[WO] Antifaschist_innen stören konspiratives Nazitreffen in Worms

Piccolo, Schlossergasse 10, Worms

Mit einer Spontan-Demonstration durch die Wormser Innenstadt und einer Kundgebung vor dem Bistro „Piccolo“ haben am Abend des 2. September Antifaschist_innen aus der Region zusammen mit Wormser Bürger_innen auf ein konspiratives Regionaltreffen der NPD aufmerksam gemacht.


Hierzu waren Nazis aus ganz Rheinland-Pfalz, der Rhein-Neckar-Region und Unterfranken auf Einladung des neu gewählten NPD-Landesvorsitzenden und Pirmasenser Stadrats Markus Walter nach Worms gekommen. Unter den angereisten Nazis befanden sich neben Markus Walter und der NPD-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz Ricarda Riefling auch mehrere aufgrund von Gewaltdelikten vorbestrafte Personen.  

Gegen 20 Uhr zog eine Demonstration von 40 Personen vor das Bistro „Piccolo“ in der Schlossergasse 10 und machte mit Redebeiträgen und Flyern auf das Treffen der Nazis aufmerksam. Hierzu hatte das rheinland-pfälzische Antifabündnis „Keine Stimme den Nazis“ nach Bekanntwerden des Tagungsorts kurzfristig mobilisiert. Nach dem Eintreffen der Polizei verließen einige Nazis die Bar, so dass sich die Gruppen kurzzeitig gegenüberstanden. Aufgrund der souveränen Solidarität der anwesenden Antifaschist_innen kam es, entsprechend des zuvor vereinbarten Aktionskonsenses, selbst in dieser Situation zu keiner Eskalation seitens der Gegendemonstrierenden. Unter Applaus von sich solidarisierenden Passant_innen, wurde in Redebeiträgen auf den Zusammenhang zwischen den plump-populistischen Wahlkamfparolen der NPD wie „Asylflut stoppen“ und der aktuellen rassistischen Hetze vor der Geflüchtetenunterkunft in Berlin-Hellersdorf oder einem von Roma bewohnten Haus in Diusburg-Rheinhausen hingewiesen.

Hintergrund des Regionaltreffens ist der Versuch der NPD, erneut in Worms Fuß zu fassen. Dies machte insbesondere die Anwesenheit bisher nicht organisierter Nazis aus der näheren Umgebung deutlich. Aus Personalmangel waren die Kreisverbände Worms und Alzey-Worms in den letzten Jahren eher durch ihre Inaktivität aufgefallen. Das führte letztlich dazu, dass beide Kreisverbände dem Kreisverband Westpfalz angeschlossen wurden. Markus Walter und dessen Lebensgefährtin und NPD-Bundesvorstandsmitglied Ricarda Riefling sind zugleich stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbands Westpfalz. Bei der letzten Wahl des Kreisvorstands im Mai 2013 wurden zwei Mitglieder des Kreisverbands Westpfalz, Matthias Weyerich und Oliver Walochni, als „Kreisbereichsleiter“ mit dem Aufbau neuer Strukturen in Alzey und Worms betraut.      

Da in der Innenstadt von Worms bis zum 2. September nicht plakatiert werden durfte, war im Vorfeld befürchtet worden, dass die NPD ihr Regionaltreffen nutzen würde, um im Anschluss ihre Propaganda in der Stadt zu verbreiten. Ob durch die gestrige Aktion oder durch Personalmangel, jedenfalls sind bisher keine Plakate der Partei im Stadtbild aufgetaucht.
Wir werden uns allen versuchen der NPD, in Worms wieder Strukturen aufzubauen konsequent entgegenstellen. 

Keinen Fußbreit den Faschisten! Nazis die Räume dichtmachen!
Kampagne keine Stimme den Nazis

Homepage der Kampagne:
http://keinestimmedennazis.blogsport.de/
Kampagnen-Header

 

 

 

 


 

 

Redebeitrag:

Liebe Antifaschistinnen, liebe Antifaschisten
 
wir sind heute hier, um gemeinsam ein deutliches Zeichen gegen die NPD zu setzen, die in Worms wieder Fuß fassen will. Im Vorfeld der Bundestagswahl haben heute die NPD-Kreisverbände „Rhein-Neckar“ sowie der Landesverband der NPD Rheinland-Pfalz zu einem „Regionaltreffen“ in Worms eingeladen. Mit dieser Werbeveranstaltung will der rheinland-pfälzische NPD-Landesverband in Worms wieder Strukturen aufbauen, die lange inaktiv waren.
 
Dagegen gilt es, sich zu wehren!
 
Die NPD setzt in diesem Bundestagswahlkampf gezielt auf rassistische und islamophobe Parolen und versucht eine Verunsicherung der Menschen in Zeiten einer globalen ökonomischen und gesellschaftlichen Krise gezielt rassistisch, nationalistisch oder antisemitisch aufzuladen. Mit Parolen wie „Asylflut stoppen“, aber auch „Geld für Oma statt für Sinti und Roma“ bemüht sie sich, an rassistische Vorbehalte in der Bevölkerung anzuknüpfen und dort wo es sich wie in Berlin-Hellersdorf oder in Duisburg-Rheinhausen ergibt, eine weitere Eskalation voranzutreiben. 
 
Auch in unserer Gegend bemüht sich die NPD, an diese rassistischen Vorbehalte in der Gesellschaft anzuknüpfen. Zuletzt zeigte sich das sehr deutlich Mitte August in Ladenburg, als die Nazis unter dem Motto "Sozialwohnungen statt Asylantenheime - unser Volk zuerst!" gegen die Einquartierung von Geflüchteten in den Räumen einer ehemaligen Schule hetzen wollten.
Leider lassen sich auch in Worms alltagsrassistische Zwischenfälle beobachten, die der NPD von Nutzen sein können. So untersagten Securities während der Männer-Fußball-WM Migrant_innen den Zutritt zum Public Viewing, da sie meinten, dass sie nicht für deren Sicherheit garantieren  könnten. Wenn Menschen in der Wormser Fußgängerzone am frühen Morgen wegen ihrer Hautfarbe angegriffen werden, wie dies Anfang des Jahres geschah, dann ist das die Ernte, welche die Saat des exklusiven, chauvinistischen und auf rassistische Ausgrenzung sinnenden Nationalismus zwangsläufig hervorbringt. 
 
20 Jahre nach der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl ist es aber nicht nur die NPD, die vorhandene Ängste vor dem Durchschlagen der Krise hierzulande rassistisch kanalisieren will. Auch rechtspopulistische Gruppen wie PRO Deutschland, Alternative für Deutschland oder die Republikaner bewegen sich auf diesem Irrweg. 
 
Es mag eher ein Zufall sein, aber der heutige Tag, der 2. September war lange als Sedantag ein wenn auch inoffizieller Feiertag. Am 2. September 1871 siegten die deutschen Militärverbände unter preußischer Führung in der Schlacht von Sedan. Dem Verlangen nach einem neuen nationalen Feiertag - Deutschland war ja stark und es war wieder wer - wurde durch den sogenannten Sedantag Rechnung getragen. 
Wohin der neue Nationalismus führte ist hinlänglich bekannt. Mit Parolen wie „am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ wurden Menschen in anderen Regionen unterjocht. Versuche, ihnen die als überlegen betrachtete sogenannte deutsche Kultur, sofern es diese überhaupt gab, gewaltsam aufzuzwingen, endeten in Armut, Elend, Entwurzelung, Leid und mit Tausenden von Toten. Damals gerissene Narben sind in Ländern wie Namibia oder Togo bis heute nicht verheilt. Am Ende dieser nationalistischen Trunkenheit standen die Schlachtfelder und Gräber des Ersten Weltkriegs.
 
Und heute? Gerade in diesem Wahlkampf ist immer wieder von der „Stärke“ Deutschlands die Rede. „Deutschland ist stark und soll es bleiben“, tönt es von der CDU, „Damit Deutschland stark bleibt“ von der FDP und „Stark weil es gerecht zugeht“ von der SPD. 
Laut der Studie „Die Mitte im Umbruch“, 2012 von der Friedrich-Ebert-Stiftung herausgegeben, stimmten etwas mehr als 26 Prozent der Befragten der Aussage zu, oberstes Ziel deutscher Politik solle es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zustehe und 16 Prozent meinten, Deutsche seien anderen „Völkern“ von Natur aus überlegen. Diese Zahlen verdeutlichen, wie sehr chauvinistische und rassistische Einstellungen leider immer noch tief in der Gesellschaft verwurzelt sind.
 
Wir werden diesen gesellschaftlichen Tendenzen konsequent entgegentreten. Es ist wichtig, auch Personen, wie den Mitgliedern und Anhänger_innen der NPD, die diese Stimmung noch anstacheln und aufheizen und daraus politisches Kapital schlagen wollen, konsequent entgegenzutreten. Jederzeit und überall!
 
 Wir wollen keine Gesellschaft der Angst und des Misstrauens. Wir wollen kein „starkes“ Deutschland, das seine wirtschaftlichen Interessen überall und um jeden Preis durchsetzt.
Wir wollen eine Gesellschaft, in der die Rechte der Menschen, die ihnen allein aufgrund ihrer Existenz zukommen, gewahrt und geschützt werden, in der ihr Wert und ihre Würde unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Hilfsbedürftigkeit, Weltanschauung, Lebensweise und Arbeitsleistung gesehen werden. Die Gesellschaft, um die es uns geht, gibt allen Menschen die Freiheit, sich mit ihren persönlichen Bedürfnissen und Vorstellungen, Stärken und Schwächen in ein zusammen gestaltetes Gemeinwesen einzubringen.
 
Daher ist es uns wichtig, heute hier zu sein: Nationalismus und Rassismus, schlichtweg Menschenfeindlichkeit haben hier keinen Platz!
 
Keine Stimme den Nazis!
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Tolle Aktion ! Super, dass in Worms dieses Treffen öffentlich gemacht wurde. Weiter so ! Nazis und Rassisten ans Licht der Öffentlichkeit zerren.

Daumen hoch!

 

Aber könnt ihr Unterfranken ein wenig konkretisieren?

Zu lesen auf der FB-Seite der NPD Rheinland-Pfalz: "... Am gestrigen Montagabend fand in einer gemütlichen Kneipe in Worms das erste Regiotreffen des neuen NPD-Landesverbandes statt. Neben Gästen aus Unterfranken erschienen zu dem Treffen etwa 30 Mitglieder und Interessierte aus der Region Alzey-Worms, Rhein-Neckar und Deutsche Weinstraße, ..."

Quelle: facebook.com/photo.php?fbid=543901422331153&set=a.539827989405163.1073741827.256834177704547&type=1&theater

Das ist schon die zweite Sponti von Antifas innerhalb weniger Wochen in der Pfalz, weiter so!

Hallo liebe Leser,

 

wir distanzieren uns hiermit offiziell von jeglichen Verbindungen zu extrem eingestellen Parteien wie die NPD. Wir wurden für diesen Abend von einem Gast gebucht, der bereits öfter bei uns zu Besuch war. Wir gingen von einer privaten Veranstaltung für einen Verein aus. Wir selbst haben erst nach Sitzungsbeginn herausgefunden, welche Gruppierung das war. Dem Gast sieht man keinesfalls seine politische Gesinnung an. Wären während des Besuches bei uns nationalsozialistische oder rassistische Äußerungen gefallen, hätten wir die Versammlung umgehend beendet. Außerdem hätten wir die Reservierung abgelehnt, wenn wir vorher darüber Kenntnis erlangt hätten. Bei künftigen Reservierungen auch von Stammgästen werden wir die genauen Hintergründe in Erfahrung bringen. 

 

Wir möchten hier auch nochmal klar herausstellen, dass wir als Gaststätte und unsere Angestellten keine Vorurteile gegen ausländische Mitbürger etc. haben. Wir sprechen uns absolut gegen Nationalismus und Rassismus aus! Letztlich freuen wir uns darüber, bereits heute ausländische Gäste (Polen, Rumänen, Spanier, etc.) begrüßen zu dürfen. Ferner arbeitet für uns ja auch eine ausländische Angestellte.

 

Überzeugen Sie sich doch selbst und schauen Sie mal vorbei!

 

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Martin Mehlmann