm 
urwüchsig Entstandenes.“ [23]
 Diese These ist freilich die Negation der Marxschen Hauptthese: „Es ist
 nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr 
gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“ Von da an war und
 wurde alles möglich. Die Trennung zwischen Sein und Bewusstsein auf der
 Ebene der Theorie reflektierte die Trennung zwischen 
konterrevolutionärer Praxis und revolutionärer Theorie. Die von Marx 
formulierte Theorie des Proletariats wurde zur „marxistischen“ Theorie. 
Die Kritik der politischen Ökonomie, der Bedingungen, die das 
Proletariat unweigerlich dazu bringen, sie zu zerstören, wurde zur 
Wissenschaft der Ökonomie und ihrer Gesetze. Die Dialektik wurde zu 
einer Technik der formellen Logik. Die Kategorien des Denkens wurden 
autonom. Der historische Materialismus wurde zu einer Methode für die 
Wissenschaften (zu einem Moment des bürgerlichen Denkens). Die Theorie 
verwandelte sich in Soziologie, Ökonomie, Rechtswissenschaft, Rezeptbuch
 für die politische Aktion usw. Sie wurden zu einer Wissenschaft unter 
anderen, zur höchsten Wissenschaft, zur Wissenschaft der Synthese. Denn 
eine Sache ging in all dem vergessen: Die von Marx ausgearbeitete 
Theorie war eine Theorie des Proletariats, eine Theorie der Bewegung der
 praktischen Subversion der Gesellschaft, und nicht eine 
Wissenschaft, der Begriff „wissenschaftlicher“ Sozialismus war nur eine 
Antwort auf den „utopischen“ Sozialismus. Diese „Ideologisierung“ der 
Theorie musste zwangsläufig mit der Trennung des Proletariats von seiner
 Theorie einhergehen; sie wurde zur Theorie der Trennung, zur 
theoretischen Grundlage der gesellschaftlichen Trennung. Sie tendierte 
dazu, die gesellschaftliche Trennung als ewig zu theoretisieren, und 
somit, sich in eine Theorie der gesellschaftlichen Bewegung als 
ewige Bewegung zu verwandeln, zur Theorie der kapitalistischen Dynamik 
des Werts, und v.a. dazu, das Endziel in der Versenkung verschwinden zu lassen: den Kommunismus
 (siehe Bernstein: „Die Bewegung ist alles“). Die Trennung zwischen der 
Ökonomie und dem Sozialismus wurde als historische Wahrheit beansprucht,
 während der Ökonomismus wütete. Dieses Verschwinden des „Endziels“ in 
der Versenkung ging mit einer Unkenntnis grundlegender Marxscher 
Schriften (die Grundrisse) oder ihrer Bewertung als relativ 
nebensächlich (Jugendschriften) einher, was die Strömung der Ablehnung 
der unmittelbaren Bewegung selbst während punktuellen Momenten des 
Bruchs nur stärkte. 
Die Sozialdemokratie war das konterrevolutionärste Organ dieser Zeit: Da
 sie intern die kapitalistische Gesellschaft neu erschuf, konnte sie 
diese nur verewigen. Der Marxismus war die Musik dieser Symphonie und 
wurde deshalb von allen „Revolutionären“ der Zeit kritisiert.
C. Anarchismus und kommunistische Bewegung
I. Um die qualitative Bedeutung der anarchistischen Bewegung zwischen
 1875 und 1905 zu verstehen, müssen wir von zwei durch die Niederlage 
des revolutionären Angriffs ausgelösten ideologischen Wenden ausgehen.
Allen voran verwandelte sich die „Partei Marx“ nach dem 
Tod von Marx bekannterweise in die marxistische Partei, doch der Prozess begann schon 
als er noch lebte; die letzte revolutionäre Intervention, die Kritik des Gothaer Programms, blieb privat, Marx und Engels begannen, gegenüber den Sozialdemokraten öffentlich
 nachzugeben, obwohl Marx in etlichen Briefen die Marxisten hart 
kritisiert, bleibt das sorgfältig kaschiert. In Tat und Wahrheit 
bevorzugt er es, sich mehr oder weniger abseits all dieser Agitation zu 
halten und unermüdlich seine 1871 unterbrochene Kritik der politischen 
Ökonomie weiterzuführen, worin er so weit geht – ein Zeichen, dass er 
sich auf der Höhe der Zeit und der kommenden Revolutionen platzierte – 
sich dem Studium der russischen Wirtschaft und Gesellschaft zu widmen. 
In dieser Tätigkeit repräsentierte er die revolutionäre Bewegung 
inmitten eines konterrevolutionären Zyklus, und nicht in seiner 
öffentlichen Tätigkeit, so mager sie auch gewesen sein mag (was sie 
willentlich war), innerhalb der Sozialdemokratie, eine Tätigkeit, welche
 ihn hin zu ambivalenten Positionen abgleiten liess, statt mit all diesen
 Leuten zu brechen. Nach seinem Tod diente Engels, wie wir gesehen 
haben, dem internationalen, d.h. sozialdemokratischen Marxismus als 
Feigenblatt und all seine politische Tätigkeit war in ihrer Gesamtheit konterrevolutionär,
 obwohl er weiterhin die Arbeit der ehemaligen Partei Marx 
theoretisierte und der zukünftigen Bewegung einen wichtigen Beitrag 
lieferte (Anti-Dühring, Dialektik der Natur, Ursprung der Familie
 usw.), wobei er der Radikalität der revolutionären Kritik in einigen 
Punkten in seinen Werken eine gewisse Würze nahm. Die Wende ist 
vollbracht: Die von der „Partei Marx“ formulierte Theorie, welche der 
Ausdruck der revolutionären Tätigkeit des Proletariats bis 1874 und der 
kommunistischen Bewegung von ihrer Entstehung bis zu ihrer 
Verwirklichung war, ist zu einem ideologischen System mit 
wissenschaftlichen Ansprüchen geworden, das mehrere Sektionen enthält: 
Ökonomie, Soziologie, Geschichte, Politik usw. Die Kategorie der 
Totalität wird zu ihrem Gegenteil: anstatt Subversion der Gesellschaft 
wird sie zur Gesellschaft selbst. Die Annahme dieses ideologischen 
Systems durch die konterrevolutionäre Arbeiterbewegung verläuft übrigens
 nicht ohne die Beseitigung oder Entstellung gewisser Aspekte. Die 
Transformation der von Marx formulierten Theorie und der Organisationen,
 welche sie beanspruchen, in organisatorische und ideologische Verlängerungen
 des Systems geht mit dem Vergessen des Wesens des Kommunismus und der 
kommunistischen Revolution einher. Die Franzosen (Jules Guesde und seine
 Freunde) gehen sogar so weit, zum Kollektivismus zurückzukehren: Der Kreis ist geschlossen.
Die anti-autoritäre Partei hat sich übrigens auch verändert. Zuvor Sekte
 innerhalb der Ersten Internationale und bis etwa 1875 – was einerseits 
einer gewissen Unvollständigkeit des Verständnisses der wirklichen 
Bewegung und des Wesens der proletarischen Revolution, andererseits der unmittelbaren
 Kritik der Politik durch die Arbeiterklasse entsprach – wurde sie mit 
dem Ankommen der vielen ihr beitretenden Kommunarden nach der Niederlage
 zum Refugium von Arbeitergruppen, die sich hier und dort gegen die 
Repression zur Wehr setzen, von einigen Revolutionären, die sich der 
Niederlage verweigern. Alles in allem ist die anti-autoritäre Partei die
 Fahne, rund um welche sich die Überlebenden verbünden. Doch es kommt zu
 einem viel tieferen Phänomen; in unterschiedlichem Ausmass, je nach Ort
 mehr oder weniger schnell, verjüngt neues Blut die Bewegung: Viele 
Revolutionäre, man könnte gar sagen fast alle Revolutionäre, 
wurden Teil davon, entweder um Anarchisten zu werden oder mit ihnen 
zu arbeiten. Ein grosses zentrales Thema vereinigt sie alle: die Verweigerung der Sozialdemokratie, der offiziellen sozialistischen, etatistischen, parlamentarischen Bewegung usw., und somit des „Marxismus“. Seien es Pindy [24] oder Lefrançais [25],
 welche die radikalste Fraktion der Kommune repräsentieren, William 
Morris 1884 oder Nieuwenhuis 1893, es handelt sich um eine zeitlich und 
räumlich vielfältige Bewegung. In Deutschland und in Schweden entsteht 
die anarchistische Bewegung auf der Grundlage einer Spaltung innerhalb 
der Sozialdemokratie. Ob die einen, wie Pindy oder Nieuwenhuis, 
Anarchisten werden; die anderen, wie Morris oder Lefrançais, nicht, 
ändert nichts am Problem. Es handelt sich hier um eine unumkehrbare 
Bewegung. Und während die Marxisten aus „Realismus“ zu Kollektivisten werden, werden die Anti-Autoritären zu Kommunisten;
 ein Phänomen, das ungefähr mit dem Tod Bakunins einsetzt, was nicht 
ohne Bedeutung ist – die bakuninistische (kollektivistische) 
anarchistische Bewegung war mit der Ersten Internationale, der Kommune 
und ihren Folgen verbunden; es geht hier also nicht um den Versuch, 
diese Epoche der anti-autoritären Bewegung zu erfassen, eine übrigens 
sehr interessante Epoche, die jedoch nicht das Thema dieser Arbeit ist. 
Folgendes sollte hingegen gesagt sein, es ist sehr wichtig, um diese globale Epoche
 der Arbeiterbewegung (in ihrer Gesamtheit) zu verstehen und es bleibt 
häufig im Dunkeln: Genau wie sich die Sozialdemokratie in der ideologischen
 Kontinuität der von Marx und Engels formulierten Theorie des 
Proletariats organisiert hat, gründete der kommunistische Anarchismus 
auf der von Bakunin zwischen 1866 und 1873 formulierten Kritik des 
Staates. Auf beiden Seiten handelt es sich um einen Wechsel der 
Perspektive, doch in unterschiedliche Richtungen: Rückschritt auf einer 
Seite, Überwindung auf der anderen (die Theorie von Bakunin wird als 
Grundlage für eine zur Radikalität tendierenden Kritik benutzt).
II. In Tat und Wahrheit findet man alle grundlegenden Diskussionen der kommunistischen Bewegung und Theorie, geschminkt mit einem anarchistischen Vokabular und Apparat, in der anti-autoritären Bewegung zwischen 1875 und 1905 wieder. Der Anarchismus ist während dieser konterrevolutionären Periode das Refugium der „kommunistischen“ Leute und Ideen. Dieses Phänomen einer proletarischen und revolutionären Sekte, die das Wesentlichste des verknoteten Erbes des kommunistischen Projekts bewahrt, um es den künftigen Generationen, wenn auch auf eine partielle und mystifizierte Art und Weise, zu übermitteln, steht übrigens in einem direkten Zusammenhang mit der Verweigerung einer formellen Organisation. Es ist eben genau die Verweigerung einer Organisation als politische Partei, die es den Anarchisten erlaubte, dem Laufe der Zeit zwischen zwei revolutionären Angriffen zu widerstehen, da jeglicher Aufbau einer formellen Organisation oder Gruppierung während einer konterrevolutionären Periode nur diese Periode organisch bestätigen und entwickeln kann. Während dem Ersten Weltkrieg bilden sich die kommunistischen Gruppen oder Kerne auf der Grundlage der Kritik der Zweiten Internationale, nicht nur als theoretisches Korpus, sondern auch als Institution des Kapitals, und des Bruches damit, und die Anarchisten konnten in umgekehrtem Verhältnis zu ihrem Grad der Organisation die revolutionäre Theorie während der Periode, die uns interessiert, mehr oder weniger bekräftigen. Der Platz fehlt hier für eine geschichtliche Abhandlung oder eine vertieftes Studium dieses Phänomens, doch wir können dessen Manifestation aufgrund eines unserer Meinung nach grundlegenden Beispiels veranschaulichen.
III. Die erste Diskussion betrifft den Gegensatz „kollektivistische 
Anarchisten“ und „kommunistische Anarchisten“ und den Übergang von einer
 Konzeption zur anderen. Es ist überaus klar, dass sich diese Diskussion
 und alles, was sie begleitet (Problem des Überflusses, des Nehmens von 
einem Haufen, der Berechnung der Arbeitszeit usw.), mit der wesentlichen, von Marx formulierten Problematik deckt (v.a. die Grundrisse und die Kritik des Gothaer Programms), die von allen Marxisten aufgegeben worden war (erst mit Pannekoek und den holländischen Tribunisten und Bordiga wird die Frage des Wesens
 der kommunistischen Produktion wieder gestellt). Diese Problematik 
wurde offenkundig auf diese absolute Art und Weise beiseite gelegt, weil
 die historische Wirklichkeit nicht die kommunistische Revolution, 
sondern die Entwicklung des Kapitals trug; die Arbeiterbewegung, eben 
bestehend aus Arbeiter der Kapitalbewegung, konnte sich nicht 
theoretisch mit einem Problem auseinandersetzen, das sie nicht einmal 
versuchen konnte, zu lösen; nur einige Individuen und Gruppen, welche 
trotz der Zeit die Perspektive des Kommunismus behielten, konnten sich 
mit dem Problem auf kaum bewusste Art und Weise auseinandersetzen.
Wir werden die Entwicklung dieser Diskussion schlicht und einfach durch 
eine Montage von Texten zeigen, welche wir mit einem „Marxschen“ Text 
vergleichen (jedoch ohne diese Diskussion historisch aufzuarbeiten, eine
 Studie, die mehr als einige Seiten verdienen würde und der wir uns als 
nächstes widmen).
Der erste Text, welcher den anarchistischen Kommunismus erwähnt, erscheint im Februar 1876 in Genf in der Broschüre Travailleurs manuels partisans de l’action politique [Handarbeiter als Anhänger der politischen Aktion] und stammt von Dumartheray, Teil einer Gruppe von Flüchtlingen aus Lyon und den Savoyen, „L’Avenir“ [„Die Zukunft“].
Tatsächlich ist bis dahin der von Bakunin und v.a. James Guillaume verteidigte Kollektivismus das unangefochtene Prinzip.
„Die Internationale, wie sie aus ihrem Basler Kongreß 1869 hervorging, war kollektivistisch, aber sie war – auch in ihren fortschrittlichsten Sektionen – nur wenig anarchistisch. Sie war kollektivistisch im damaligen Sinne des Wortes, was bedeutete, daß der Boden, die Arbeitswerkzeuge, kurz, alle Produktionsmittel Kollektiveigentum sein würden und daß jeder Arbeiter, ob allein oder assoziiert, ein Recht auf das vollständige Produkt seiner Arbeit haben würde. Doch hatte sie keine klaren und bestimmten Vorstellungen über die Art und Weise, wie jedem Individuum oder jeder Assoziation der jeweilige Bodenanteil, die Rohstoffe und die Werkzeuge zugewiesen werden sollten, wie die Arbeit eines jeden gemessen und wie ein Wertmaßstab für den Tausch festgesetzt werden sollte. All dies sollte von der „Kollektivität" besorgt werden, und man achtete nicht allzusehr auf die Gefahr, daß diese „Kollektivität" in Wirklichkeit dann nichts anderes als eine Regierung sein könnte, das heißt einige Personen, die die Macht ergriffen und den anderen ihren Willen aufgezwungen hätten.“ [26]
„DAS EIGENTUM: Wir haben bereits gesagt, daß das individuelle Eigentum aufgehoben wird, besser noch, daß seine Aufhebung und die Beseitigung sämtlicher sich vorgeblich aus ihm ergebender Rechte (Erbschaft usw.) notwendige Voraussetzung für den Sieg der Solidarität in den menschlichen Beziehungen darstellt. Wir möchten jetzt einige Worte zu dem organisatorischen System sagen, das an die Stelle des Systems des Privateigentums treten wird.
Die Internationale war lange Zeit kollektivistisch, das heißt sie wollte, daß der Boden, Rohstoffe, Arbeitswerkzeuge, kurz, alles, was der Mensch für seine – produktive – Tätigkeit braucht, Kollektiveigentum würde, dessen ein jeder sich für seine Arbeit bedienen dürfe; sie wollte, daß das Produkt der Arbeit voll und ganz dem Arbeiter gehöre, sei dieser nun allein oder assoziiert, mit Ausnahme des proportionellen Anteils für die allgemeinen Ausgaben.
Daraus folgten die Formeln: einem jeden nach seiner Arbeit, oder, was das gleiche ist: dem Arbeiter das vollständige Produkt seiner Arbeit – wer arbeitet, ißt, wer nicht arbeitet, ißt nicht - es sei denn, es bestünde Arbeitsunfähigkeit: in diesem Fall hätte der Arbeitsunfähige das Recht, von der Gesellschaft die zur Befriedigung seiner Bedürfnisse erforderlichen Mittel zu erhalten.
Doch ist der Kollektivismus Gegenstand zahlreicher, schwerwiegender Einwände.
In ökonomischer Hinsicht beruht er voll und ganz auf dem Prinzip, daß sich der Wert des Produkts nach der zu seiner Herstellung erforderlichen Arbeitszeit bemißt. Nun ist es aber unmöglich, den so definierten Wert festzusetzen, wenn man nicht nur die Dauer oder andere der Arbeit äußerliche Elemente berücksichtigen will, sondern auch die gesamte mechanische und intellektuelle Anstrengung, die diese erfordert. Da außerdem die verschiedenen Bodenanteile mehr oder weniger produktiv und die Arbeitswerkzeuge nicht alle von der gleichen Qualität sind, würde jeder versuchen, den besten Boden oder die besten Werkzeuge zu erhalten, ebenso wie er versuchen würde, den eigenen Produkten den größten Wert und den Produkten der anderen den kleinstmöglichen Wert zuzumessen, so daß die Verteilung der Werkzeuge und der Austausch der Produkte schließlich nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage erfolgen würden, was einen Rückfall in die Konkurrenz, in die bürgerliche Welt bedeuten würde.
Vor allem jedoch ist der Kollektivismus mangelhaft in Bezug auf seine sittliche Grundlage. Er gründet sich, genau wie die bürgerliche Ideologie, auf das Prinzip des Kampfes, nur versucht er, zwischen den Kämpfern von Beginn an Gleichheit herzustellen. Läßt man das Prinzip des Kampfes gelten, dann gibt es zwangsläufig Sieger und Besiegte, und wer den ersten Sieg davonträgt, erwirbt sich Vorteile, die ihm fast immer noch größere Siege sichern. Der Kollektivismus ist unfähig, jene Revolution, jene tiefgreifende sittliche Veränderung des Menschen herbeizuführen, in deren Folge niemand mehr etwas tun wird und tun wollen wird, das anderen schaden könnte: deshalb ist er unfähig, sich zu halten. Er ist unvereinbar mit der Anarchie; er bedürfte einer regulierenden und mäßigenden Macht, die jedoch unterdrückerisch und ausbeuterisch werden und den Weg zuerst zum korporativen und dann zum individuellen Eigentum bereiten würde.“ [27]
„In Italien waren wir nur einige wenige (Cafiero, Covelli, Costa, ich selbst und ein oder zwei andere, an die ich mich nicht mehr erinnern kann), welche zum Entschluss kamen, den Kollektivismus aufzugeben, der bis anhin in der Internationale propagiert wurde, und die Delegierten am Kongress von Florenz (1876) dazu zu bringen, den Kommunismus zu akzeptieren, was somit für die gesamte italienische Föderation der Internationale galt...“ [28]
„Eine wichtige Thatsache ist der Beitritt des italienischen Sozialismus zur Gemeinschaftlichkeit des Arbeitsertrages...“ [29]
„Die italienische Föderation betrachtet das kollektive Eigentum der 
Produkte der Arbeit als notwendige Ergänzung zum kollektiven 
Fortschritt; der Einsatz aller zur Befriedigung eines jeden ist die 
einzige Regel der Produktion und des Konsums, welche dem Prinzip der 
Solidarität entspricht.
Der föderale Kongress von Florenz hat auf redegewandte Art und Weise die
 Meinung der Italienischen Internationale zu diesem und dem 
vorhergehenden Punkt aufgezeigt.
Gruss und Solidarität,
Die föderalen italienischen Abgeordneten am Kongress von Florenz
Errico Malatesta, Carlo Cafiero.“ [30]
„In Italien haben wir uns viel mit diesen Fragen beschäftigt. Einig mit den Internationalisten aller Länder hinsichtlich des Prinzips, daß alle Arbeiter sein müßten, daß niemand die Möglichkeit haben dürfte, durch die Unterdrückung und Ausbeutung der anderen zu leben und daß Brüderlichkeit und Solidarität unter allen Menschen an die Stelle von Kampf und Konkurrenz für einen Wohlstand auf Kosten anderer treten müssen, waren wir allerdings der Auffassung, daß im Kollektivismus weiterhin ein Grund zum Kampf um die Zuteilung der vorteilhaftesten Produktionsmittel und um den Wert, den ein jeder seinen eigenen Produkten im Vergleich zu den anderen würde geben wollen, vorhanden war.“ [31]
Im April oder Mai 1877 erscheint in Bern in der Schweiz eine Broschüre, Statuten der anarchistisch-kommunistischen Partei der Leute deutscher Sprache, welche unter den Einfluss von Brousse, Costa und Kropotkin von deutschen Arbeitern geschrieben wurde, welche der Gruppe mit Emil Werner, Rinke und Reinsdorf angehörten, jene Leute, welche später die Gruppe rund um Freiheit von Johann Most bildeten. Im September 1877 am Kongress von Verviers der Internationale entsteht eine grosse Debatte zwischen Costa und Brousse einerseits, die den Kommunismus unterstützten, gegen die Spanier Morago und Vinas andererseits, die den Kollektivismus verteidigten. Doch ab 1879 wird der Kommunismus – ausser von den Spaniern der Föderation der Arbeiter, die Vorgängerorganisation der zukünftigen CNT und einigen Ausnahmen wie die Anarchosyndikalisten avant la lettre James Guillaume und Adhémar Schwitzguébel, die den Bakuninschen Kollektivismus der alten Jurassischen Föderation repräsentieren – von der gesamten revolutionären anarchistischen Bewegung ins Programm aufgenommen (wir sprechen natürlich nicht von den Individualisten, den Proudhonianern, Mutualisten).
„Die Anarchisten wollen für die Zukunft:
1) den anarchistischen Kommunismus als Ziel, mit dem Kollektivismus als Übergangsform des Eigentums...“ [32]
„An den ersten Kongressen der Internationale des französischen Proletariats gab es nur einige Arbeiter, welche die Idee des kollektiven Eigentums akzeptierten. Es brauchte die Beleuchtung der ganzen Welt durch die Brände der Kommune, um die revolutionäre Idee zu prüfen und zu verbreiten, was uns zum Kongress von Le Havre führt, der durch die Stimme von 48 französischen Arbeitern den libertären Kommunismus als Ziel anerkennt.“ [33]
„JEDEM NACH SEINEN BEDÜRFNISSEN, JEDEM NACH SEINEN FÄHIGKEITEN:
...Wir fügen an, dass das Eingeständnis, dass jeder nur das Recht auf 
den Konsum seiner Produktion hat, die Erschaffung der deutlichsten 
Ungleichheit darstellt, es bedeutet, gegen die natürlichen Gesetze in 
den Aufstand zu treten, die einzigen, welche unveränderlich sind. Kurz, 
es bedeutet die Rekonstitution dieses individuellen Eigentums in 
kürzester Zeit, jenes individuellen Eigentums, gegen welches wir uns 
heute erheben und welches die Ursache all unserer Übel und all unseres 
Elends ist.
Wenn wir jedem Arbeiter das Recht anerkennen, die Frucht seiner 
Produktion sein eigen zu nennen, wird wohl tatsächlich eingeräumt werden
 müssen, dass er frei sein wird, sie zu konsumieren oder nicht, oder 
zumindest davon nur so viel zu konsumieren, wie er möchte, um den 
Mehrertrag zu sparen und eines Tages von den Aufwänden der Produktion 
befreit zu sein. 
Wenn die Mitglieder der Gesellschaft frei sind, das Produkt zu 
konsumieren oder nicht, wie werdet ihr dieses jeder gut organisierten 
Gesellschaft notwendige Gleichgewicht erstellen, d.h. das Gleichgewicht 
zwischen der Produktion und dem Konsum...
Gehen wir von zwei zusammenlebenden Wesen aus, jedoch unter 
gegenteiligen natürlichen Bedingungen; der eine ist zur Produktion 
unfähig mit einem Temperament, das einen ausgiebigen Konsum braucht; der
 andere hingegen ist voller Intelligenz, doch hat ein Wesen, das sich 
mit guten Lebensmitteln zur Garantie seiner Existenz begnügen kann; 
diese zwei Wesen sind gleich, die Gesellschaft folgt ihnen, gibt ihnen 
alles, was sie brauchen bis ins Mannesalter, doch ab diesem Alter sind 
sie auf sich allein gestellt. Was wird geschehen? Der eine wird nicht 
einmal genug produzieren können, um satt zu werden, während der andere 
nie wenig genug arbeiten können wird, um nur das zu produzieren, was er 
braucht... Wenn der Zweite nicht sein gesamtes Produkt konsumieren kann,
 warum nicht eingestehen, dass der Erste davon profitieren kann?“ [34]
Man sieht in diesen paar Auszügen sehr klar, wie die kommunistische 
Produktion durch ihre grundlegenden Prinzipien eingegrenzt ist:
- die gesellschaftliche Produktion ist unmittelbar,
- der Tausch ist abgeschafft,
- die Arbeitszeit ist nicht mehr der Massstab der menschlichen Tätigkeit und somit ist der Wert abgeschafft,
- die Produktion orientiert sich an der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse.
Und das kommunistische Programm des 19. Jahrhunderts, unter der formellen Herrschaft, ist klar skizziert: Die Arbeit wird auf alle ausgeweitet, da ihre Abschaffung damals nicht möglich war.
Doch schon sehr schnell entstehen Probleme, die Anhänger des 
Kollektivismus machen den Einwand geltend, dass es den Überfluss auf der
 Erde brauche, um dieses Ideal zu verwirklichen, und dass dieser nicht 
existiere. Zu diesem Zeitpunkt entwickelt sich eine simplistische und 
dogmatische kommunistisch-anarchistische Strömung, die behauptet, die 
Verwirklichung des Kommunismus sei in Anbetracht des in der 
kapitalistischen Gesellschaft bereits vorherrschenden Überflusses 
unmittelbar ohne Übergangsphase möglich. Diese „amorphe“ Strömung 
begnügt sich danach mit der Beschreibung eines subutopischen Systems der
 idealen Gesellschaft, ohne sich mit der wirklichen Bewegung zu 
befassen, die dorthin führt, und dies sogar während die bürgerliche 
Gesellschaft zerstört wird. Auf diese Ideologie des „Nehmens von einem 
Haufen“ antwortet Malatesta mit einer Präzisierung des Inhalts des 
Kommunismus, indem er ihn als zu erreichendes Ziel und sich entwickelnde
 menschliche Bewegung präsentiert, er macht nach der Revolution den 
Umweg über die kollektivistische Organisation mit allem, was sie an 
„bürgerlichem Recht“ voraussetzt, diese Etappe wird als notwendig 
betrachtet. Malatesta muss sehr lange gegen den simplistischen und 
dogmatischen Anarchismus-Kommunismus kämpfen, er war sehr schnell 
vorherrschend und wurde gegen das Ende des Jahrhunderts unter der 
Schirmherrschaft von Kropotkin die Norm. Merlino steht ihm in seiner 
Kritik während den 1880er Jahren bei. Zitieren wir noch zweimal 
Malatesta:
„Alles gehört allen, alles wird zum Vorteil aller genutzt; jeder 
muß für die Gesellschaft alles in seinen Kräften Stehende tun und hat 
das Recht, von der Gesellschaft die Befriedigung seiner sämtlichen 
Bedürfnisse entsprechend dem Stand der Produktion und der 
gesellschaftlichen Kräfte zu fordern. (Malatesta fährt fort, dass es
 dafür notwendige Bedingungen gibt: 1) moralische, 2) materielle: ein 
Überfluss der Produktion, damit jeder konsumieren kann, ohne seine 
Arbeitszeit zu zählen, und eine Organisation der Arbeit, welche weder 
für irgendjemanden abstossend, noch mühsam ist.)
Man kann diesen Widersprüchen abhelfen, indem man den Kommunismus sofort
 nur an den Orten und in den Grenzen verwirklicht, wie sie die Umstände 
gestatten und im übrigen, jedoch nur vorübergehend, den 
Kollektivismus akzeptiert. In den ersten Zeiten wird der Kollektivismus,
 von der Begeisterung des zu neuem Leben erwachten Volkes korrigiert und
 vom mächtigen revolutionären Impuls gedrängt, keine Zeit haben, seine 
schlechten Auswirkungen hervorzubringen. Um jedoch später einen Rückfall
 in die bürgerliche Ideologie zu vermeiden, wird er sich rasch zum 
Kommunismus hin entwickeln müssen. Und dabei wird die Aktion einer 
bewußt kommunistischen Partei, die Aktion der Internationale, von 
lebenswichtiger Bedeutung sein.
Die Internationale muß den Kommunismus überall vertreten; sie muß auf 
die Vorteile verweisen, die sich dort ergeben haben, wo er praktiziert 
wurde; sie muß zu veranlassen suchen, daß so viele Dinge wie möglich in 
Gemeinbesitz überführt werden. Vor allem muß sie fordern, daß der 
Kommunismus sofort und vollständig über die Dinge hinaus, wo er schon 
jetzt Anwendung findet,
wie Wasser, gewöhnliche Straßen, Beleuchtung, öffentliche Hygiene usw. 
auf Wohnungen, Bildung, Krankenpflege, Kinderversorgung und die 
notwendigsten Lebensmittel angewandt wird, bevor er sich allmählich auf 
sämtliche Produktionszweige ausdehnt. (Danach greift Malatesta die 
Ideologie des Nehmens von einem Haufen heftig an.)“ [35]
„Mit Ausnahme der extremen Fragen haben wir keine Gründe, uns, im 
Fieber der Entscheidung, was die künftige Gesellschaft, mit 
Übertreibungen und Details, verschieden je nach Ort und Zeit, genau sein
 möge, in kleine Kommissionen zu spalten, obwohl wir weit davon entfernt
 sind, alle Ressourcen und möglichen Kombinationen davon vorherzusehen. 
Es gibt z.B. keinen Grund, uns über Fragen wie diese zu spalten: ob die 
Produktion ein tieferes oder höheres Niveau haben wird; ob die 
Landwirtschaft komplett mit der Industrie verbunden sein wird; ob es 
über grosse Distanzen möglich sein wird, den Tausch auf der Grundlage 
der Gegenseitigkeit zu organisieren; ob alle Dinge gemeinschaftlich oder
 gemäss einer Norm genutzt sein werden; oder ob der Gebrauch von einem 
davon mehr oder weniger besonders sein wird. Schliesslich werden die 
Modalitäten und Besonderheiten der Vereinigungen und der Bündnisse, der 
Organisation der Arbeit und des gesellschaftlichen Lebens weder 
einheitlich sein, noch können sie im Vornhinein vorhergesehen oder 
bestimmt werden.
Wir können die Veränderungen der Industrie, der Sitten, der 
Produktionsmechanismen, des Aussehens der Städte, der Beschäftigungen, 
der Gefühle der Menschen und der Beziehungen und gesellschaftlichen 
Verbindungen nicht planen, oder nur sehr vage. Es ist zumindest absurd, 
uns aufgrund einfacher Hypothesen zu spalten. Die Unterscheidung 
zwischen dem anarchistischen Kollektivismus und dem Kommunismus ist auch
 eine Frage der Modalitäten und der Übereinkünfte.
Es ist gewiss, dass die ’Vergütung gemäss ausgeführten Arbeiten’, die 
von den Kollektivisten befürwortet wird, zu einer ungleichen 
Akkumulation der Produkte und einer Rückkehr des Wuchers führen kann; 
ausser die Akkumulation und der Wucher wären aufgrund von Verboten und 
Besteuerungen unmöglich, die nur despotisch und hassenswert sein 
könnten. Andererseits könnte das ’Nehmen nach Belieben’ der reichlich 
vorhandenen Produkte und die Beschaffung weniger reichlich vorhandener 
Produkte auch zu Willkür und erniedrigenden Pflichten führen. Das 
kommunistische System ist also nicht frei von jeglichen Nachteilen.
Wir sind entschlossen kommunistisch. Doch darin muss das 
wissenschaftlich Bewiesene von dem unterschieden werden, was sich noch 
im Zustand von Hypothesen und Prognosen präsentiert; man muss zwischen 
dem entscheiden, was auf revolutionäre Art und Weise gemacht werden 
wird, d.h. durch Zwang und unmittelbar, und dem, was das Resultat der 
zukünftigen Entwicklung sein soll, vertrauen wir also auf die freien 
Energien aller, welche spontan und schrittweise harmonisiert werden.“ [36]
Vergleichen wir das mit Marx selbst, in seiner Kritik des Gothaer Programms schreibt er 1875:
„Um zu wissen, was man sich bei dieser Gelegenheit unter der Phrase 
’gerechte Verteilung’ vorzustellen hat, müssen wir den ersten 
Paragraphen mit diesem zusammenhalten. Letzterer unterstellt eine 
Gesellschaft, worin ’die Arbeitsmittel Gemeingut sind und die 
Gesamtarbeit genossenschaftlich geregelt ist’, und aus dem ersten 
Paragraphen ersehn wir, daß ’der Ertrag der Arbeit unverkürzt, nach 
gleichem Rechte, allen Gesellschaftsmitgliedern gehört’. ’Allen 
Gesellschaftsgliedern’? Auch den nicht arbeitenden? Wo bleibt da ’der 
unverkürzte Arbeitsertrag’? Nur den arbeitenden Gesellschaftsgliedern? 
Wo bleibt da ’das gleiche Recht’ aller Gesellschaftsglieder? […]
Nehmen wir zunächst das Wort ’Arbeitsertrag’ im Sinne des Produkts der Arbeit, so ist der genossenschaftliche Arbeitsertrag das gesellschaftliche Gesamtprodukt. 
Davon ist nun abzuziehen:
Erstens: Deckung zum Ersatz der verbrauchten Produktionsmittel.
Zweitens: zusätzlicher Teil für Ausdehnung der Produktion.
Drittens: Reserve- oder Assekuranzfonds gegen Mißfälle, Störungen durch Naturereignisse etc.
Diese Abzüge vom ’unverkürzten Arbeitsertrag’ sind eine ökonomische 
Notwendigkeit, und ihre Größe ist zu bestimmen nach vorhandenen Mitteln 
und Kräften, zum Teil durch Wahrscheinlichkeitsrechnung, aber sie sind 
in keiner Weise aus der Gerechtigkeit kalkulierbar.
Bleibt der andere Teil des Gesamtprodukts, bestimmt, als 
Konsumtionsmittel zu dienen. Bevor es zur individuellen Teilung kommt, 
geht hiervon wieder ab:
Erstens: die allgemeine, nicht direkt zur Produktion gehörigen Verwaltungskosten.
Dieser Teil wird von vornherein aufs bedeutenste beschränkt im Vergleich
 zur jetzigen Gesellschaft und vermindert sich im selben Maß, als die 
neue Gesellschaft sich entwickelt.
Zweitens: was zur gemeinschaftlichen Befriedigung von Bedürfnissen bestimmt ist, wie Schulen, Gesundheitsvorrichtungen etc.
Dieser Teil wächst von vornherein bedeutend im Vergleich zur jetzigen 
Gesellschaft und nimmt im selben Maß zu, wie die neue Gesellschaft sich 
entwickelt.
Drittens: Fonds für Arbeitsunfähige etc., kurz, für, was heute zur sog. offiziellen Armenpflege gehört.
Erst jetzt kommen wir zu der ’Verteilung’, die das Programm, unter 
Lassalleschem Einfluß, bornierterweise allein ins Auge faßt, nämlich an 
den Teil der Konsumtionsmittel, der unter die individuellen Produzenten 
der Genossenschaft verteilt wird.
Der ’unverkürzte Arbeitsertrag’ hat sich unterderhand bereits in den 
’verkürzten’ verwandelt, obgleich, was dem Produzenten in seiner 
Eigenschaft als Privatindividuum entgeht, ihm direkt oder indirekt in 
seiner Eigenschaft als Gesellschaftsglied zugut kommt. […]
Womit wir es hier zu tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eignen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht,
 also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet 
ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie 
herkommt. Demgemäß erhält der einzelne Produzent - nach den Abzügen - 
exakt zurück, was er ihr gibt. Was er ihr gegeben hat, ist sein 
individuelles Arbeitsquantum. Z.B. der gesellschaftliche Arbeitstag 
besteht aus der Summe der individuellen Arbeitsstunden. Die individuelle
 Arbeitszeit des einzelnen Produzenten ist der von ihm gelieferte Teil 
des gesellschaftlichen Arbeitstags, sein Anteil daran. Er erhält von der
 Gesellschaft einen Schein, daß er soundso viel Arbeit geliefert (nach 
Abzug seiner Arbeit für die gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit 
diesem Schein aus dem gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln 
soviel heraus, als gleich viel Arbeit kostet. Dasselbe Quantum Arbeit, 
das er der Gesellschaft in einer Form gegeben hat, erhält er in der 
andern zurück.
Es herrscht hier offenbar dasselbe Prinzip, das den Warenaustausch 
regelt, soweit er Austausch Gleichwertiger ist. Inhalt und Form sind 
verändert, weil unter den veränderten Umständen niemand etwas geben kann
 außer seiner Arbeit und weil andrerseits nichts in das Eigentum der 
einzelnen übergehn kann außer individuellen Konsumtionsmitteln. Was aber
 die Verteilung der letzteren unter die einzelnen Produzenten betrifft, 
herrscht dasselbe Prinzip wie beim Austausch von Warenäquivalenten, es 
wird gleich viel Arbeit in einer Form gegen gleich viel Arbeit in einer 
andern ausgetauscht.
Das gleiche Recht ist hier daher immer noch - dem Prinzip nach - das bürgerliche Recht,
 obgleich Prinzip und Praxis sich nicht mehr in den Haaren liegen, 
während der Austausch von Äquivalenten beim Warenaustausch nur im Durchschnitt, nicht für den einzelnen Fall existiert.
Trotz dieses Fortschritts ist dieses gleiche Recht stets noch mit einer bürgerlichen Schranke behaftet. Das Recht der Produzenten ist ihren Arbeitslieferungen proportionell; die Gleichheit besteht darin, daß an gleichem Maßstab,
 der Arbeit, gemessen wird. Der eine ist aber physisch oder geistig dem 
andern überlegen, liefert also in derselben Zeit mehr Arbeit oder kann 
während mehr Zeit arbeiten; und die Arbeit, um als Maß zu dienen, muß 
der Ausdehnung oder der Intensität nach bestimmt werden, sonst hörte sie
 auf, Maßstab zu sein. Dies gleiche Recht ist ungleiches Recht 
für ungleiche Arbeit. Es erkennt keine Klassenunterschiede an, weil 
jeder nur Arbeiter ist wie der andre; aber es erkennt stillschweigend 
die ungleiche individuelle Begabung und daher Leistungsfähigkeit der 
Arbeiter als natürliche Privilegien an. Es ist daher ein Recht der Ungleichheit, seinem Inhalt nach, wie alles Recht.
 Das Recht kann seiner Natur nach nur in Anwendung von gleichem Maßstab 
bestehn; aber die ungleichen Individuen (und sie wären nicht verschiedne
 Individuen, wenn sie nicht ungleiche wären) sind nur an gleichem 
Maßstab meßbar, soweit man sie unter einen gleichen Gesichtspunkt 
bringt, sie nur von einer bestimmten Seite faßt, z.B. im gegebnen Fall sie nur als Arbeiter
 betrachtet und weiter nichts in ihnen sieht, von allem andern absieht. 
Ferner: Ein Arbeiter ist verheiratet, der andre nicht; einer hat mehr 
Kinder als der andre etc. etc. Bei gleicher Arbeitsleistung und daher 
gleichem Anteil an dem gesellschaftlichen Konsumtionsfonds erhält also 
der eine faktisch mehr als der andre, ist der eine reicher als der andre
 etc. Um alle diese Mißstände zu vermeiden, müßte das Recht, statt 
gleich, vielmehr ungleich sein.
Aber diese Mißstände sind unvermeidbar in der ersten Phase der 
kommunistischen Gesellschaft, wie sie eben aus der kapitalistischen 
Gesellschaft nach langen Geburtswehen hervorgegangen ist. Das Recht kann
 nie höher sein als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte 
Kulturentwicklung der Gesellschaft.
In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die 
knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, 
damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden 
ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das 
erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung 
der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle 
Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst 
dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden 
und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen 
Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“
Wie man sehen kann, ist diese Demonstration schlüssig und wir könnten sie mit anderen Beispielen fortsetzen:
- zum Problem der Gewerkschaft und des Syndikalismus:
 ein sehr heftiger Widerstand gegen den revolutionären Syndikalismus 
oder den Anarchosyndikalismus (v.a. Malatesta, aber auch Nieuwenhuis), 
oder sogar gegen die gewerkschaftliche Aktion selbst (Paraf-Javal [37] z.B.) trat in der anarchistischen Bewegung zutage, er ging der praktischen Kritik des deutschen Proletariats während der Bewegung der Arbeiterräte voraus.
Zitieren wir einfach einige sehr charakteristische Sätze:
„Kurz, die Gewerkschaften sind ihrer Natur nach reformistisch, niemals revolutionär. […] Die Gewerkschaft kann mit einem sozialistischen, revolutionären oder anarchistischen Programm aus der Taufe gehoben werden, und das war bei vielen Gewerkschaften tatsächlich der Fall. Aber treu bleiben sie diesem Programm nur, solange sie schwach und ohnmächtig sind, d. h. solange sie von ein paar Enthusiasten und Idealisten initiierte und am Leben erhaltene Propagandagruppen, nicht aber zu effektiver Aktion fähige Organismen sind. Wenn sie erst einmal die Massen anzuziehen wissen und damit die Macht erlangen, Verbesserungen zu fordern und zu erzwingen, wird das ursprüngliche Programm zu einer hohlen Phrase, um die sich niemand mehr kümmert.“ [38]
„Die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter sind die schlimmsten Feinde der Revolution.“ [39]
„Was ist eine Gewerkschaft? Es ist eine Gruppierung, in welcher sich Idioten nach Berufen sortieren, um zu versuchen, die Verhältnisse zwischen Bossen und Arbeitern etwas weniger unerträglich zu machen. Entweder, oder: Entweder haben sie keinen Erfolg, dann ist die gewerkschaftliche Arbeit nutzlos, oder sie haben Erfolg, dann ist die gewerkschaftliche Arbeit schädlich, denn eine Gruppe von Menschen wird ihre Situation erträglicher gemacht haben und somit die gegenwärtige Gesellschaft länger fortbestehen lassen.“ [40]
- zum Problem der politischen Aktion, dessen zwei Achsen der Parlamentarismus und die Eroberung des Staates sind. Auch hier schaffen es die Anarchisten, da sie die Lektion der Kommune gelernt und sich eigentlich die Demonstration des jungen Marx zur Politik angeeignet haben, das wirkliche Wesen der proletarischen Bewegung hervorzuheben. Während die Teilnahme am politischen Spiel anfangs (1848-1850, 1864-1873) noch akzeptabel war aufgrund von einer gewissen Anzahl an historischen Bedingungen, die man übrigens in Frage stellen könnte, was hier jedoch nicht unsere Absicht ist, kommt sie nach 1871 nicht mehr in Frage und die Beteiligung der Sozialdemokraten an der schrecklichen parlamentarischen Farce erlaubt den Anarchisten, daraus alle nötigen theoretischen Konsequenzen zu ziehen. Was die Eroberung des Staates betrifft, sind die Anarchisten mit der Praxis eben dieser Sozialdemokraten konfrontiert, mit ihrem Eindringen in die Regierungsgesellschaft; sie brauchen nur noch die Konsequenzen daraus zu ziehen, womit sie zur gleichen Schlussfolgerung bezüglich der Notwendigkeit der Zerstörung der Staatsmaschine kommen wie Marx in Der Bürgerkrieg in Frankreich von 1871. Wir werden diesen Punkt nicht vertiefen, da der Text von Nieuwenhuis [Le Socialisme en danger] die hierfür passende Argumentation darstellt; obwohl sich andererseits auch eine umgekehrte Strömung manifestiert, welche auf Bakunin zurückgeht und zum Anarchosyndikalismus führt.
IV. Offenkundig hindern die Grenzen des Anarchismus selbst ihn daran, zur Analyse der wirklichen Bewegung überzugehen,
 obwohl er es geschafft hat, die Kritik der Sozialdemokratie, der 
Politik und des Syndikalismus und das Wesen der 
kommunistischen Produktion auszudrücken. 
Der Kritik des Staates liegt die Illusion einer föderativen Gesellschaft
 zugrunde, die auf der Autonomie der Kommunen basiert, ein historischer 
und präkapitalistischer Rückschritt.
Der Kritik der politischen Aktion liegt der Kult der putschistischen 
oder illegalen Aktion und der Propaganda zugrunde und sie bleibt auf 
einer ideologischen Ebene.
Die Kritik des Syndikalismus bei einigen wird vom Kult der 
„wirtschaftlichen“ Aktion bei anderen und, bei vielen davon, jenem des 
Syndikalismus begleitet.
Die Kritik des Parlamentarismus wird mit dem Glauben an seine vollendete
 Form und seine Verwirklichung kompensiert, die direkte Demokratie.
Schliesslich haben sie überhaupt keine Theorie über die herrschenden 
Bedingungen in der Entwicklung des Kapitals, die zur Entstehung vom 
Kommunismus als Bewegung und als Gesellschaft führen; ihr Weltbild ist 
ideologisch, es übernimmt die bürgerliche Dichotomie: 
Individuum/Gesellschaft, Wirtschaft/Politik usw.
Humanismus, Wissenschaftsgläubigkeit, Idealismus und Demokratismus 
begleiten eine utopische Vision einer neuen Welt, die der Welt bloss 
gezeigt werden muss und durch einfachen Willen verwirklicht werden kann.
 Das Buch von Nieuwenhuis stellt den lebendigen Beweis dafür dar, v.a. 
die beiden letzten Texte.
All diese Eigentümlichkeiten sind die Gründe, welche aus dem Anarchismus eine revolutionäre Ideologie in einer konterrevolutionären Periode gemacht haben, aber keine Grundlage für eine revolutionäre Theorie in Perioden des revolutionären Aufschwungs.
 Für eine solche Theorie wird Marx die Grundlage sein (Trotzki, Rosa 
Luxemburg, J. Knieff, A. Pannekoek usw.), obwohl die Anarchisten in praktischer
 Hinsicht im revolutionären Aufschwung, und dann im revolutionären 
Angriff von 1919 bis 1921 eine wichtige Rolle spielen werden, entweder 
direkt (Italien, Russland), oder durch auf die „Arbeiterfrage“ 
fokussierte Organisationen wie die IWW oder FAUD (USA und Deutschland).
Die Wiedergeburt der proletarischen Bewegung gegen 1905 wird ziemlich 
überall einen Rückgang des revolutionären Anarchismus bringen (ausser 
vielleicht in Italien und Spanien) und die Blütezeit der besonderen 
Anarchismen, mehr oder weniger bedeutender Sekten: „Illegalismus“, 
„Anarchosyndikalismus“, Anarchismus mit kulturellen Ansprüchen (freie 
Bildung, Freikörperkultur, Nomadismus, Vegetarismus usw.), die seine 
historische Dekadenz bedeuten werden, welche Kropotkin während seinem 
Kriegseintritt auf Seiten der Alliierten bestätigen wird. Der Lauf der 
Zeit war jedoch verknotet worden, gut verknotet. Die jungen 
„marxistischen“ revolutionären Theoretiker werden – sogar ohne es zu wissen und entgegen ihren Erklärungen
 – das Wesentliche des anarcho-kommunistischen Inhalts 
(Anti-Parlamentarismus, Anti-Etatismus) wieder aufnehmen, ohne 
allerdings auf der Ebene der Vision der zukünftigen Gesellschaft gleich 
weit zu gehen, denn das Problem der kommunistischen Produktion wird bis 
zur Arbeit der holländischen Rätekommunisten und danach der 
italienischen Linken, schon lange nach der Niederlage, fast nie in 
irgendeiner Debatte der Bewegung erwähnt.
D. Revolutionäre Theorie und historische Zyklen
I. Die kommunistische Bewegung ist mit der offiziellen Errichtung der bürgerlichen Zivilgesellschaft geboren worden. Sie schmiedet ihre ersten Waffen im Laufe der bürgerlichen Revolution, von Beginn weg der kapitalistischen Gesellschaft spricht sie ihre erste Bekräftigung aus. Der Kapitalismus trägt seit seiner historischen Gründung den Kommunismus in sich und die kommunistische Bewegung, welche durch die Dynamik des Werts hervorgebracht worden ist, bürdet dem Kapital und der Bourgeoisie die Notwendigkeit auf, von ihrer eigenen Revolution ausgehend die Konterrevolution zu organisieren. Die erste Niederlage des Proletariats ereignete sich während der bürgerlichen Revolution selbst (Enragés, Sansculotten, Babeuf usw.). Was bedeutet, dass das kommunistische Programm im Innern der kapitalistischen Entwicklung selbst eingraviert ist und dass es sie wie ein feindlicher Doppelgänger, ein böser Schatten begleitet. Die kommunistische Bewegung existiert also während der ganzen kapitalistischen Epoche, von Anfang an bis zu ihrem Ende; es handelt sich um eine Bewegung, die revolutionäre und konterrevolutionäre Zyklen durchquert, was ein Ausdruck des grundlegenden Widerspruchs des Kapitals ist, das sich schlichtweg entwickelt. Die wirkliche Bewegung des Proletariats, die revolutionäre Bewegung entsteht nur in revolutionären Zyklen, bestimmt werden sie von der Wirtschaftskrise, die sich teilweise mit der konstanten Krise des Werts deckt, sie bis zur Endkrise reproduziert und durch sie zyklisch reproduziert wird. Nach jedem besiegten revolutionären Angriff liquidiert die sich ausbreitende Konterrevolution ein bisschen mehr die Vermittlungen zwischen der kommunistischen Bewegung und dem kommunistischen Programm. Die kommunistische Theorie wird sich also während dem nächsten Angriff neu formieren können, sie integriert das Programm und die wirkliche Bewegung und befruchtet sie getragen von der Praxis der revolutionären Klasse. Die Unterscheidung zwischen dem Programm und der Theorie ist also sehr wichtig, um die praktische Verbindung zwischen den Momenten des Bruchs zu erfassen.
II. Die Momente des revolutionären Aufschwungs sind gleichbedeutend 
mit der Wiederaufnahme der revolutionären Theoretisierung. Das 
Wiedererscheinen der kommunistischen Bewegung als gesellschaftliche 
Bewegung, und nicht mehr einfach als objektive Bewegung des Werts 
(Erschaffung der Bedingungen des revolutionären Angriffs selbst), 
erlaubt es der Theorie, zur Theorie der gesellschaftlichen Bewegung, 
Theorie der Praktiken des Bruchs der Klasse zu werden. „Hier ist der 
Übergang von der ’Theorie des Endziels’, welche gewissermassen die 
Zukunft verdinglichte, indem sie das Ziel (den Kommunismus) von seiner 
Bewegung abstrahierte, da dieses nicht existierte, zur kommunistischen 
Theorie, welche sich als Theorie einer gesellschaftlichen Bewegung, 
einer wirklichen Tendenz der Gesellschaft hin zum Kommunismus 
entwickelt." [41]
Es geht also nicht um eine Umsetzung in die Tat, eine irdische 
Verwirklichung der Theorie, die während dem ganzen konterrevolutionären 
Zyklus wie eine Reliquie aufbewahrt worden wäre und auf die wirklichen 
Möglichkeiten angewendet werden müsste. Es geht um eine verallgemeinerte Aneignung der Theorie durch die Kommunisten,
 d.h. eine Hervorbringung der Theorie der wirklichen Bewegung selbst, 
eine Hervorbringung der Theorie durch die wirkliche Bewegung, unter dem 
Zwang der Krise. Diese Aneignung/Hervorbringung der Theorie des 
Kommunismus als revolutionäre Bewegung entsteht nicht nur gegen das in 
Form von versteinerten „Prinzipien“ übermittelte kommunistische 
Programm, welches entstellt und erstarrt und aufgrund der Wirkung der 
Konterrevolution und der Niederlage des letzten revolutionären 
Angriffs partiell und auf abstrakte Weise doktrinär geworden ist, 
sondern auch von diesem Programm ausgehend, durch die unter dem Druck 
der Ereignisse kritische Verdauung davon. Die Revolutionäre korrigieren,
 komplettieren und vervollständigen das Programm angesichts der 
wirklichen Möglichkeiten der gesellschaftlichen Bewegung, genau wie sie 
umgekehrt das Programm mit dem Verständnis der Bewegung, ihrer Momente 
des Bruchs und ihrer organischen Richtung verbinden.
Die Theorie des Proletariats, die kommunistische Theorie ist somit sowohl Kommunikation des Programms, als auch Aneignung des theoretischen Verständnisses, Synthese der Theorie und der Praxis in der Praxis. 
Der revolutionäre Aufschwung ist gleichbedeutend mit „dem Ende der theoretischen Tätigkeit als getrennte Tätigkeit aufgrund der zwingenden Notwendigkeit der praktischen Aneignung der Theorie durch das Proletariat“. [42]
„Eine Klasse, worin sich die revolutionären Interessen der Gesellschaft konzentrieren, sobald sie sich erhoben hat, findet unmittelbar in ihrer eigenen Lage den Inhalt und das Material ihrer revolutionären Tätigkeit: Feinde niederzuschlagen, durch das Bedürfnis des Kampfes gegebene Maßregeln zu ergreifen; die Konsequenzen ihrer eigenen Taten treiben sie weiter. Sie stellt keine theoretischen Untersuchungen über ihre eigene Aufgabe an.“ [43]
Die Theorie ist somit keine theoretische „Forschung“, keine von der 
Praxis getrennte Tätigkeit mehr; sie ist keine Theorie mehr über die 
Praxis, sie stellt die Verbindung wieder her mit jenen Fäden, die sie 
mit dem vorhergehenden Angriff und dem Programm verbinden, indem sie die
 vorhergehenden Errungenschaften dieser Theorie benutzt und überwindet. 
Das Ende der Trennung Theorie/Praxis ist mit dem Ende anderer Trennungen
 verbunden.
Zuerst verschwindet die Trennung Proletariat/Theoretiker. Die 
Revolutionäre sind schlichtweg eine Hervorbringung der Bewegung, sind 
Proletarier unter anderen, welche auf diese Art und Weise 
gleichbedeutend mit der Bewegung der Klasse selbst sind. Die Theorie 
steht in Zusammenhang mit ihrer gesellschaftlichen Bedingung, mit ihrem 
Leben selbst. Die Theorie ist zu einem Synonym eines Prozesses der 
gesellschaftlichen Vereinigung geworden.
Die andere Trennung ist jene zwischen den verschiedenen Ursprüngen der 
Revolutionäre. Leute verschiedener Ursprünge nehmen an der Periode des 
revolutionären Aufschwungs teil, sie haben mit verschiedenen 
ideologischen Gruppen gebrochen und davon die Kritik gemacht (heutzutage
 haben die Kommunisten sehr verschiedene Vergangenheiten: ehemalige 
Bordigisten, ehemalige Anarchisten, ehemalige Trotzkisten, Ehemalige von
 Socialisme ou Barbarie, ehemalige Rätekommunisten usw.), sie 
benutzen also verschiedene Sprachen und haben nicht eine absolut 
gemeinsame Einschätzung der Bewegung. Dies, in Verbindung mit der 
Herkunft von verschiedenen Bereichen der gesellschaftlichen Entwicklung,
 der besonderen historischen Situationen, wird langsam aber sicher vom 
revolutionären Aufschwung negiert und überwunden: Der Vereinigungsprozess macht die Theorie einheitlich, was nicht bedeutet, dass es keine Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten mehr gibt; ganz im Gegenteil.
In einer Periode des revolutionären Aufschwungs (z.B. die Erste 
Internationale) hat die Theorie aufgrund des sie auf drückende Art und 
Weise vereinenden historischen Zwangs einen einheitlichen Charakter. 
Hier liegt ihre Verbindung zur zentralen Perspektive des Kommunismus, die Totalität der Situation, welche die Äusserlichkeit des Programms zerstört.
 Die Welt zeigt (erneut) ihre versteckte Fratze als ihr öffentliches 
Gesicht und die Revolutionäre vereinen sich auf praktische Art und 
Weise, die Theorie ist der Kreislauf dieser Vereinigung und ihrer 
praktischen Bedingungen.
III. In einer konterrevolutionären Periode ist die Errungenschaft des
 kommunistischen Programms und der kommunistischen Theorie der 
vorhergehenden Revolution innerhalb der Gruppen, harten Kerne und Sekten
 zerstreut, die somit zur körperlichen und geistigen Verbindung zwischen
 den revolutionären Angriffen werden. Die Abwesenheit wirklich 
kommunistischer Kämpfe des Proletariats verwandelt die Theorie in 
Dogmen, Prinzipien, Programme, Probleme, Hypothesen usw., genauso 
zahlreich wie die Gruppen, harten Kerne oder Sekten. Die kommunistische 
Theorie wird jedoch von jenen Leuten bewahrt, welche versuchen, der 
Epoche zu widerstehen, sich nicht an ihr zu beteiligen. Der Ausschluss 
vom „öffentlichen Leben“ ist die unerlässliche Bedingung für die 
Möglichkeit, die kommunistische Theorie und das kommunistische Programm 
den folgenden Generationen zu übermitteln. Eben gerade weil sie 
isoliert, vom öffentlichen Leben, der somit konterrevolutionären 
historischen Tätigkeit getrennt sind, können die Revolutionäre den 
programmatischen Lauf der Bewegung weiterführen.
Man sollte gewiss nicht glauben, dass es möglich ist, der wirklichen 
Welt zu entkommen. Der Idealismus, welcher im Glauben besteht, es sei 
möglich, das kommunistische Programm während eines vollständigen 
konterrevolutionären Zyklus ohne Abweichungen, Entartungen oder 
Amputationen zu bewahren, geht zwingend mit einer zeitlosen Konzeption 
des ewigen Revolutionärs, einem „Battilocchio“ der Theorie einher. Die 
Theorie, welche immer Theorie einer historischen Bewegung ist, kann, 
wenn diese historische Bewegung unmittelbar konterrevolutionär ist, nur 
durch verschiedene Vermittlungen und Ideologisierungen revolutionär 
sein. Sie lebt nicht durch die Gnade der Geschichte, von der 
konterrevolutionären Wirklichkeit verschont, sie geht sogar so weit, 
dass sie diese in gewissen Aspekten ausdrückt; als Überlebende eines 
konterrevolutionären Zyklus wird sie übrigens zum Ausdruck der 
Konterrevolution während dem erneuten revolutionären Aufschwung: So 
wurden der Bordigismus oder der Rätekommunismus zu konterrevolutionären 
Ausdrücken der gegenwärtigen wirklichen Bewegung und sie werden sich 
schon bald aktiv an der praktischen Konterrevolution beteiligen.
Doch die kommunistische Theorie überlebt die Niederlagen der 
revolutionären Angriffe, weil sie die Theorie einer Bewegung ist, welche
 die gesamte kapitalistische Periode, all ihre Zyklen durchdringt. Sie 
ist keine unmittelbare Hervorbringung. Sie ist – und das ist ihre grundlegende Eigenschaft
 – immer ein bisschen weiter als der historische Moment, denn sie drückt
 seinen Sinn, seine Richtung, seine Möglichkeiten und seine 
Notwendigkeiten aus. Die kommunistische Theorie ist nicht nur dem ganzen
 kapitalistischen Zyklus innewohnend, d.h., dass sie sich als 
grundlegendes Programm von Beginn weg des Zyklus herausbildet, sondern 
sie ist auch zu jedem Zeitpunkt Prophezeiung. Die immediatistische Konzeption der Theorie ist eine Pforte, hinter welcher es von „theoretisierten“ Empirismen wimmelt.
Das hindert die revolutionäre Bewegung nicht daran, während 
konterrevolutionärer Perioden unter verschiedenen Erscheinungen, 
Sprachen, Kostümen, Masken zu überleben (z.B. der Anarchismus 
zwischen 1875 und 1905, die bordigistischen, rätekommunistischen, 
surrealistischen usw. Sekten nach 1921 und bis Mai 1968). Diese Bewegung
 ist so mächtig, so stark, dass sie manchmal gar die Konterrevolution 
dazu zwingt, mit ihren offiziellen Stimmen in ihrem Namen zu sprechen 
(Beispiele von Rassinier, Rossi usw.). Doch diese verschiedenen Masken 
kleben ihr zwangsläufig an der Haut und verändern sie, setzen sich darin
 fest. Während einer konterrevolutionären Periode hat die Theorie einen 
disparaten Charakter: Sie ist auf die Kritik partieller Aspekte der 
Totalität fixiert (die Kritik des Stalinismus z.B., oder die Kritik der 
Arbeit im Namen des Spiels, ein anderes Beispiel), ohne alle Aspekte zu 
sehen. Sie versteht in der Regel den zeitgenössischen Zyklus nicht als 
konterrevolutionär und jeder gesellschaftliche Zwischenfall oder jede 
Rationalisierung des Systems wird zum unmittelbaren Bevorstehen der 
kommunistischen Revolution (Anarchisten) oder dem Weltkrieg (Socialisme ou Barbarie).
 Die Bewegung verfällt dem Aktivismus (Programme communiste), während 
sie gleichzeitig von A bis Z eine persönliche Geschichte bastelt, in 
welcher sie immer vollständig eine reine und feste Doktrin verteidigt 
hat. Sie ist unfähig, eine Bilanz zu erstellen, und das ist gar eine 
ihrer Eigenschaften. Keine Theorie der wirklichen Bewegung existiert, 
die ihr erlauben könnte, sich als besonderen Moment zu erfassen. Man 
theoretisiert den Rat wie man die Partei theoretisiert, doch man erfasst
 ihren historischen Inhalt nicht. Kurz, die Bewegung befasst sich 
während einer konterrevolutionären Periode nicht mit kommunistischer 
Theorie, sondern mit Versatzstücken und Annäherungen. Zudem gibt es 
genauso viele Systeme zum Verständnis der vergangenen Niederlage wie es 
Ansprüche dafür gibt.
Eigentlich folgt die Theoretisierung während einer konterrevolutionären Periode vier Hauptachsen:
a) die Unfähigkeit, eine Lehre aus der besiegten Revolution zu ziehen,
 daraus eine theoretische Bilanz zu erstellen, die nicht nur partiell 
ist. Deshalb hält sie sich in der Regel zu lange mit ideologischen 
Fixierungen, mit den Formen der revolutionären Bewegung auf (Räte für 
die deutsch-holländische Linke nach 1921, die Kommune für die 
Kommunarden wie Lefrançais und sogar für die Anarcho-Kommunisten wie 
Kropotkin nach 1871) und befasst sich nicht mit dem kommunistischen 
Inhalt der Bewegung. Oder aber sie geht nicht weiter als eine negative 
Bekräftigung dieses Inhalts: Kritik von allen unmittelbaren und 
formellen Gegnern der Bewegung (Parteien, Gewerkschaften, Bolschewismus 
usw. für die deutsch-holländische Linke), ohne fähig zu sein, die 
Bewegung als aktive Negation zu sehen, welche den Kommunismus oder die 
Bedingungen seiner Umsetzung bekräftigt, und zu verstehen, was wirklich den kommunistischen Sieg verhinderte.
Diese Fähigkeit/Möglichkeit, die wirkliche Bewegung zu erfassen und sie 
auszudrücken, existiert nur während einer Periode des revolutionären 
Aufschwungs und des Zurückgehens davon, wenn die Revolution, auf ihren 
angehäuften Leichen sitzend, noch mit ihrem Blut den Sinn des Moments 
und seine Lehren skizziert (z.B. Marx, welcher Bürgerkrieg in Frankreich und Kritik des Gothaer Programms
 gegen das Ende der Bewegung schrieb). Die kommunistische Theorie, 
welche die Theorie einer zum Kommunismus gehenden Bewegung ist, ist dann
 Theorie der historischen Bedingungen, ihres Ausgangs in facto. Dazwischen ist sie nur der unwirkliche Schatten oder, im besten Fall, das Spiel der Wellen vor dem Sturm. Es
 ist der gegenwärtige revolutionäre Aufschwung, welcher es erlaubt, die 
vergangene Revolution zu verstehen, Lehren daraus zu ziehen, sie zu 
theoretisieren. Genau wie man vom Menschen ausgehen muss, um den 
Affen zu verstehen, muss man vom aktuellen Sturm, inmitten seiner 
Irrwege und Verbrechen, ausgehen, um den vergangenen Sturm zu verstehen,
 in dem wir – und wenn es nicht wir sind, sind es unsere vorherigen 
Brüder – untergegangen sind und aus dem wir rauskommen müssen. Die 
Theorie ist wohl Prophezeiung, aber auch Neuerschaffung der Vergangenheit,
 erhellende und erklärende Erfassung unserer Geschichte als Sinn, 
welcher unsere gegenwärtige Praxis der vergangenen Geschichte gibt.
b) die Vorherrschaft der theoretischen Arbeit, welche darin besteht, die Formulierung und die Definition des kommunistischen „Programms“ zu präzisieren und zu vervollständigen. Diese Arbeit kann nur dogmatisch, rigid und doktrinär sein. Sie ist gleichbedeutend mit der Theoretisierung des Endziels als abstrakte Wesenheit, doch erlaubt seine Transkription und v.a. das Verständnis seines wirtschaftlichen Aspekts. Diese Arbeit der Klassifizierung und der Bekräftigung des kommunistischen Programms kann die Gestalt der Konstitution eines doktrinären Korpus annehmen, das den Kommunismus als absolute Opposition gegen die Wirklichkeit und die sie verteidigenden Bewegungen präsentiert (italienische, sogenannt bordigistische Linke), indem speziell auf die Definition seines Wesens beharrt wird (Abschaffung der Lohnarbeit, Zerstörung des Tausches und des Werts, Abschaffung der Produktion durch Unternehmen), wobei einige Aspekte vergessen gehen und zudem absolut konterrevolutionäre Positionen in Bezug auf den ganzen Rest gewahrt werden. Sie kann die Gestalt eines Versuchs der Beschreibung der wirtschaftlichen Mechanismen annehmen, welche die kommunistische Transformation der Gesellschaft, die Zerstörung der Lohnarbeit und des Tausches in einer Periode der formellen Herrschaft konstituieren, wobei sie schnell der Konstruktion eines Systems organisatorischer Rezepte verfällt (holländische Linke, Arbeit der GIK über die kommunistische Wirtschaft). Schliesslich kann sie in selteneren Fällen die Gestalt eines Versuchs der Systematisierung des zentralen Kerns der materialistischen Theorie annehmen: Dialektik und Geschichte, Bewusstsein und Praxis, Marxismus und Arbeiterbewegung, mit dem Risiko, schnell der getrennten philosophischen Forschung zu verfallen (z.B. Korsch).
c) die Ansicht und Beschreibung der „neuen“, mit der Entwicklung des Kapitals während des konterrevolutionären Zyklus erschienenen Phänomene der Gesellschaft. Diese Praxis, den Finger auf die modernen Aspekte der Gesellschaft zu legen, ist in der Regel Teil der Gründung von ideologischen Systemen, welche komplett auf diesen Phänomenen basieren, ohne dass sie versuchen, sie mit dem kommunistischen Programm in Verbindung zu bringen oder sie innerhalb der Theorie des Proletariats und davon ausgehend zu verstehen. Beispiele dafür sind u.a. die „sexuelle Befreiung“, die „Kritik der Arbeit“, das „Spiel“, das „Spektakel“, die „Ware“ usw. Diese Gruppen haben in den meisten Fällen nicht die geringste (oder nur eine sehr schwache) Verbindung mit dem zuvor niedergeschlagenen revolutionären Angriff und sind gänzlich ein Produkt der konterrevolutionären Periode (Socialisme ou Barbarie, die Situationistische Internationale z.B.). Sie sind auf ambivalente Weise der genauste Ausdruck davon; sie gehen mit der ganzen Ideologie, dem ganzen Modernismus und den falschen, mit der Konterrevolution verbundenen Problemen hausieren; doch andererseits legen sie mit Gewalt den Finger auf die neuen Bedingungen der kommenden Revolution und erlauben sich, eine heftige Kritik aller Theorien vor ihnen auszuarbeiten, und dies vom offensichtlichen Standpunkt der modernsten Konterrevolution aus, jene, welche am nächsten bei der Revolution liegt. (Man muss z.B. festhalten, dass, während dem sich aktuell vollendenden konterrevolutionären Zyklus, nur die „Rätekommunisten“ direkt der revolutionären Bewegung der 1920er Jahre entstammen; die Bordigisten waren bis ungefähr 1930 eine extremistische Fraktion der Sozialdemokratie nach bolschewistischer Spielart, welche während der Bewegung der Fabrikbesetzungen keine andere Rolle als eine politische gegen die italienischen Proletarier spielte.)
d) die Kritik der konterrevolutionären Gesellschaft, d.h. v.a. die Kritik dessen, was diese Gesellschaft vereinigt, ausdrückt und symbolisiert. Diese Kritik der Politik
 haben fast alle theoretischen Manifestationen des Kommunismus während 
einer konterrevolutionären Periode gemeinsam. Sie ist eine 
Frontalopposition gegen die schlichte Existenz in dieser Gesellschaft. 
Zu einem Zeitpunkt, wo die „Arbeiterbewegung“ in ihrer staatlichen oder 
privaten Form eines der Organe des Kapitals und die Politik jenes
 Tätigkeitsfeld ist, wo die gesellschaftlichen Kategorien ihre Stellung 
innerhalb verschiedener taktischer Bündnisse regulieren, ist es 
unmöglich, die Politik und alles, was sie umgibt, nicht zu kritisieren 
(Parlamentarismus, Staatsgläubigkeit, Klassenbündnisse, Gründung 
formeller Organisationen usw.). Natürlich ist diese Kritik je nach 
Gruppen und Perioden mehr oder weniger lebendig (die Kritik der Politik 
durch die Anarchisten zwischen 1875 und 1905 war einiges stärker als 
jene der „Linken“ seit 1929, das hängt auch mit der unterschiedlichen 
Situation im Kontext einer Epoche des „nationalen“ Wiederaufbaus 
zusammen usw.) und v.a. mehr oder weniger bewusst anti-politisch. Was jedoch die Kraft dieser Kritik ausmacht, ist ihr tief kommunistischer Charakter:
 die einfache Bekräftigung, dass die Revolution ein gesellschaftlicher 
Prozess ist und dass das entlöhnte Elend sehr wohl eine Trennung der 
menschlichen Gemeinschaft, und nicht des politischen Lebens ist; die 
Bekräftigung, dass die Klassenbewegung des Proletariats nur 
gleichbedeutend mit der Zerstörung der Trennung zwischen produktiver und
 menschlicher Tätigkeit sein kann; die Bekräftigung des autonomen 
Projekts des Proletariats, zwar innerhalb der Dynamik des Kapitals, aber
 dagegen.
Wenn es die Revolutionäre so schaffen, die Prinzipien des Kommunismus in
 den Händen zu behalten, wenn alles auf ihr Vergessen durch die Menschen
 hindeutet, wenn diese Revolutionäre das allen Hindernissen zum Trotz 
tun, obwohl sie diese entstellen und den folgenden Generationen 
entstellt weitergeben, indem sie ihnen nur Prinzipien weitergeben, indem sie auf diese Art und Weise den Faden der Zeit weben,
 braucht man sich trotzdem keine Illusionen zu machen. Neben der 
Tatsache, dass dieser Faden rot ist, rot jedoch aufgrund vom während 
seinem Weben erduldeten Leiden wie die Abgänge, die Selbstmorde, die 
Stürze in den Wahnsinn, was der Tragödie des Kommunismus (seine unmögliche Verwirklichung, die Abwesenheit einer wirklichen gesellschaftlichen Basis) in dieser Periode entspricht,
 sollte einem bewusst sein, dass die fortbestehenden Revolutionäre nicht
 Verkörperungen ihres Willens sind, sondern auch von der Geschichte 
hervorgebracht werden. Es gibt keine so totale Konterrevolution, dass 
sie nicht kontinuierlich gegen (zukunftslose) Revolten, 
Widerstände (gegen die Rationalisierung des Kapitals), proletarische 
Kämpfe (ohne organische Richtung) kämpfen müsste. Zudem erleben gewisse 
geographische Zonen die Entwicklung des revolutionären Prozesses mit 
Verspätung (das Beispiel von Nieuwenhuis und Holland) oder sind im 
Gegenteil dem Aufschwung voraus usw. Sogar zu diesem Preis bestehen die Revolutionäre fort. Es gibt wirklich keinen Ausweg.
IV. Der „Marxismus“ ist eine Ideologisierung der von der „Partei 
Marx“ formulierten Theorie. Dieser beteiligte sich selbst an dieser 
Versteinerung, v.a. durch seine politischen Schriften und Positionen.
Der Widerspruch von Marx ist die Tatsache, das Leben eines Wesens, des 
Kapitals, von seiner Geburt bis zu seinem Tod zu beschreiben, obwohl er 
zu einer Zeit lebte, wo dieses Wesen sich erst am Entwickeln war, der 
Wert beherrschte noch nicht reell, sondern nur formell die Arbeit und die Gesellschaft, daher kommt die Verherrlichung der Politik,
 da die „Partei Marx“, welche somit „marxistisch“ wurde, ihre Analyse 
der kapitalistischen Produktionsverhältnisse in die unmittelbare und 
aktive Wirklichkeit umsetzen wollte. Die Politik ist die 
unumgängliche Tätigkeit, welche mit der formellen Herrschaftsweise des 
Werts verbunden ist, zu einem Zeitpunkt, wo nicht nur die 
kapitalistische Produktionsweise existiert, sondern auch äussere und 
innere, immer noch präkapitalistische Zonen. Taktik. Demokratie. [44]
Ein schrecklicher Widerspruch existierte zwischen den praktischen
 Möglichkeiten der Bewegung, welche zu diesem Zeitpunkt nur eine 
Bewegung der Arbeiter war und höchst politische Aufgaben zu erfüllen 
hatte (Einführung der bürgerlichen Demokratie 1848, Einführung der 
direkten Volksdemokratie 1871, Verallgemeinerung der Lohnarbeit und des 
Proletariats während der Zweiten Internationale, dann politische 
Diktatur des Proletariats 1919), ein Widerspruch zwischen dem und ihren 
eigenen Schlussfolgerungen, die über den Rahmen ihrer bestimmten Epoche hinausgingen und Marx aus seiner Analyse des Kapitals und seiner wirklichen Bewegung, sowie den grundlegend kommunistischen
 Charakter der Kämpfe des Proletariats zwischen 1848 und 1871 gezogen 
hatte, trotz ihrer Grenzen. Was Marx bezüglich des Programms und des 
Verständnisses der wirklichen Bewegung zwischen 1848 und 1871 sagte, war
 eine radikale Kritik dessen, was er zwischen diesen Zeitpunkten und danach, und sogar teilweise dessen, was er während dieser Zeit tun konnte. Marx konnte den Einfluss seines theoretischen Werks in der unmittelbaren Bewegung nur qualitativ begrenzen. Engels beschränkte sich hingegen nach dem Tod von Marx darauf, ihn zu schwächen und zum Verschwinden zu bringen.
„Nichts zeigt den revolutionären Charakter von Marx´ Theorien deutlicher als die Schwierigkeit, sie in nichtrevolutionären Zeiten zu verteidigen. […] Aber es ist schwieriger, ’außerhalb dieser Welt’ zu stehen, denn niemand kann wissen, wann sich die Dinge ändern […] man kann jedoch sagen, daß Marx selbst nicht von Widersprüchen frei war, d.h., daß auch er einer sich ändernden Wirklichkeit Achtung erweisen und, um überhaupt reagieren zu können, in nichtrevolutionären Zeiten auf eine nichtrevolutionäre Weise reagieren mußte. […] Da der Marxismus während der Aufschwungphase des Kapitalismus nicht stumm bleiben wollte, konnte er sich nur in einer Weise äußern, die einer Theorie widersprach, die aus der Erkenntnis eines realen und immer existierenden Klassenkampfes resultierte. Die Theorie eines immerwährenden Klassenkampfes ist nicht gerechtfertigter, als das bürgerliche Konzept des Fortschritts. Zwei Alternativen [boten] sich ihm: Er konnte sich entweder außerhalb der aktuellen Entwicklung stellen und sich auf ein praxisfernes radikales Denken zurückziehen oder unter den gegebenen Umständen an den aktuellen Kämpfen teilnehmen und die revolutionären Theorien für ’bessere Zeiten’ aufheben. Diese letzte Alternative wurde umgesetzt in das ’richtige Gleichgewicht zwischen Theorie und Praxis’ und Niederlage oder Erfolg proletarischer Aktivitäten wurde damit wieder einmal das Ergebnis von ’richtiger’ oder ’falscher’ Taktik, der Frage der richtigen Organisation und der korrekten Führung.“ [45]
Marx und dann Engels waren also die ersten Bürokraten und Ideologen der Arbeiterbewegung. Ihre grundlegenden Schriften (Ökonomisch-philosophische Manuskripte, Grundrisse, Zur Kritik der politischen Ökonomie, Kritik des Gothaer Programms und Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats)
 machen erst heute wirklich Sinn; denn erst heute hat sich der von Marx 
beschriebene Kapitalismus vollständig verwirklicht und erst heute steht 
die Frage des Kommunismus vollständig auf der Tagesordnung, ohne 
Vermittlungen oder Übergangsphase.
Die Marxschen Werke konnten also nur der ideologischen Ausbildung der 
sozialdemokratischen Bürokratie dienen, welche aus im Umgang mit der 
Dialektik und der Ökonomie, allerdings als getrennte Sphären, 
spezialisierten Intellektuellen und einem Teil der Arbeiteraristokratie 
zusammengesetzt war. Die „Marxsche“ Theorie diente nur noch dazu, die 
Notwendigkeit des Kapitalismus durch die wissenschaftliche Kenntnis 
seiner Gesetze und Strukturen zu beweisen (siehe aktuell Althusser) und 
damit die kapitalistischen Verhältnisse unter der seelsorgerischen 
Führung der kleinen und grossen politischen und gewerkschaftlichen Chefs
 zu verewigen. Die Kritik der politischen Ökonomie verwandelte sich von 
einem Zentrum der Theorie innerhalb der kommunistischen Praxis des 
Proletariats – da Studie jener Widersprüche, welche den Kapitalismus 
niederringen sollten – in eine Wissenschaft der Ökonomie, eine 
bürgerliche wissenschaftliche Kategorie. Dieser Ökonomismus hatte die 
Notwendigkeit als Grundlage, die kapitalistische Wirtschaft zu 
verstehen, um die Lohnarbeit innerhalb des kapitalistischen 
Verhältnisses gegen das Kapital, d.h. die Entwicklung des Kapitalismus 
(Deutschland) zu verteidigen oder die Akkumulation des nationalen Kapitals zu erschaffen (Russland). Der „Marxismus“ wurde somit zur Theorie des variablen Kapitals, und ist es geblieben.
 Diesbezüglich ist er eines der solidesten Aushängeschilder der 
Konterrevolution. Er wurde auch zum Diskurs der herrschenden Klasse des 
östlichen Kapitalismus (UdSSR, China, Kuba usw.) und zum im Westen 
tendenziell vorherrschenden akademischen Diskurs. Die kommunistische 
Theorie bildet sich durch die Zerstörung des Marxismus und nur die 
Apostel der Konterrevolution werden sich noch über seine durch etliche 
kapitalistische Diskurse zersetzte Leiche beugen.
V. Die Anarchisten hatten im 19. Jahrhundert mit ihrer Behauptung Recht, dass der proletarische Staat ein Ding der Unmöglichkeit sei.
 Sie lagen auch in ihrer Verweigerung der Politik richtig, sie zeigten 
und bekräftigten damit das besondere Wesen der proletarischen 
Revolution, welche aus menschlichen, und nicht politischen Gründen 
gemacht wird. Sie drückten das aus, was Marx seit 1844 geschrieben, 
jedoch beiseite gelegt hatte.
Ihre Bekräftigungen waren jedoch ambivalent: Die Ideologie der (Lohn-)Arbeit
 war bei ihnen besonders übersteigert und somit kam die Politik auf 
„Umwegen“ zurück. Tatsächlich wurde die Richtigkeit ihrer Konzeption auf
 einen subutopischen, humanistischen und religiösen Zustand reduziert, der Ausdruck der formellen Herrschaft des Werts über die Arbeit war, denn die Politik und die formelle Herrschaft des Werts sind miteinander verbunden. [46]
Der anarchistische Föderalismus war nicht im geringsten kommunistisch, d.h. überhaupt nicht staatszerstörerisch,
 er war eine reaktionäre Konzeption des historischen Rückschritts: 
Gruppen von Produzenten sind in einem durch die Regularisierung des 
Anti-Staats „gerecht“ gemachten Markt miteinander konfrontiert. Die menschliche Gemeinschaft wird gleichzeitig anarchisch und zentralisiert, auf dem gesellschaftlichen Menschen und seinem Bewusstsein basierend sein. 
Was diesen Punkt (die Kritik der Entfremdung) betrifft, haben die Anarchisten beträchtlich viel beigetragen, obwohl es die meiste Zeit nur eine humanistische Bekräftigung sein konnte, welche die Gestalt des Mystizismus annahm und somit selber mystifizierend wurde.
Nachdem sie als Sammelbecken für die Revolutionäre zwischen 1875 und 
1905 gedient hatte, kompromittierte sich die anarchistische Ideologie, 
wie alle sozialistischen Strömungen damals, während des Ersten 
Weltkrieges und verwirklichte sich, fand ihre Wirklichkeit im Spanien von 1936, wo der Skandal nicht nur die Beteiligung der CNT-AIT an der republikanischen, konterrevolutionären Regierung war, welche Arbeiter erschoss (und kritische Kämpfer wie Berneri ermordete), sondern auch der Grund dieser Beteiligung: Die Kollektivierungen,
 welche von ihnen als Zerstörung der kapitalistischen 
Produktionsverhältnisse betrachtet wurden, wurden dort auch sehr schnell
 nur zu einem Potenzial der Verallgemeinerung, trotz den 
vielversprechenden Prämissen des fabelhaften Kampfes der spanischen 
Proletarier und Kleinbauern.
VI. Die Theorie ist einheitlich während einer revolutionären Periode;
 sie wird disparat und partiell während einer konterrevolutionären 
Periode.
Die kommunistische Theorie kann nichts anderes sein als gebunden an die 
gesellschaftliche Praxis der proletarischen Bewegung, sie ist weder 
„marxistisch“ noch „anarchistisch“. Obwohl uns Marx alle (oder 
fast alle) Grundlagen der kommunistischen Theorie überlassen hat, muss 
man sich der Wichtigkeit und der Funktion der anarchistischen Bewegung 
bis etwa 1905 (und sogar danach, in einigen Fällen), deren explosiven, mit dem Entstehen des proletarischen Bewusstseins bis zum Ende des kapitalistischen Prozesses verbundenen Inhalts
 (konstante Bekräftigung des kommunistischen Endziels, auch wenn es 
nicht möglich ist, es zu verwirklichen, und sei es nur negativ) bewusst 
sein, welcher mit dem Auftauchen des proletarischen Bewusstseins 
bis zum Ende des kapitalistischen Prozesses verbunden ist. Diese vom 
Anarchismus unternommene „Kritik der Politik“, welche der Marxismus 
verpasste, müssen und können wir uns zu einem historischen Zeitpunkt 
wiederaneignen, wo der revolutionäre Prozess der kommunistischen 
Transformation der Welt die Kritik der Politik und der (Lohn-)Arbeit, 
die Erschaffung des „Gemeinwesens“, d.h. der menschlichen Gemeinschaft 
bekräftigt. Der Text von Nieuwenhuis ist ein Beispiel für die Wiederaneignung der Theorie durch die wirkliche Bewegung.
Zum Zeitpunkt, wo das Kapital die Politik dank der sich allen 
ideologischen Voraussetzungen entledigenden reellen Herrschaft des Werts
 liquidiert, wird die anarchistische Kritik wieder in die kommunistische
 Theorie integriert, auf schon fast teleskopische Art und Weise.
Zum Zeitpunkt, wo die gesamte gesellschaftliche Tätigkeit eigentlicher 
Prozess des Kapitals ist, wo der Gebrauchswert zu einem einfachen 
Grenzträger der Wertbewegung geworden ist, wo jede gesellschaftliche 
Kategorie eine Funktion für das Kapital im Tausch gegen die 
verallgemeinerte Lohnarbeit darstellt, „braucht das Kapital keine 
Krücken mehr, um sich zu bewegen, es entledigt sich der alten 
ideologischen Vermittlungen wie z.B. der politischen Ideologie und kann 
von nun an direkt das Leben der Menschheit durch die Tätigkeit des Werts
 organisieren“. Zu diesem Zeitpunkt gibt es für uns keinen Gegensatz 
mehr zwischen der von den Anarchisten formulierten Kritik der Politik 
und der von Marx formulierten materialistischen Theorie des 
proletarischen Kampfes.
„Das Proletariat kann keine Vermittlung zwischen ihm und seiner 
Revolution mehr zulassen, d.h. keine andere Partei ausser seine eigene 
Bewegung des Bruchs mit dem Kapital und seiner eigenen Zerstörung. Die 
Selbstaufhebung des Proletariats wird gleichzeitig die Zerstörung der 
politischen Erpressung verwirklichen, welche gegenüber dem sich 
rekonstituierenden Proletariat gezwungen sein wird, sich objektiv in 
einer Bewegung zu vereinigen: in jener der universellen Konterrevolution
 des Kapitals.
Das Ende des Kapitals ist gleichbedeutend mit dem Ende der Demokratie, dem Ende der Politik und ihres äussersten Inhalts: des Spektakels.“ [47]
August 1973
Übersetzt aus dem Französischen von Kommunisierung.net.
Quelle: Jean-Yves Bériou, Théorie révolutionnaire et cycles historiques, La Sociale, Montreal, 2013.
[1] La Perspective du communisme, 1971.
[2] Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung.
[3] La Perspective du communisme.
[4] Karl Marx und Engels, „Revue, Mai bis Oktober 1850“ in Neue Rheinische Zeitung, Fünftes und Sechstes Heft, MEW, Bd. 7, 5. Aufl., 1973, S. 440.
[5] Karl Marx an Freiligrath, Brief vom 29. Februar 1860, MEW, Bd. 30, 1974, S. 495.
[6] Marx an Kugelmann, Brief vom 9. Oktober 1866, MEW, Bd. 31, 1965, S. 529.
[7] Die anfänglichen Positionen von Marx bezüglich der Kommune können sehr gut mit seiner strategischen Analyse der „progressiven“ nationalen Kämpfe erklärt werden, v.a. in Deutschland.
Für Marx war der französisch-preussische Krieg auf Seiten Preussens ein progressiver Krieg, denn er sei nicht gegen das französische Volk, sondern gegen das imperialistische
 französische Regime von Napoleon III. gerichtet gewesen. Diese 
Konzeption der Ereignisse war Teil einer Sichtweise, welche den Anspruch
 hatte, eine globale der sozialen Revolution zu sein. Tatsächlich sah er
 das Epizentrum der Konterrevolution im zaristischen Russland, das mit 
dem kapitalistischen England und dem imperialistischen Frankreich 
verbündet war; diese Konterrevolution verhinderte die Entwicklung der 
nationalen Einheit Deutschlands, somit der dazugehörigen 
Industrialisierung und gleichzeitig des deutschen Proletariats. Für ihn 
war das deutsche Proletariat das Epizentrum der europäischen sozialen 
Revolution, man musste also die deutsche Bourgeoisie in ihrer 
historischen Aufgabe und somit im französisch-preussischen Krieg 
unterstützen, womit zudem das französische Proletariat vom 
bonapartistischen Regime befreit würde.
Natürlich endete diese Theoretisierung in dieser unglaublichen Idee, welche er in einem Brief an Engels erwähnt:
„Die Franzosen brauchen Prügel. Siegen die Preußen, so die Zentralisation der state power
 nützlich der Zentralisation der deutschen Arbeiterklasse. Das deutsche 
Übergewicht würde ferner den Schwerpunkt der westeuropäischen 
Arbeiterbewegung von Frankreich nach Deutschland verlegen, und man hat 
bloß die Bewegung von 1866 bis jetzt in beiden Ländern zu vergleichen, 
um zu sehn, daß die deutsche Arbeiterklasse theoretisch und 
organisatorisch der französischen überlegen ist. Ihr Übergewicht auf dem
 Welttheater über die französische wäre zugleich das Übergewicht unsrer 
Theorie über die Proudhons etc.“ (Marx an Engels, 20. Juli 1870, MEW 33,
 S. 5.)
Natürlich führte diese ganze Sichtweise, welche selbst von der noch 
unvollendeten Konterrevolution hervorgebracht wurde, zu Positionen, die 
später zu den politischen Grundlagen der sozialdemokratischen Doktrin 
wurden. Das Verhältnis zwischen Marx und der Sozialdemokratie ist nicht 
nur negativ, sondern auch positiv. Dieser Wille, das gemäss den Gesetzen
 der historischen und ökonomischen Entwicklung notwendige Voranschreiten
 der Ausweitung der Klassenkämpfe und ihrer Folgen durch eine Epoche 
reich an besonderen Situationen und bedeutenden historischen 
Vermittlungen auf einer universellen Ebene (Zeit und Raum) global zu 
betrachten, brachte ihn dazu, mit gesenktem Kopf in diese Vermittlungen 
hineinzufallen. Natürlich geht es hier nicht um das Individuum „Marx“, 
sondern um das gesellschaftliche Verhältnis.
Die Unterstützung des deutschen Kapitalismus zur Zerstörung des 
Bonapartismus und zur Erschaffung eines grösseren Handlungsspielraumes 
für das französische Proletariat und gleichzeitig zur Erschaffung der 
Grundlagen einer Verstärkung der Proletarisierung in Deutschland usw., 
dieses ganze taktische Kalkül im Namen der grossen „wissenschaftlichen“ 
Strategie führte dazu, die wirkliche Bewegung, die Bewegung der 
revolutionären Klasse zu opfern. Zwei Punkte sind klar:
1) Das Epizentrum der Revolution war eindeutig das französische Proletariat, das während der Kommune der ganzen Welt als Träger des Inhalts der historischen Bewegung erschien.
2) Diese Haltung war gleichbedeutend mit der Unterstützung Bismarcks in 
Deutschland und der Entwaffnung der deutschen Proletarier im Namen der 
für ihren künftigen Kampf notwendigen, bürgerlichen nationalen 
Revolution, obwohl ihr Kampf schon existierte. Wenn Dangeville in den von ihm herausgegebenen Écrits militaires
 von Marx und Engels versucht, dies durch eine pseudodialektische 
Gymnastik zu rechtfertigen, enthüllt er seine teleologischen Rückstände:
 „Tatsächlich waren die französischen Arbeiter unfähig, ihre Bourgeoisie
 zu stürzen (und Bismarck übernahm diese Aufgabe).“ Denn es ist absolut
 klar, dass Bismarck den Aufstieg der französischen Bourgeoisie 
einleitete, indem er Thiers und Versailles, ihre wahren Repräsentanten, 
an die Macht brachte. Die Art und Weise, um jeden Preis die taktischen 
Positionen der Meister rechtfertigen zu wollen, eine morbide und 
lächerliche Manie der Bordigisten, erreicht hier ihren Höhepunkt: die 
Anfertigung einer unwirklichen Geschichte, die für die gute Sache der 
ideologischen Geschichte des „invariablen“ Programms agiert. Dieser 
schlechte, von Dangeville übernommene Witz von Marx und Engels findet 
ihre wirkliche Vollendung in der Sozialdemokratie. Unmittelbar führen 
einige Fäden direkt zu Bernstein und anderen: die metaphysischen 
Subtilitäten zwischen defensiven und offensiven Kriegen (man kennt den 
Weg, welchem sie folgen werden); die Unterstützung Bismarcks, die sich 
kaum von jener Lassalles unterschied: „Darum aber den Antibismarckismus 
zum alleinleitenden Prinzip erheben, wäre absurd. Erstens tut B[ismarck]
 jetzt, wie 1866, immer ein Stück von unsrer Arbeit, in seiner Weise und ohne es zu wollen, aber er tut’s doch.
 Er schafft uns reineren Bord als vorher.“ (Engels an Marx, 15. August 
1870, MEW 33, S. 40); die Beteiligung an der Kriegsführung und am Aufruf
 zur Konsolidierung einer nationalen Armee gegen das Prinzip der 
Arbeitermilizen, all das verbunden mit der Forderung nach heftiger 
Repression des preussischen Staates gegen alle Arbeiter und Kleinbauern,
 die sich dem Militäreinsatz zu entziehen suchten (siehe den 
abstossenden Text von Engels Die preussische Militärfrage und die deutsche Arbeiterpartei, 1865); und wir könnten diese Liste weiterführen, welche beweist, dass Marx und Engels die Sozialdemokratie im Vornhinein gründeten.
Es geht jedoch nicht darum, wie in der Schiessbude den Ball auf die 
beiden Herren zu werfen, sondern auch darum, zu erkennen, inwieweit Marx
 und Engels all diese Linie taktischer Positionen als Notwendigkeiten des Moments konzipierten. Obwohl ihre Analyse absolut falsch
 war, bezog sie sich auf eine kommunistische Sichtweise der Bewegung des
 Proletariats; sie kann sehr gut durch die blendenden Vermittlungen der 
Epoche erklärt werden, obwohl die Sozialdemokraten und ihre 
„sozialistischen“ oder „stalinistischen“ Nachfolger diese ganze Analyse 
übernehmen werden, als ob sie nichts mit ihrem Kontext zu tun hätte, als
 ob sie absolut, ewig, für immer und seit jeher gültig wäre („Die Armee 
von Valmy“). Marx war ein Materialist und konnte sich täuschen, da 
materiell durch die Epoche beschränkt, doch diese Schmierenkomödianten 
und Politiker wenden bloss ad aeternum „marxistisch“ genannte 
Prinzipien auf die Lösung materieller Probleme an, was etwas ganz 
anderes ist. Marx rief zwar dazu auf, Bismarck zu unterstützen, doch das
 war nur provisorisch usw. Zwei Tatsachen können für diese von der 
gegenwärtigen wirklichen Bewegung leider noch nicht geführte Diskussion hier provisorisch als Schlussfolgerung dienen:
1) Marx korrigierte sein Urteil über die Kommune, Deutschland und die Sozialdemokratie und Russland (siehe den Briefwechsel mit Vera Sassulitsch); und zwar korrigierte er sein Urteil auf eine Art und Weise, die überhaupt keinen Raum für Zweifel lässt.
2) Er bevorzugte die mächtige Entwicklung der deutschen Industrie 
gegenüber ihrer Stagnation, weil die Widersprüche sich desto stärker 
verschlimmern, je mehr eine Wirtschaft aufblüht, was schlussendlich die 
für die Revolution notwendigen, tiefen Krisen hervorbringt; er hatte 
diese Position also nicht, weil er an eine harmonische Entwicklung des 
gesellschaftlichen Prozesses glaubte, wie seine deutschen Schüler; 
sondern weil eben die Theorie des Proletariats nur eine Theorie der Katastrophe sein kann; eben genau aus dem umgekehrten Grund. 
Die Positionen von Marx zum französisch-preussischen Krieg und der 
Entstehung der Kommune sind, obwohl sie hier nur kurz behandelt werden 
können, von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der 
gegenwärtigen historischen Bewegung (militärische Frage, nationale Frage
 usw.), doch diese Arbeit wurde bis anhin nur von „orthodoxen Schülern“,
 von Verächtern ohne Intelligenz realisiert, für welche diese 
Intelligenz auch nicht notwendig war, weil es ihre wirkliche Situation 
nicht erforderte. Wir denken besonders, dass der Vergleich mit den 
Schriften Bakunins zur gleichen Zeit (Briefe an einen Franzosen zur aktuellen Krise, Das Knuto-germanische Kaiserreich)
 und ihre wirkliche Konfrontation es erlauben würde, diesbezüglich etwas
 klarer zu sehen und gleichzeitig die Erste Internationale unter dem 
Aspekt der organischen Verbindung zwischen den verschiedenen 
Entwicklungsphasen, sowie das existierende dialektische Verhältnis 
zwischen diesem Aspekt und der Totalität der Klassenkämpfe zwischen 1870
 und 1871 zum Vorschein bringen würde, eine Totalität, die Marx und 
Bakunin, auf bestimmte Phasen des gesellschaftlichen Prozesses fixiert, 
erst im Nachhinein verstanden haben. Die Schriften Bakunins sind zur 
Analyse dieses entscheidenden historischen Moments unumgänglich: In 
Bezug auf den französisch-preussischen Krieg benutzt der Russe die 
gleichen Argumente wie Marx, jedoch zur Verteidigung der französischen 
Seite (Aufruf zur Volksarmee usw.), wobei er genau wie Marx die 
sogenannte Unfähigkeit des französischen Proletariats verachtet, sich 
ihrer Bourgeoisie zu entledigen, es jedoch als Epizentrum der 
europäischen Revolution betrachtet, und er auch in Bezug auf Bismarck 
und Deutschland einen treffenderen Standpunkt hat.
[8] Am
 Abend des 14. September verlässt Michail Bakunin Genf in Richtung Lyon.
 Dort will er versuchen, sein Programm zu verwirklichen, die 
Schlussfolgerung der Briefe an einen Franzosen, in welchen er erklärt, Frankreich sei nur durch die Anarchie und die Revolte in den Provinzen
 zu retten, indem „die Regierungsmaschine zerstört“ wird (das wird auch 
die wichtige Lehre der Niederlage der Kommune sein, auch wenn sie das 
während ihrer Existenz, aufgrund ihrer Isolation von der Provinz, wo die
 Erhebungen unbedeutend waren oder sogleich niedergeschlagen wurden, 
nicht realisieren konnte).
Am 4. September hatte sich ein Komitee zur Rettung im Rathaus 
eingerichtet, es war jedoch am 15. durch einen gewählten, aus 
gemässigten Tendenzen bestehenden Gemeinderat ersetzt worden. Am 17. und
 18. wird im Verlauf von politischen Sitzungen, auf Anregung des 
russischen Revolutionärs, ein Komitee zur Rettung von Frankreich 
eingesetzt. Am 25. verfassen Bakunin und seine Freunde ein grosses 
Plakat, das einen Aufruf zum Aufstand darstellt und folgendes 
dekretiert: die Abschaffung der Verwaltungs- und Regierungsmaschine des 
Staates; Volksgerichtsbarkeit; die Bezahlung der Steuern und Hypotheken 
ist unterbrochen; in jeder Gemeinde übernimmt ein Komitee zur Rettung 
von Frankreich die Macht; die Gründung einer revolutionären Konvention 
zur Rettung von Frankreich in Lyon, das aus Delegierten aus den Komitees
 in den Departementen zusammengesetzt ist. Das Plakat schloss ab mit: 
„Zu den Waffen!!!“ Die Unterzeichnenden kamen aus Lyon und der Region 
(Albert Richard, Palix, Blanc u.a.), aus Marseille (Bastelica) und aus 
Saint-Étienne (Dupin). Am 26. findet eine öffentliche Sitzung statt, wo 
der Text des Plakats vorgelesen wird. Am 28. bricht der Aufstand aus, 
Cluseret wird als General der revolutionären Armee bejubelt, die 
Nationalgarden werden entwaffnet und das Komitee zur Rettung von Frankreich
 richtet sich im Rathaus ein. Doch der Mangel einer ernsthaften Basis 
(einige Gruppen bewaffneter Arbeiter) und die Unentschlossenheit der von
 einem Opera-buffa-General (Cluseret, der sich, man weiss es, in Paris 
noch brillanter hervortut) angeführten Operettenaufständischen zwingen 
die meisten Gefährten Bakunins zur Flucht und bringen den Gemeinderat 
sogleich wieder zurück. Der kurz in Gewahrsam genommene, und dann von 
seinem Freund Ozaroff gerettete Bakunin ist gezwungen, nach Marseille zu
 gehen.
Diese „verrückte Eskapade“ Bakunins, der zu ihrer Verwirklichung mit 
radikalen und jakobinischen, kleinbürgerlichen Phrasendreschern oder 
schlichtweg Verrätern (einige flogen als Agenten von Napoleon III. auf) 
zusammengearbeitet hatte, erlaubte es Marx auf etwas zu einfache Art und
 Weise, sich darüber lustig zu machen, denn all das war voluntaristisch,
 putschistisch und „komiteebezogen“ (die Komitees zur Rettung sind eine 
besonders bürokratische Konzeption des revolutionären Aufstands);
 gleichzeitig war es ein ehrlicher Versuch, der Isolation von Paris 
vorzubeugen, ein praktischer Versuch, Thiers und seiner Bourgeoisie 
vorauszugehen, verbunden mit einer tiefen Angst in Anbetracht der 
entscheidenden Situation für das französische Proletariat. Dieser 
Versuch war nicht dermassen absurd und die Niederlage war 
gleichbedeutend mit einer tieferen Niederlage: der unvermeidbaren 
Niederlage der Pariser Kommune. Zu jener Zeit, wo Marx die französische 
Arbeiterklasse auf mehr als nur ambivalente und unrealistische Art und Weise
 mit Ratschlägen zur Mässigung überschüttete, versuchten Leute mit ihren
 Mitteln und ihrer Energie den Aufstand auf ganz Frankreich auszuweiten.
 Doch Marx traf den Kern der Sache bezüglich der Bedeutung des Problems 
in Bezug auf die Anmassung, den Staat per Dekret abschaffen zu wollen, 
Bakunin masste sich das an und diese Anmassung enthält alle Ambivalenz 
und Ahistorizität der anarchistischen Ideologie:
„Am 28. September, dem Tage seiner Ankunft, hatte das Volk sich des 
Stadthauses bemächtigt. Bakunin nahm Posto darin: der kritische, der 
lange Jahre hindurch erwartete Moment war endlich da, an welchem Bakunin
 den revolutionärsten Akt vollziehen konnte, den die Welt jemals gesehen
 – er dekretierte die Abschaffung des Staates. Aber der Staat, in
 der Form und Gestalt von zwei Kompanien Bourgeois-Nationalgarden, drang
 ein durch einen Eingang, den zu besetzen man vergessen hatte, fegte den
 Saal aus und schickte Bakunin eiligst auf den Weg nach Genf.“ (Karl 
Marx, Ein Komplott gegen die Internationale Arbeiter-Assoziation, 1873, MEW 18, S. 351.)
[9] In England z.B., siehe „Du rackett politique au cirque électoral“ in Le Voyou, Nr. 1.
[10] MEW, Bd. 33, 1976, S. 206.
[11] François Martin, Quelques leçons d’une insurrection passée pour une insurrection future.
[12] Karl Marx, Brief an Sorge vom 27. September 1877, MEW 34, S. 295.
[13] Paul
 Brousse (1843-1912) ist zu dieser Zeit der Anführer des französischen 
Possibilismus. Brousse ist ein typischer Repräsentant des politischen 
Arbeiterkarrierismus, der politischen Tendenz, proletarische Kämpfe auf 
Ökonomismus, auf „praktische“ Reformen, auf die empörte Verweigerung 
jeglicher Theorie zu reduzieren. Was die verschiedenen Lebensabschnitte 
von Brousse miteinander verbindet, ist sein Anti-Marxismus einer 
ausgesprochen bornierten und reaktionären Prägung, der nicht 
vergleichbar ist mit seinem Pol der radikalen Kritik wie bei Malatesta, 
Nieuwenhuis usw. Paul Brousse oder „von der Bombe zu den 
Gemeinderatswahlen“.
Tatsächlich war Paul Brousse zuerst Anarchist, und sogar einer dieser 
aktiven Männer zwischen 1872 und 1878. Er gründete mit Alerini und Camet
 im Frühling 1873 das Sozialistische revolutionäre Propagandakomitee Südfrankreichs, das seinen Sitz in Barcelona hatte und dort die Zeitung La Solidarité révolutionnaire
 herausgab, eine anarchistische Zeitung, deren Artikel grösstenteils von
 ihm selbst geschrieben waren und die klandestin nach Frankreich 
gebracht und dort verteilt wurde. Er ging danach in die Schweiz, um sich
 dort den Anti-Autoritären anzuschliessen, nachdem er mehrere Monate in 
Lyon verbracht hatte, während welchen er Kontakte zur bedeutenden 
revolutionären Gruppe im Quartier Croix-Rousse geknüpft hatte, jene 
Gruppe, welche später im flüchtigen Wiederauftauchen subversiver 
Tendenzen innerhalb der französischen proletarischen Bewegung eine 
derart grosse Rolle spielt. Als Delegierter einer französischen Sektion 
und der spanischen Föderation nahm er 1878 am ersten Kongress der 
anti-autoritären IAA [AdÜ: gemeinhin bekannt als Juraföderation] teil, 
danach organisierte er in Bern das Treffen zwischen Bakunin, Alerini, 
Pindy und den Spaniern Farga und Vinas. Er war eine bedeutende Figur in 
der Westschweiz, v.a. innerhalb der Redaktion des Bulletin de la Fédération jurassienne.
 Er gründete eine Sektion in Bern und war dort auch an der Gründung 
einer deutschsprachigen Sektion beteiligt, deren Zeitung die Arbeiter-Zeitung
 (1876-1877) war und welche die Grundlage des Beginns der 
anarchistischen revolutionären Bewegung im deutschsprachigen Raum 
darstellt. Er war auch einer der Mitglieder dieser französischen, von 
Pindy gegründeten Föderation und ihrer Verwaltungskommission (mit Pindy,
 Alerini, Dumartheray und Montels); im Juni 1877 gründete er mit der 
Hilfe von Kropotkin die Zeitung der Föderation, L’Avant-Garde, 
die klandestin in Frankreich verteilt wurde; schliesslich redigierte er 
das abstentionistische Manifest im Oktober 1877. Während er all diesen 
Tätigkeiten nachging, war Brousse Teil der kleinen „revolutionären 
Gemeinschaft“, die mehr oder weniger geheim rund um Kropotkin 
organisiert war und parallel zur Organisation der IAA [AdÜ: 
Juraföderation] internationale Kontakte pflegte. Ausserdem war er 
zusammen mit Costa der Repräsentant des extremistischsten Flügels der 
Bewegung im Februar 1877, er organisierte, obwohl die „Gemässigten“ rund
 um James Guillaume dagegen waren, eine Strassendemonstration in Bern, 
die beträchtliche Unruhen und, für ihn, Gefängnis und Verbannung zur 
Folge hatte; doch v.a. war er einer jener, welche offen die 
Notwendigkeit der „Propaganda der Tat“ verteidigten: Mit Costa hielt er 
mehrere Konferenzen und äusserte mehrere Erklärungen, welche die Bombe 
und das Dynamit priesen. Und diese gleiche Ungeduld, etwas zu erhalten, nicht auf die Revolution zu warten, führte ihn auf den Weg des Reformismus, der dieser gleichen Ungeduld entspringt,
 denn Reformen erhält man „während man wartet“, „mangels besserer 
Alternativen“. Die italienische Linke sah immer die Bedeutung dieses 
Verhältnisses, als sie bekräftigte, dass die Ungeduld die Quelle des Opportunismus ist.
 Und diese gleiche Ungeduld, die Brousse auf diese Weise zum Reformismus
 führte, führte ihn sogar sehr schnell dazu, denn er schlug 1878 am 
Kongress der Juraföderation die Teilnahme an den Gemeindewahlen und die 
Unterstützung der Kandidatur Blanquis vor. Der Wille, die Geschichte 
durch Bomben oder den Putsch zu beschleunigen, hat die gleichen Wurzeln,
 wie die Tatsache, ihr kleine Dinge entreissen zu wollen, die trotz 
allem die Anfänge der grossen Revolution darstellen sollen. Als Brousse 
1879 aus der Schweiz verwiesen wird, tritt er in die Reihe, indem er 
sich Guesde und seinen Freunden anschliesst.
[14] MEW, Bd. 37, S. 232.
[15] „Zur Geschichte des Bundes der Kommunisten“, MEW Bd. 21, S. 223.
[16] In
 Dänemark wird 1889 die linke oppositionelle Minderheit, die von Gerson 
Trier und Nicolaï Petersen angeführt wird und die Wochenzeitung Arbedjeren
 („Der Arbeiter“) herausgibt, mit nur 2700 von 40000 Stimmen auf 
Anregung des Exekutivkomitees der dänischen sozialdemokratischen Partei 
nach verschiedenen bürokratischen Manövern, Wahlmanipulationen und einer
 heftigen, zur Personalisierung tendierenden Polemik, um der wirklichen 
Bedeutung und den theoretischen Grundlagen besser Einhalt zu gebieten, 
ausgeschlossen. Engels gibt in dieser Affäre, obwohl er ein persönlicher
 Freund von Trier und mit ihnen einverstanden war, dem Ausschluss seine 
päpstliche Segnung, womit er einmal mehr die klare und deutliche 
Entwicklung der Zweiten Internationale hin zu einem eindeutig 
bürgerlichen Organismus begünstigt, der nicht einmal mehr reformistisch 
ist.
Um sich bewusst zu machen, dass man es in diesem Fall genau wie in 
Holland oder Schweden nicht mit einem zufälligen, mit einem „Fehler“ 
oder einer „taktischen“ Uneinigkeit zwischen verschiedenen Fraktionen 
zusammenhängenden Phänomen, sondern mit einem allgemeinen Phänomen in 
einem bestimmten historisch-geographischen Bereich (die Zweite 
Internationale in den angelsächsischen und nördlichen Ländern) zu tun 
hat, ist es nützlich, etwas zurückzugehen und die Geschichte der 
sozialen Bewegung in Dänemark bis 1889 zu skizzieren. 
Es existierte 1871 eine Sektion der Zweiten Internationale, 
hauptsächlich in Kopenhagen, deren Führung – eine bemerkenswerte 
Tatsache – in den Händen von Arbeitern und intellektuellen Proletariern,
 und nicht in den Händen von Klein- oder Grossbürgerlichen wie in 
Deutschland (Doktoren, Professoren usw.) war. Sie hatte eine Zeitung, Socialisten,
 die von Harald Brix herausgegeben wurde, ab April 1872 eine 
Tageszeitung war und mehrmals von der Zensur und der Polizei konfisziert
 wurde, was der Grund war, dass sie manchmal im Ausland, wie z.B. in 
Hamburg oder Malmö (Schweden), erschien; um diese Zeitung war die 
gesamte aktive Fraktion des dänischen Proletariats gruppiert, die in den
 häufig von Gewalt begleiteten, fast immer in physischen Konfrontationen
 mit der Polizei endenden Streiks intervenierte.
Dieser Prozess erreichte seinen Höhepunkt am 5. Mai 1872. An diesem Tag streikten die Maurer und Socialisten
 hatte alle Arbeiter Kopenhagens zu einem grossen, entscheidenden 
Treffen eingeladen. Selbstverständlich wurde es von der Regierung 
verboten, die Polizei lancierte einen Angriff gegen den öffentlichen 
Platz, wo das Treffen abgehalten werden sollte, und besetzte ihn; es kam
 zu einem heftigen Zusammenstoss und mehrere Anführer wurden verhaftet: 
Louis Piot, Paul Gellef, Harald Brix u.a. Angeklagt wegen Aufruf zu Mord
 und Plünderung (damals schon!) wurden sie zu mehreren Jahren 
Zwangsarbeit verurteilt. Trotzdem vergrösserte und vertiefte sich die 
Bewegung und im August 1873 wurde die Arbeiter-Assoziation von der 
Regierung verboten und aufgelöst. Daraufhin wurde die Sozialdemokratische Partei gegründet und alles begann langsam zu verfaulen.
Zwischen 1870 und 1873 ging Europa durch eine bedeutende wirtschaftliche
 und politisch-militärische Krise, die es dem industriellen Proletariat 
erlaubte, ziemlich überall zu intervenieren, doch v.a. in Paris, und zum
 revolutionären Angriff und der Kommune führte. Nach der Niederlage der 
französischen Arbeiterklasse konnte die Konterrevolution die Ordnung mit
 Hilfe der Staaten wiederherstellen, die vor allen anderen Funktionen zu
 anti-proletarischen Waffen geworden waren.
Der Zyklus der Konterrevolution dauerte danach ungefähr 45 Jahre, 
charakterisiert war er hauptsächlich durch den Aufstieg der 
Sozialdemokratie auf fast schon totalitäre Art und Weise. Alles, was 
innerhalb der sozialistischen Bewegung theoretisch zum Kommunismus 
tendierte, wurde mühevoll und systematisch ausgehobelt und/oder aus der 
von den Sozialdemokraten komplett politisch monopolisierten 
Arbeiterbewegung ausgeschlossen; G-W-G’ konnte ungestört seinen Walzer 
tanzen: Innerhalb der Gleichung war ’ gleichbedeutend mit dem Recht auf 
die demokratische Existenz für das Proletariat. Dieses Schema wird umso unbestreitbarer, je weiter man der dänischen Odyssee mit all ihren Unwägbarkeiten folgt.
Im August 1877 retteten sich Piot und Geleff durch die Ausreise nach 
Amerika, mit der Kasse, was gar nicht so dumm war. Darum erschien Socialisten
 immer unregelmässiger und der Skandal erreichte die sozialistische 
Bewegung. Dort gehört die moralische Empörung im allgemeinen und 
grosszügigerweise zum guten Ton, doch kritische Härte hat nichts mit 
Moral zu tun. Warum, und das ist die wahre Frage, die in sich selbst 
ihre Antwort enthält, flüchten zwei Revolutionäre mit der Kasse, die das
 Beste (und das Schlimmste) ihres Lebens gegeben, das Gefängnis riskiert
 und in die Strafkolonie verbannt worden waren und die radikale Strömung
 des dänischen Proletariats während diesen Jahren intensiver Kämpfe 
repräsentiert hatten? Der Grund dafür war, dass es keine 
revolutionäre mehr, sondern eine konterrevolutionäre Bewegung war und 
sie darin nichts verloren hatten; Harald Brix hatte sein Zuhause in 
einem dänischen Gefängnis aufgrund politischer Agitation; er starb 1881.
 Die Politiker hatten nun freie Hände.
Ende 1877 fand der erste Sozialistenkongress in Dänemark statt. Er nahm 
das Gothaer Fusionsprogramm an und repräsentierte 7000 Mitglieder, 
während die Assoziation auf dem Höhepunkt der Kämpfe 1872 kaum 700 
hatte; was das zwingend konterrevolutionäre Wesen einer solchen 
Partei mit 7000 Mitgliedern 1877 beweist, zu einer Zeit der 
gesellschaftlichen Ruhe und in einem kleinen Land wie Dänemark. Es 
genügt, die gewählten Motionen zu lesen, um zu realisieren, inwieweit 
die revolutionäre Tendenz verschwunden war, um der „politischen“ und 
„gewerkschaftlichen“ Agitation Platz zu machen. Ihre beiden Stützpfeiler
 waren der Parlamentarismus und die gewerkschaftliche Tätigkeit. Im Jahr
 1884 verbündete sich die dänische SP mit der bürgerlichen Opposition, 
um den Minister Estrup zu stürzen, was ihre Mitgliederzahl und ihre 
Popularität auf beeindruckende Art und Weise anwachsen liess: Sie hatte 
ihr Eintrittsticket in die demokratische Arena erlangt. Und wir gehen 
über den Rest hinweg.
In einem internen Rundschreiben zur Vorbereitung des Kongresses 1888 
kann man folgendes lesen: „Wir müssen alles versuchen, um praktische 
Reformen zu erreichen, welche dazu beitragen, die Situation des 
Kleinbürgertums zu verbessern.“ Das gleiche stand auch in einer 
öffentlichen Erklärung: „Der Staat muss den Bauern mit Landbesitz die 
notwendigen Kapitale günstig zur Verfügung stellen.“ Während den 
Gemeindewahlen 1888 in Kopenhagen erklärte die dänische SP offen, dass 
sie die Interessen des Kleinbürgertums repräsentiere, und schlug die 
Versöhnung zwischen Arbeitern und Kleinbürgerlichen vor. Es geht hier 
nicht einmal mehr um taktische Klassenbündnisse und das übliche 
Geschwätz bezüglich dieser Fragen, sondern um einen unverblümten 
Seitenwechsel hinsichtlich der gesellschaftlichen Schranke. Und zu 
diesem Zeitpunkt gruppiert sich die anti-parlamentarische marxistische 
Minderheit um die Zeitung Arbedjeren, um auf den Bruch 
hinzuarbeiten, von dem wir weiter oben gesprochen haben (zu diesem Thema
 muss angemerkt werden, dass es von Anfang eine um Sophus Phill 
gruppierte Opposition gab). Die Ausgeschlossenen, die von ihren Gegnern 
zu Unrecht als „Anarchisten“ bezeichnet wurden, gründeten die Revolutionäre sozialistische Partei und behielten Arbedjeren
 als Parteizeitung. Sie kämpfen an drei Fronten: gleichzeitig gegen den 
Staat und die Polizei (Petersen ist immer mal wieder im Gefängnis), 
gegen die Arbeitgeberschaft und gegen die Sozialdemokratie. Sie weigern 
sich, gemäss ihren eigenen Worten, „Politik zu machen“ und setzen den 
politischen Kampf mit dem bürgerlichen Streben nach Reformen gleich, das
 sie ebenfalls bekämpfen. Am skandinavischen Kongress in Christiania 
(102 Delegierte) im August 1890 ist die Diskussion zwischen 
Sozialdemokraten und revolutionären Sozialisten heftig, letztere werfen 
ersteren ihre Weigerung vor, den Kampf der Arbeitslosen zu unterstützen,
 eine Weigerung, die mit der Verteidigung der Interessen der Bauern mit 
Landeigentum, der Handwerker und der wohlhabenden Arbeiter und der 
organisierten Sabotage des unmittelbaren Kampfes für den 
Acht-Stunden-Tag zu tun hat. Die dänische SP endet übrigens ziemlich 
böse; nachdem sie im Parlament fünf Sitze gewonnen hat, verbündet sie 
sich mit den radikalen Bürgerlichen und wird zu einem europäischen 
Mitglied des „Possibilismus“.
Petersen muss ein Jahr (1892-1893) aufgrund eines Artikels im Arbeiter
 ins Gefängnis, der sich zum Aufstand und der Zerstörung des Staats 
bekennt. Während seinem Gefängnisaufenthalt übernimmt eine andere, eher 
anarchistische Tendenz die Führung in der Redaktion des Arbeiter und beginnt, Artikel der von Landauer angeführten Zeitung Der Sozialist
 aus Berlin zu reproduzieren; nach einem Jahr kann der Arbeiter nicht 
mehr erscheinen (alles gemäss einem Brief von Petersen an Engels vom 8. 
Juli 1893). Um nicht zwischen Engels und den „Jungen“ Position beziehen 
zu müssen, behauptet Petersen, die dänische Opposition sei eine 
Opposition hinsichtlich taktischer Prinzipien, während es zwischen der 
deutschen Opposition und der Führung der deutschen SP nur „Nuancen“ gebe
 (gemäss einem Artikel von Petersen im Arbeiter am 8. November 
1891). Die Ambivalenz ist tief und 1901 (u.a.) bringt der Druck der 
Führung der Zweiten Internationale (Bebel, die Österreicher) die Führung
 der dänischen SP dazu, die Ausschlüsse von 1889 rückgängig zu machen.
Während der Periode zwischen 1889 und 1901 erreicht die Radikalität der 
dänischen Linken der Zweiten Internationale ihren Höhepunkt, Trier 
spricht sogar positiv vom Anarchismus in den 1894 veröffentlichten 
Artikeln und proklamiert, er habe mehr mit Bakunin und Kropotkin 
gemeinsam als mit dem „Sozialdemokratismus“. Ausser 1916, wo Trier die 
SP aus Protest gegen ihren Ministerialismus verlässt, manifestiert sich 
die Opposition innerhalb der Sozialdemokratie (1901-1916). Trier starb 1918, während er seine Sympathie für die neue Sozialistische (später Kommunistische) Arbeiterpartei ausdrückte, ihr jedoch nicht beitreten wollte, weil die Partei parlamentaristisch blieb.
Die eher anarchistische Tendenz der Redaktion nach 1892 ist kaum 
artikuliert; und erst in der ersten Dekade dieses [des 20.] Jahrhunderts
 entsteht mit der Tageszeitung Die sozialistische Arbeiterzeitung
 (1908) von Chr. Christensen, ein Schüler von Trier und Petersen, eine 
nicht-marxistische revolutionäre Tendenz (bis 1915 schreibt auch 
Petersen von Zeit zu Zeit in dieser Zeitung, danach wird er nach einem 
Selbstmordversuch mehr oder weniger verrückt). Diese Tendenz, welche 
zwischen 1905 und 1908 einen anti-parlamentaristischen Text von Herman 
Teistler von ungefähr 1890 mit dem Titel „Wacht auf“ veröffentlicht, 
wird später auch für den Import der „revolutionär syndikalistischen“ 
Ideen nach Dänemark verantwortlich sein. Im Jahr 1908 gründen Chr. 
Christensen und andere die Syndikalistische Föderation und 1910 die Union der gewerkschaftlichen Opposition,
 wovon eine Tendenz gegen 1920 versucht, sich mit der 
nicht-anarcho-syndikalistischen kommunistischen Linken zu vereinen (der 
Haupttext von Christensen datiert von 1921 und trägt den Titel „Moskau 
und der Syndikalismus“ – im gleichen Jahr zerstört der vereinigende und 
spaltungsfeindliche Sinowjewismus diesen Versuch).
[17] Eine Bewegung zwischen der dänischen und der holländischen entwickelte sich in Schweden, jedoch auf weniger radikalen Grundlagen und quantitativ unbedeutender. Besonders degenerierte die Bewegung nach einer terroristischen Phase schneller als woanders hin zu ihrer arbeiterorientierten Achse und war der Beginn der schwedischen anarchosyndikalistischen Bewegung, die heute noch existiert und sogar die einzige Bewegung dieser Art mit einer gewissen gewerkschaftlichen Bedeutung bleibt, nachdem die CNT in Wirklichkeit verschwunden ist. Die SAC ist ein Beispiel dafür, was die Grenzentwicklung des syndikalistisch-revolutionären Inhalts in der modernen Gesellschaft hervorbringen kann: „Apolitismus“, sozialer Bürgersinn, sozialer Pazifismus, Mitbestimmung, Verherrlichung der Demokratie, Unterstützung des Wohlfahrtsstaates usw. Bei Nettlau findet man einige Informationen zur Bergregen-Bewegung.
[18] La Perspective du communisme.
[19] Négation I, "Le Prolétariat comme destructeur du travail".
[20] Ebd.
[21] La Perspective du communisme.
[22] Encyclopédie socialiste syndicale et coopérative de l’Internationale ouvrière, herausgegeben von Compère-Morel.
[23] Karl Kautsky, zitiert gemäss Lenin, Was tun?
[24] Jean-Louis
 Pindy (oder Pendy) (1840-1917) war ein Schreiner, der 1867 der 
Internationale beitrat und deren Sektion in Brest gründete; im gleichen 
Jahr verlegte er seinen Wohnsitz nach Paris, wo er sich sehr schnell 
aktiv am Leben der IAA beteiligte. Pindy war damals in der von Tolain 
angeführten proudhonianischen Fraktion, die am Basler Kongress (dritter 
Kongress der IAA) gegen das Kollektiveigentum des Bodens gestimmt und wo
 er als Repräsentant der Gewerkschaftskammer der Schreiner von Paris 
teilgenommen hatte. Pindy wurde, nachdem er aufgrund der gegen die IAA 
gerichteten Prozesse im Gefängnis war, einer der Repräsentanten des 
revolutionären Proletariats, einer der agierenden Mitglieder der Partei 
des Proletariats während der Agitation in den Jahren vor der Kommune. Er
 war einer der Gründer des Zentralkomitees der 20 Kreise; er signierte das Rote Plakat
 vom 6. Januar 1871, das den Verrat der Regierung des 4. September 
verurteilte und radikale Massnahmen zur Führung des „Volkskrieges“ 
vorschlug und dessen letzten Sätze lauteten „Platz dem Volk! Platz der 
Kommune!“; er beteiligte sich gleichzeitig an den Arbeiten des 
Föderalrats der IAA und der Redaktionskommission derer neuen Zeitung, La Lutte à outrance;
 er tritt am 6. September 1870 in die Nationalgarde ein und wird Anfang 
März 1871 Mitglied des Zentralkomitees; und am 18. März gehört er zu 
jenen, welche das Rathaus besetzen.
Während der Kommune, an welcher er sich beteiligte, war er Mitglied der 
Militärkommission, dann folgte er auf Assi als Gouverneur des Rathauses 
und unterschrieb am 15. Mai die Erklärung der „Minderheit“ gegen den 
Wohlfahrtsausschuss.
Nachdem er es geschafft hatte, sich eine gewisse Zeit in Paris zu 
verstecken, flüchtete er in die Schweiz, wo er danach Gold- und 
Silberpunzer wurde. Er war sehr engagiert in der Juraföderation als 
Sekretär und Korrespondent des Föderalkomitees, und das während sehr 
langer Zeit, sein Wohnsitz war in La Chaux-de-Fonds, wo das Zentrum der 
Bewegung war.
Er gründete 1872 mit Dumartheray die französische Föderation der IAA, 
die v.a. aus in die Schweiz geflüchteten Kommunarden bestand und 
versuchte, durch Kontakte mit einigen zerstreuten Individuen und Gruppen
 v.a. in der Region Rhône-Alpes (Lyon, Saint-Étienne usw.) und eine mehr
 oder weniger illegale Existenz, den durch die Niederschlagung der 
Kommune zerrissenen Faden wieder weiterzuspinnen. Die französische 
Föderation blieb lange schattenhaft, doch durch die unaufhörliche Arbeit
 von Mitgliedern wie Camet, Gillet, Alerini usw., die zwischen 
Barcelona, der Schweiz und Lyon-Saint-Étienne hin- und herreisten, 
schaffte sie es, die „revolutionäre“ Fraktion des französischen 
Proletariats neu aufzubauen: Im Sommer 1877 gaben Paul Brousse und Pindy
 mit der Hilfe von Kropotkin die erste Nummer der L’Avant-Garde 
heraus, die Zeitung der französischen Föderation, deren Handlungsfeld 
die Propaganda in Frankreich war, wo sie klandestin verteilt wurde; 
einen Monat später fand der erste Kongress der französischen Föderation 
statt, er war eindeutig anarchistisch und kollektivistisch, die 
Organisatoren waren Montels und Brousse: Der Kongress nominierte eine 
Verwaltungskommission, die nur aus Verbannten bestand, Alerini, Brousse,
 Dumartheray, Montels und Pindy.
Im Oktober 1877 unterschrieb er das Plakat mit dem von Brousse verfassten und die Arbeiter zur Stimmenthaltung aufrufenden Manifest;
 diese fast überall in Frankreich plakatierte Erklärung, die eine 
Antwort auf die Verleumdungen der Radikalen von Lyon war, welche sich 
die revolutionären Arbeiter zunutze machen wollten, um sich im Kontext 
der Krise des 16. Mai geschickt aus der Affäre zu ziehen, wurde mit 
einer zweiten fortgesetzt, die sie bestätigte und von Jeallot, Ferré, 
Dumartheray, Alerini und Pindy unterschrieben war.
Pindy war einer der Unterzeichner und der Hauptredakteur des von der 
französischen Föderation der anti-autoritären IAA präsentierten Berichts
 am zweiten Nationalkongress in Lyon, der, wenn er auch v.a. eine 
Versammlung von gewerkschaftlichen und Berufsdelegierten war, einer 
gemässigter und „apolitischer“ als der andere, so doch die Manifestation
 einer „revolutionären“ Opposition bestehend aus etwa zehn Delegierten 
wie Ballivet und Dupiren erlebte, die ausserdem Mitglieder der IAA 
waren.
Er beteiligte sich auch am Leben der anti-autoritären Internationale; am
 Kongress von Saint-Imier von 1872 war er Delegierter als Repräsentant 
mehrerer französischer Sektionen mit Montels, dann am sechsten Kongress 
der IAA in Genf, der eigentlich der erste Kongress der anti-autoritären 
Internationale war, als Repräsentant des jurassischen Föderalkomitees, 
danach wird er einer der Anführer der Organisation und nimmt an allen 
Kongressen bis zum letzten 1877 teil.
Im Jahr 1914 zeigt er sich wie so viele andere (wie sein Freund Montels, der das Manifest der Sechzehn
 unterschrieb) sehr „Union sacrée“ und erlangte schliesslich einen 
Geruch der patriotischen Heiligkeit, was für einen Anarchisten nicht so 
schlecht war.
[25] Gustave
 Lefrançais (1825-1901) ist sicher einer der bemerkenswertesten und 
eigentümlichsten französischen Revolutionäre der zweiten Hälfte des 
letzten Jahrhunderts. Lefrançais erlebte 1848, das Exil in England, die 
Vorbereitung der Kommune, die Erste Internationale und die Kommune, die 
anti-autoritäre Internationale in der Schweiz usw., ohne je in den 
politischen Sümpfen auf dieser Strecke den Boden unter den Füssen zu 
verlieren.
„Unser Leben ist eine Reise
Durch den Winter und die Nacht.
Wir suchen, was den Weg uns weise,
Am Himmel, wo kein Stern uns lacht.“
(Lied der Schweizer Garden, 1793, das Céline seinem Buch Reise ans Ende der Nacht vorangestellt hat.)
Er stellt das seltene Beispiel eines Mannes dar, der den Kommunismus 
durch zwei Konterrevolutionen hindurch repräsentierte und der trotz seiner Epoche und gegen sie Kommunist blieb.
Lefrançais ist laizistischer, atheistischer und sozialistischer Lehrer, 
wird 1847 entlassen und wird Kanzleischreiber; er beteiligt sich an der 
Revolution 1848; 1849 beteiligt er sich am Brüderlichen Verein der sozialistischen Lehrer, Lehrerinnen und Professoren
 und an der Niederschrift seines Unterrichtsprogramms, aus diesem Grund 
findet im April 1850 ein Strafprozess gegen ihn statt und er wird zu 
Hausarrest in Dijon verurteilt.
Im Mai 1852 gelingt ihm die Ausreise nach London; dort lebt er im Elend 
und muss sich gegen die durchaus lebendige politische Erpressung 
verteidigen; Lefrançais, der seine Situation mit seinen Freunden wie 
Joseph Déjacques teilt, macht sich Gedanken und nach eineinhalb Jahren 
in London kehrt ein kommunistischer Revolutionär nach Paris zurück, der 
die Kritik des Proudhonismus, des Mutualismus, des Blanquismus gemacht 
und v.a. verstanden hat, dass das Proletariat mit den kleinbürgerlichen 
Demokraten oder Jakobinern wie Ledru-Rollin nichts zu tun hat. Zwischen 
1853 und 1868 trifft er sowohl alle revolutionären als auch die anderen 
Oppositionellen.
Während der Periode zwischen 1868 und 1871, die gleichbedeutend mit dem 
Erstarken des revolutionären Prozesses ist, bringt die noch unsichere 
Klasse Leute wie Pindy, Lefrançais, Leverdays, Vermorel usw. hervor, die
 sie, ohne „Theoretiker“ oder „Zauberer“ zu sein, über ihre eigene 
geschichtliche Bewegung aufklären. Lefrançais wird schnell zu einem der 
populärsten Redner in all den öffentlichen, in der Vauxhall, im 
Pré-aux-Clercs, in der Redoute abgehaltenen revolutionären 
Versammlungen, wo sich all die sich wirklich in Bewegung befindenden 
Randgruppen auf der Suche nach sich selbst hineindrängen; Lefrançais ist
 dort einer der wichtigsten Vertreter und Verteidiger des Kommunismus, 
der freien Vereinigung usw. Er ist Mitglied des Komitees der Wachsamkeit
 im vierten Kreis, dann des Zentralkomitees der 20 Kreise, fordert 
vergeblich dringende Massnahmen. Nachdem er im Gefängnis Mazas gewesen 
ist, wird er als Mitglied der Kommune, dann der Exekutivkommission 
gewählt; er ist Teil der „Minderheit“ gegen den Wohlfahrtsausschuss.
Nachdem er nach Genf geflüchtet ist, gründet er mit Mâlon und Ostyn die Revolutionäre Genfer Propaganda- und Aktionssektion, deren führender Kopf er ist, und nimmt an den internationalen Kongressen der anti-autoritären IAA teil.
Er arbeitet bis etwa 1878 bei vielen „anti-autoritären“ Zeitungen seiner Zeit mit; er veröffentlicht auch Broschüren (République et révolution, De l’attitude à prendre par le prolétariat en présence des partis politiques, De la dictature
 usw.), in welchen er versucht, den autonomen Kampf des Proletariats und
 die Verweigerung der Politik zu theoretisieren. Er will nicht mit den 
Anarchisten verbunden oder identifiziert werden: Er gehört keiner 
Partei, keiner Sekte an.
Der „Kommunalismus“ ist, mit Ausnahme des in ihm enthaltenen 
Fourierismus, ein Versuch, den Inhalt der proletarischen Bewegung der 
Epoche zu studieren und zu verstehen, er ist auf die von der Bewegung 
angenommene Form „Kommune“ fixiert, genau wie der „Rätekommunismus“ 
später die Bewegung auf ihre Form „Rat“ reduzierte, natürlich nach ihrer
 Niederlage.
Nachdem er die Lausanner Sektion neu organisiert hat und sich mit 
Vermeerch duellierte, kommt Lefrançais 1887 nach Paris zurück; am Ende 
seines Leben hielt er sich fern – fern zwar, doch fern von der Politik.
„Ich sterbe immer überzeugter, dass die sozialen Ideen, welche ich mein 
ganzes Leben kundgetan und für welche ich, so gut ich konnte, gekämpft 
habe, richtig und rein sind.
Ich sterbe immer überzeugter, dass die Gesellschaft, inmitten welcher 
ich gelebt habe, nur die zynischste und ungeheuerlichste aller 
Räubereien ist.
Ich sterbe, während ich die tiefste Verachtung aller politischen 
Parteien kundtue, mögen sie sozialistisch sein, ich habe diese Parteien 
immer nur als Gruppierungen einfacher Naiver betrachtet, welche von 
scham- und skrupellosen Karrieristen angeführt werden.“ (Testament von 
Lefrançais.)
„Ihr Verrückten seid noch jene Menschen, welche ich am meisten liebe. 
Mit Euch kann man arbeiten und sich selber bleiben.“ (An Kropotkin.)
[26] Errico Malatesta, „Kollektivistische Internationale und anarchistischer Kommunismus“, Pensiero e Volontà, Rom, 25. August 1926 in Gesammelte Schriften, Bd. 2, S. 42.
[27] Errico Malatesta, „Programm und Organisation der internationalen Arbeiterassoziation“, La Questione sociale, Florenz, Juni 1884 in Gesammelte Schriften, Bd. 2, S. 43-44.
[28] Errico Malatesta, „Wille“, nachgedruckt im Réveil, Genf, März 1914.
[29] Paul Brousse, Arbeiter-Zeitung, Bern, 28. Oktober 1876, S. 4.
[30] Bulletin jurassien, Dezember 1876.
[31] Errico Malatesta, „Kollektivistische Internationale und anarchistischer Kommunismus“, op. cit., S. 42.
[32] "Allgemeine Sitzung der Jurassischen Föderation am 12. Oktober in La Chaux-de-Fonds", Le Révolté, Genf, Oktober 1879.
[33] Cafiero, Le Révolté, Genf, Dezember 1880.
[34] La Révolution sociale, August 1881.
[35] Errico Malatesta, „Kollektivistische Internationale und anarchistischer Kommunismus“, op. cit., S. 44-45.
[36] „Aufruf“ und „Programm“, L’Azzociazione, Nizza-London, 1890.
[37] Paraf-Javal (1888-1942), ein sehr ambivalenter individualistischer Anarchist, d.h. einerseits sehr interessant in gewisser Hinsicht (Kritik der Gewerkschaften, der Politik) und andererseits beteiligt an jeglichem Schwachsinn wie die „freien Milieus“, „Freimaurer“ usw. Er ist ein Freund des berühmten „Libertad“ (1875-1908) und gründet zusammen mit ihm und anderen Anarchisten wie Lorulot, der zukünftige Kopf der Libre pensée, oder Kibaltschitsch (alias Victor Serge) 1905 die Zeitschrift L’Anarchie. Diese Zeitschrift repräsentierte in der anarchistischen Bewegung die rein individualistische Strömung, sowie den Illegalismus (sie wird Bonnot beeinflussen) und die Kritik des gesellschaftlichen Lebens des Kapitals. Die letzte Nummer erscheint im Juli 1914.
[38] Errico Malatesta, „Anarchismus und Gewerkschaften“, Pensiero e Volontá, 1925. Dieser Artikel ist zwar 1925 erschienen, er beschreibt jedoch sehr gut Malatestas Position von Anfang an.
[39] Henri Dhorr, Le Libertaire, Juni 1897.
[40] Paraf-Javal, Le Libertaire, April 1904.
[41] Le Bulletin communiste, „Prolétaires et communistes“.
[42] Ebd.
[43] Karl Marx, Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848-1850, MEW 7, S. 19-20.
[44] Siehe Le Voyou, Nr. 1.
[45] Paul Mattick, „Karl Kautsky: Von Marx zu Hitler“ in Jahrbuch Arbeiterbewegung. Theorie und Geschichte 2, 1974.
[46] Siehe „Le prolétariat comme destructeur du travail“, op. cit.
[47] Le Voyou, Nr. 1.


erstmal gespeichert,
weil nix fürs runterkommen nach harter Schichtarbeit. Andererseits ziemlich spannend ausserhalb des massenmedialen Geseieres zu lesen. Kann jetzt nur von meinem Standpunkt als "Proletarier" ausgehen : bitte mehr davon ! Die Arbeiterklasse von heute begreift sich in meinem Bekanntenkreis nur noch als Lohnkonsumenten, ganz grob gesagt. Entweder gut verkauft oder eben Pech oder schlechten Tag gehabt. Mit Marx/Engels braucht man ihnen nicht zu kommen, so sinnvoll es vllt. auch wäre. Klassenbewusstsein gibt es scheinbar nur von oben, unten scheint alles normal und gewohnt, ist halt eben so.
Wie dort ein Um/Nachdenken in Gang setzen, ohne als "roter" da zu stehen, der 60 Millionen oder sonstwieviele auf dem Gewissen hat ? Die "Gegenseite" hat da derzeit leider leichtes Spiel mit ihrer super einfachen Weltanschauung.
Ein kleiner Hilferuf vom "working poor" an die Intelligenz. Schnittstelle benötigt!
Tip
ideologie kritisieren, auch die eigene, bzw. ideologiefrei argumentieren mit fakten, zahlen, wissenschaft etc. ideologie kann nur einen möglichen ausweg zeigen...
antwort
das will ich mal sehen, wie mensch ideologiefrei wird ... voralllem indem mensch sich auf die wissenschaft und die von ihr produzierten fakten stützt
erst mal mehr Solidarität
wichtig ist dass es erst mal Zusammenhalt gibt, und die KollegInnen nicht dabei mitmachen, sich gegenseitig zu bescheißen.
Was die Geschäftsführung will, ist einen um die ÜBerstunden und die ganzen Abrechnungen zu bescheißen.
Wenn Du erst mal einen guten Freundeskreis auf Arbeit hast, das ist was wert.
Die Texte sind alle sehr abstrakt und Geschichte.
Wichtig ist mir erst mal: weniger Arbeiten für mehr Geld. Langsamer und sich schonen, gemeinsam bummeln, bremsen.
Die Perspektive aus der die Texte sind könnte sein:
den Laden zu übernehmen, Besetzung, Auftragsbücher aneignen, die Stromversorgung, in Selbstverwaltung fortführen.
Sozialisieren - syndikalisieren - egalisieren - kooperieren.
Also wenn sich in einer Firma ein Basissyndikat ausdehnt, dann auch mit der Veränderung der Beziehungen untereinander. Nicht wie die üblichen Gewerkschaften.
Und wenn die selbstverwalteten Zellen mehr werden, können sie Kooperationsbeziehungen herstellen - weltweit.
Diese politischen Labels, wie sich wer nennt und was Du bist, das ist alles ziemlich ungenau, und morgen schon wieder nicht mehr passend.
Hauptsache kooperieren.
Solidarität
ist leider schwerer zu erreichen als Opportunismus. Habe auf 10 Freundschaften vielleicht einen "Feind". Kollegial gesehen. Da aber jener eine recht geschickt auf die WIR-Frage setzt (meine Schicht ist die beste!) , kommt bei uns keine/r mit keiner/m klar.
Volle Spaltung, nochnichtmal von oben herab. Eher von den Leuten heraus, obwohl sie ihre "Feinde", also *die* andere Schicht, teilweise nichtmal vom Vornamen her kennen.
Wie dort auch nur einen Hauch von Solidarität etablieren ?
Die machen sich gegenseitig fertig, die "oben" bekommen eigentlich nur dann etwas mit, wenn von den "neuen" keine/r länger wie paar Tage bleibt. Dort noch Gedanken wie Solidarität zu etablieren, grenzt an Masochismus.
So sehr ich mich da gegenteilig auch einzubringen versuche.