Stirb leise! - Der "Aufstand der Anständigen"

*würg*

Die Architekten der Festung Europa heucheln Engagement gegen "Flüchtlingshass". Dabei wollen sie nur eines: Die Wiederherstellung des Ansehens Deutschlands.

Am Ende muss die Bild ran. Das Boulevard-Blatt, zu dessen Markenkern seit vielen Jahren Rassismus, die lustvolle Zurschaustellung von "Ausländerkriminalität" und die Hetze gegen "Wirtschaftsflüchtlinge" gehören, hat einhundert "Stimmen gegen Flüchtlingshass" gesammelt. Es sind Gestalten wie Sigmar "SPD-Siggi" Gabriel, CSU-Chef Horst Seehofer (der sogar bei dieser Gelegenheit noch gegen "Asylmissbrauch" wettern darf), Bundesinnenminister Thomas de Maizère und sogar Kriegermutti Ursula von der Leyen.

 

Seit Beginn der neuesten Welle des rassistisch motivierten Rechtsterrorismus ist ein Narrativ allgegenwärtig, befeuert von konservativen bis "linksliberalen" Schreiberlingen und Politdarstellern: Es ist allein der "dumme", "stumpfe", "armselige" Mob in Heidenau, Freital und all den anderen Elendsgegenden, der Flüchtlingen das Leben schwer macht.

 

"Es schadet Deutschland in der Welt"

 

Exakt zur der Zeit, als die fleißigen Bild-Redakteure an ihrer Image-Kampagne für Deutschland bastelten, ging eine andere Meldung online: Beamte der europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX haben auf einem Flüchtlingsboot, das von der Türkei nach Griechenland übersetzen wollte, einen 17-jährigen Refugee erschossen.

 

Zwei Tage bevor die fleißigen Bild-Redakteure die hübschen Profilbilder der versammelten Flüchtlingsfreunde ins Netz wuchteten, war es eine andere Meldung: 71 Flüchtlinge sind in einem LKW beim Überqueren der Grenze von Ungarn nach Österreich erstickt. Einen Tag nach dieser eine andere Nachricht: Vor der libyschen Küste ertrinken 200 Menschen, als ein Flüchtlingsboot sinkt.

 

Man mag seinen Hass auf die Schlepper richten. Aber die einfache Gleichung ist: Seit vielen, vielen Jahren arbeiten exakt die Menschen, deren Gesichter nun in der Bild gegen den "Flüchtlingshass" einstehen, samt ihren Parteifreunden aus CDU, CSU und SPD an der möglichst dichten Abschottung Europas gegen diejenigen, die aus ihren - nicht selten vom "Westen" und seiner geopolitischen und ökonomischen Agenda verheerten - Heimatländern gen Europa fliehen. Die Fluchtrouten werden dadurch immer gefährlicher, die Menschen müssen aber fliehen, denn zuhause warten Elend und Tod. Das Resultat ist unschwer vorherzusehen: Menschen sterben, beim Versuch, die "Festung Europa" zu betreten.

 

Ohne den Lynchmob zu verharmlosen: Es sind nicht die StammtischrassistInnen aus Heidenau und Freital, die Milliarden in die militärische Abriegelung Europas investieren. Es sind auch nicht die StammtischrassistInnen, die vor zwei Monaten eine erneute Verschärfung des Bleiberechts beschlossen haben, die KritikerInnen als "Inhaftierungsprogramm" beschreiben. Und es sind nicht die StammtischrassistInnen, die Refugees vor der Erstaufnahmesstelle in Berlin unter inhumanen Bedingungen wochenlang ohne jede Betreuung auf Papiere warten lassen, sie in räudige Massenunterkünfte pferchen und diejenigen, die nicht erwünscht sind, in die Notlage ihrer Heimat rückführen.

 

Wer sich jetzt lautstark und PR-wirksam über die marodierenden Faschos aufregt, aber zu all dem nichts zu sagen hat, der wird sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass es gar nicht um Flüchtlinge geht, sondern um etwas ganz anderes. Ehrlich spricht Allianz-Chef Oliver Bäte in der Bild aus, worum es in der PR-Kampagne geht: Die Flüchtlingshatz "schadet Deutschland in der Welt".

 

Fluuchtgrund SPD-Siggi

 

Darüber, wie sehr Deutschland und seine BündnispartnerInnen der Welt schadet, will er lieber nicht reden. Dabei könnte er es unschwer herausfinden, würde er aus seinem Luxustower in Frankfurt herabsteigen, um mit denen zu reden, die hier nach langer, beschwerlicher Reise ankommen. Die Flüchtlingsorganisationen Karawane und The Voice haben die einfache Wahrheit einmal zu einem Slogan einer Kampagne gemacht: „Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört.“ Wenn sich jetzt DGB-Chef Reiner Hoffmann, dessen Organisation nicht nur Flüchtlinge polizeilich aus einem Gewerkschaftshaus in Berlin räumen ließ, sondern auch mit der Bundeswehr kuschelt, hinstellt und Tränen vergießt, ist das nicht mehr und nicht weniger als zum Kotzen.

 

Oder nehmen wir den grauenhaftesten SPD-Politiker seit dem Arbeitermörder Noske: Sigmar Gabriel. Er ist zuständig für die Genehmigung deutscher Waffenexporte. Versprochen hatte der würdelose Knilch deren Reduktion, durchgesetzt hat er, dass sie sich auf Rekordniveau befinden. Und wohin? Ja, genau, nach Nordafrika und in arabische Staaten. Auch in den Terrorstaat Saudi-Arabien, der nicht nur mit Vorliebe "Hexer" und Oppositionelle köpft, sondern derzeit auch einen Krieg gegen den Jemen führt, durch den bereits hunderttausende Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden.

 

Jetzt schwafelt der "SPD-Sonderbeauftragte für Schwachsinn und Gelaber" (Volker Pispers) in der Bild: "Hunderttausende Menschen riskieren ihr Leben, um vor Terror und Krieg zu uns zu fliehen. Sie haben ein Recht darauf, ohne Angst ein menschenwürdiges Leben bei uns zu führen." Es sind die Waffen, die SPD-Siggi ausführen lässt, die den "Terror und Krieg" erst ermöglichen, vor denen "Hunderttausende Menchen" dann fliehen müssen, um der Sozialdemokröte eine Unterlage für seinen PR-Scheiss abzugeben.

 

Gegen den "Aufstand der Anständigen"

 

Der "Aufstand der Anständigen" will nur eines: Ruhe. Nicht die gelassene Ruhe, die aus der Überwindung der Logik von Kapital und bürgerlichem Staat entstehen würde, sondern die Ruhe eines Friedhofs, der möglichst weit weg ist. Es war immer eine der Strategien der Sicherung der Metropolen des Kapitalismus gegen die Habenichtse der Peripherie diversen Regimen in Nordafrika und im Nahen Osten Geld anzubieten, damit diese dafür sorgen, dass niemand bis an die eigenen Grenzen kommt.

 

Wenige Stunden vor der Bild-Kampagne kam auch diese Meldung: "EU will für Rücknahme von Flüchtlingen aus Afrika zahlen." Man will korrupten Regimes Kohle geben, damit diese Leute "aufnehmen", die gar nicht dort sein wollen, wo man sie "aufzunehmen" gedenkt. Und eine andere Meldung: "Bis zu einer Million Flüchtlinge warten in Libyen auf ein Boot über das Mittelmeer. Die Europäische Union sucht deshalb neue Verbündete für ihre Grenzsicherung. Das Vorbild heißt Muammar al-Gaddafi." Dem wurde nämlich, ebenfalls im Austausch gegen "Hilfsgelder", auch abverlangt, die Flüchtenden daran zu hindern, dahin zu kommen, wo man sie sehen und hören kann.

 

Das Sterben im Mittelmeer, die Ausschreitungen des Lynchmobs, die brennenden Asylbewerberunterkünfte: Sie verursachen Aufmerksamkeit und "schaden dem Ansehen Deutschlands" (Frank-Walter "sedierter Uhu" Steinmeier, SPD). Die medienwirksame Inszenierung der Regierungsparteien ist - wie immer das subjektive Selbstverständnis der nun ihre "Stimme" erhebenden Charaktermasken sei - nichts anderes als der Ruf: Flüchtling, stirb leise!

 

Epilog: Antifa, denk nach!

 

In dem nachvollziehbaren Hass auf jene, die jetzt grölend durch die Straßen ziehen, ist auch in manchen Teilen der antifaschistischen Bewegung die Einsicht untergegangen, dass nicht nur sie der Feind sind. Wir waren schlecht vorbereitet und stehen jetzt vor großen Herausforderungen, die wir aber in einer gemeinamen Kraftanstrengung bewältigen können.

 

Aber: Verirren wir uns nicht auf die Seite des Staates und die Seite des deutschen Kapitals. Bleiben wir bei einem revolutionären Antifaschismus. Unsere Radikalität wird sich nicht nur an der Schlagkräftigkeit unserer Antwort bemessen lassen, sondern vor allem auch in der Grundsätzlichkeit unserer Feindschaft gegen Staat und Kapital. Die Einsicht, dass Antifaschismus, wenn er nicht einfach einer der "Mitte" gegen ihre ungeliebten Kinder sein will, Klassenkampf und Kapitalismuskritik einschließt, darf uns auch durch die Drastik der Situation nicht verloren gehen.

 

Lasst uns unsere Kritik nicht auf falschen Prämissen aufbauen und den Rassismus in diesem Land auf ein Unterschichtenphänomen des "dummen", "nichtsnutzigen" "Ostprolls" reduzieren, wie das die Architekten der Festung Europa gerne hätten. Lasst uns handeln, rasch und entschlossen. Aber lasst uns nicht kopflos handeln. Ansonsten werden wir zu einer Art "Aufstand der Anständigen" in schwarzer Funktionskleidung werden - und den braucht wirklich kein Mensch.

 

- Von Peter Schabe, lower class magazin: blog / twitter / facebook.com/lowerclassmagazine

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Das war die Absicht der ganzen Hetzkampagne deutscher Medien und Politiker, die sich in nichts von der "Das Boot Ist Voll"-Kampagne unterschied, die zu Mölln, Solingen, Rostock und Hoyerswerda, zwecks Verschärfung des "Ausländerrechts" ("zur Vermeidung sozialer Spannungen") führten; nur hatten die Herrschaften dabei übersehen, daß Aktionen deutscher Faschisten die Chancen ihrer Gesinnungsfreunde in Griechenland versauen würden und die arbeiten schliesslich feste zusammen.

Trotzdem wird die völlig verdrehte "Berichterstattung" und die antigriechische Hetze dazu beigetragen haben, nur kriegen es jetzt Flüchtlinge ab, aufgestaut und heftiger.

In keiner deutschen Zeitung steht, daß das aktuelle Hilfspaket nicht 86 sondern "nur" 50 MRD beträgt, da

1. 10,9 MRD vom alten Paket zur Bankenrekapitalisierung nicht angerührt wurden

2. die berühmten 7,2 MRD auch nicht und schliesslich

3. der IWF weitere 18 MRD nicht ausbezahlt hatte

Und irgenwie ahnt der deutsche Michel das ja eh, kann es aber offensichtlich nicht intelektuell fassen, bei Fragestellungen von "Umfragen", die 70% der Grünenwähler als Merkelunterstützer zum Theme Hellas erscheinen lassen, kein Wunder

So erstaunlich das nun klingt will ich doch eines sagen. Wir können froh sein über diesen Bild Titel!

Derletzt war ein anderer Bild Titel mit ähnlichen Kontext zum Thema Antisemitismus. "Nie wieder Judenhass"

 

Natürlich geht es um das Image von Deutschland. Alle wollen irgendwie gut dastehen und tun so als würden sie was machen.

1992 waren 500.000 Leute in Berlin mit Weizäcker. Ein paar wenige Antifas haben sich mit den Bullen geprügelt. Mehrere SPD Minister und so weiter standen schützend vor Weizäcker.

Ein ähnliches Bild gab es bei dem Besuch von Innenminister Ulbig in Heidenau. "Hau ab Rufe und Verfolgungsjagd"

Bedeutet revolutionärer Antifaschismus in einer angespannten Lage den Feinde direkt zu attackieren. Oder kann ein revolutionärer Antifaschismus da aus tatktischen Gründen dem Feind die Möglichkeit geben seine Show abzuziehen. Auf die Frage läuft es letztendlich hinaus in der aktuellen Situation.

Dass wir nun mit Gauck oder Uhlbig keine Selfies machen dürfte klar sein.

Es gibt auch wieder Anlässe bei der berechtigte Kritik direkt geäußert werden kann.

Doch ob es nicht cleverer ist dem Feind mal etwas vor die Kamera lächeln zu lassen.

Natürlich rührt die Frage tiefer, denn staatlichen Antifaschismus gibt es schon länger und das Verhältnis dazu ist schon lange geklärt. Angesichts einer Bild-Schlag-Zeile das neu aufzurollen ist nicht notwendig.

Noch tiefer gehend stellt sich natürlich die Frage der Rolle der Medien-Kapitalisten.

Revolutionärer Antifaschismus muss in der Lage zu sein die Hugenbergs von Morgen das Leben schwer zu machen.

Doch wo bitteschön und wann gab es mal ernsthafte Versuche das zu machen. Das Thema wird aktuell belegt von Querfront-Elässer oder "Lügenpresse-Rufen" der Pegida. Linke Kritik dazu Fehlanzeige.

 

Nun damit anfangen angesichts dieser Bildzeile ist mal ein ganz schlechter Zeitpunkt.

In der aktuellen Situation ist jeder Titelseite gut, die zur Ausbreitung von reaktionären Gedanken beiträgt.

Vielerorts und vor allem in ländlichen Gebieten droht die Situation zu kippen und da muss doch klar festgehalten werden,

dass es der Bild sehr geling die ArbeiterInnenklasse mit ihren Schlagzeilen zu beeinflussen.

 

Ich sehe da keinen Widerspruch zu revolutionären Antifaschismus

 

Aufgabe des revolutionären Antifaschismus ist es erstmal das an die ArbeiterInnen zu vermitteln, dass sie tagtäglich vom Kapital mit der Bildzeitung für dumm verkauft werden.  Ich denke es gelingt nicht, wenn wir nun trotz auf 1. Blick erfreulicher Titelseite das Engagement gänzlich als scheinheilig kritisieren.

Wir müssen erst mal selbst gute Aktionen auf die Straße bringen.

"Refugees Welcome" ist in der bürgerlichen Mitte angekommen. Tatsächlich sind die Refugees aber gar nicht welcome, deswegen war der Slogan schon immer falsch und scheiße, er suggeriert eine nichtexistente Realität, es sei denn man versteht ihn als utopische Forderung...