Neonazi-Mode bald in Pinneberg

Erstveröffentlicht: 
31.01.2013

PINNEBERG. Pinneberger Innenstadt. Zahlreiche Geschäftsräume stehen leer. Doch im Gebäude Fahltskamp 21 tut sich etwas. Dort weisen mit Plakaten zugeklebte Fenster auf eine Neueröffnung hin. Doch die Marke, "Label 23", die dort vertrieben werden soll, hat es in sich. Die Bekleidung ist auch bei der rechtsradikalen Szene in Deutschland beliebt. Mehr noch: Es gibt deutliche Verbindungen zwischen dem Unternehmen und bekannten Neonazis.


"Im März oder im April" will Deniz Salakoslu, der bereits im selben Geschäftshaus einen Mobilfunkladen betreibt, eröffnen. Von Neonazi-Mode will er allerdings nichts wissen. Das Geschäft richtet sich vordergründig an Sportler. Außer "Label 23" will er gemeinsam mit einem Partner auch Mode der Marke "One Man Army" sowie Nahrungsergänzungsmittel und Bandagen verkaufen.

Die Plakate im Schaufenster sind unverfänglich. "Label 23" versucht, sich nach außen als Bekleidung für Kickboxer zu etablieren. Auch Salakoslu hält die Marke für unverfänglich. "Die tragen auch Türken und Griechen", sagte er gestern im Gespräch mit dieser Zeitung. Und selbst sei er auch unverdächtig. Schließlich sei seine Mutter Deutsche und sein Vater halb Türke und halb Grieche.

Vertreter von "Label 23" waren vor Ort

Salakoslu bezweifelt den rechtsradikalen Hintergrund von "Label 23". "Vertreter der Firma waren hier. Ich glaube nicht, dass Neonazis mit einem wie mir Geschäfte machen würden", betonte er. Zumal sie in seinem Telefon laden waren und dort fast nur Türken arbeiteten. Allerdings: Selbst wenn es sich bei "Label 23" um eine Neonazi-Marke handele, störe ihn das nicht. "Letztendlich ist es mir egal, womit ich Geld verdiene", sagte Salakoslu.

Auf offizieller Seite ist in Pinneberg über das neue Geschäft und den problematischen Zusammenhang mit der rechtsradikalen Szene noch nichts bekannt. "Mir ist das absolut neu", sagte Dirk Matthiessen vom Stadtmarketing und Citymanagement im Gespräch mit dieser Zeitung. 

Hinter die Verbindungen von "Label 23" und der Neonaziszene zu steigen, ist nicht einfach. "Label 23" ist eine Marke der KF Textil Distribution UG in Cottbus. Geschäftsführer ist der 39 Jahre alte Marcel Kascheike. Der ist laut Handelsregister auch Gesellschafter gemeinsam mit Alexander Franz. Inhaber der Marke "Label 23" und der ebenfalls von der Cottbusser Firma vertriebenen Schwestermarke "Boxing Connection" ist laut Markenregister René Möbus.

Möbus hat die Markenrechte an "Label 23" laut Markenregister von Toni Lempke, einem ehemaligen Fußballprofi beim FC Union Cottbus, übernommen. Lempke betreibt den Bekleidungsinter nethandel "Blickfang" über den er außer "Label 23" auch die vom Zwickauer Neonazi Ralf Marschner gegründeten Marke "Brachial" verkauft. Laut sächsischem Landesverfassungsschutz handelt es sich um eine Marke, "die auch einen Kundenstamm unter rechtsextremen Käufern hat". 

Die Rechte an der Marke "Boxing Connection" hat Möbus vom Deutschen Kickbox-Meister Markus Walzuck übernommen, der tief in der rechtsradikalen Szene verwurzelt ist. Wal zuck war laut Internetberichten Inhaber und Gründer der Firma Tex.Fabrik, die in KF Textil Distribution umfirmierte. Die 23 in "Label 23" gilt zudem als direkter Bezug auf "Boxing Connection", da sich die Anfangsbuchstaben an zweiter und dritter Stelle des Alphabets befinden.

Laut Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg ist Walzuck ein in der Region bekannter Hooligan und Rechtsextremist. Während seiner Kämpfe stelle er ungeniert öffentlichkeitswirksam rechtsextremistische Symbolik zur Schau. Walzuck gehörte laut Verfassungsschutz der mittlerweile verbotenen Gruppierung Widerstand Süd-Brandenburg an und ist laut Informationen der Lausitzer Rundschau einer der Gründungsväter der Gruppierung Inferno Cottbus, eine Fan-Gruppierung, die immer wieder mit der rechten Szene in Verbindung gebracht wird. Radio Berlin-Brandenburg sendete vor zwei Wochen einen Beitrag über rechte Cottbus-Fans. Der Sender zeigte Walzuck auf einer Motto-Party in einer SA-Uniform. Im vergangenen Jahr wurde Walzuck wegen Volksverhetzung verurteilt, weil er bei einer Reise nach Mallorca mit weiteren 17 Personen aus der Lausitz T-Shirts mit der Aufschrift "A.H. Memorial Tour 2011 - Protectorat Mallorca" auf der Brust trug. Auf dem Rücken stand: "Seit 66 Jahren vermisst - Du fehlst uns - Wir brauchen Dich." Es heißt, dass sein Kickbox-Team nach Bekanntwerden der Aktion Walzuck im vergangenem Jahr aus dem Verein warf. An einer Fahrt von Kickboxern nach Israel durfte er, wegen seiner Kontakte zur rechten Szene, aber bereits im Mai 2011 nicht teilnehmen. 

In seinem Bericht für das Jahr 2011 beobachtete der Verfassungsschutz Brandenburg die Verbindung Rechtsextremismus und Kampfsport als neues gesellschaftliches Phänomen. Von der Lausitzer Rundschau heißt es: "Walzuck gilt als Scharnier zwischen der Kickbox- und der rechtsextremen Szene."

Die Einordnung von "Label 23" als rechtsextrem ist besonders schwierig, da es keinen Bezug auf rechte Inhalte, nordische Mythen, den Zweiten Weltkreig oder Kolonialismus nimmt. Politische Aussagen sind auf der Kleidung nicht zu finden. Vielmehr steht Kampfsport, Männlichkeit und Gewaltfazination im Mittelpunkt der Aufdrucke.

Millionen-Euro-Umsätze mit rechter Mode

Dass sich mit in der rechtsextremen Szene beliebten Marken Geld verdienen lässt, zeigen die jüngst vorgelegten Bilanzsummen: Laut dem SPD-nahen Informationsportal "Blick nach rechts" hätten die im Berliner Umland ansässigen Firmen Mediatex GmbH, ProTex GmbH und Skytec Outlets GmbH, die das Markt führende Label "Thor Steinar" herstellen und vermarkten, im Jahr 2010 eine Summe in Höhe von zirka 8,2 Millionen Euro erzielt. Seit 2004 dränge sich das "Label 23" immer mehr in den Markt hinein. Im sozialen Netzwerk Facebook schreibt die Marke über sich selbst: "'Label 23' steht für die wenigen Verbliebenen in dieser Zeit, die noch echte Werte besitzen - denen noch was an Familie, Freundschaften, Zusammenhalt, Loyalität und Respekt liegt." Es stünde für den täglichen "Kampf mit sich selbst. Auch Niederlagen gehören zum Weg des Sieges."