Leipzig. Die Beschlagnahmung von mehr als 150 Mobiltelefonen nach der von Krawallen überschatteten Demo am Donnerstag in Leipzig stößt auf Kritik. Der Grünen-Landesvorsitzende Jürgen Kasek sieht in der Aktion klare Verstöße gegen den Datenschutz sowie das Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung. „Die Handys hätten so pauschal nicht eingesammelt werden dürfen“, sagte der Rechtsanwalt am Montag gegenüber LVZ-Online. Er vertritt selbst fünf Betroffene und will nun juristisch gegen die Behörden vorgehen. Auch eine Klage werde erwogen, so Kasek. Polizei und Staatsanwaltschaft verteidigen dagegen die Maßnahme.
Spezialkräfte der Polizei stellten am Donnerstagabend von 204 an der Feinkost festgesetzten Demo-Teilnehmern alle Mobiltelefone und sogar mitgeführte Laptops für die Beweisaufnahme sicher. Die Leipziger Staatsanwaltschaft hatte die umstrittene Durchsuchung zuvor auf Grundlage der Strafprozessordnung veranlasst. Diese sieht in Paragraf 94 die Herausgabe aller Gegenstände als möglich an, die als Beweismittel von Bedeutung sein können. „Das sind auch Handys“, betonte Ralf-Uwe Korth, Sprecher der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage. Seinen Angaben zufolge wurden „zwischen 150 und 200“ Geräte sichergestellt.
LKA wertet Handy-Daten aus
Während derzeit
Polizei und Landeskriminalamt (LKA) die Daten auswerten, kritisiert
Rechtsanwalt Kasek die Aktion scharf. „Mit diesem Vorgehen hat die
Polizei einen schweren Fehler begangen“, meint der Anwalt. Durch die
Beschlagnahmung würden „alle Teilnehmer der Demo im Nachgang
kriminalisiert“, ohne dass es dafür eine hinreichende rechtliche
Grundlage gebe. Von Paragrafen 94 ist die Maßnahme aus seiner Sicht
nicht gedeckt. „Das ist eine extreme Überdehnung und nicht zulässig“,
meint der 34-Jährige.
Der Staatsschutz ermittelt gegen die 204 Verdächtigen wegen schweren Landfriedensbruchs. Beteiligt hatten sich jedoch in der Spitze rund 800 Teilnehmer an der Demo, die im Musikviertel begann und eine Spur der Verwüstung durch die City und die Südvorstadt mit mehreren zehntausend Euro Schaden zog. „Ein Großteil der Demo-Teilnehmer hat sich friedlich verhalten“, so Kasek, der sich schockiert über die Eskalation zeigte. „Die Freiheiten wurden von Einzelnen genutzt, um Aggressionen auszuleben.“ Ein Großteil der Demonstranten konnte flüchten, bevor die Polizei gegen 21.15 Uhr eingriff.
Anwälte wurden nicht zu ihren Mandanten durchgelassen
Die eingekesselten Personen – darunter viele Studenten – mussten dagegen
stundenlang in der Kälte ausharren. Einige hatten ihre Arbeit in der
Uni-Bibliothek Albertina unterbrochen, um als Reaktion auf den
ungeklärten Tod des Asylbewerbers Khaled I. in Dresden zu demonstrieren.
Am Ende standen sie von Beamten umringt bis in die Morgenstunden in
einem Polizeikessel in der Südvorstadt.
Die Beamten durchsuchten
und fotografierten jeden Einzelnen der festgesetzten Demo-Teilnehmer.
Gleichzeitig nahmen sie die Personalien auf. Die Verdächtigen mussten –
ob sie wollten oder nicht – auch ihre Telefone und Laptops abgeben.
Anwälte wurden nicht zu den Betroffenen durchgelassen, wie die Polizei
am Montag bestätigte. „Diese haben dazu kein Recht, wenn Kontrollen in
einem abgesperrten Bereich stattfinden“, so Sprecher Andreas Loepki.
Auch „Vermummungsgegenstände“ seien bei einzelnen Demonstranten gefunden
worden, ergänzte er.
Eine Sicherstellung von Handys zu
Ermittlungszwecken sei nicht unüblich, betonte die Polizei. Die Menge
der beschlagnahmten Geräte ist in Leipzig jedoch ein Novum. Ziel der
Aktion sei es vor allem, die Rädelsführer der Krawalle ausfindig zu
machen, erklärte Loepki. „Wir sind auf der Suche nach einzelnen Tätern.“
Dafür würden neben den Foto- und Videoaufnahmen auch Gesprächsdaten und
SMS ausgewertet, ergänzte Oberstaatsanwalt Korth. Eine
Funkzellenabfrage habe nicht stattgefunden, so die Polizei.
Handy-Rückgabe erst in mehreren Wochen geplant
Konkrete Tatvorwürfe der Ermittler richten sich bislang gegen einen
30-jährigen Leipziger und einen 26-Jährigen aus Markkleeberg, die bei
dem Polizeieinsatz vorläufig festgenommen wurden. Ihnen werden
Sachbeschädigungen vorgeworfen, für die es Zeugen geben soll. „Einer
hatte noch sehr viel Glas an der Kleidung“, so Loepki.
Wann die
Betroffenen Demo-Teilnehmer ihre Handys und Laptops zurückbekommen, ist
unklar. Laut Polizei wird die Auswertung mehrere Wochen in Anspruch
nehmen. Damit wollen sich Anwalt Kasek und seine fünf Mandanten im Alter
zwischen 20 und 37 Jahren nicht zufrieden geben. „Wir werden sehen,
dass wir die Telefone so schnell wie möglich zurückbekommen.“ Die auf
diese Weise erlangten Daten sind aus Kaseks Sicht ohnehin nicht gegen
Straftäter verwertbar: „Wenn sie rechtswidrig gewonnen wurden, dürfen
sie vor Gericht nicht verwendet werden.“
Benutzt Verschlüsselung!
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