Besetzung des ehemaligen Café Göttlich in Bonn

Besetzung des ehemaligen Café Göttlich in Bonn 1

In der Nacht zum 24.01.2015 haben wir, eine Grupe autonomer Aktivist*innen, das Gebäude des ehemaligen Café Göttlich in der Bonner Innenstadt kurzzeitig besetzt und verschönert. Im Nachfolgenden unsere Erklärung.

 

Dies ist eine Intervention!

 

Bonn ist, wie alle anderen Städte auch, von Gentrifizierung betroffen. Die flächendeckende Aufwertung von Wohn- und Geschäftsräumen, die Verdrängung von Privatunternehmen durch Ketten, die Planierung der Innenstadt in Beton-gläserne Kauf- und Konsummeilen gehören zur städtebaulichen Normalität. Die Schließung des Bouvier-Buchladens letztes Jahr und die des Cafés Göttlich letzten Monat sind exemplarisch für eine Stadtentwicklung, die das Einzigartige zu Austauschbarem macht. Zu verdanken ist die Schließung des Cafés Göttlich dem Unternehmergeist eines neuen Investors, der an selbiger Stelle eine Filiale seiner Modeboutique – in einem groß angelegten Umbau soll es gar ein ganzes Modehaus werden – eröffnen möchte.

 

Dies nahmen wir zum Anlass, das Gebäude in der Fürstenstr. zu besetzen. Wenn uns der öffentliche Raum und die wenigen Nischen genommen werden, in denen mensch auch ohne viel Geld leben kann, müssen wir uns wehren! Niemand hat sich die Schließung des Café Göttlich gewünscht und auch niemand zieht die Retortenschiene Thalia, die auch nur dem Namen nach noch ein Buchgeschäft ist, dem alten Universitätsbuchladen Bouvier vor. Worin andere eine Aufwertung zu erkennen glauben, sehen wir bloß die Zerstörung der Stadt. Konsequent wird die Bonner Innenstadt so umgestaltet, dass sie die zahlungskräftige Kundschaft anzieht. Was ist mit allen anderen? Wir sehen es nicht ein, dass das städtische Zusammenleben nur einigen ausgewählten Gruppen vorbehalten bleiben soll!

 

Die Situation auf dem Bonner Wohnungsmarkt ist ähnlich katastrophal. Während die Straßenzüge im Innenstadtbereich immer aufgeräumter werden, erhöhen sich die Mieten zeitgleich mehr und mehr. Auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum zieht es nicht wenige inzwischen in Vororte oder ganz aus Bonn heraus – nicht, weil sie nicht in Bonn leben wollen, sondern weil sie es sich nicht leisten können. Auch wochenlange Wohnungssuchen bleiben hier häufig erfolglos, sozialer Wohnungsbau wird von der Stadt nicht betrieben. Geflüchtete werden in Heimen untergebracht, die oft nur mangelhaft an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sind; an eine eigene Wohnung brauchen sie im Normalfall gar nicht zu denken. Analog zur Umgestaltung der Innenstadt werden auch die Wohnviertel „optimiert“: die gut betuchten Yuppies sollen angelockt werden, denn sie bringen die vermeintliche Erlösung für Bonns klammen Haushalt.

 

Wir positionieren uns daher ganz klar gegen die Kommerzialisierung und Normierung des öffentlichen Raums und die wirtschaftliche Ausschlachtung des Wohnraums.

Für mehr Einzigartiges! Für eine lebenswerte Stadt für alle!

 

Wir erklären uns solidarisch mit allen Initiativen und Gruppierungen, die in Bonn und anderswo für Freiraum abseits des Kommerzkults kämpfen. Solidarität mit der Kampagne L!Z in Bonn, dem AZ Wuppertal, AZ Köln, AZ Mülheim, Avanti in Dortmund und allen anderen tollen Initiativen da draußen!

Ferner empfehlen wir, die von L!Z organisierte Tanzdemo mit der Forderung nach Freiräumen in Bonn am 31.01. zu unterstützen.

 

Wir kommen wieder!

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Coole Initiative! Aber mal ne Frage: ist Besetzung nicht eigentlich, wenn man da bleibt?

Wir möchten die Aktion von der Nacht auf den 24.01. nachfolgend noch abschließend kommentieren.

 

Bei der kurzzeitigen Besetzung des Gebäudes in der Fürstenstr. 4 handelte es sich um eine Scheinbesetzung; eine probenhafte Inszenierung dessen, was erst noch ansteht: die Schaffung eines libertären Zentrums für Politik, Wissenschaft, Kunst und Kultur im Rahmen einer Umwandlung ungenutzt leerstehender Objekte zu öffentlichen und sich selbst verwaltenden Räumen.
In Bezug auf das Gebäude des ehemaligen Café Göttlich war von vorneherein klar, dass einer Besetzung und Nutzung die wirtschaftlichen Interessen des für die Schließung des Cafés verantwortlichen Investors Kent Hahne unüberwindbar im Weg stehen. Ihm hätten alle Mittel staatlicher Gewalt zur Verfügung gestanden, um seine Geschäfte zum Abschluss zu bringen – eine erfolgreiche Besetzung ohne Eskalationen polizeilicher Gewalt war deshalb aussichtslos. Das Gebäude des ehemaligen Café Göttlich ist als Investitionsobjekt Beispiel einer Stadtentwicklung der rücksichtslosen Kommerzialisierung und des kulturellen Ausverkaufs geworden. In der Nacht zum 24.01. haben wir das Investitionsobjekt Fürstenstr. 4 temporär in eine Leinwand umfunktioniert. In eine Projektionsfläche für die Träume, Wünsche und Realitäten, die in unserem im Kampf für ein libertäres Zentrum versammelt sind.

Dass es nicht um die Inszenierung, sondern die Realisierung libertärer Räume geht, ist klar. In diesem Sinne handelte es sich bei der Besetzungsaktion um eine Kombination aus PR-Gag und Probe. Solange die städtischen Behörden, die Städteplaner*innen, Investor*innen und andere das traurige Spiel des Ausverkaufs, der Verdrängung und Entleerung weiterspielen, ist unsere Arbeit für libertäre Räume notwendig. Die Eingriffe in unser Leben, in das Leben unserer Stadt durch die Behörden und Apparate der städtischen Verwaltung sind nicht weiter ertragbar. Die Aussichtslosigkeit politischer oder kultureller Zusammenschlüsse, libertäre Freiräume auf legalem Wege (d.h. ohne vorangehende Besetzung) zu schaffen und die Ignoranz der Stadtverwaltungen gegenüber der Freiraumthematik generell zwingen uns dazu, direkt aktiv zu werden. Nur so werden unsere Inhalte überhaupt wahrnehmbar, libertäre Räume denkbar. Solange die städtischen Behörden dem in einer Vielzahl von Publikationen formulierten Anliegen der Freiraumkampagnen in Bonn entweder Missachtung, oder Beschwichtigung entgegenbringen, können wir nur unsere Taten sprechen lassen. Der Bruch mit der alltäglichen Ordnung, die Überschreitung des Eingeräumten ist nötig, damit Veränderungen überhaupt möglich und unsere Träume sichtbar werden.

Vielen Dank für die Aktion! Auch wenn es lediglich eine symbolische Besetzung war.

 

Wenn es nur ein paar Menschen zum Nachdenken angeregt hat, war es das Wert! Ich sehe ebenfalls einen stetigen Verfall in der Entwicklung unserer Städte- Spiegel unserer Gesellschaft. Wenn nichts dagegen unternommen wird, geht die Gentrifizierung weiter.

Ich habe selbst im Café Göttlich gearbeitet. Durch dessen Schließung ist nicht nur ein wertvoller Arbeits- sondern auch Lebensplatz verloren gegangen. Das geht den meisten ehemaligen Mitarbeitern so und ich bin mir sicher, dass es den Gästen, die über Jahre hinweg regelmäßig gekommen sind, nicht anders geht. Außerdem mussten die Anwohner des Gebäudes ausziehen und der kleine Modeladen Moderat in Bonn schließen (Einzelhandel ade!).

 

Es geht weiter in der Fürstenstraße: Carthaus wird nach 160 Jahren schließen.

Auch wenn ich es eben erst mitbekommen habe - oder gerade deswegen - ebenfalls vielen Dank für Eure die Aktion!!

 

Das Göttlich war - zugegebenermaßen in den letzen Jahren wenn möglich draussen - seit über 30 Jahren für mich DIE Location in der Innenstadt.
Und jetzt? Fast jeden Abend der Blick von 'Am Hof' in die Fürstenstrasse und da ist - außer dem Gefühl der Ohnmacht - nichts mehr .... keine Schirme, kein Milchkaffee, einfach traurig...


Nach Metropol und Bouvier das Göttlich - nach 20:00 stirbt nicht nur die Fürstenstrasse...

 

Aber das wird dem Herrn Hahne so ziemlich egal sein - der Euro rollt.

 

Nochmal danke - insbesondere auch an alle Mitarbeiter des Göttlich für die schönen Stunden!