Was die Rechten mit Links machen

Erstveröffentlicht: 
26.02.2015

Gegen Amerika, gegen "das System Bundesrepublik", für traditionelle Familien: Rechtsextreme und Marxisten schmieden eine "neue Nationalbewegung"

 

Von Klaus Wallbaum

 

Berlin. Es ist ein ungleiches Paar: Pegida, das ist die rechtspopulistische Bürgerbewegung, die seit Herbst Deutschland aufrüttelt. Syriza, das ist die linksradikale griechische Partei, die bei den jüngsten Wahlen einen großen Erfolg erzielt hat und nun Europa aufrüttelt. Haben die beiden etwas gemeinsam? Offensichtlich. In vielen Orten der Bundesrepublik tritt derzeit eine Gruppe auf, die sowohl Pegida als auch Syriza zu Vorbildern erklärt, in der ideologischen Vermischung beider die Keimzelle "einer neuen deutschen Nationalbewegung" sieht - und kräftig dafür trommelt. Die Gruppe trifft sich regelmäßig in kleinen abgeschotteten Kreisen.
Berlin, Mitte Februar, der Konferenzraum eines noblen Hotels ist bis auf den letzten Platz gefüllt: Vorn am Mikrofon steht Peter Feist und spricht vor 40 Zuhörern. Alle Teilnehmer hatten sich vorher schriftlich angemeldet, es gibt strenge Einlasskontrollen. Das Publikum ist handverlesen, Reporter sind unerwünscht, Fotografieren ist verboten. Der 54-jährige Feist steht vorn am Pult, hinter ihm hängen Plakate mit der Aufschrift "Mut zur Wahrheit".


Veranstalter ist der Verlag das Magazins "Compact", einer Zeitschrift mit klarer politischer Ausrichtung - gegen das politische System der Bundesrepublik, gegen die etablierten Parteien, gegen die USA. Bei "Compact" publizieren rechtsextreme Intellektuelle. Man kann auch sagen: Hier treffen sich die, die sich gern als Väter und Mütter der Pegida-Bewegung sehen.


Feist bekommt an diesem Abend viel Applaus. Der Neffe von Erich und Margot Honecker wurde in Ost-Berlin geboren. Er studierte Philosophie, kritisierte Ende der Achtzigerjahre immer deutlicher die Verhältnisse in der DDR und wurde aus der SED ausgeschlossen. Noch heute bezeichnet sich Feist selbst als "Marxist" und bekennt sich zum Sozialismus - aber ebenso zum Nationalstaat. "Der Klassenkampf ist international, aber seiner Form nach national", lautet seine Grundthese.


Das westdeutsche Pendant zum Ostdeutschen Feist, der "Compact"-Chefredakteur Jürgen Elsässer (58), hat einen ähnlichen Weg zurückgelegt: Er begann in Baden-Württemberg im Kommunistischen Bund, wurde Autor der linken Monatszeitschrift "Konkret" und nannte sich "antideutsch", bis er mit den Linken brach und nach rechts driftete.


Weitgehend einig sind sich Feist und Elsässer heute in ihren Zielen: Sie wollen einen starken Staat, wie die Rechtsradikalen, und sie wollen eine klare Abwendung von den USA und Hinwendung zu Russland, wie die Linksradikalen. Sie träumen von einem breiten Bündnis zwischen beiden Gruppen. Aus ihrer Systemfeindschaft machen Elsässer und Feist keinen Hehl.


Die beiden gründeten vor sechs Jahren die "Volksinitiative gegen das Finanzkapital", sie schrieben Dutzende Bücher und Aufsätze. Lange blieben sie ungehört, doch seit etwa einem Jahr wittern sie Morgenluft, in den letzten Wochen ist daraus so etwas wie Zuversicht geworden.


Im Frühjahr 2014 organisierte Lutz Mährholz, der damals noch zu Elsässers Dunstkreis gehörte, Montagsdemonstrationen - vor allem für "den Frieden", also gegen Deutschlands Unterstützung der Ukraine gegen Russland. Der Teilnehmerkreis blieb überschaubar. Dann kam der Herbst, und in Dresden wurde der Gedanke der Montagsdemonstrationen von der neu gegründeten Pegida aufgegriffen. Tausende Leute kamen zu den Kundgebungen, und Elsässer erkannte, hier womöglich die lange erhoffte breite Basis bekommen zu können. Er sprach im Januar auf der Veranstaltung des Pegida-Ablegers in Leipzig - und erklärte dort: "Mein Herz schlug immer links und tut es immer noch."


Doch so sehr Elsässer und Feist auch von der Pegida angetan sind - die Bewegung geht nicht in die von ihnen gewünschte Richtung. Feists Botschaft lautet: "Es war ein Fehler, die Islamisierung im Namen von Pegida zu verankern." Nach seiner Ansicht ist nämlich nicht der Islamismus die Gefahr, sondern - im marxistischen Duktus - der "amerikanische Imperialismus und die Finanzoligarchie". In dieser Lesart trägt die US-Politik die Schuld an der Radikalisierung der Muslime in den arabischen Ländern. Die USA hätten dort im Kampf um das Öl die Gesellschaften zerstört, die Menschen hätten sich an ihre Religion geklammert und sich radikalisiert. Im Ergebnis sehe man heute den islamischen Terrorismus.


Ähnlich verschwörerisch klingen die anderen Theorien dieser rechtsextremen Vordenker: Den Griechen sei der Euro erst aufgezwungen worden, als aber der Euro im Vergleich zum Dollar zu stark wurde, hätten die Amerikaner die Reißleine gezogen - und die Euro-Krise ausgelöst, damit der Dollar wieder an Wert gewinnen konnte. Nun versuchten die Amerikaner als nächsten Schritt, über das Freihandelsabkommen ihre Vorherrschaft auf Europa auszudehnen. Feist sieht noch mehr Unheil aus den USA über die deutsche Gesellschaft hereinbrechen: Durch amerikanischen Einfluss werde das Rollenverständnis von Mann und Frau aufgelöst, traditionelle Werte würden zerstört, die Menschen würden auf Konsum getrimmt, und die deutschen Medien ("Lügenpresse") würden alles tun, den Menschen ihre Fähigkeit zur Kritik an diesen Zuständen abzugewöhnen.


Dieser rechtsextreme Klub fabuliert über eine "neue Nationalbewegung". Feist nennt die Ziele, die er sich wünscht: Austritt aus der Nato, Abkehr vom Euro und Auflösung aller US-Basen in Deutschland. Als "natürlicher neuer Bündnispartner" stehe dann Russland bereit. Die Russen sind aus Sicht von Elsässer und Feist schon längst die Verbündeten: In den "Compact"-Magazinen werden alle Kritiker Moskaus verunglimpft, ein Sonderheft "Wladimir Putin - Reden an die Deutschen" wird für 8,80 Euro verkauft, es gab vor Monaten eine große "Friedenskonferenz". Außerdem ist Elsässer in Moskau ein gern gesehener Gast. Hartnäckig halten sich Gerüchte, Elsässers "Compact"-Imperium speise sich mit Geld aus russischen Quellen.


Doch so einig sich die Vordenker sind, so brüchig ist das geplante breite Bündnis. Das fängt schon beim Magazin "Compact" selbst an. Dort wimmelt es von Verschwörungstheorien. Im neuesten Heft tischt Elsässer die These auf, die Amerikaner hätten die Anschläge vom 11. September 2001 selbst inszeniert, um "die Völker in Kriegsstimmung zu versetzen". Auf den Seiten daneben wird für die Bücher anderer Verschwörungstheoretiker geworben, etwa die des früheren "FAZ"-Journalisten Udo Ulfkotte oder des ehemaligen Bundesministers Andreas von Bülow. Dass diese ebenso wie Elsässer das System bekämpfen wollen, ist aber fraglich. Der Homilius-Verlag, der "Compact" herausgibt, publiziert gern auch die Erinnerungen hochrangiger Stasi-Offiziere - und trägt damit seinen Teil zum Versuch bei, eine breite Front von Rechts- und Linksextremen zu schmieden. Vielfalt ist offenbar gewünscht. Doch an der Haltung zum Islam können sich die Geister scheiden: Elsässer und Feist verachten die USA und Israel, aber nicht den Islam. Andere Netzwerke wie das Internetforum "Politically Incorrect", das sich als Pegida-Plattform sieht, nennen sich dagegen proisraelisch und greifen den Islam frontal an. Beides ist miteinander unvereinbar - und weil es doch ganz wesentliche Differenzen sind, wird es vielleicht doch nicht so schnell etwas mit einer erfolgreichen "neuen Nationalbewegung".

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Das Vorbild heißt Gregor Strasser


Der Traum von einem breiten Bündnis zwischen Rechts- und Linksradikalen gegen die verhassten Demokraten ist schon alt - und er hat einen berühmten Vorläufer: Die Tätigkeit der Brüder Gregor und Otto Strasser Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre in Deutschland.


Die Strasser-Brüder versuchten, in der nationalistischen und völkischen NSDAP einen linken Flügel aufzubauen - mit strikt antikapitalistischer Ausrichtung. Damit sollte die Arbeiterschaft für die NSDAP gewonnen werden. Auch ein Bündnis mit dem Gewerkschaften wurde gesucht, beispielsweise dann, wenn Streiks anstanden. Vor allem Gregor Strasser trat für die Verstaatlichung von Banken ein, griff den Kapitalismus an und befürwortete eine Kooperation Deutschlands mit der Sowjetunion. Dies war noch zu einer Zeit, als Hitler nicht den unumschränkten Führungsanspruch in der Partei hatte. Diesen setzte er 1926 durch - und er wandte sich damals gegen die von Strasser vertretene Richtung.


Doch die Strasser-Brüder gaben nicht auf, sie gründeten noch 1926 den Berliner "Kampfverlag", der zwischen 1926 und 1930 das Wochenblatt "Der Nationale Sozialist" herausgab. In einem Artikel von 1927 schrieb Strasser, Antisemitismus und Sozialismus gehörten zusammen.


Hitler sah den linken NSDAP-Flügel mit Missfallen, zumal er auf finanzielle Unterstützung von reichen Unternehmern angewiesen war. Dennoch blieb Gregor Strasser an wichtiger Stelle in der Partei, er wurde mit der Organisation des Parteiapparats beauftragt. Gregor Strasser blieb Gegenspieler Hitlers, ihm wurde 1932 von Reichskanzler Kurt von Schleicher der Vizekanzler-Posten angeboten - ein Versuch, die NSDAP zu spalten, auf den sich Strasser nicht einließ.


Beim sogenannten "Röhm-Putsch" am 30. Juni 1934, als Hitler alle Gegenspieler ausschalten ließ, wurde auch Strasser ermordet.

dessen Name mir nur schwer auszusporechen fällt, gibt sich pro-israelisch und pro-amerikanisch. Ersteres ist er nur, weil in seinem Wahnbild Israel angeblich an vorderster Front gegen den Islam kämpft, letzteres ist eher anzuzweifeln. Besagter Blog beschäftigte sich im Vorfeld der Obama-Kandidatur intensiv mit der Frage,ob Obama nun amerikanischer Staatsbürger sei und ob er muslim sei.

Die Position des Blogs zum Konflikt Ukraine mit Russland ist eindeutig pro-russisch.

Es gibt Kongruenzen zwischen dem Blog und Pegida (Putin, Antiamerikanismus) nebst einer Kapitalismuskritik von Rechts.

Positiv ist, dass rechte Vereinigungen in der Regel bereits den Spaltpilz in sich tragen. Andererseits muss bedacht werden, dass die Ideologeme beider durchaus in breiten Kreisen der Bevölkerung vorhanden sind.