Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat das Ermittlungsverfahren gegen einen 92 Jahre alten SS-Mann, der in Freiburg lebt, eingestellt. Dieser stand im Verdacht, Wachmann im Konzentrationslager Auschwitz gewesen zu sein.
Von Frank Zimmermann
"Dem Mann konnte keine Zugehörigkeit zur Wachmannschaft in Auschwitz nachgewiesen werden", begründete die Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft Stuttgart, Claudia Krauth, am Montag die Einstellung des Verfahrens.
Weitere Auskünfte zur Rolle von Franz G. (der richtige Name ist der Redaktion bekannt, wurde hier aber geändert) während des Nationalsozialismus könne sie wegen des "Schutzes der Persönlichkeitsrechte" nicht geben. Krauth bestätigte aber, dass der 92-jährige Freiburger eine Funktion in der SS gehabt habe.
Zeitgleiche Hausdurchsuchungen der Landeskriminalämter bei neun Verdächtigen in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hatten im Februar 2014 für Aufsehen gesorgt. Unter den Verdächtigen waren auch sechs Personen aus Baden-Württemberg, darunter auch Franz G. aus Freiburg. Ausgangspunkt für die Verfahren waren langjährige Ermittlungen der Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg gewesen. Deren Leiter Kurt Schrimm hatte im September 2013 insgesamt 39 Verfahren an die zuständigen Schwerpunktstaatsanwaltschaften weitergeleitet.
Dem vorausgegangen war der von Medien weltweit begleitete Prozess gegen John Demjanjuk. Das Landgericht München hatte 2011 dessen Tätigkeit als KZ-Aufseher im Vernichtungslager Sobibor als Beihilfe zum Mord eingestuft und ihn zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, ohne dass ihm ein konkreter Mord zugeschrieben werden konnte. Demjanjuk starb 2012. Seine Verurteilung brachte die weiteren Verfahren ins Rollen.
Bei ihren Ermittlungen gegen den Freiburger Franz G. konnte die Staatsanwaltschaft Stuttgart jedoch nicht nachweisen, dass dieser Wachmann in Auschwitz war. "Er war lediglich zum Abholen einer Uniform dort", sagte Staatsanwältin Krauth.
Das Bundesarchiv in Berlin, das Personalunterlagen der SS aufbewahrt, darf gemäß Bundesarchivgesetz ohne Einverständnis des Betroffenen keine Auskünfte zu lebenden Personen erteilen, es sei denn, es handelt sich um Personen der Zeitgeschichte. Dies treffe im Fall von G. nicht zu, sagte ein Mitarbeiter des Bundesarchivs. Auskünfte dürfen erst 30 Jahre nach dem Tod der betreffenden Person erteilt werden oder – wenn das Todesdatum nicht bekannt ist – 110 Jahre nach ihrer Geburt. Ausgenommen vom Auskunftsverbot sind direkte Verwandte.
Dessen ungeachtet will die Autonome Antifa Freiburg, die zuletzt viel über G. recherchiert hat, am heutigen 70. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz vor dessen Haus der Opfer gedenken.
70 Jahre nach Auschwitz: Keine Ruhe den SS-Tätern!
Am Abend des 27. Januar demonstrierten rund 50 Menschen vor dem Haus des SS-Täters Herbert Göhler in der Julius-Brecht-Straße 29 in Freiburg-Haslach. Mit einem Beamer wurden Filmsequenzen von der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz auf seine Hauswand projiziert, mit Trommeln auf die Kundgebung aufmerksam gemacht und Flyer in seinem Wohnviertel verteilt. Am 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz wurde mit der Kundgebung der Opfer des Nationalsozialismus gedacht und die Verbrechen der SS-Täter aus Freiburg angeklagt.
Communiqué der Autonomen Antifa Freiburg vom 27.01.2015