Nach der Abschiebung der Roma-Frau Sadbera Ametovic mit ihren sechs Kindern zwischen einem und zehn Jahren nach Serbien gehen die Diskussionen weiter. Das Jugendhilfswerk startet eine Spendenaktion.
Die grüne Bundestagsabgeordnete Edith Sitzmann forderte beim Neujahrsempfang der Freiburger Grünen "verbindliche Kriterien, wann humanitäre Gründe gegen Abschiebungen sprechen". Das Innenministerium lehnt das auf Nachfrage der BZ ab: "Fixe Entscheidungskriterien können der Vielschichtigkeit der ausländerrechtlichen Einzelfälle nicht gerecht werden."
																	
								Was genau steckt hinter den "humanitären Einzelfallprüfungen", 
die laut Innenminister Reinhold Gall einen Winter-Abschiebestopp unnötig
 machen? Die BZ hat beim Innenministerium und dem Regierungspräsidium 
Karlsruhe mit einem langen Fragenkatalog nachgehakt: Wer überprüft, wie 
viele Ärzte sind bei den medizinischen Untersuchungen dabei, wer wählt 
die Ärzte aus, spielt das Kindeswohl eine Rolle? Auf diese und andere 
konkrete Fragen gab es höchst dürftige Antworten.
Andreas Schanz, Pressesprecher des Innenministeriums, listet allgemeine 
Kriterien – unter anderem das Alter und den Gesundheitszustand – auf und
 betont die Position des Ministeriums: "Verbindlicher Vorgaben oder 
Erlasse seitens des Innenministeriums bedarf es nicht." Das 
Regierungspräsidium nehme seine "verantwortungsvolle Aufgabe und das 
eingeräumte Ermessen" sehr gewissenhaft wahr. Unter anderem werde bei 
der Ausländerbehörde vor einer Abschiebung die aktuelle Situation 
erfragt.
				
				
Dem widerspricht die städtische Pressesprecherin Edith Lamersdorf: Eine 
solche Nachfrage zur Einschätzung der Familie Ametovic habe es nicht 
gegeben. Das Regierungspräsidium antwortet auf alle Fragen der BZ nur 
mit der Auskunft: "Im Fall der Familie Ametovic lagen keine 
Abschiebungshindernisse vor." Die Reisefähigkeit der Familie sei am 
Flughafen durch einen begleitenden Arzt bestätigt worden – für die 
Frage, ob die Ametovics gesundheitlich in Serbien zurechtkommen oder 
nicht, sei, wie für alle Fragen, die mit der Situation im Herkunftsland 
zusammenhängen, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig.
Dort wurde der Asylantrag längst abgelehnt, eine Klage, die von 
Unterstützern eingereicht wurde, hatte keine aufschiebende Wirkung. Auch
 der Petitionsausschuss hatte – trotz rotgrüner Mehrheit im Ausschuss – 
nicht gegen eine Abschiebung gestimmt. Dafür habe die rechtliche 
Grundlage gefehlt, argumentiert die SPD-Landtagsabgeordnete Gabi 
Rolland, die gegen die Abschiebung gekämpft hat.
Nach ihrer Einschätzung wäre die Härtefallkommission die bessere Adresse
 gewesen – doch anders als in anderen Fällen habe der Petitionsausschuss
 der Familie nicht empfohlen, sich dorthin zu wenden. Gabi Rolland 
kritisiert, dass nach der Ankündigung der Abschiebung Mitte Dezember 
durch das Regierungspräsidium – ohne festen Termin, für die vierte 
Kalenderwoche – nicht mehr passiert ist, um die Abschiebung zu 
verhindern. Diese Kritik richtet sie auch gegen sich selbst: "Hinterher 
bin ich nun schlauer."
An dieser Stelle schließt sich der Kreis: Alle Beteiligten hatten nicht 
mit der Abschiebung gerechnet, überall ist nun die Fassungslosigkeit 
groß. Zum Beispiel an der Emil-Gött-Schule, die Dejan (10), der älteste 
Sohn der Familie, bis Montag besuchte. Die Lehrerin Monika Bettermann 
bot Kindern, die Dejan kannten, an, ihre Gefühle aufzuschreiben – es 
entstanden berührende Briefe. Betroffenheit herrscht auch beim 
Jugendhilfswerk, dessen Mitarbeiter die Familie gut kennen. Eine 
Betreuerin der Familie, die selbst aus Serbien stammt, hat das 
verwüstete frühere Haus der Familie im Roma-Lager Nis im vergangenen 
Sommer fotografiert und hält telefonisch Kontakt. Der kleinste Sohn habe
 Fieber, die Kinder würden auf dem Boden schlafen. Das Jugendhilfswerk 
hat ein Spendenkonto eingerichtet, fordert allerdings genau wie das 
"Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung" vor allem eine Wiedereinreise
 der Familie.
Bitte auf folgendes Konto:
Sparkasse Freiburg
IBAN: DE18 6805 0101 0013 4755 43
BIC: FRSPDE66XXX
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Petiton: Sofortiges Wiedereinreis- und Rückkehrrecht
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