Freiburger Wagenchronik Teil 4: 2003-2006: Die Entstehung des Schattenparker-Wagenplatzes

20.03.2004 Love or Hate-Parade

Wir werden in unregelmäßigen Abständen die bestehende Chroniken der Freiburger Wagenplätze auf IMC linksunten veröffentlichen:

 

Teil 1: 1987-1996: Eine Reihe von Vertreibungen: Die Entstehung des Vauban - Wagenplatzes

Teil 2: 1995-1999 : Strategien angesichts der Räumungsbedrohung auf Vauban: Eselwinkel, Schönberg,...

Teil 3: 1999-2003: Deeskalation und Straßenrand-Wohnen

 

Hier im vierten Teil wird es darum gehen, wie die Schattenparker sich ihren Platz erkämpften.

 

 


Die Situation im Jahr 2003

 

Es bestehen in Freiburg die Plätze: 

- Wagenplatz auf dem Gelände des Mietshausprojektes „Selbstorganisierte Unabhängige Siedlungs-Initiative“ (S.U.S.I.)

- Öko-Wagenburg Ölmühle, St.Georgen, seit 1992. Privat gepachteter Platz.

Eselswinkel, seit 1998. Von der Stadt verwaltet.

 - Biohum/Rieselfeld, seit 1989. Seit 2001 von der Stadt verwaltet.

- Verschiedene Grüppchen und einzelne Wagenbewohner ohne festen Platz, u.a.  „am Campus“/ „Obi Süd“.


 

Alibi-Platz "Eselwinkel"

 

Trotz alledemSeit der Schaffung des von der Stadt verwalteten (und nicht: selbstverwalteten) Wagenplatzes am Eselwinkel und der Räumung des Vaubangeländes, beides im Jahr 1997, hat die Stadt Freiburg ein immer wiederkehrendes „Ärgernis“ am Hals:

Da gibt es in dieser Stadt auch Wagenbewohner von der Sorte, die sich nicht auf die Eselwinkel-Knebelverträge einlassen wollten, die teils schon 1997 für einen selbstverwalteten Wagenplatz kämpften (Punika-Oase) und die damals nicht erhört wurden; und so taucht seit Jahren mal hier, mal da wieder eine Wagenansammlung auf, meist am Straßenrand oder auf ungenutzten Grundstücken. Und es werden trotz Schikanen und Räumungen eher mehr als weniger!

Die Stadtverwaltung versucht das Phänomen wegzudefinieren. Man habe sich 1997 mit dem legalen Platz ja schon weit aus dem Fenster gelehnt! Nun müsse einmal Schluss sein! Es gebe doch den Eselwinkel!

 


Juli 2003, BZ: Wagenburgler besetzen FirmengeländeAn Gesprächen zeigt die Verwaltung also leider kein Interesse. Dies ändert sich schließlich im Sommer 2003, aufgrund einer großangelegten Besetzungsaktion (Eternit-Gelände in der March bei Freiburg; vgl. Badische Zeitung, Anfang Juli 2003).

Nach dieser Besetzungsaktion im Juli 2003 geht’s plötzlich : Die Stadt will reden. Die Ernüchterung folgt jedoch sofort: städtische Gelände stehen wegen eines angeblichen Gemeinderatsbeschlusses nicht zur Diskussion, aber von privat könne ja etwas gefunden werden.

 

Die im Juli begonnenen Gespräche bleiben ergebnislos. Bis Ende 2003 werden der Stadt weit über 30 Standorte in Privatbesitz genannt; alle werden abgelehnt, ohne dass die Wagenleute direkt mit den Besitzern in Kontakt treten konnten.

 

 

  

2003: Eines der ersten Fahrzeuge am Straßenrand der Sackgasse Basler Landstraße2003

Bereits seit dem Frühjahr wohnen einzelne Wagenbewohner auf dem Parkstreifen an der Basler Landstraße in St.Georgen.

Da dies der einzige Standort ist, wo Verwaltung und Polizei nicht allergisch auf bewohnte Wagen in der Stadt reagieren, kommen im Lauf der Zeit mehr Wagenleute dazu.

Dieser Platz geht in den folgenden zweieinhalb Jahren als Platz „am Campus“/ „Obi Süd“ in die Freiburger Wagengeschichte ein.

 

 

 


"Am Campus" 1: Stadtverwaltung traut sich nicht zu räumen


 

Februar 2004

Es kommt zu ersten Anwohnerbeschwerden, die von der Stadt abgewiegelt werden. Abgewiegelt? Wieso plötzlich das denn?

 

Der Grund ist die „politische Lage“ : „Im Hinblick auf die Gesamtlage ‚KTS‘ sollten derzeit keine Maßnahmen mit dem Ziel einer Räumung gegen die Wagenburgbewohner eingeleitet werden“, so das Amt für öffentliche Ordnung am 5.3.2004 in einer Stellungnahme an die Rathausspitze. Das autonome Zentrum KTS ist gekündigt, eine Protestwelle kommt auf. Also lieber keine Wagenbewohner reizen, solange der KTS-Konflikt nicht gelöst ist.

Die Gesamtlage ist: Anfang 2004 ist richtig viel los in Freiburg!

 

1. Hausbesetzungen sowie Kündigung des autonomen Zentrums KTS:

 

20.03.2004 Love or Hate-Parade, Alte Feuerwehr Hausbesetzung auf Vauban am 10.1.2004 (Indymedia, 13.1.2004)
Weitere Hausbesetzung am 17.1.2004 (Indymedia, 18.1.2004)

Das autonome Zentrum KTS ist räumungsbedroht :

KTS-Chronik hierzu
Indymedia-Artikel über den Kampf zum Erhalt der KTS (4.2.2004 ff)

Es kommt zu Demonstrationen und zu mehreren KTS-Konzerten unter freiem Himmel in der Innenstadt. Die Wagenleute an der Basler Landstraße/Campus (und andere) unterstützen die KTS u.a. mit ihren Fahrzeugen.

 

2. Präsenz auf der Straße


23.02.2004: Fasnet Aktion

 

KTS und Wagenburgler nehmen am Freiburger Fastnachtsumzug (23.2.) teil.


Indy berichtet (Indymedia, 23.02.2004)

 

 

 

20.03.2004 Love or Hate-Parade

 

 

Love or Hate - Parade (20.3.) für den Erhalt der KTS, auch wieder mit fetter Schattenparker-Beteiligung

 

„Love or Hate Parade in Freiburg am 20.3.“ (Indymedia, 21.3.2004) ;

„Love OR Hate-Parade in Freiburg für die KTS“ (Indymedia, 22.3.2004)
Wie es weiterging (Mietvertrag für die KTS wurde erkämpft !) :
„Autonomes Zentrum KTS Freiburg bleibt“ (Indymedia, 08.01.2008)

 


3. Wagentage


August 2004 Wagentage-FlyerIm August 2004 finden die Wagentage, ein bundesweites Treffen von Wagenbewohnern, nach Absprache mit der Stadtverwaltung am ehemaligen Wagen-Standort im Gewerbegebiet Haid statt. Die Wagentage sind gleichzeitig Auftakt einer Kulturkarawane, die von Freiburg über Stuttgart bis Saarbrücken führt. Am 28.8. findet eine Demo statt.

 

Indymedia-Bericht

Wägler erheben ihre Stimme (Badische Zeitung, 30. 8. 2004)

Die Karawane rollt an (Badische Zeitung, 28. August 2004)

 

 


"Am Campus" 2: Stadtverwaltung drängt immer mehr Menschen auf den Standstreifen



 


23.08.2004 Gelber Wagen am OBINach den Wagentagen werden verschiedenen Fahrzeughaltern Bußgeldbescheide zugestellt, nur weil sie einige Tage nach der angemeldeten Aktion noch im Gewerbegebiet parken. Ebenso ergeht es Fahrzeugen am Opfinger See. Teilnehmern an einer demonstrativen Aktion auf dem Stühlinger Kirchplatz erhalten Bußen wegen „Befahrens öffentlicher Grünfläche“.

War das nun ein mündlicher Hinweis, oder stand das sogar schwarz auf weiß geschrieben? Weiß keiner mehr. Jedenfalls ergeht der Hinweis, dass kein „Wohnen im öffentlichen Verkehrsraum“ außerhalb des Platzes am Campus (OBI) akzeptiert werde. Die Stadt drängt also Wagenbewohner auf diesen Platz hinauf.

 

„Die Wägler sind geduldet“, titelt die Badische Zeitung am 23. 8. 2004 allzu optimistisch. 

 

 

2005 Wägen am OBI

Winteranfang 2004/2005

 

Weitere Wagenbewohner aus Freiburg, die auf Parkplätzen wohnen oder kurzfristige Übergangslösungen gemietet hatten, werden darauf hingewiesen, dass sie beim Parken in Freiburg mit Repressionen zu rechnen haben. Stadt und Polizei forcieren den Zuzug dieser Menschen auf den bestehenden Platz am Campus (Basler Landstraße, Obi Süd). Dadurch verdoppelt sich die Zahl der Wagen auf diesem Gelände.

 

 


26.11.2004 BZ-Foto Schattenparker25.11.2004


Polizei, Umweltschutzamt und Wirtschaftskontrolldienst statten dem Wagenplatz einen unangekündigten Besuch ab.
„Nichts gravierendes“ kann entdeckt werden.

 

„Schattenparker im Visier der Polizei“ (Badische Zeitung, 26.11.2004)

 

 

2005 Regenbogen am OBI

 

Jan. 2005

 

Die Stadt drängt auf „Gespräche mit den Wagenbewohnern“. Diese sind gerne hierzu bereit, ist doch die vom Verkehr frequentierte Basler Landstraße als dauerhafter Standort nicht geeignet. Die Gespräche finden statt am 12.1.’05 und 25.1.’05. Was jedoch anfangs wie ein ernstgemeinter Versuch der Stadt scheint, eine gemeinsame Lösung für einen Eratzstandort zu finden, entpuppt sich beim zweiten Termin als scheibchenweise übermittelte Information, der Platz werde in Kürze ersatzlos geräumt.

 

 

Zuzugsstop auf dem Eselwinkel 

 

Es werden wie bei allen bisherigen Freiburger Räumungen Stellplätze auf dem städtischen Wagenplatz am Eselswinkel angeboten. Diese reichen zahlenmäßig nicht einmal ansatzweise für die Menschen an der Basler Landstraße aus.

 

Dennoch kann bereits seit November 2004 niemand mehr auf dem Eselwinkel einziehen. Der Zuzugsstop besteht, um Plätze für die Schattenparker freizuhalten (eine Tatsache, welche die Verwaltung jahrelang leugnet und erst vier Jahre später zugibt) und wird erst 2008 gekippt werden.

 

Die Eselwinkel - Bewohner reichen eine Unterschriftenliste gegen einen eventuellen Zuzug der Schattenparker bei der Stadt ein. Die Schattenparker machen klar, dass sie die Eselwinkel - Bewohner als Gruppe respektieren, in die sie nicht eingreifen wollen.

 

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Feb. 2005


Die Wagenbewohner an der Basler Landstraße erhalten die Räumungsverfügung. Sie setzen die Suche nach einem privaten Ersatzgelände fort, gleichzeitig versuchen sie Zeit zu gewinnen: es wird Widerspruch eingelegt, der Rechtsstreit zieht sich bis in den Herbst.

Seit Mitte 2004 wird der Name „Schattenparker“, der schon 2001 von einer Gruppe benutzt wurde, wieder aus der Versenkung geholt. Einzelne OBI-Bewohner waren auch damals dabei - dennoch ist es eine neue Gruppe, die sich nun angesichts der Räumungsbedrohung bildet.


 

 

 


Drei Monate Beschlagnahme im Winter 2005/2006


 

Die Situation im Herbst 2005

 

Durch Vertreibungen von anderen Plätzen sind auf dem Kiesstreifen am Campus in St.Georgen immer mehr Freiburger Wagenbewohner eingetroffen. Die 35-köpfige Schattenparker-Gruppe ist entstanden.

Seit Anfang 2005 will die Stadt diesen Platz räumen. Die Schattenparker wehren sich, indem sie gegen die Räumungsverfügung klagen und sind auf der Suche nach einem Ausweichstandort.

Eine städtische Lösung (die Schattenparker mieten einen Platz von der Stadt an) wird von der Verwaltung mit dem Hinweis auf einen imaginären Gemeinderatsbeschluss aus den 90ern abgeblockt.

Stattdessen verweist die Stadtverwaltung darauf, man solle sich doch ein Gelände von Privat mieten. Allerdings verhindert das Datenschutzgesetz in Ba.-Wü., dass die Schattenparker die Besitzer leerstehender Grundstücke ausfindig machen können. Die Erfahrungen mit der Stadtverwaltung als Vermittlerin bei der Suche nach privaten Grundstücken sind ausgesprochen schlecht, doch man ist auf die Verwaltung angewiesen. Diverse Versuche, ein privates Gelände anzumieten sind daran gescheitert.

 

 

Wagenbeschlagnahme am 25.11.2005Aus diesen Gründen verlassen die Schattenparker am 24. November 2005 den Platz an der Basler Landstraße und befahren ein leerstehendes Gelände im Industriegebiet Nord, um den Besitzer ausfindig zu machen. Dies ist die Firma Rhodia, die leider kein Interesse an einer Vermietung zeigt. Die Schattenparker erklären sich zum sofortigen Abzug bereit.

 

25. November 05

Entgegen allen Absprachen kommt es beim Verlassen des Rhodia-Geländes zu Schikanen seitens der Polizei. Die Situation schaukelt sich hoch, es kommt zur Beschlagnahme von fünf Wagen. Diese können einige Tage später wieder ausgelöst werden.

Pressemitteilung der Schattenparker : "Mittelalterliche Zustände"

Die Schattenparker ziehen aufs Vaubangelände um, u.a. auf das von Vauban-Anwohnern als Parkplatz genutzte städtische Baugrundstück "M1". Wägler, die andere Standorte aufsuchen, werden von der Polizei auf M1 geschickt.

 

Clown unter Wagen

 

2. Dezember 2005

Abends demonstrieren ca. 350 Menschen in der Innenstadt für einen neuen Wagenplatz. Eine erfolgreiche und kreative Demo-Rallye zieht durch die Stadt.

Die Polizei zeigt massive Präsenz und versucht zu eskalieren. Dies gelingt ihr zunächst nicht ; später nimmt sie einen Zwischenfall zum Anlass, 115 Leute einzukesseln und vorübergehend festzunehmen.

03.12.2005 Fahnenmastplatz Vauban von Polizei umstellt

 

3. Dezember 2005 - Beschlagnahme

 

Die Schattenparker veranstalten eine demonstrative Aktion auf dem leerstehenden Fahnenmastplatz im Stadtteil Vauban. Dieser Platz steht leer, seit 1999 Wagenbewohner von ihm vertrieben wurden [Nachtrag: letztendlich Baubeginn erst 2009].

 

 

03.12.2005 Polizei dringt auf Fahnenmastplatz Vauban in Wagen ein

 

24 Schattenparker-Fahrzeuge werden beschlagnahmt - ohne vorangegangene Aufforderung, das Gelände zu verlassen.

 

 

Videoclip von cinerebelde: 1-2-3, Gebt die Wagen frei!

 

 

2005: Straßentheater

 

4. Dezember bis Weihnachten

Matratzenlager, Straßentheater und Infostand auf dem Rathausplatz.

 

In wenigen Wochen werden 3000 Unterschriften für einen neuen Wagenplatz in Freiburg gesammelt.

Es werden Gespräche mit UnterstützerInnen aus dem Gemeinderat und den Fraktionen geführt.

Pressemitteilung der Schattenparker vom 8. Dez. 2005 :
Konstruktiver Umgang mit alternativen Wohnformen gefordert !

 

Die repressive Linie von grünem OB und Polizei gerät unter Beschuss :
Indymedia  - Grüne Jugend Bundesverband - Die Grünen - Erklärung Freiburger Bürgerinnen und Bürger (Unterstützerkreis)

 

14. Dezember 2005: Bus wird abgeschleppt!

 

Jene Schattenparker-Fahrzeuge, die nicht beschlagnahmt wurden, parken weiterhin auf dem Gelände "M1".

 

12.12. 2005

Räumungs- und Beschlagnahmeandrohung für die Schattenparker-Fahrzeuge auf M1.


14.12. 2005

Die Schattenparker haben M1 freiwillig verlassen; dennoch werden weitere fünf Fahrzeuge auf Vauban beschlagnahmt. Irrtümlich konfisziert die Stadtverwaltung sogar Fahrzeuge von unbeteiligten Bürgern aus Vauban. (Indy-Artikel)

Dezember, 2006: Nächtliche Demonstration

 

17.12. 2005

Über 800 Menschen demonstrieren für einen neuen, selbstverwalteten Wagenplatz in Freiburg und für die Herausgabe der beschlagnahmten Fahrzeuge.

Fotoberichte auf indymedia (1) (2) (3)

 

 

 

21. und 23.12. 2005

Gespräche mit der Stadtverwaltung über die Herausgabe der Wagen. "Als 'skandalös' bezeichnete es Pfarrer Keller, als in dem Gespräch klar wurde, dass den Vertretern der Stadt keinerlei Entscheidungsbefugnis gegeben war (1)".

Presseerklärung des Unterstützerkreises um Prof. Günter Rausch :
„Gespräche scheitern an Unbeweglichkeit der Verwaltungsspitze“

 

9.1.2006

Das Verwaltungsgericht Freiburg entscheidet, dass der Widerspruch der Schattenparker gegen die illegale Beschlagnahme keine aufschiebende Wirkung besitzt. Das bedeutet: Die Fahrzeuge könnten beschlagnahmt bleiben, bis das Amtsgericht Freiburg über die Rechtmäßig- oder Unrechtmäßigkeit der Beschlagnahmeaktion entscheidet. Die Schattenparker erheben Beschwerde bei der nächsten Instanz in Mannheim.

Zur Herausgabe der Wagen führt aber letztlich nicht die juristische Schiene, sonder der öffentliche Druck auf die Verwaltung und OB Salomon.

 

 

Januar, 2006: Augustinerplatz

21.1.2006

 

"50 Tage wohnungslos- es reicht !" :

400 Menschen demonstrieren in der Freiburger Innenstadt. Das Interesse der überregionalen Medien steigt:
Indymedia-Bericht mit Artikeln aus BZ, Frankfurter Rundschau und Süddeutscher Zeitung

 

23.1.2006

Abermals sollen die Schattenparker von M1 vertrieben werden. Aufgrund des öffentlichen Drucks spricht OB Salomon am 27.1. eine Duldung für die dort befindlichen Schattenparker-Fahrzeuge aus.

 

27.1. und 8.2. 2006

Gespräche mit der Verwaltung über die Herausgabe der Wagen und die Schaffung eines Übergangsplatzes. Die Schattenparker verfassen ein Papier mit ihren Eckpunkten, da die Vorstellungen der Verwaltung in wesentlichen Punkten von denen der Schattenparker abweichen:

 "Ein neuer Wagenplatz in Freiburg muss und wird selbstverwaltet sein!"

 

 

1. März 2006 - Ende der Beschlagnahme

Der Druck von der Straße und von engagierten Bürgern, die schlechte Presse für die Stadtverwaltung sowie die bevorstehenden Landtagswahlen veranlassen die Stadtverwaltung zur Herausgabe der Wagen.

März 2006, sonnige Ankunft auf der Haid

Mit der Beschlagnahme-Logik "ohne legalen Stellplatz keine Herausgabe" hat sie sich allerdings ein Ei gelegt und muss deshalb einen Standort zur Verfügung stellen. Befristet auf sechs Monate, damit die Energien bis dahin verpufft sein sollen.

Bedingung für die Herausgabe ist also der Bezug des Übergangsstandortes „Munzinger Straße 5x“ im Gewerbegebiet Haid. Die Schattenparker werden gezwungen, für den Ablauf der sechs Monate ihre eigene Räumungsverfügung zu unterschreiben.

 

 

 

 

Cinerebelde-DVD-Cover "Die Schattenparker"

 

 

Die Zeit vom Dezember 2005 bis Anfang 2006 ist in der einstündigen Cinerebelde-Film "Die Schattenparker - Das böse Unbekannte in Freiburg" dokumentiert. Online anzusehen unter http://www.cinerebelde.org/die-schattenparker-p-38.html?language=de

 

 

Historisch Interessierte können in der Rubrik "Aktuelles" der damaligen Schattenparker-Website viel mehr Details erfahren, als hier in die Chronik passt. Spiegelung auf https://linksunten.indymedia.org/de/node/175257

 

 

 


Sechs Monate im Gewerbegebiet Haid



 

März 2006, Bagger März 2006, Fahrspurbau mit Bagger Zaunbau im März 2006 März 2006, Sichtschutz im Bau

Zunächst einmal wird das Gelände "Munzinger Straße 5x" in Eigenregie hergerichtet. Das Gelände wird eingezäunt und vertragsgemäß mit einem Sichtschutz versehen.

 

 

Transparent: Mehr Wagenplätze für die Welt!

Flächennutzungsplan-Änderung / Eselwinkel-Platz bedroht

 

Am 26.1.2006 haben die Schattenparker einen Antrag für die Einrichtung einer Sonderfläche für experimentelles Wohnen in der Flächennutzungsplan-Fortschreibung gestellt (1). Es geht um einen neuen Wagenplatz für Freiburg.

 

Dieses Ansinnen wird von der Stadtverwaltung auf wundersame Weise ins Gegenteil verkehrt. In den folgenden Monaten wird der bisherige Wagenplatz Eselwinkel als "Sonderbaufläche experimentelles Wohnen" umgewidmet (Ratsbeschluss 31.3.), die Schattenparker sollen auf diesen Platz ziehen. Die bisherigen Bewohner sollen weichen.

 

Duldungsverfuegung-der Schattenparker 2006 - Ausschnitt zum Thema Eselwinkel

Die Argumentation ist hanebüchen: Der bestehende Wagenplatz am Eselwinkel verstoße gegen jenen Gemeinderatsbeschluss, da es sich nicht um eine Wagenburg, sondern um eine Notunterkunft für Wohnungslose handle (da verwaltet von der "zentralen Wohnraumverwaltung"). "Eigentlich" gehören laut Stadtverwaltung die Schattenparker dorthin (s. auch Ausschnitt aus dem Nutzungsvertrag des Übergangsstandortes).

OB Salomon sagt hierzu am 16.2.2006 gegenüber den Schattenparkern, die Eselwinkel-Bewohner seien "krank" und aufgrund einer "hohe Sterberate" habe die Verwaltung die "Pflicht", einzugreifen.

 

"Keinesfalls sind wir gewillt unseren Platz aufzugeben", heißt es in einem Brief der Eselswinkel-Bewohner an die Freiburger Gemeinderäte.


Dass der Plan der Verwaltung verhindert werden kann und im September ein dauerhafter eigener Platz für die Schattenparker entsteht, ist der große Erfolg des Jahres 2006.

 

 

Wägen am Konzerthaus

Pseudo-Vorschlag "Ponyhof"

 

Die Hartnäckigkeit der Schattenparker und ein entsprechender Pressewirbel zur Rettung des Eselwinkels zwingen die Verwaltung, neue Wege zu beschreiten. Das Gelände "Ponyhof", direkt neben dem Eselwinkel gelegen, wird aus dem Hut gezaubert (Mai/Juni 2006). Es hat die gleiche Flurstücksnummer wie der Eselwinkel, ist deshalb demnächst "eigentlich" ebenfalls für Experimentelles Wohnen da.

 

Das Problem ist nur: mit 2200 qm ist der Ponyhof für die 40 Schattenparker viel zu klein. Weitere Gespräche folgen und bleiben zunächst ohne Ergebnis.

Am 4.7. behauptet die Verwaltung in einer Pressemitteilung wider besseres Wissen, 2200 qm seien von den Schattenparkern immer als Flächenbedarf genannt worden.


 

19.07.2006: Menge vor Konzerthaus

Am 19.7.  demonstrieren die Schattenparker auf dem Vorplatz des Konzerthauses die Unmöglichkeit der Pläne der Stadtverwaltung.






 

Broschüre - wer wie was

 

 

 

 

 

 

 

Am 22.07. wird ein Faltblatt veröffentlicht und allen Stadträten zugesandt, das die bevorstehenden Probleme ab September (Ende der Übergansglösung) illustriert. Grün und dreieckig der Ponyhof; rot die Wagen, die wieder auf der Straße landen würden.

 

 

 Broschüre - PlatzvergleichBroschüre - selbstverwaltet leben

 

Straßenpunx am Ponyhof

Juli 2006: Die Straßenpunx besetzen den PonyhofUnterdessen haben die "Freiburger Straßenpunks" am 30.6. den Ponyhof besetzt. Die Straßenpunks würden gerne auf dem städtisch verwalteten Wagenplatz "Eselwinkel" einziehen. Dort herrscht aber seit November 2004 Zuzugsstop, damit die Verwaltung weiterhin von "elf freien Stellplätzen" sprechen kann (in Wahrheit nur fünf oder sechs, wie die Verwaltung zwei Jahre später zugeben muss). Am ersten August wird die Straßenpunks-Wagenburg auf dem Ponyhof geräumt (OB Salomon: eigentlich hätte man die "Seuchenpolizei" bemühen müssen), um Platz für die Schattenparker zu machen. Nach etlichen weiteren Räumungen und Beschlagnahmungen wird 2008 der Zuzugsstop gekippt und einige der Straßenpunks können auf dem Eselswinkel einziehen. (→ Straßenpunks-Chronik)

 


2006: DIY - Festival. Das Camp direkt beim Schattenparker-Übergangsgelände

DIY-Festival

 

Vom 26. - 30. Juli 2006 findet unter massiver Polizeirepression das DIY-Festival in Freiburg statt.

 

Das DIY-Camp befindet sich, nicht ganz zufällig, direkt neben dem Schattenparker-Übergangsplatz.

2006: DIY-Festival, Polizeirepression

Die übertriebenen Polizeieinsätze mit gewollter Eskalation sorgen für einen Skandal.

 

Inwiefern das DIY Anteil daran hat, dass drei Wochen später doch noch ein Standort für alle Schattenparker vom Himmel fällt, läßt sich nur spekulieren. Besonders abwegig ist es nicht.

 

- Videoclip über das DIY-Festival bei Cinerebelde:  http://www.cinerebelde.org/diy-festival-in-freiburg-2006-p-43.html

- Sammlung von Berichten auf Indymedia (1) (2)

 

Am 21.8 wird bei einem Vor-Ort-Termin mit der Verwaltung nochmals klargestellt, dass das Gelände "Ponyhof" für die Schattenparker zu klein ist.

Auch die Badische Zeitung meint: „Platz ist nur für die Hälfte“ (22.08.2006)

 

 

2006: Anschreiben für private Platzsuche

Private Platzsuche

Parallel zu alldem geht die Suche der Schattenparker nach einem dauerhaften Standort auf Privatgrund seit Monaten ununterbrochen weiter. 20 Gelände werden von den Schattenparkern ausfindig gemacht. Da das Datenschutzgesetz in Baden-Württemberg verhindert, dass die Eigentümer ausfindig gemacht werden können, sind die Schattenparker davon abhängig, dass die Verwaltung ihre Anfragen an dei Besitzer weiterleitet.

 

Ende August tut sich scheinbar eine Lösung auf: ein Gelände in Privatbesitz (Strabag AG) steht leer. Derzeit ist es an die Freiburger "Stiftungsverwaltung" vermietet, deren Mitglieder grünes Licht für eine Vermietung an die Schattenparker geben (1).

 

Vorsitzender der Stiftungsverwaltung ist aber ausgerechnet OB Dieter Salomon - dieser blockt ab.

 

 

 

 

Ende August 2006

Der Vertrag auf dem Übergangsgelände Munzinger Straße 5x geht zu Ende, der Ponyhof ist immer noch zu klein. Da fällt plötzlich ein weiteres Gelände vom Himmel - am 26.8., wenn man der Legende glauben darf.

 

Auf einmal war es da, das zweite Gelände für die Wagenburg Schattenparker.

Und dazu gibt es eine Geschichte: Samstag vor einer Woche fuhr Oberbürgermeister Salomon mit seinem Auto an die Tankstelle und dachte sich: Schau' ich mir doch mal den Eselwinkel an. Dort angekommen bemerkte er das Wäldchen am Vereinsheim der Fallschirmspringer. Hm, dachte der OB, ob das wohl der Stadt gehört? Und fuhr ins Rathaus, um im Grundbuch nachzuschauen. Und tatsächlich, es war so - obwohl alle gedacht hatten, das Gelände gehöre zu den Fallschirmspringern.

Und dieses Grundstück wird jetzt zur Erweiterungsfläche der Wagenburg. Entschuldigung, aber klingt das nicht arg nach Märchen? "Was soll ich sagen", so der OB, "ich kann's nur so blöd erzählen wie es wirklich war."

(aus der Badischen Zeitung : Glosse „Salomonische Lösung“, 2. September 2006)

 

Der politische Wille macht´s möglich!

 

 


 

Ponyhof/Himmelfall (ab Herbst 2006)

 


 

 

HimmelfallSeptember 2006

 

Innerhalb weniger Tage wird das Himmelfall-Gelände, direkt neben dem Ponyhof gelegen, gerodet.

 

 

 

9./10. September 2006: Umzug vom Gewerbegebiet Haid ins Industriegebiet Nord.

2006: Matsch auf Ponyhof

 

Da der Mietvertrag für das Übergangsgelände im Gewerbegebiet Haid nur bis Ende August 2006 lief und man sich bereits in der Verlängerung befindet, muss der Umzug stattfinden, ohne dass die Gelände vorbereitet sind. Erstmal versinkt vor allem der Ponyhof kniehoch im Matsch.

2006: BetonmixerDie Lage bessert sich, nachdem die von der Stadt versprochene Drainage fertig ist. Die Schattenparker kaufen etliche LKW-Ladungen Kies, um das Gelände zu befestigen. Auch die sonstige Infrastruktur wird in Angriff genommen :
2007 PonyhofAnfang 2007 können die Dixi-Tioletten durch Hochklos ersetzt werden, die regelmäßig von einer Firma abgepumpt werden.

Juli 2007: Beton und Grün auf PonyhofBis zum Frühjahr 2007 sind nicht nur Umzäunung, Wassertank, Toiletten und Dusche fertiggestellt, auch Internetanschluss, Gemeinschaftsfläche und Besucher-Plätze sind eingerichtet worden.

 

Die Schlammwüste wird begrünt.

Der Wagenplatz als Wohn- und Kulturprojekt

 

August 2008: Bau der Bühne

Auch wenn die Stadtverwaltung - neben anderen lokalpolitischen Unsäglichkeiten - versucht, die Schattenparker-Einweihungsparty zu kriminalisieren (→ Indymedia 15.12.2006: "Wer hat denn in Freiburg angefangen?")...:

 

Seit Sommer 2007 findet regelmäßig Donnerstags ein Kneipenabend statt, immer mit Do-It-Yourself – Holzofenpizza, manchmal mit Film oder mit Konzerten auf der selbstgebauten Bühne. Unkommerzielle Kulturveranstaltungen durchzuführen war seit jeher erklärtes Ziel der Schattenparker.

 

Im August 2007 wird unter der fachkundigen Hilfe durchreisender Handwerksgesellen die Kneipe und der Bühnenwagen neu eingerichtet.

Oktober 2007: Konzert auf dem Wagenplatz


Februar 2007: Solidarität mit den Straßenpunks


 

 

Unterdessen bleibt nicht ruhig um das Wagenleben in Freiburg: die Straßenpunx werden von der Stadtverwaltung aufs Korn genommen, im Frühjahr 2007 kommt es zu 4 Räumungen mit Beschlagnahme.

 

Bild: Soli-Schattenparker vor dem von den Straßenpunks besetzten Gelände

 

 


2006-2008: Wagenplatz "Wilde Astrid", Vauban

 

Keinerlei Konflikte gibt es hingegen bezüglich des Wagenplatzes "Wilde Astrid" (2006-2008) auf einem leerstehenden Grundstück neben der Wendeschleife der Stadtbahn Vauban.

Die Ansiedlung wird einfach vom Grundstückseigentümer bis zum Baubeginn 2008 geduldet.

 



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