Bereits mehrfach berichteten wir über die „Blood and Honour“-Strukturen aus dem nördlichen Ostholstein. Aufbauend auf einen Überblick über die Zusammenhänge und einem Artikel zu grenzüberschreitender Beziehungspflege rund um das „Blood and Honour“-Netzwerk, die NPD und den NSU, wollen wir an dieser Stelle einige aktuelle Informationen über die Protagonist_innen und ihr Umfeld darstellen. Bei der Lektüre sollte auch stets im Hinterkopf behalten werden, dass „Blood and Honour“ in Deutschland seit dem Jahr 2000 verboten ist und die Behörden scheinbar als einzige die Fortführung der verbotenen Strukturen nicht sehen wollen, obwohl der Fortbestand der alten Netzwerke oft nicht einmal kaschiert wird.
Insgesamt lief das Jahr 2014 für den aktiven Kern der 
schleswig-holsteinischen Rechtsrockszene eher schlecht. Verurteilungen, 
Motivationsverlust und Intrigen schienen vor allem ein Bedürfnis 
gestärkt zu haben: Statt brotlosem Idealismus für die neonazistische 
„Sache“ soll endlich auch etwas verdient werden. Wo die neonazistischen 
Netzwerke dabei nützlich sind, werden sie weiterhin gern genutzt, wo 
nicht, wird auch auf profanere Geschäfte zurückgegriffen. 
Motivationsverlust und ein bisschen Verrat bei „Words of Anger“ 
Als musikalisch beste Band galt die ostholsteinische Combo „Words of 
Anger“ noch nie. Aber in einer Szene, in der Konzerte konspirativ 
organisiert sind, Anhänger_innen oft weite Strecken fahren, ohne zu 
wissen, ob sie überhaupt ein einziges Lied hören werden und Produktion 
und Vertrieb von Alben und Merchandising zum Teil fernab der 
öffentlichen Wahrnehmung stattfindet, kann Motivation und gute 
Vernetzung das ersetzen, was musikalisch fehlt. In diesem Sinne war 
„Words of Anger“ in den letzten Jahren im europäischen Rechtsrock 
relativ erfolgreich. Nicht als der große Publikumsmagnet, aber als 
solide Ergänzung nahm die Band an vielen kleineren und größeren 
Veranstaltungen teil, vor allem das „Blood and Honour“-Netzwerk und die 
NPD griffen des öfteren auf die reisefreudigen Musiker aus der 
norddeutschen Provinz zurück. Durch ihr verzweigtes personelles Netzwerk
 aus dem Umfeld von „Blood and Honour“ und Rockergruppierungen knüpften 
sie Kontakte und sind inzwischen an anderen Bandprojekten beteiligt. Marco Eckert
 spielt nebenbei auch bei „Oidoxie“, eine der tonangebenden Bands des 
deutschen Ablegers von „Combat 18“, dem militanten Arm von “Blood and 
Honour” und, zusammen mit Daniel Tamm, ist er Mitglied von „Sturmwehr“.
Allerdings ist der vermeintliche Erfolg teuer erkauft. Die Bands und 
Liedermacher_innen der Zweiten Garde des Rechtsrocks, wie „Words of 
Anger“, fahren für Auftritte und Aufnahmen durch ganz Europa und 
bekommen wenig Geld dafür. Teilweise ist nicht einmal Geld für Benzin 
vorhanden, obwohl die Versände und Veranstalter_innen mit dem braunen 
Musikspektakel durchaus einträgliche Geschäfte machen. Während das lange
 Zeit als Zugeständnis an die „Sache“, nämlich den Kampf für den 
Nationalsozialismus, akzeptiert wurde, geht der Truppe um Marco Eckert 
zunehmend die Motivation aus. Wenn Veranstaltungsorte wie im November 
2013 mal eben vom Ruhrgebiet um 400 Kilometer nach Süden ins badische 
Söllingen verlegt werden, bleibt man lieber gleich in heimischen 
Gefilden. Daran konnte auch der Anlass, nämlich der Geburtstag des 
neonazistischen Hooligans Siegfried Borchardt (Dortmund) nichts ändern.
Abhilfe könnten international etablierte Veranstalter_innen schaffen, 
bei denen die Räumlichkeiten der Konzerte meist besser abgesichert sind 
und abgesprochene Gagen eingehalten werden können. Der Auftritt am 5. 
April 2014 bei „Blood & Honour UK“ war solch einer, genauso wie das 
„In.Bewegung“ am 9. August 2014 im thüringischen Sondershausen. Die 
Deklarierung als politische Kundgebung der NPD dürfte zwar nicht allen 
im subkulturellen Neonazi-Milieu gefallen, aber verspricht sie doch eine
 gewisse rechtliche Absicherung. Allerdings wurde daraus nichts, denn Tino Engelmann,
 bis dahin Schlagzeuger von “Words of Anger“, gab kurz vor der 
Veranstaltung seinen Austritt aus der Band bekannt. Schnell machten 
Gerüchte über Verrat die Runde. Tino Engelmann habe die Seite 
gewechselt, hieß es in der Szene. Daraufhin beeilte sich die Band, ihren
 Ruf zu retten, indem sie versuchte den Ausstieg als ganz normalen und 
sich seit längerem abzeichnenden Prozess darzustellen. Auch sei 
Engelmann mit den übrigen Mitgliedern der Band weiterhin 
freundschaftlich verbunden. Nur geglaubt haben dürfte diese Geschichte 
einer einvernehmlichen Trennung, kurz vor einem der wichtigsten 
Auftritte des Jahres, niemand. Auch die Ankündigung, vorerst keine 
Konzerte mehr zu spielen, wird die Gerüchte nicht verstummen lassen. 
Nachdem es schon um die befreundete Band „Timebomb“ merklich ruhiger 
geworden ist, liegt der aktivste Teil der ostholsteinischen 
Rechtsrockszene bis auf weiteres brach.
Während sich Tino Engelmann in der Rechtsrockszene um neue Projekte bemüht, fiel die Wahl seines Nachfolgers bei „Words of Anger“ ebenfalls auf einen Neonazi aus Ostholstein: Niclas Bruhse. Bruhse, bisher vor allem als rechter Fan des Hamburger SV und im subkulturellen Umfeld der lokalen Neonaziszene aufgefallen, soll sich in den nächsten Monaten mit der Band einspielen. Neben seinem Dasein als Neonazi ist Bruhse lokal vor allem als Amateurfussballer bekannt. Früher spielte er beim SV Hansühn, wo auch der HSV-Fanclub „High Sun“, zu dessen Umfeld er gehört, beheimatet ist, aktuell kickt er für den TSV Schönwalde.
Doch momentan beschäftigen Marco Eckert andere Dinge. Während andere 
Neonazis mit guten Kontakten zu Rechtsrock und organisierter 
Kriminalität finanziell lukrative Netzwerke bilden, beschwert sich 
Eckert über die Doppelbelastung aus normalem Beruf und neonazistischen 
Musikwelten. Einige „Blood and Honour“-Kader wie Oliver Malina („Honour & Pride“) und insbesondere die im Vergleich zu „Blood and Honour“ elitäreren „Hammerskins“ wie Sven Krüger
 („Hammerskin Chapter Nordmark“) nutzen die verzweigten Netzwerke, die 
ihre Machtbereiche in der Szene und zugehörige Einnahmen sichern. Ihnen 
nacheifernd versucht Eckert aktuell seine Verbindungen innerhalb von 
„Blood and Honour“, aber auch über „Sturmwehr“ zu den „Hammerskins“, zu 
nutzen, um den neuen „Sturm18“-Versand für rechte Musik und Bekleidung 
aufzubauen. Dieser Versuch, endlich Kasse mit dem Hobby zu machen, 
scheint auf den ersten Blick folgerichtig. Durch die jahrelangen 
Auftritte und über Jugendfreunde wie Alexander Hardt und Lars Bergeest
 verfügt Eckert über Kontakte zu vielen relevanten Akteuren der rechten 
Szene und zur organisierten Kriminalität. Der Name „Sturm18“ des 
offiziell auf Yvonne Eckert und Christian Möring
 laufenden Versandhandels ist als Zweitname von „Sturmwehr“ schon 
weithin bekannt und rund um seinen Wohnort Grube stehen den Neonazis 
helfende Hände und Lagerräume für die Logistik zur Verfügung. Nur sind 
manchmal auch in der Neonaziszene Kontakte und Engagement nicht alles. 
Die Skepsis, ob Marco Eckert in der Lage ist, einen erfolgreichen 
Versand zu führen, bestätigte sich gleich in den ersten Wochen. Der 
Onlineshop war fast durchgehend nicht erreichbar, da die Neonazis mit 
der Technik nicht zurecht kamen. 
Billard statt braune Musik bei Lars Bergeest
Lars Bergeest wählte im Vergleich zu seinen langjährigen Weggefährt_innen einen eher profaneren Weg, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Nachdem er lange Zeit in Dänemark wohnte und in Skandinavien zu einer gut vernetzten Figur der rechten Szene wurde, versuchte er sich danach mit Alexander Hardt im Vertrieb von Einbruchswerkzeugen. Als es im Nachgang einer Veröffentlichung von uns im Januar 2013 medialen Wirbel um seine Geschäfte rund um die Neonaziszene und den „Bandidos MC“ gab, trat Bergeest als Geschäftsführer des gemeinsamen Geschäfts ab und vermied vorerst die große Öffentlichkeit. Seit einigen Monaten nun betreibt er den “Norddeutschen Billardservice”, einen Vertrieb für Billard-, Dart- und Kickerbedarf. Das Geschäft hat seinen Sitz in Cismar, in der Nähe von Lars Bergeests Elternhaus.
Gerüchte und Gefängnis bei Alexander Hardt
Alexander Hardt, Jugendfreund von Eckert und Bergeest und Betreiber des 
Kieler Neonazi-Geschäfts „PLS-Werkzeuge“, ist aktuell inhaftiert. Er 
wurde bezüglich diverser Anklagepunkte für schuldig befunden und hat weitere noch offene Verfahren, sodass sich die ursprüngliche Haftstrafe noch deutlich erhöhen könnte.
Doch das ist beileibe nicht das einzige Problem von Hardt. In der Kieler
 und Neumünsteraner Unterwelt halten sich seit Monaten hartnäckig 
Gerüchte, dass er kein „Bandido“ mehr sei, da er Gelder des Clubs 
veruntreut habe. Für den Wahrheitsgehalt der Gerüchte spricht, dass 
Hardt seit geraumer Zeit keine Symboliken der „Bandidos“ mehr verwendet.
 Vollständig gebrochen mit dem alten Umfeld hat er allerdings nicht. Er 
fungiert weiterhin als Geschäftsführer von „PLS-Werkzeuge“, wo auch 
andere Personen aus der Mischszene zwischen Neonazis und Rockern 
arbeiten, wie der Kieler „Bandido Supporter“ Tobias Schulz.
In jedem Fall schwächt sich die Neonaziszene mit Affinität zu den 
„Bandidos“ aufgrund der Prozesse und Intrigen selbst. So ist mit Peter Borchert
 eine weitere führende Figur beider Szenen ebenfalls inhaftiert und das 
Konfliktpotential innerhalb der Szene bleibt hoch. Im aktuellen 
Verfahren gegen Hardt, Borchert und Nils Hollm weicht 
insbesondere letzterer von ungeschriebenen Regel ab, sich gegenüber 
Gerichten völlig unkooperativ zu verhalten. Überhaupt konnte das 
Verfahren um den Übergriff in der Kneipe „Titanic“ des Neonazis Horst Micheel
 nur geführt werden, weil „neue Aussagen“ vorliegen, sprich einer der 
beteiligten Rocker oder Neonazis gegen das Schweigegelübte verstossen 
hat.






v-mann schulz