Der neonazistische Terroranschlag auf das Oktoberfest in München 1980 wirft lange Schatten – bis in die Gegenwart
Der Oktoberfestanschlag in München liegt über 30 Jahre zurück. Mehrere Versuche, eine Wiederaufnahme der Ermittlungen einzufordern, wurden abgewiesen. Ende 2014 erklärte sich die Generalbundesanwaltschaft endlich bereit, das Ermittlungsverfahren wieder aufzunehmen: »Es gebe nun Hinweise, die auf ›bislang unbekannte Mitwisser‹ hindeuten könnten, sagte Generalbundesanwalt Range.« (DER SPIEGEL vom 11.12.2014) Das ist vor allem der unermüdlichen Arbeit des Opferanwaltes Werner Dietrich zu verdanken. Genau das, was Aufgabe der Ermittlungsbehörden wäre, hat er getan: Hinweisen und Zeugenaussagen zu folgen, die bis heute ›unter den Tisch fielen‹, die der Einzeltäterthese vehement widersprechen.
Der Terroranschlag auf das Oktoberfest in München 1980
Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 1980 läuft auf Hochtouren. Die maßgeblichen Parteien, die um die Macht ringen, stimmen ihre WählerInnen auf eine tragödienhafte Schicksalsentscheidung ein, ganz vorneweg CSU/CDU. Ihre Parole lautet nicht mehr und nicht weniger: ›Freiheit statt Sozialismus‹.
Das Gespenst des Kommunismus sollte wieder umgehen, ein 
Gespenst, mit dem man einen Weltkrieg begann und verlor. Ein Gespenst, 
das schon so verwirrt ist, dass es gar die SPD systemüberwindender 
Vorstellungen verdächtigte. Nun galt es wieder einmal, zusammenstehen: 
die Christlichen, die Nationalen, die Deutschen, die Vaterländischen, 
die Konservativen. Eine Einladung nach ganz rechts. Mit mörderischen 
Folgen.
Am 26. September 1980 explodierte im Herzen Bayern, auf dem 
Oktoberfest in München, eine Bombe – dieses Mal mit militärischen 
Sprengstoff, am Zugang zur Wiesn in einem Mülleimer deponiert, mit dem 
klaren Kalkül, x-beliebige BesucherInnen zu töten. Der Plan ging auf 
blutige Weise auf. Dreizehn Menschen wurden ermordet, über 200 zum Teil 
schwer verletzt.
Die Spuren waren noch nicht gesichert, geschweige denn 
ausgewertet, da ließ der Bundeskanzelkandidat von CSU/CDU, Franz Josef 
Strauß die nächste Bombe platzen. Er bezichtigte die RAF des Anschlages 
und bot sich sogleich als der Mann an, der mit diesem ›Terror von links‹
 ein für alle Mal aufräumen würde.
Sowohl die Bombe als auch die Rettervision passten in die 
Schicksalsinszenierung. Nur einer der Toten nicht. Bereits einen Tag 
später stand fest, dass sich auch ein Attentäter unter den Opfern 
befand: Gundolf Köhler. Seine persönliche und politische Biografie war 
nicht zu übersehen. Er hatte ein Hitlerbild über seinem Bett hängen. Die
 RAF verschwand, das Hitlerbild auch. Aus Gundolf Köhler wurde in 
folgenden zwei Jahren ein junger verwirrter Mann, ein Einzeltäter, der 
alles hatte, nur kein politisches Motiv. Das war dann auch das 
Ermittlungsergebnis – bis heute.
Was macht also das Wiederaufnahmeverfahren so brisant, während 
gleichzeitig der NSU-Prozess in München läuft, der sich der lückenlosen 
Aufklärung der Mord- und Terrorserie des NSU verschrieben hat?
Es gibt drei Ebenen, die sich hier ineinanderschieben und sich auf verblüffende Weise überschneiden:
- 1. ZeugInnen, Rechtsanwälte, Journalisten bezweifeln seit 
Jahren die Einzeltätertheorie und werfen den Ermittlungsbehörden vor, 
Spuren und Erkenntnissen nicht zu folgen, die einen neonazistischen 
Hintergrund belegen und die Beteiligung von mehreren Personen 
verifizieren. 
 2. Während immer wieder unterschlagene Fakten und neue öffentlich werden, werden asservierte Beweise Zug um Zug vernichtet. Bereits ein knappes Jahr nach dem Oktoberfestanschlag werden 48 Zigarettenkippen aus Köhlers Auto entsorgt. Dann werden die sichergestellten Bombensplitter für eine spätere Beweiswürdigung vernichtet. Und als wären diese Straftaten im Amt nicht genug, verschwindet ein Arm auf unerklärliche Weise: »Die Bundesanwaltschaft bestätigte (…), dass keine Spuren des Attentats mehr vorhanden sind. ›Die Asservate wurden Ende des Jahres 1997 vernichtet, weil der Fall als aufgeklärt gilt und sämtliche Ermittlungen nach eventuellen Mittätern ergebnislos verlaufen sind‹, sagte Sprecher Frank Wallenta.« (SZ vom 17.5.2010) Begleitend und unterstützend verschwinden Akten bzw. werden unter Verschluss gehalten.
 3. Die Frage steht im Raum: Warum weigern sich staatliche Behörden so vehement dagegen, den neonazistischen Hintergrund dieses Anschlages aufzuklären? Gibt es etwas zu verteidigen, zu schützen, was weit über eine neonazistische Tat hinausreicht? Welches Motiv haben Politiker, Ermittler und Journalisten, die ›Einzeltäterthese‹ zu decken? Warum wird bis heute jeder Zusammenhang zur neonazistischen ›Wehrsportgruppe Hoffmann‹ und anderen paramilitärisch organisierten Neonazis (wie den ›Deutschen Aktionsgruppen‹) geleugnet?
 Was macht also diesen neonazistischen Mordanschlag in München 1980 so brisant und aktuell?
Der neonazistische Terroranschlag auf das Oktoberfest in München 1980 wirft lange Schatten – bis in die Gegenwart
Wer glaubt und hofft, vorsätzlich falsche Ermittlungen, Vernichtung von Beweisen, Falschaussagen im Amt, das (Ver-)Decken neonazistischer Strukturen und der politische und mediale Wille, all die zu schützen, beschreiben nur den NSU-VS-Komplex, der sollte sich in gutem Sinnen desillusionieren lassen.
Denn das, was (im besten Fall) als Ermittlungspannen (damals wie
 heute) ausgeben wird, wird eben nicht durch ›bedauerliche Zufälle‹ 
zusammengehalten, sondern durch die Zusammenarbeit aller Behörden und 
aller politischen Institutionen, die an der (Nicht-)Aufklärung beteiligt
 waren und sind. Die Hoffnung auf etwas Einmaliges, auf eine Vielzahl 
von Zufällen dient vielleicht auch dem Schutz vor der Tatsache, dass 
dies eine lange, ungestörte Kontinuität hat.
Kaum eindringlicher läßt sich dies am Oktoberfestanschlag in München 1980 nachzeichnen.
Aber es gibt noch eine viel wichtigere Überschneidung. Im 
NSU-Kontext kann man an Details belegen, wo und wie staatliche Behörden 
den Aufbau eines neonazistischen Untergrundes ermöglicht bzw. nicht 
verhindert haben. Ob diese vielen Puzzles ein Bild ergeben, ob sie nur 
›spontan‹ zusammenwirken oder eine Systematik abbilden, ist noch offen. 
Auch die Frage, ob und wann staatliches Handeln zentral veranlasst, 
koordiniert und gedeckt wurde (wie z.B. die Aktenvernichtungen in allen 
Behörden ab November 2011)?
Die Linie zwischen aktiver Unterlassung und passiver Aktivierung
 eines neonazistischen Untergrundes, zwischen aktivem Gewährenlassen und
 direkter Unterstützung ist im NSU-Kontext schwer zu ziehen, vor allem 
im Hinblick auf den Gesamtkomplex.
Ganz anders sieht es hingegen mit dem neonazistischen Terror der
 70er und 80er Jahre aus. Was auch damals als schriller Alarmismus und 
blanke Verschwörungstheorie abgetan wurde, trägt spätestens seit 2013 
ein staatliches Hoheitssiegel: 
Stay behind
Seit über 40 Jahren wurden neonazistische Gruppierungen als legale und terroristische Variante gestärkt und gedeckt und in einen staatlichen Untergrund integriert. Dieser staatseigene Untergrund bekam den Namen ›stay behind‹. Bewaffnet, angeleitet und instruiert wurde er vom Bundesnachrichtendienst/BND.
Das hört sich auch heute noch ungeheuerlich an. Man fühlt sich 
gleichzeitig an die ›Banalität des Bösen‹ (Hannah Arndt) erinnert, wenn 
man dazu die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Partei DIE
 LINKE liest, die im Plenarprotokoll 17/236 dokumentiert ist. Auf die 
parlamentarische Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (DIE 
LINKE), »welche eigenen Anstrengungen (…) die Bundesregierung in den 
letzten 20 Jahren unternommen (hat), um die Beteiligung ihrer Behörden 
an weiteren Tätigkeiten der besagten ›Gladio/Stay behind‹-Truppe der 
NATO auszuschließen oder zu bestätigen«, erklärte der Staatsminister 
Eckard von Klaeden:
»Infolge der weltpolitischen Veränderungen hat der Bundesnachrichtendienst in Abstimmung mit seinen alliierten Partnern zum Ende des 3. Quartals 1991 die Stay-behind-Organisation vollständig aufgelöst.« (Plenarprotokoll 17/236, Anlage Nr.15, S. 64 vom 24.4.2013)
Was hier in einem Satz ad acta gelegt wird, ist keine Verordnung für alte Glühbirnen, sondern die jahrzehntelange Zusammenarbeit von Neonazis und Geheimdienst, mit einer Blutspur, die sich durch ganz Europa zieht.
Ende der 50er Jahre wurde auf NATO-Ebene beschlossen, Faschisten
 in einem geheimen Programm zu bewaffnen und auszubilden, um sie als 
irreguläre Einheiten einzusetzen. Das Szenario, das die Wiederbewaffnung
 von Faschisten in Europa rechtfertigen sollte, ging von einem 
militärischen Überfall der Sowjetunion auf den friedliebenden Westen 
aus. Die Faschisten sollten darin die Aufgabe übernehmen, sich 
›überrollen‹ zu lassen, um dann hinter den Linien den kommunistischen 
Feind zu bekämpfen. Aus dieser Zeit stammt auch der Name dieses 
Programmes: stay behind. Dazu legte man über die ganze Bundesrepublik 
verteilt geheime Waffendepots an und unterrichtete die Neofaschisten in 
Techniken des Nachrichtenwesens und der Sabotage.
In den 70er Jahren passte man das Bedrohungsszenarium den 
veränderten Bedingungen an. Die ›Russen‹ kamen nicht – aber der Feind, 
der die ›rote Gefahr‹ ersetzen sollte, war schon da. Durch die 
zahlreichen Proteste und Bewegungen in Europa in Anschluss an die 
68er-Revolten sah man Regierungen oder gar die kapitalistische Ordnung 
in Gefahr. Was mit legalen Mitteln nicht mehr unterdrückt werden konnte,
 sollte mithilfe dieser faschistischen Reserve bekämpft werden. In 
Italien bekam diese Form des Staatsterrorismus den Namen ›Gladio‹. 
Faschisten sollten durch gezielte Angriffe auf AntifaschistInnen die Linke schwächen, und durch Anschläge auf linke Parlamentarier ein Klima schaffen, das der Regierung freie Hand dabei geben sollte, Schutzrechte außer Kraft zu setzen oder gar einen Militärputsch zu legitimieren (wie dies als Worst Case geplant war). Hunderte von Toten und Dutzende von Bombenanschlägen gehen auf das Konto dieser ›stay-behind-Operationen‹.
In einigen Ländern wurde die Geschichte dieses Staatsterrorismus
 politisch aufgearbeitet, zumindest in Angriff genommen, wie in Italien,
 der Schweiz und zuletzt in Luxemburg.
Und in Deutschland? Hat die lapidare Erklärung der 
Bundesregierung aus dem Jahre 2013 Entrüstung, Empörung ausgelöst? Wurde
 auch nur einmal im Parlament die Frage laut gestellt: Wer hat diesen 
Staatsterrorismus politisch befürwortet und gedeckt? Wer ist bis heute 
politisch und strafrechtlich dafür verantwortlich? Welche 
Terroranschläge tragen die Handschrift von ›stay-behind‹? Dabei geht es 
nicht nur um den Oktoberfestanschlag in München, sondern auch um das 
Attentat auf einen jüdischen Buchhändler in Nürnberg 1980 oder den 
Brandanschlag auf das jüdische Altersheim und Gästehaus in München 1970,
 bei dem sieben Menschen ermordet wurden. Anschläge, die bis heute 
›unaufgeklärt‹ sind.
Auch wenn die Entscheidung der Bundesanwaltschaft gut tut, die 
Ermittlungen im Fall des Oktoberfestanschlages 1980 wieder aufzunehmen, 
so wundert doch sehr, dass mit keinem einzigen Wort ein möglicher 
Zusammenhang zu besagten ›stay-behind‹- Terrorgruppen hergestellt wird.
Die Frage: Wer hat diesen Staatsterrorismus ermöglicht und 
gedeckt, ist nicht nur im Hinblick auf diesen staatseigenen Untergrund 
von grundsätzlicher Bedeutung. Nicht minder wichtig ist es, öffentlich 
und vernehmbar die Frage zu beantworten: Warum wurde die 
Einzeltäterthese bis zuletzt – auf Teufel komm raus – verteidigt? Wohin 
kommt man, wenn man den zahlreichen Spuren zu weiteren Neonazis folgt?
Wenn heute unbestritten ist, dass Neonazis von deutschen 
Auslandsgeheimdienst BND in ›stay-behind‹-Operationsgruppen organisiert 
wurden, dann ist es Aufgabe dieses Geheimdienstes und dieser 
Bundesregierung, im Detail zu belegen, woran sich diese Terrorgruppen 
beteiligt haben, woran sie nicht beteiligt waren!
Kann es also sein, dass die Einzeltäterthese nicht von Fakten 
gedeckt wird, sondern einzig und allein von dem geballten Willen, den 
Weg zu Mittätern zu versperren, die in Verbindung zu ›stay-behind‹ 
stehen? Ja.
Gundolf Köhler war nur in den Augen der Ermittlungsbehörden ein 
Unpolitischer. Um diese Lüge nicht zu gefährden, war man bereit, selbst 
die Beweislage zu manipulieren: »In Gundolf Köhlers Zimmer in 
Donaueschingen fanden die Polizisten seinen Wikingjugend-Ausweis – und 
ließen ihn liegen.« (Vernichtete Spuren – Ermittlungsfehler mit 
Tradition, BR vom 31.1.2015)
Auch seine engen Verbindungen zur neonazistischen 
›Wehrsportgruppe Hoffmann/WGH‹ waren den Ermittlern bekannt, was auch 
zahlreiche Zeugen zu Protokoll gegeben hatten. Diese Begeisterung ging 
soweit, dass er selbst eine ›Wehrsportgruppe‹ im Raum Donaueschingen 
gründen wollte (Bundestagsdrucksache 18/3117, S.17)
Er war nicht alleine am Tatort. Zeugen hatten mindestens zwei 
weitere Personen an jenem Mülleimer gesehen, in dem die Bombe platziert 
worden war. Eine Zeugenbeobachtung, die so präzise war, dass sie auch 
von einem Streit zwischen drei Personen berichten konnte.
Der ehemalige Beamte, der sich jetzt als Zeuge bei Rechtsanwalt 
Dietrich meldete, würde nicht nur die bisherigen Zeugenaussagen 
bestätigen. Er würde den Tatablauf um ein entscheidendes Puzzle 
ergänzen. Der Beamte war am Tag des Oktoberfestanschlages mit fünf 
weiteren Arbeitskollegen auf dem Weg zur Wiesn. Kurz vor der Detonation 
standen sie zusammen vor dem Ausgang des Oktoberfestes. In dieser Zeit 
beobachtete er »einen jungen Mann, der zunächst zu einem schwarzen 
Auto gegangen sei, das am Bavariaring geparkt war. Darin sollen vorne 
zwei, hinten mindestens eine Person gesessen haben. Mit diesen habe er 
durch das heruntergekurbelte Fenster gesprochen. Dann sei der Mann, den 
er bis heute sicher für Gundolf Köhler hält, zu jenem Papierkorb 
gegangen, in dem dieser den Ermittlungen zufolge die Bombe zündete.« (SZ vom 8.12.2014)
Kurze Zeit später detonierte die Bombe. Dass der Beamte diesen 
Anschlag überlebt hatte, verdankte er einer Person, die vor ihm stand 
und durch die Wucht der Explosion auf ihn fiel – und wenig später an den
 schweren Verletzungen starb. Diesem tragischen Umstand verdankt er, 
dass ihn ›nur‹ einige Metallsplitter trafen, die er bis heute mit sich 
herumträgt. Gernau so lang trägt er den Ärger mit sich herum, dass seine
 damaligen Aussagen keinen Eingang in die Ermittlungen gefunden hatten –
 im Gegenteil: sie störte nur: »Doch jetzt will er sich mit dem 
Vergangenen auseinandersetzen – damit den 13 Toten und 211 Verletzten 
des Anschlags mit einer neuen Suche nach den Hintergründen der Tat 
Gerechtigkeit widerfahren kann.« (s.o.)
Dem Rechtsanwalt Dietrich ist es zudem gelungen, alle ehemaligen
 Kollegen dieses Oktoberfest-Ausfluges ausfindig zu machen. Allesamt 
sind sie bereit, entsprechende Aussagen zu machen.
Auch die Spezifika der Bombe könnten zu Mitwissern führen. 
Belegt ist, dass es sich um militärischen Sprengstoff handelte. Genau 
dieser Spur ging ein ›Frontal 21‹-Beitrag vom 25.3.2014 nach: 
»Am 27. September, einen Tag nach dem Anschlag in München, sagten zwei deutsche Rechtsextremisten bei der bayrischen Polizei aus. Sie wiesen auf einen Gleichgesinnten hin, auf Heinz Lempke, einen Förster aus Uelzen. Die Neonazis machten klare Angaben: ›Herr Lempke zeigte uns verschiedene Sprengstoffarten, Zünder, Lunten, Plastiksprengstoff und militärischen Sprengstoff … Er sagte uns, dass er mehrere Waffenverstecke im Wald habe.‹«
Obwohl die Ermittler sowohl von diesen Aussagen wussten, also auch Kenntnis davon hatten, dass Heinz Lempke zu verschiedenen neonazistischen Organisationen und »enge Kontakte zur WSG Hoffmann hatte« (taz vom 7.8.2009), unternahmen sie lange nichts.
Ein Jahr später, im Oktober 1981, wurde man – dank eines 
Waldarbeiters – rund um die Försterei Lempke fündig: Auf über 30 
Erddepots verteilt wurden u.a. 156 Kilo militärischen Sprengstoff, 230 
Kilo Sprengkörper, 256 Handgranaten, 50 Panzerfäuste entdeckt. Heinz 
Lempke arbeitete anhand einer von ihm selbst erstellten Liste beim 
Auffinden dieser Waffenlager bereitwillig mit, bis auf ein Depot, das 
die Nummer 82 trug: 
»Er verweigerte die Lokalisierung eines als Depot 82 bezeichneten Verstecks, weil dessen Inhalt geeignet sei, andere Personen zu belasten. Dieses Versteck konnte nicht aufgefunden werden.« (Bundestagsdrucksache 18/3117, S.7)
Liest man die Antwort der Bundesregierung aufmerksam, müsste man doch die Frage stellen: Warum wurde das Depot Nr. 82 nicht gefunden? Denn selbst wenn Herr Lempke hier nicht mitgearbeitet haben soll, wäre es doch ein Leichtes, anhand der Liste und der dort verzeichneten Lokalisierungsdaten, das Depot zu finden. Hatten der Neonazi Lempke und die Ermittler ein gemeinsames Interesse daran, genau jenes Depot nicht zu finden, das zu weiteren Beteiligten führen würde? Die Spekulation darüber könnte sehr schnell beendet werden, indem man die Liste öffentlich zugängig macht und dabei von unabhängigen Gutachtern überprüfen lässt, ob an diesem Orginaldokument Manipulationen vorgenommen wurden.
Wer dermaßen kalkuliert kooperiert, hat nicht mit dem Leben abgeschlossen. Genau das soll aber passiert sein:
»Nach seiner Verhaftung kündigt Lempke an, seine Hintermänner zu nennen. Doch dann fand man ihn erhängt in seiner Zelle.« (s.o.)
Wenn man sich die Dimension dieser paramilitärischen Anlage vergegenwärtigt, dann deckt sich all das mit der Infrastruktur der stay-behind-Operationen, die für Sabotageaktionen klandestine Waffen- und Sprengstoffdepots angelegt hatten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Lempke nicht nur Neonazis, sondern 
im Auftrag des BND diese Depots angelegt hatte, ist naheliegend. Aus 
diesem Grunde wurde in einer Kleinen Anfrage (Bundestagsdrucksache 
18/3117) auch die Frage gestellt, welche Beziehungen Heinz Lempke zu 
stay-behind-Operationsgruppen unterhielt. Die Antwort darf man als 
vorsätzliche Lüge bezeichnen: »Zu dieser Frage (…) liegen der 
Bundesregierung keine Informationen vor.« (S. 14)
Ob sich hier ein Kreis schließt, kann u.a. der BND bzw. das 
Bundeskanzleramt beantworten, indem sie alle Unterlagen zu stay-behind 
freigeben und endlich Aufklärung darüber betreiben, welche Neonazis und 
welche neonazistischen Organisationen in ihrem staatseigenen Untergrund 
integriert waren. Dazu zählt auch die politische und juristische 
Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die Bundesregierung bis heute 
keine Ahnung habe, was mit dem Waffenarsenal passierte, als man Ende 
1991 ›stay-behind‹ für aufgelöst erklärte.
Wenn statt Sabotage der Ermittlungen Aufklärung betrieben werden
 würde, könnte anhand der ›stay behind‹ -Akten auch geklärt werden, ob 
die von Lempke angelegten und verwalteten Waffendepots zum Bestand 
dieser staatsterroristischen Struktur gehört haben.
Wolf Wetzel  | 2015
Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund – wo hört der Staat auf? Unrast Verlag 2013, 2. Auflage


Ehrlich gesagt...
... fühle ich mich hier zum Oktoberfestattentat (und was Wolf Wetzel betrifft, auch zum NSU) hier besser informiert: http://www.lecorte.de/2015/02/oktoberfest-attentat-1980-bewegung.
Ein Interessant Film über das Thema
Der blinde Fleck - Das Oktoberfestattentat
Herbst 1980: BR-Reporter Ulrich Chaussy (Benno Fürmann) stellt Nachforschungen zu dem blutigen Terroranschlag auf das Oktoberfest vom 26. September 1980 an. Es ist der bisher schwerste Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: 13 Menschen wurden getötet und mehr als 200 zum Teil schwer verletzt. Bei seinen Recherchen stößt Chaussy auf Ungereimtheiten. Bald beginnt er, Zweifel an den offiziellen Ermittlungsergebnissen und der von dem Leiter des bayerischen Staatsschutzes Dr. Hans Langemann (Heiner Lauterbach) vertretenen Einzeltäterversion zu hegen. Die Suche nach der Wahrheit wird zu Chaussys Lebensaufgabe.
http://www.ardmediathek.de/tv/FilmMittwoch-im-Ersten/Der-blinde-Fleck-Da...