Vor einem halben Jahr gab es eine Großrazzia mit mehreren Festnahmen bei der bis dahin kaum bekannten "Oldschool Society". Diese Neonazi-Gruppierung soll Anschläge auf Moscheen und Asylbewerberunterkünfte geplant haben und war auch in Sachsen aktiv. Was ist aus der Terrorzelle und ihren Mitgliedern geworden?
Wo stehen die Ermittlungen?
Die Ermittlungen dauern weiter an, sagt die Bundesanwaltschaft auf Anfrage von MDR INFO. Die Beschuldigten befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Es sei immer noch unklar, ob und wann gegen die Mitglieder der "Oldschool Society" Anklage erhoben wird. Soweit der Sachstand seitens der ermittelnden Behörde, die wegen der laufenden Ermittlungen keine weiteren Einzelheiten nennen will.
Dass die vier mutmaßlichen Rechtsterroristen, darunter Markus W. und Denise Vanessa G. aus Borna, jetzt ein halbes Jahr ununterbrochen in U-Haft sitzen, lässt auf schwerwiegende Verdachtsmomente schließen. Wenn die sechs Monate demnächst voll sind, entscheidet der Bundesgerichtshof über die weitere Inhaftierung des Quartetts.
Bei Razzia und Verhaftung vor einem halben Jahr jedenfalls scheute Bundesinnenminister Thomas de Maizière auch den plakativen Vergleich mit dem NSU nicht: "Wir haben erlebt, dass es auf Entscheidung des Generalbundesanwalts Durchsuchungen und Verhaftungen gegeben hat. Im Hinblick auf einen möglicherweise bestehenden Verdacht der Gründung einer rechtsterroristischen Vereinigung wäre es eine erste Vereinigung nach der NSU."
Was weiß man über die "Oldschool Society"?
Ihr Logo besteht aus einem
Totenschädel und zwei blutbeschmierten Hackebeilen. Das ist öffentlich
bekannt, weil die Gruppe eine Website mit rechten Hassparolen betrieben
hat. Der in Borna lebende Markus W., zum Zeitpunkt der Verhaftung 39
Jahre alt, war wohl der Vize-Chef. Denise Vanessa G. war seine Freundin.
An der Spitze der "Oldschool Society" stand ein 56-jähriger
Malermeister aus Augsburg. Bei den Razzien wurde auch Sprengstoff
sichergestellt, was darauf schließen lässt, dass den Hetzparolen
Straftaten folgen sollten.
Viel mehr weiß auch die sächsische
Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz von den Linken nicht. Die Politikerin
ist stellvertretende Vorsitzende des Dresdner
NSU-Untersuchungsausschuss: "Dadurch, dass das Verfahren jetzt bei der
Generalbundesanwaltschaft liegt, kriege ich auch als sächsische
Landtagsabgeordnete von den sächsischen Behörden keinerlei Auskunft mehr
dazu. Allerdings ist es ja immer wieder überraschend festzustellen,
dass viel Brimbamborium über so eine Sache gemacht wird, wo im Mai die
Durchsuchungen und Festnahmen stattgefunden haben. Danach ist Ruhe im
Laden."
Im sächsischen Frohburg südlich von Leipzig ist die "Oldschool Society" im November 2014 aus der Taufe gehoben worden. Der Gründungsort erklärt sich vermutlich dadurch, dass Markus W. in Borna lebt. Eigentlich stammt er jedoch aus Nordrhein-Westfalen, war dort Mitglied der 2010 verbotenen Neonazi-Gruppierung "Kameradschaft Aachener Land". Die "Oldschool Society" war nicht nur wegen ihres eigenen Web-Auftritts im Netz zu finden: Auch ihre Protagonisten haben Spuren hinterlassen. Das allein unterscheidet diese Gruppe von der Untergrundzelle NSU, von deren Existenz bis zum Auffliegen vor vier Jahren nur Eingeweihte wussten: "Diese 'Oldschool Society' kam mir von vornherein sehr dilettantisch vor. Wenn man öffentlich auf Facebook über derartige Dinge spricht, dann muss man schon geistig ein wenig beschränkt sein." - Beschränkt heißt aber nicht ungefährlich, wie die Sprengstoff-Funde belegen.
Gibt es eine Verbindung zum NSU?
Kerstin Köditz blickt mit Sorge auf die vielen Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in diesen Tagen. Die mögen nicht auf das Konto der "Oldschool Society" gehen, aber möglicherweise auf das ähnlicher Gruppierungen: "Wir haben es derzeit mit einer derartig großen Gemengelage zu tun, dass ich es eigentlich viel schlimmer finde, dass man bei den unzähligen Anschlägen, die derzeit stattfinden, kaum etwas zur Ermittlungslage von den Behörden erfährt. Man feiert sich an der einen Stelle - wahrscheinlich um zu verschleiern, dass es insgesamt Probleme gibt."
Im Dresdner NSU-Untersuchungsausschuss geht es deshalb auch ganz ausdrücklich um das Unterstützer-Umfeld von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. Die Ermittlungen zur "Oldschool Society" lassen den Verdacht zu, dass es mittlerweile mehrere rechte Terrorzellen im Untergrund gibt. Man darf gespannt sein, ob Beate Zschäpe dazu weitere Hinweise gibt, wenn sie erstmals beim NSU-Prozess aussagt.
Der "Sprengstoff"