Im Folgenden veröffentlichen wir einen Text von dem Sprecher 
der Gefangenengewerkschaft aus der JVA Bochum Mehmet Ali. Wir 
veröffentlichen den Text unverändert, auch wenn er teilweise sprachlich 
nicht korrekt ist. Mehmet ist nur einer von vielen, lasst die Gefangenen
 nicht alleine. Sorgt dafür, dass Ihre Stimmen selbst durch Mauern 
hörbar werden. Mehmet erwartet seine Freilassung noch dieses Jahr nach 
langjähriger Gefangenschaft in die (wie er sagt) “gewisse Freiheit”. Wir
 wünschen ihm auf diesem Weg alles erdenklich gute. Bis alle frei sind! 
Je mehr meine Entlassung sich nähert, desto mehr zieht sich die Zeit, wie ein Gummi. Es ist immer so, dass die Gefangenschaft dem Gefangenen am Anfang und am Ende schwerer fällt als dazwischen. Also, jetzt erzähle ich allgemein ein bisschen über die Gefängnisse und Gefangenen in NRW. Irgendjemand hatte mal gesagt, dass die Gefängnisse das Spiegelbild jedes Landes seien. Auch ich finde diese Feststellung richtig. Ich möchte gerne meine eigenen Beobachtungen und Erfahrungen in deutschen Gefängnissen versuchen zu erzählen. Ich bin seit langem inhaftiert und in insgesamt 9 Gefängnissen in NRW gewesen. Ich war in der JVA Dortmund, Düsseldorf, Willich, Geldern, Duisburg-Hamborn, Werl, Moers-Kapellen, Münster und Bochum. Falls ich kurz vor meiner Entlassung in den offenen Vollzug verlegt werde, wird diese Zahl der Gefängnisse mit zehn beendet sein.
Zuerst erzähle ich den allgemeinen Tagesablauf in den JVA’s.
Nach der Verhaftung wird man in der Kammer der JVA ganz ausgezogen, alle
 Körperöffnungen kontrolliert, die Anstaltskleidung angezogen, 
Ersatzkleidung zum Wechseln, Bettwäsche und Geschirrteile wie Teller, 
Kaffeetasse, Löffel, Gabel, Messer usw. ausgehändigt. Die privaten 
Klamotten, die man bei seiner Verhaftung anhat, werden in der 
Beutelkammer aufbewahrt und erst bei einer Verlegung in eine andere JVA 
oder bei der Entlassung ausgehändigt. Danach wird man je nach seiner 
Straftat, nach seinem Verhalten bei der Festnahme und nach seinem 
psychologischen Zustand entweder in eine Einzelzelle oder in eine 
Gemeinschaftszelle gebracht. Wenn der Gefangene Glück hat und die 
Gefängniswärter gute Laune, kann er schon ab dem ersten Tag seiner 
Verhaftung ein Fernseh haben somit die Gefangenschaft bisschen leichter 
ablaufen. Sonst hat der Gefangener in seiner Zelle außer ein Bett, ein 
Tisch, ein Stuhl, ein Schrank und ein Mülleimer gar nichts. Dann fängt 
man an zu denken, wofür es eigentlich in den meisten Fällen schon zu 
spät ist. Anstatt im Gefängnis nachzudenken, soll man schon vor seiner 
Tat nachdenken, die Konsequenzen seiner möglichen Handlungen versuchen 
zu erkennen und dann handeln. Da die Gefangenen genau das Gegenteil 
davon machten, sitzen sie in Gefängnissen. In erster Nacht schläft jeder
 Gefangene sehr gut, weil er ein oder zwei Tage lang im Polizeipräsidium
 nicht schlafen konnte, sonst nicht weil die Gefängniszelle so bequem 
und wohlfühlend wie ein Hotelzimmer ist. Die Realität der Gefangenschaft
 fängt erst am nächsten Tag an. Auch wenn man schon vorbestraft ist und 
daher genügend Erfahrung über den Tagesablauf des Gefängnis hat, ist der
 Anfang genauso schwer und problematisch wie beim ersten mal.
Also, um 5 Uhr 30 werden alle Gefangenen durch eine Durchsage 
aufgeweckt, falls sie einschlafen konnten. Ab 6 Uhr an Werktagen und ab 7
 Uhr an Wochenenden und Feiertagen werden die Zellen durch den 
Abteilungsbeamten oder die Abteilungsbeamtin ein nach dem anderen 
aufgeschlossen und das Frühstück, das aus vier Scheiben Brot, einem 
Stück Margarine, einer Tasse Kaffee oder Tee besteht, vor der Zellentür 
ausgegeben. In diesem Moment darf der Gefangene seine Post und seinen 
Müll abgeben. Danach wird die Zellentür wieder abgeschlossen. Das 
Frühstück oder allgemein das Essen bekommt der Gefangene, nur wenn er in
 angemessener Oberbekleidung ist. Das heißt, im Schlafanzug oder 
Unterhemd, mit freiem Oberkörper bekommt er kein Essen bis zur nächsten 
Mahlzeit. Irgendwann am Vormittag wird die Freistunde durchgesagt, damit
 die Gefangenen die eine Stunde im Freistundenhof laufen möchten, die 
Lampe drücken können. Wenn der Gefangene die Durchsage verpasst oder 
irgendwie nicht versteht, somit sich beim Drücken der Lampe nicht 
meldet, verpasst er die Freistunde bis zum nächsten Tag. Gegen 12 Uhr 
wird das Mittagessen, das in der Anstaltsküche vor und zubereitet wird, 
wie das Frühstück vor der Zellentür ausgegeben und eine halbe Stunde 
später wieder eingesammelt.
Bis 17 Uhr bleiben die Gefangenen in Ihren Zellen eingeschlossen. Gegen 
17 Uhr wird das Abendbrot, das wie das Frühstück ziemlich karg ist, weil
 es nur vier Wurstaufschnitte oder Käse extra gegeben wird. Nach der 
Abendbrotausgabe wird die Zellentür wieder geschlossen. Wenn der 
Gefangene keine Sicherungsmaßnahmen hat, darf er in der Regel an 
Werktagen abends zwischen 18 und 20 oder bis 20 Uhr 30 Umschluss machen.
 Umschluss heißt, dass ein Gefangener auf gleicher Abteilung einen 
anderen Gefangenen besuchen kann, um zusammen Kaffee zu trinken und sich
 zu unterhalten. Danach ist der Einschluss und die Nachtruhe bis 6 Uhr 
morgens.
Dieser Tagesablauf gilt sowohl für U-Haft als auch für die Strafhaft. In
 der U-Haft dürfen die Gefangenen bis zu ihrer Verurteilung ihre eigene,
 private Kleidung durch ihre Besucher bringen lassen, besitzen und 
benutzen. Jedoch müssen sie im Falle einer Verurteilung ihre privaten 
Klamotten entweder zu ihren Besuchern oder zur Beutelkammer der JVA 
abgeben. Und die U-Häftlinge haben auch keine Arbeitspflicht wie 
Sträflinge. Die Sträflinge haben die Arbeitspflicht, müssen arbeiten, 
sobald sie eine Arbeit angeboten werden. Die Arbeitsverweigerung hat 
einige Konsequenzen, zum Beispiel wie Haftkosten für die nächsten 3 
Monate zu 1200 €, Einkaufsperre sowie Freizeitgruppensperre, je nachdem 
wer der Abteilungsleiter und wie der Gefangene ist, können die Sperren 
sich variieren. In allen Gefängnissen gibt es unterschiedliche 
Arbeitsmöglichkeiten. Zum Beispiel, hausinterne Arbeiten wie 
Hausarbeiter, der die Essenausgaben macht, zwei mal die Woche 
Wäschetausch der Gefangenen macht und Hygieneartikel gibt. Andere sind 
Müllentsorger, Flurreiniger, Hofreiniger, Küchenarbeiter in der 
Anstaltsküche, Druckereiarbeiter, Schlossereiarbeiter, Kammerarbeiter, 
usw. Es sind auch Hausexterne-Firmen, die hier Pensumsarbeiten anbieten.
 Ungefähr die Hälfte der Gefangenen sind beschäftigt und die andere 
Hälfte sitzen in ihren Zellen. Wenn ein Gefangener arbeitet, hat er, 
außer bisschen Geld zu verdienen, einige Privilegien, wie 
Arbeiterfrühstück (zwei extra Wurstaufschnitte) und jeden Tag nach dem 
Feierabend duschen. Die Arbeiter gehen gegen 7 Uhr morgens zum Arbeiten,
 kommen gegen 12 Uhr zurück für das Mittagessen, rücken gegen 13 Uhr 
noch mal aus und machen um 15 Uhr Feierabend. Die Freistunde machen die 
Arbeiter nach dem Feierabend bzw. vor dem Abendbrot. Die Gefangenen die 
unverschuldet arbeitslos sind, bekommen monatlich zwischen 30 und 33 
Euro als Taschengeld, damit sie Kaffee, Tabak und Süßigkeiten kaufen 
können… Die Telefonate kann man überwacht und unter bestimmten 
Voraussetzungen und maximal zweimal im Monat führen. Die Ausnahmefälle 
für Telefonate sind: z.B. bei privaten, geschäftlichen oder rechtlichen 
Angelegenheiten die, welche nicht rechtzeitig schriftlich zu erledigen 
sind. Es gibt in manchen JVAs Telefonkabinen auf den Abteilungen, die 
mit 2 Stunden Gesprächsdauer begrenzt sind. Bei den Telefonkabinen kann 
man die Häufigkeit und Zeitdauer der Telefonate selbst bestimmen. Die 
Telefonkabinen sind aber sehr teuer… Es gibt einige Freizeitangebote, 
wie Religion-, Spiel- und Sportgruppen, die meistens an Werktagen ab 18 
Uhr stattfinden. Die unbeschäftigten Gefangenen haben ihre Sportgruppen 
immer vormittags und die beschäftigten Gefangenen nach deren Feierabend 
ab 15 Uhr bis 20 Uhr. Jede Sportgruppe dauert nur 1 Stunde. Was an 
diesen Sportgruppen schlimm ist, dass ein Gefangener nur eine 
Sportgruppe in der Sporthalle und eine Sportgruppe draußen in der 
Außenanlage haben darf. Das heißt, jeder Gefangener darf insgesamt 2 
Stunden Sport in einer Woche machen… Das Rauchen ist außerhalb der 
eigenen Zelle und dem Freistundenhof überall verboten. Die Verstöße 
gegen das Rauchverbot wird mit einer disziplinarischen Maßnahme und oder
 eine Geldbuße geahndet. Aber in den meisten Fällen werden diverse 
Maßnahmen ergriffen… Für vom Gefangenen verursachten Schaden haftet der 
Gefangene. Wenn irgendwas kaputt geht oder kaputt gemacht wird, werden 
die Kosten von dem Konto des Gefangenen abgehoben, ohne die Genehmigung 
des Gefangenen. Wenn die Sachbeschädigung vorsätzlich ist, wird der 
Gefangene sowohl disziplinarisch als auch strafrechtlich geahndet… Wenn 
man Probleme und Beschwerden wegen der Anstalt(sleitung) hat, kann man 
sich an den Anstaltsbeirat oder den Justizvollzugsbeauftragten wenden, 
was aber meistens gar nichts bringt… Die Weitergabe von und Annahme von 
Gegenständen zwischen Gefangenen ist verboten, somit in dem Sinne auch 
die Solidarität… Offiziell haben wir hier eine medizinische Versorgung. 
Wenn man gesundheitliche Probleme oder Beschwerden hat, kann man zuerst 
zur Ambulanz und dann zum „Arzt“ gehen, falls die Ambulanz es für nötig 
hält. Der Anstaltsarzt ist so ein Arzt, dass er jeden Gefangenen gleiche
 Medikamente (Tablette gegen Kopfschmerzen) gibt, egal welche 
gesundheitliche Beschwerden der Gefangene hat. Ich frage mich, von 
welcher Universität er sein Diplom hat. Er hat es bestimmt gefälscht und
 das ist keine Spekulation. Übrigens gibt es in einzelnen Bereichen 
mancher Anstalten Aufschluss Möglichkeiten. Der Aufschluss heißt, die 
Zellentüren werden morgen, nachmittags und oder abends in bestimmten 
Zeiten geöffnet, aber nicht nach Außen sondern nur Innen. Während des 
Aufschlusses können die Gefangenen auf ihren Abteilungen oder Flügel 
sich frei bewegen, in der Abteilungsküche etwas vor- und zubereiten 
sowie duschen, wann und wie oft sie wollen. Die Gefangene, die auf 
solchen Abteilungen liegen, haben eine leichtere, soziale, menschliche 
und solidarische Gefangenschaft. Seit 6 Monaten liege ich auch auf so 
einer offenen Abteilung. Darüber hinaus dürfen die Gefangenen, die auf 
einer offenen Abteilung liegen, eigene Kleidung wie 2-3 T-Shirts, 2 paar
 Sportschuhe, 2 Jogginganzüge besitzen. Solche Privilegien haben sie. 
Jedoch werden sie bei einer kleinen Auffälligkeit oder einem Verstoß 
gegen Vorschriften auf eine geschlossene Abteilung verlegt…
Ich wollte eigentlich den Tagesablauf schildern. Daraus wurde jedoch eine allgemeine Informationsmitteilung.
Vorerst ist es nur so viel von mir. Bis zum nächsten Mal passt ihr auf euch gut auf!
Mehmet Ali, 28 September 2015
Kommt zu den Veranstaltungen der Reihe: "No one walk alone? Knast geht uns alle an!" in Dortmund.


Ok, und nun...
Normaler Knastalltag. Interessant zu lesen, aber schon in zich Dokus gesehen. So what?
notwendige ergänzungen
http://digitalresist.blogspot.de/2015/11/die-linken-denken-nicht-freihei... zum widerstand im und ausserhalb
http://akpradio.podspot.de/post/widerstand-im-knast-und-widerstand-nach-... medizinische nichtversorgung im knast