Veranstaltungen zum 70. Jahrestag der Bombardierung / Versteckspiel zahlte sich aus: Neonazis marschierten im Norden Magdeburgs / Antifaschistische Proteste
Anlässlich des 70. Jahrestages der Bombardierung Magdeburgs im Zweiten Weltkrieg wurden gestern vor Ort mehrere Versammlungen durchgeführt. Den Anfang machte die offizielle Gedenkveranstaltung der Stadt am Westfriedhof gegen 15.00 Uhr. Hierzu hatte Magdeburgs Bürgermeister Dr. Lutz Trümper (SPD) aufgerufen. Ihm zufolge sollte dabei an die „verheerende Zerstörung“ der Stadt und an die „Getöteten und Verwundeten“ erinnert werden. Gleichzeitig mahnte Trümper in einer Pressemittelung, das sich Magdeburg „gegen den Missbrauch dieses traurigen Anliegens für die geschichtsverfälschende und demokratiefeindliche Propaganda rechter Kräfte“ wende.
Neonazis marschierten im Norden Magdeburgs
Tatsächlich versuchten Neonazis auch am gestrigen Abend durch eine eigene Gedenkveranstaltung, einem so genannten „Trauermarsch“, die Erinnerung an den Bombenangriff vom 16. Januar 1945 für sich zu vereinnahmen und ihn ideologisch zu verklären. Allerdings war lange unklar, ob die seit 1999 jährlich durch die „Initiative gegen das Vergessen“ durchgeführte Versammlung in diesem Jahr überhaupt stattfindet. Eine Anmeldung lag erst 48 Stunden vor dem Veranstaltungsbeginn vor. Außerdem wurde, anders als bei den vorhergehenden Märschen, komplett auf eine Mobilisierung verzichtet. Erst in der Nacht vom 13. zum 14. Januar 2015 wurde mittels einer großangelegten Plakataktion im Stadtgebiet für ein „Magdeburger Gedenken“ am 16. Januar 2015 geworben. Zwischen 1.000 und 2.000 Plakate hatten Neonazis offenbar dafür auf zuvor möglicherweise gestohlenen, ehemaligen Wahlplakaten der „Alternative für Deutschland“ (AfD) und „Pro Deutschland“ geklebt und an die Pfosten von Verkehrszeichen, Lampen und Ampeln angebracht.
Aufgrund dieser recht kurzfristigen Mobilisierung blieb die Anzahl der Teilnehmer_innen am „Trauermarsch“ im unteren dreistelligen Bereich. Ungefähr 300 Neonazis aus Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin, Thüringen und Nordrhein-Westfalen beteiligten sich an dieser Veranstaltung, die in diesem Jahr von Sascha Braumann, „Initiative gegen das Vergessen“ und ehemaliger stellvertretender Landesvorsitzender der „Junge Nationaldemokraten“ (JN) in Sachsen-Anhalt, angemeldet wurde. Der ehemalige Anmelder, Andy Knape, ehemaliger Bundesvorsitzender der JN und Ex-Vorstandsmitglied der NPD, nahm ebenfalls am Marsch teil. Ihm bzw. seinem Pkw hatten sich übrigens Unbekannte, gemäß Magdeburger Volksstimme, bereits in der Nacht zuvor gewidmet und einen Brandanschlag auf das Auto verübt.
Antifaschistische Proteste gegen Naziaufmarsch
Da der Fokus der Antifaschistischen Bündnisse und der Zivilgesellschaft aber offenbar auf einen möglichen Aufmarsch am Samstag, den 17. Januar 2015, ausgelegt war und durch die Veranstaltung einer morgigen bundesweiten, antirassistischen Demonstration sowie der so genannten „Meile der Demokratie“ immer noch ist, blieben die Proteste am heutigen Abend eher verhalten. Die Verschleierungstaktik der Polizei erschwerte den in der Stadt aktiven Protestlern offenbar ebenfalls die Koordinierung von Protestaktionen.
Erst eine halbe Stunde vor Marschbeginn sickerte der Startpunkt der Neonazis, die Bahnhaltestelle in Eichweiler langsam durch.
Erste kleine Blockade- und Protestaktionen der Gegendemonstrant_innen, darunter zwei Landtagsabgeordnete, gelangen so auch erst am Schöppensteg Ecke Pettkenhoferstraße, nach dem der Neonaziaufmarsch bereits 500m vorangekommen war. Gestoppt wurden die Neonazis hier jedoch nicht. Erst in der Lübecker Straße kam der Marsch kurzzeitig zum stehen. Auf Höhe Nicolaiplatz und in der Bremer Straße hatten Menschen die Straße blockiert. Die Blockade in der Bremer Straße wurde jedoch als bald geräumt, so dass die Neonazis ungestört wieder zurück nach Eichweiler marschieren konnten.
Zwischendurch versuchten auch Teilnehmer_innen der antifaschistischen „Vorabenddemo“ zu den Protesten zu zustoßen. Diese Antifa-Demo startete gegen 19.00 Uhr am Hauptbahnhof, und bewegte sich anschließend Richtung Norden. Trotz mehrfacher Versuche der Antifas sich dem Neonaziaufmarsch zu nähern, wurde eine Annäherung letztendlich durch die Polizei vereitelt. In der Ohrestraße kam es dabei zu einem kurzzeitigen Pfeffersprayeinsatz seitens der Beamt_innen und Böllerwürfen seitens der Antifas.
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Norden
Auch ein paar Neonazis aus dem hohen Norden waren anwesend. Jan-Steffen Holthusen (Hamburg), Tobias Thiessen (Norderstedt) und co.