Im Jahr 2010 gab es drei Anschläge auf die Rheinfelder Moschee, bei denen jeweils Fensterscheiben eingeworfen wurden. Nun wurde ein 23 Jahre alter Einzelhandelkaufmann für einen der Anschläge verurteilt.
Der Einzelhandelkaufmann wurde für einen der Anschläge wegen
gemeinschädlicher Sachbeschädigung zu 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit
und der Zahlung von 1000 Euro verurteilt. Der Angeklagte ist in der
rechtsradikalen Szene aktiv.
Der junge Mann stand bereits vor einem Jahr vor dem
Jugendschöffengericht in Lörrach, zusammen mit einigen anderen aus der
Neonazi-Szene, weil sie sich mit Nazigegnern in Herten eine größere
Schlägerei geliefert hatten. Der 23-Jährige war damals wegen einer Reihe
weiterer Straftaten angeklagt, unter anderem wegen zwei der drei
Anschläge auf die Alperenler-Moschee.
Wegen des dritten Anschlags, der am 4. November 2010 stattfand, war er
damals freigesprochen worden. Das Verfahren wegen des zweiten Anschlags,
der sich am 22. Mai 2010 ereignet hatte, war damals auf Antrag der
Verteidigerin des 23-Jährigen abgetrennt worden und wurde nun ein Jahr
später verhandelt.
Auch der neue Prozess begann mit zwei Anträgen von Verteidigerin Nicole
Schneiders. Sie hielt das Lörracher Gericht für nicht zuständig,
außerdem rügte sie seine Besetzung, da inzwischen statt Richter Axel
Frick der stellvertretende Amtsgerichtsdirektor Martin Graf Vorsitzender
des Jugendschöffengerichts ist. Das Gericht lehnte die beiden Anträge
ab.
In der Nacht zum 22. Mai 2010 waren vier Scheiben an der Moschee
eingeworfen worden, und das mit solcher Wucht, dass nicht nur die
Scheiben zu Bruch gingen, sondern die Steine auch Schäden an den
gegenüberliegenden Wänden verursachten. Die Polizei fand im Innern sechs
Steine, die gesichert und kriminaltechnisch untersucht wurden.
An einem der Steine fanden sich winzigste DNA-Spuren, die sich
zweieinhalb Jahre später, als man eine Vergleichsprobe des Angeklagten
nehmen konnte, diesem zuordnen ließen, und zwar mit einer Sicherheit von
39 Millionen zu eins. Verteidigerin Schneiders zweifelte das Ergebnis
dennoch an. Der betreffende Stein, der dunkler war als die anderen, sei
auf den Fotos nicht zu sehen, die Polizei fand die Steine aktuell auch
nicht wieder. Zudem sei nicht geklärt, ob die Vergleichsprobe
tatsächlich vom Angeklagten stamme.
Derlei Zweifel ließ das Gericht jedoch nicht gelten. Die Verteidigerin,
die beantragte, den 23-Jährigen freizusprechen, zitierte auch eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach ein DNA-Treffer
lediglich ein Indiz für die Schuld sei. Das Gericht hielt entgegen, es
gebe noch weitere: Der Angeklagte habe sich in der Gegend aufgehalten,
er habe der rechten Szene angehört und die Tat sei fremdenfeindlich.
Zudem habe es einen vertraulichen Hinweis auf den 23-Jährigen gegeben.
"Da schließt sich ein Kreis", sagte Richter Martin Graf, der auch eine
andere BGH-Entscheidung zitierte, wonach ein DNA-Treffer mit einer
Wahrscheinlichkeit im Millionenbereich ausreichend sei, die Schuld
festzustellen.
Der Angeklagte, der von seinem Vater nie offiziell anerkannt wurde,
wuchs bei seiner Mutter auf, die starb als er zehn Jahre alt war. Die
schwierigen Zeiten danach verbrachte er teils beim Vater, teils im
Internat. Mit 13 oder 14 Jahren wurde er Mitglied der Jungen
Nationaldemokraten. Irgendwann ist er ausgerissen und kam über Bekannte
in den Raum Lörrach, wo er eine Lehre als Verkäufer als
Einzelhandelskaufmann abschloss. Hier gründete er auch die
rechtsradikalen "Freien Kräfte Lörrach". "Ich rede nicht gerne über die
damalige Zeit . Heute habe ich mit der NPD nichts mehr zu tun", sagte er
vor Gericht. Auf die Frage, wie er jetzt zur rechten Szene stehe,
antwortete er: "In Zeiten von Pegida möchte ich mich dazu nicht äußern."
2011 ging er nach Norddeutschland, wo er herkommt, und zog kurze Zeit
später für die NDP in den Stadtrat und den Kreistag seines neuen
Wohnorts ein. Nach Recherchen der Badischen Zeitung ist er tatsächlich
aus der NPD ausgetreten, aber nun aktives Mitglied der neonazistischen
Kleinpartei "Die Rechte", die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In
Stadt- und Kreisrat wird er nun als "parteilos" geführt, auf seiner
Homepage stellt er sich aber als Mitglied der "Rechten" dar, verbreitet
entsprechendes Gedankengut und zeichnet mit "volks- und heimattreuem
Gruß".
Mit seinem Urteil blieb das Jugendschöffengericht unter der Forderung
von Staatsanwalt Carsten-Nils Schwarz, der 200 Arbeitsstunden und eine
Geldauflage von 2400 Euro zur kompletten Schadenswiedergutmachung
gefordert hatte. Staatsanwalt und Gericht hielten den Anschlag für eine
"gravierende Straftat, die aufs Schärfste zu missbilligen ist".
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Vier Jahre nach den Steinwürfen auf die Rheinfelder Moschee hat das Jugendschöffengericht gestern einen 23-jährigen ehemaligen Rechtsradikalen verurteilt. Er muss Eintausend Euro Entschädigung an die türkisch-islamische Gemeinde zahlen und 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Die Verteidigung hat Rechtsmittel gegen das Urteil angekündigt. Das Gericht hat sich in seinem Urteil auch auf DNA-Spuren an den geworfenen Steinen gestützt, die zum Erbgut des 23-jährigen passen.
Stand: 20.01.2015, 11.30 Uhr
http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/suedbaden/gericht-verurteilt-st...