Debattenbeitrag zur Solidarität mit dem syrischen Aufstand

Aufstand in Syrien

Während uns die Worte fehlen, um das Grauen in Syrien überhaupt noch benennen zu können, es immer noch unglaublicherweise inmitten des Krieges nach wie vor Demonstrationen in fast allen Landesteilen des Landes gibt, die sowohl den Massenmedien als auch den linken Veröffentlichungen zum Thema keine einzige Zeile mehr wert sind, wird hier im "ruhigen Hinterland" eine Debatte um die "Frage der Solidarität" geführt, die meistens eigentlich eine ganz andere um innerlinke politische Frontstellungen, um antideutsch/antiimp und all den anderen sektiererischen  Mist ist, um es mal deutlich zu sagen.

 

Uns interessen die  "Bauchschmerzen" von "Gewaltfreien" und "Friedensbewegten" ebenso wenig, wie die Frontberichterstattung einer Frau Leukefeld in der jungen welt.

An den Initiatoren von adopt a revolution, an ihrer politischen Ausrichtung, kann man alles mögliche kritisieren, wir teilen vieles nicht mit ihnen. Real ist es aber die einzige nenneswerte Unterstützung, die der Aufstand in Syrien aus der BRD erfahren hat. Die Summen, die über diese Kampagne gesammelt wurden, mögen angesichts dessen, was die diversersen geopolitischen Akteure in den Konflikt pumpen, lächerlich erscheinen, sie sind aber ein wichtiges Signal, das es hier in der Metropole Menschen gibt, deren Herz bei denen ist, die in Syrien, ebenso wie in Tunesien, Ägypten,.... aufgestanden sind.

 

Und die gesammelten Gelder landen bei Jenen, die sich klar und immer wieder gegen den religiösen Wahn und gegen die Unmenschlichkeit auf der Seite der Aufständischen ausgesprochen haben, den lokalen Koordinierungskomitees.

 

Wir dokumentieren die aktuelle Stellungnahme der ak Redaktion in der neusten Ausgabe:

 

Verheerende Signale - Nach der Revolution

 

Kontroverse um die Unterstützung des syrischen Aufstands

Von der ak-Redaktion

 

Mitte Dezember gab es große Aufregung um den Aufruf »Freiheit braucht Beistand« (1) zur Unterstützung des zivilen Widerstands in Syrien, den die Hilfsorganisation medico international und die Initiative Adopt a Revolution, die Spenden und politische Partnerschaften für die lokalen Bürgerkomitees in Syrien sammelt, initiiert hatten. Der Aufruf wendet sich gegen die weitere Militarisierung des Konflikts und fordert, das Geschehen in Syrien differenziert wahrzunehmen (und damit insbesondere auch die Aktivitäten der zivilen Akteure, die weiter mit Mitteln des politischen Protests auf Veränderungen drängen) »und sich den offenen Blick durch die Bilder der Gewalt nicht verstellen zu lassen«.

Der Aufruf hat heftige Kritik hervorgerufen. Neben zynischen Positionen, die die Lage in Syrien allein durch die Brille geopolitischer Interessen beurteilen und den Grad des US-Einflusses zum Hauptmaßstab machen, war auch der Politikprofessor und Friedensaktivist Mohssen Massarrat unter den KritikerInnen. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie erklärte sogar, seine Unterstützung für die Kampagne Adopt a Revolution zu beenden. Was sind die Argumente?

Kritik am Aufruf »Freiheit braucht Beistand«

Mohssen Massarat begründet seinen Einspruch gegen den Aufruf damit, der Text beziehe einseitig Position gegen das Assad-Regime, lasse Dialogmöglichkeiten (wie den russischen Vorschlag einer Übergangsregierung unter Mitwirkung Assads) unter den Tisch fallen; vor allem aber ignoriere er die Kriegsvorbereitungen der NATO-Staaten und spiele so indirekt einer möglichen NATO-Intervention in die Hände. (2)

Auch das Komitee für Grundrechte und Demokratie nimmt Abstand von der Initiative Adopt a Revolution. Das Komitee erklärt, dass es über zu wenig nachprüfbare Informationen aus Syrien verfüge (da der Arbeitsschwerpunkt des Komitees ohnehin in Deutschland liege). Zwar erkennt das Komitee an, dass die von Adopt a Revolution unterstützten Bürgerkomitees »weiterhin für ein multiethnisches, multireligiöses zukünftiges demokratisches Syrien streiten« und etwa Verbände der Freien Syrischen Armee (FSA) auffordern, keine Kriegsverbrechen zu begehen. Aber die Grenzen zwischen gewaltfreien Bürgerkomitees und bewaffneten Gruppen seien verwischt, die Zukunft Syriens »wird durch die Macht der Gewehre bestimmt werden«. (3) Als pazifistische Organisation könne das Grundrechtekomitee die lokalen Initiativen in Syrien nicht weiter unterstützen: »Wir glauben nicht mehr, dass wir in diesem - inzwischen internationalisierten - Konflikt mit unserer Unterstützung der gewaltfreien Bürgerkomitees überhaupt etwas Positives beizutragen vermögen.« Zwar wolle man den demokratischen Aufbruch in Syrien nicht diskreditieren. »Wir befürchten allerdings, dass dieser in den Kriegsgräueln völlig marginalisiert wird.«

Dass eine grundsätzlich pazifistisch ausgerichtete Initiative so argumentiert, muss man akzeptieren - auch wenn die Aufkündigung der Solidarität impliziert, dass der Aufbruch in den arabischen Ländern aus der Sicht des Komitees beendet ist und die Region zu einem Zustand zurückgekehrt ist, in dem eine eigenständig handelnde Bevölkerung keine Rolle spielt. Letzteres sieht offensichtlich auch Massarrat so. Seine Kritik überschätzt zudem die Wirkung derartiger Appelle auf die Politik der NATO-Länder.

 

Aber der Reihe nach. Zunächst ist Massarrats Vorschlag illusorisch, die syrische Opposition und das Assad-Regime könnten nach 60.000 Toten, die - ohne Gräueltaten der bewaffneten Opposition zu unterschlagen - vor allem auf das Konto des syrischen Regimes gehen, eine gemeinsame Übergangsregierung bilden. Viele Oppositionsgruppen werden zwar nicht müde zu betonen, dass sie keine politische Richtung ausschließen wollen, doch verlangen sie den Rücktritt Assads als Voraussetzung für einen Dialog. Nach all den Gräueltaten und Wortbrüchen, die Assad zu verantworten hat - u.a. Flächenbombardements von Wohngebieten und Moscheen oder Luftangriffe auf Warteschlangen vor Tankstellen - gibt es keinen Grund, Assads angeblichen Dialogangeboten zu trauen. Assad weiß das, deshalb hat er den Krieg gegen die Zivilbevölkerung immer weiter intensiviert.

 

Die Interessen des Westens sind nicht so eindeutig, wie es in Massarrats Kritik klingt. Die USA haben sich lange sehr zurückgehalten (aus Sorge um die Stabilität in der Region, insbesondere in Bezug auf Israel), Deutschland ebenso. Für die Mächte der Region ist Syrien der Ort, an dem sich entscheiden wird, welche politischen Lager gestärkt aus den Umbrüchen hervorgehen (Iran, dessen letzter politischer Verbündeter Assad ist; Katar, das sich einen größeren politischen Einfluss der Muslimbrüder wünscht, die vor allem in der syrischen Exilopposition stark sind; Saudi-Arabien, das salafistische Gruppen massiv unterstützt). Auch die Türkei, Israel und Russland versuchen, sich Einfluss auf die politische Ordnung in Syrien nach Assad zu sichern. In der Tat gibt es momentan Hinweise, dass einige NATO-Staaten im letzten Moment in Syrien intervenieren könnten, um ihren Einfluss auszubauen. Dafür sprechen die Verlegung von Patriotraketen und NATO-SoldatInnen (aus Deutschland, den Niederlanden und den USA) an die türkisch-syrische Grenze. Aber bei einer Entscheidung für oder gegen eine Intervention wird es nicht die geringste Rolle spielen, wie sich eine Initiative wie Adopt a Revolution zuvor politisch geäußert hat.

 

Adopt a Revolution hat sich mehrfach gegen eine Intervention ausgesprochen, nicht zuletzt weil sie die nichtmilitärischen Akteure der Opposition weiter an den Rand drängen und das syrische Militär wieder stärker an das Regime binden würde. Doch nach der argumentativen Logik Massarrats lässt sich jede öffentliche Parteinahme gegen Assad als Beitrag zur psychologischen Kriegsvorbereitung der NATO-Länder deuten.

Solidarität mit dem syrischen Aufstand

Immer noch gehen in Syrien jede Woche Tausende auf die Straße und demonstrieren für einen politischen Wechsel - trotz der Lebensgefahr, in die sie sich damit begeben. Bei diesen Demonstrationen sind jede Woche wieder Slogans zu sehen, die die Tatenlosigkeit der Weltöffentlichkeit beklagen. Noch immer lehnen viele DemonstrantInnen eine Intervention des Westens ab. Doch es gibt auch Forderungen nach Militärhilfe, einer Flugverbotszone und viel Unterstützung für die militärischen Aktivitäten der FSA. Das ist angesichts der andauernden Brutalität verständlich, auch wenn wir es politisch nicht teilen.

 

Für Linke sollte Solidarität mit den Komitees, in denen sich ganz normale Leute gegen ein brutales, unterdrückerisches Regime zusammentun, trotzdem selbstverständlich sein; alles andere wäre eine moralische und politische Bankrotterklärung. Die lokalen Komitees sind, auch wenn die militärische Logik im Moment dominiert, das Rückgrat und die Erben des demokratischen Aufbruchs in Syrien. In einem Syrien nach Assad werden sie diejenigen sein, mit denen Linke politisch zusammenarbeiten können. Adopt a Revolution schafft genau hierfür eine Möglichkeit.

Es ist richtig, dass es schwieriger ist, vertrauenswürdige Informationen über die Vorgänge in Syrien als über die in Ägypten oder Tunesien zu erhalten. Das Land steckt mitten in einem Bürgerkrieg, der auch ein Krieg um Informationen und Deutungen ist, und man kann nicht einfach in die umkämpften Gebiete fahren und sich selbst ein Bild machen. Wir sind daher auf vertrauenswürdige Informationsquellen angewiesen. Weder bei Adopt a Revolution noch bei medico international haben wir bislang Grund, an der Qualität der Informationen, die sie aus Syrien vermitteln, zu zweifeln.

 

Schon die Vorstellung, man könne von hier aus die politische Kontrolle über die Ereignisse in der Region behalten, ist fragwürdig. Bei einer solchen Betrachtung droht eine wichtige Lehre aus den arabischen Revolutionen in Vergessenheit zu geraten: Die Menschen in der »arabischen Welt« sind keineswegs eine undefinierbare Masse, die man nur durch das Prisma der Weltpolitik wahrzunehmen bräuchte. Sie haben eigene Anliegen und Forderungen, die nicht immer unseren Erwartungen entsprechen, und sie haben das Recht und zurzeit auch die Gelegenheit, ihre eigene Geschichte zu machen, egal was man im Westen davon hält.

 

Anmerkungen:

 

1) www.adoptrevolution.org/aufruf

2) www.ag-friedensforschung.de/regionen/Syrien/adopt3.html

3) www.grundrechtekomitee.de/node/539

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Vielen Dank für den Text! Noch ein Lesetip für Leute mit tiefergehendem Interesse: http://syria.jadaliyya.com

Der Text ist lesenswert und zu großen Teilen unterstütze ich ihn.

Die Kritik von Massarat spielt - wie auch die Position von "Assad-freundlichen" Linken - nur dem Regime in die Hände. Die Vorstellung einer Übergangsregierung mit Assad und der Opposition ist nicht nur weltfremd, weil sowohl das Regime als auch die Opposition das (mit jeweils guten Gründen) ablehnen. Sie ist auch letztendlich genau das, was die westlichen Staaten (und tw. inzwischen die russische Regierung) möchte. Ein neues Regime, gegründet auf den alten Strukturen, würde in eine ähnliche Situation münden, wie sie auch in Ägypten heute herrscht: formale Einführung demokratischer Rechte, aber tatsächlich Fortsetzung einer Gewaltherrschaft, die "stabile Verhältnisse" schnellstmöglich wiederherstellen kann. Die Forderungen der Bevölkerung - die auch soziale Forderungen sind - könnte ein solches Regime nicht erfüllen.

Die Position vom "Komitee für Grundrechte und Demokratie" ist vollkommen borniert und hilflos, läuft darauf hinaus, sich aus allen politischen Fragen herauszuhalten, wo der Pazifismus an seine eigenen Grenzen stößt. Nach dem Motto "Hier sind wir uns nicht sicher, wir wissen nicht weiter und machen mal lieber nichts falsch"

Eine grundsätzliche Kritik habe ich aber auch an dem Aufruf von Adopt a Revolution. Er umgeht wichtige Fragen, aus "Angst" vor den "linken" Assad-Sympathisanten, die eine klare Positionierung als Steilvorlage nutzen würden.

Die Zukunft Syriens wird heute (auch) durch Waffen entschieden. Ob es einem gefällt oder nicht. Die Betonung auf die soziale Basis des Aufstandes, die in allen Teilen der Bevölkerung vorhanden ist, ist richtig. Aber wenn Assad militärisch siegt - oder die Rebellen den Kampf einstellen - dann werden alle Aktivist_innen dieser Revolution, ob friedlich oder nicht, massakriert. So ist es eben auch eine objektive Notwendigkeit, den bewaffneten Kampf zu unterstützen, und hier würden auch (fast) alle "friedlichen" Aktivisten in Syrien zustimmen. Die notwendige Voraussetzung für jeden fortschrittlichen, politischen, "zivilen" oder friedlichen Kampf ist der Sieg der FSA. Die Opfer und Entbehrungen, die von den Kämpfern aufgebracht wird, nicht zu würdigen, wird in deren Augen durchaus als Geringschätzung aufgefasst.

So bleibt letztlich in dem AaR-Aufruf eine bewusste Schwammigkeit. Das Ziel der Revolution ist eben nicht "Frieden und Sturz der Regierung, egal wie". Sondern die Errichtung einer neuen, revolutionären Ordnung, die den Reichtum des Assad-Clans auf die Bevölkerung verteilt, seine Repressionsorgane entwaffnet und ein neues Syrien errichtet, das von den heute unterdrückten Menschen kontrolliert wird. Das ist grundsätzlich weder durch eine "Einigung" mit dem Regime zu erreichen, noch durch "ehrliche" Unterstützung von westlichen Regierungen.

So sieht also linke Kriegstreiberei im Jahr 2013 aus. Zur Propaganda von 1914 hat sich hier in Deutschland eigentlich nicht viel verändert. Auch damals schmückten sich die deutschen Kriegstreiber mit Floskeln wie "Menschenrecht", "Völkerbefreiung" und "Kampf gegen den asiatischen Despotismus". In Realität ging es allerdings nur um eine Neuaufteilung der Welt zugunsten des zu spät gekommenen deutschen Imperialismus.

 

Zurück zum heutigen Syrien: Wer sich etwas mit dem Land beschäftigt (und nicht nur bürgerliche Medien und Adopt a Revolution nachplappert), wird bestätigen, dass es zwei "Oppositionen" zur syrischen Regierungspolitik gibt. Die eine wird mit Waffen aus der Türkei, Saudi-Arabien und Katar ausgestattet und von verschiedenen imperialistischen Staaten finanziell und organisatorisch unterstützt, ganz vorne mit dabei die BRD, die u.a. die Planungen eines "day after" vorantreibt, um so die ihnen genehmen Marionetten aufzubauen. Diese "Opposition" macht das, was sie am besten kann: Terror gegen die Zivilbevölkerung, Hinrichtungen von "Verrätern", Wehrpflichtigen und Menschen, die im Verdacht stehen, aufgrund ihrer politischen Einstellung oder ethnischen Zuordnung der Assad-Regierung nahezustehen. Nachdem klar geworden ist, dass diese Kraft nur mit Luftunterstützung seiner ausländischen Förderer (die derzeit wegen des russischen und chinesischen Vetos noch nicht können, wie sie wollen) militärisch siegen kann, wird propagandistisch wieder an der "Menschenrechtsschraube" gedreht, um die Kriegsstimmung in Deutschland weiter aufrechtzuerhalten.

Die andere Opposition ist schon vor Monaten auf Gespräche mit der Regierung eingegangen, hat die notwendigen demokratischen Reformen des Landes vorangetrieben und stützt die Regierung im Kampf gegen die ausländische Intervention. Sollte es den diversen pseudomenschenrechtelnden Linken in Deutschland mit ihren mal offen, mal verdeckten Kriegspamphleten nicht zu denken geben, dass zwei Kommunistische Parteien in Syrien, deren Mitglieder unter der Amtszeit des Vaters des heutigen Präsidenten Verfolgung, Folter und Mord ausgesetzt waren, die Regierung stützen und sich klar gegen die Interventionspolitik der auswärtigen Mächte positionieren?

 

Syrien ist nicht Tunesien oder Ägypten. In Tunesien und Ägypten gab es eine Revolte von unten, die mittlerweile wieder abgewürgt und in für die Imperialisten genehme Bahnen gelenkt wurde. Für die gewerkschaftlichen und sozialistisch-kommunistischen Kräfte in diesen Ländern gilt es, die eigenen Kräfte schrittweise auszubauen, um in der Zukunft eine stabilere Basis zu haben, wenn sich das Volk erneut erhebt.

In Libyen hingegen wurde von einigen imperialistischen Staaten, hier v.a. Frankreich und Großbritannien, die um ihre Einflusssphären fürchteten, ein politischer Rollback inszeniert und mittels Luft-Boden-Angriffen umgesetzt. Damit wurde Libyen nicht nur auf den Status eines tribalistischen Warlordismus zurückgeworfen, sondern auch der Weg bereitet, um die Reaktion in Ägypten und Tunesien offen zu unterstützen, die bürgerliche Demokratiebewegung in Bahrain niederzuwerfen und den schon seit längerem auf der Agenda stehenden strategischen Angriff auf Syrien und Iran voranzutreiben. Einzig der Widerstand des patriotischen und antiimperialistischen Teils der syrischen Bevölkerung (und das sind nicht nur Assad-Getreue) sowie das klare Votum der Russischen Föderation und der Volksrepublik China haben Syrien bisher ein Schicksal wie Libyen erspart.

 

Die Revolte im arabischen Raum wurde mit dem Krieg gegen Libyen erfolgreich abgewürgt. Das, was jetzt noch unter dem Namen "Arabellion" firmiert, ist doch de facto nur Interessenspolitik im Machtpoker der imperialistischen Staaten, die sich um die ökonomische Neuaufteilung des arabischen Raumes balgen. "Menschenrechte" sind denen in Ägypten und Syrien genauso wumpe wie in Afghanistan oder dem Irak.

 

Wenn linke Kräfte in Deutschland sich mit Syrien befassen, und das sollten sie durchaus, wäre es da nicht sinnvoller zu schauen, welche konkreten Interessen der deutsche Imperialismus in dieser Region vertritt? Haben wir nicht die Pflicht, der deutschen Bourgeoisie bei ihren Raubzügen (sei es durch ökonomische Diktate gegen Griechenland und Spanien, sei es durch militärische Diktate gegen Syrien) gezielt in den Rücken zu fallen? Der Hauptfeind steht wie schon 1914 im eigenen Land und heißt immer noch deutscher Imperialismus.

Natürlich haben deutsche Linke die Pflicht, den Interessen des deutschen Imperialismus in den Rücken zu fallen. Sie haben aber auch die Pflicht, ihren Geschwistern in Syrien beizustehen, wenn diese die Zukunft in die eigenen Hände nehmen und die Diktatur stürzen wollen. Was die erste und was die zweite Aufgabe ist, hängt von der konkreten Analyse des Konflikts ab. Und hier ist es einfach eine Entstellung der Tatsachen, zu meinen, der Bürgerkrieg gehe von den deutschen (oder anderen) westlichen Mächten aus. Es ist ein Vernichtungskrieg des Assad-Regimes GEGEN UNSERE LEUTE in Syrien. Hinter Assad stehen übrigens Imperialisten, nämlich die russischen und chinesischen.

Der Arabische Frühling ist "abgewürgt"? Er ist bislang in keinem Land am Ziel angekommen. Aber er ist auch nicht abgewürgt. Noch immer brennt ein ganzer Erdteil, und zwar NICHT wegen angeblicher imperialistischer Kriegshetze, sondern wegen dem ungebrochenen Kampf der jungen Generation auf der einen Seite und der fortgesetzten blutigen Repression der alten Regime auf der anderen Seite - in Syrien ebenso wie in Ägypten, wenn auch anders. Ich bin gegen jede NATO-Intervention in Syrien, aber es ist wirklich strange, wenn man der Patriot-Stationierung in der Türkei mehr Bedeutung zumisst als den Luftangriffen von Assads Armee auf Wohnviertel, die jeden Tag und jede Minute zur Hölle machen. Seit bald zwei Jahren.

Dass die Assad-Regierung Kriegsverbrechen und Völkermord begeht, wird nicht dadurch widerlegt, dass es auch von bürgerlichen Medien in Deutschland berichtet wird... das wäre ja eine wirklich kindische Logik. Kindisch ist es auch, wenn man sich auf die Seite der Regierung stellt, nur weil unsere Regierung sich gegen Assad stellt. Meine Güte, Linke müssen zuallererst auch in der Lage sein, ihre Gegner zu verstehen! Natürlich können bürgerliche Regierungen auch aus opportunistischen Gründen den Sturz einer Regierung fordern, wenn sie sich für die Zeit danach gute Chancen ausrechnen. Was tun sie wirklich? Die NATO unterstützt die FSA nicht. Die Waffenlieferungen spielen keine Rolle. Die Rebellen bekommen ihre Waffen aus eroberten Stützpunkten.

Was man aber mit so einer Position erreicht, ist dass eine ganze Generation in Syrien NIE MEHR die Hoffnung auf internationale Solidarität haben wird. Sie wurden von der Welt im Stich gelassen, als sie für ihre Freiheit gekämpft haben und durch die Hölle gegangen sind.

 

Zum Glück sind diese "Anti-Imp"-Karikaturen nicht das Einzige, was es auf der deutschen Linken gibt. Zum Glück gibt es nicht nur "Linke", die allen Ernstes den Assad-Treuen "Kommunisten" anhängen, die seit 40 Jahren eine Stütze des BÜRGERLICHEN und RASSISTISCHEN Baath-Regimes sind. Zum Glück gibt es nicht nur diese "Internationalisten", die Internationalismus auf Türkisch-Kurdistan und Palästina anwenden, aber in Syrien dem Völkermord das Wort reden.

 

Insofern finde ich es (trotz mancher Kritik an dem ziemlich illusorischen Quatsch, den sie manchmal über den "friedlichen" Widerstand schreiben) SUPER, dass es AaR gibt und dass unsere Leute in Syrien nach Assad sagen können: Es war nicht die ganze Welt gegen uns. Manche waren auch auf unserer Seite.

Die Worte "Vernichtungskrieg" und "Völkermord" gehen Dir offenbar schnell über die Lippen. Was in Syrien läuft, ist ein Bürgerkrieg mit massiver ausländischer Intervention. Der eigentliche politische Konflikt hat innersyrische Ursachen: Es geht um politische Reformen und eine Demokratisierung des Landes. Und die dahinterstehenden politischen und sozialen Bewegungen (insb. die Kommunisten) sind unter der Baath-Parteiregierung über Jahre kriminalisiert, verfolgt, gefoltert worden. Aber genau diese Punkte sind unter Assad junior aufgrund des innenpolitischen Drucks mittlerweile umgesetzt worden: So wurde der Alleinvertretungsanspruch der Baath-Partei fallengelassen, es wurde die Regierung umgebildet und dort Teile der Opposition aufgnommen, es gab soziale Reformen und v.a. politische. Und es gibt seither regelmäßige Gespräche zwischen der Opposition und der Regierung über weitere zukünftige gesetzliche Regelungen. Am 26.02.2012 wurde eine neue Verfassung zur Abstimmung gestellt, in der u.a. geregelt ist, dass die Baath-Partei nicht mehr via Verfassung die führende Rolle im Staat und der Gesellschaft habe. Unter der neuen Verfassung darf eine Partei nicht auf einer religiösen, regionalen, konfessionellen, berufsbezogenen oder Stammesbasis gegründet werden und auch kein Ableger bzw. Verbündeter einer nichtsyrischen Partei oder politischen Organisation sein. Damit wird einer politischen "Ethnisierung" und politischem Islamismus (wie beispielsweise einer Muslimbruderschaft) von vornherein der Rahmen entzogen. Bei einer Wahlbeteiligung von 57,4% wurde die Verfassung mit 89,4% Zustimmung angenommen. Am 07.05.2012 folgte eine Parlamentswahl (Wahl zum syrischen Volksrat). An dieser nahmen (trotz Angriffen der Terrorbanden der FSA in verschiedenen Wahlbezirken) 51,26% der Wahlberechtigten teil. Diese wählten ein 250 Abgeordnete umfassendes Parlament. Die Parteien der Nationen Fortschrittsfront erhielten 168 Sitze (darunter 134 für die Baath-Partei), unabhängige Bewerber 77 Sitze und die Volksfront für Wandel und Freiheit 5 Sitze. Die verschiedenen imperialistischen Mächte, die schon lange eine Zerschlagung oder Einhegung Syriens (und letztlich auch des Irans) auf ihrer Agenda haben, haben allerdings diesen innenpolitischen Konflikt in Syrien als Anlass genommen, ihnen genehme "Oppositionsgruppen" unter die Fittiche zu nehmen und mit Waffen, Munition und Logistik zu Söldnerbanden auszubauen, um mittels Terroraktionen die syrische Gesellschaft ins Chaos zu stürzen und einen Vorwand für spätere See/Luft-Boden-Angriffe ihrer Truppen zu geben. Bei der Ausrüstung solcher Söldnertruppen wurde vorwiegend auf islamistische Kräfte gesetzt, die seitdem mit besonderer Brutalität gegen Christen, Alawiten, Linke und (vermeintliche) Anhänger der Nationalen Front vorgehen. Die derzeitige Strategie dieser Gruppen, die mittlerweile innerhalb der FSA die Führung stellen, besteht darin, die Grenzregionen zur Türkei im Norden und zu Jordanien im Süden zu kontrollieren sowie der Versuch, einzelne Großstädte durch Blockade der Vororte und Hauptzugangsstraßen abzuriegeln, um die Versorgung der Städter zu unterbinden. Du schreibst: "Es ist ein Vernichtungskrieg des Assad-Regimes GEGEN UNSERE LEUTE in Syrien." - Wenn das eure Leute sind, die ihr eigenes Land einem imperialistischen Angriff ausliefern wollen und Terorakte gegen die eigene Bevölkerung verüben, dann ist zumindest eure Position klar geworden. Was die positive Bezugnahme auf reaktionäre Gruppen allerdings in einem linken Portal wie Indymedia zu suchen hat, bleibt fraglich. Weiter schreibst Du: "Hinter Assad stehen übrigens Imperialisten, nämlich die russischen und chinesischen." - Ihr scheint ja einen sehr merkwürdigen, vormarxistischen Imperialismusbegriff zu haben, wenn die sozialistische Volksrepublik China "imperialistisch" sein soll. Ich empfehle doch dringend, sich mal mit Lenins Imperialismusdefintion zu befassen: http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/imp/index.htm - Imperialismus beschreibt die ökonomischen Konzentrationsprozesse der Bourgeoisie seit den 1890/1900ern. Was ihr hier betreibt, ist billige Augenwischerei: Ihr setzt darauf, dass die Leute nicht mehr wissen, was Imperialismus sei und deklariert halt nach eigenem politischen Kalkül halt alles, was euch nicht passt als "imperialistisch". Meint ihr wirklich, die Leute fallen darauf herein? Du schreibst ferner: "Kindisch ist es auch, wenn man sich auf die Seite der Regierung stellt, nur weil unsere Regierung sich gegen Assad stellt." - Das wäre in der Tat kindisch. Die Frage wird jedoch anders gestellt: Welche Interessen hat die deutsche Monopolbourgeoisie, wenn sie eine solche Kriegspolitik gegen Syrien fährt? Und das ist eben nicht, die Schaffung von "Freiheit und Demokratie", sondern die zunehmende politisch-ökonomische Einflussnahme in dieser Region. Deswegen werden ja auch "day after"-Taskforces aufgebaut, werden Saudi-Arabien (zweitgrößter Importeur deutscher Rüstungsprodukte) und die Türkei weiter aufgerüstet, wird sich mittels stationierter Bundeswehrsoldaten an der syrischen Grenze eine Basis für evtl. zukünftige Interventionsmanöver gegen Syrien offengehalten, wird die Bundesmarine vor Libanon und Syrien in Bereitschaft gehalten. Meinst Du ernsthaft, die von den Imperialisten finanzierten und ausgerüsteten Banden in Syrien schafften demokratische Reformen, eine Ausweitung bürgerlicher und sozialer Freiheiten??? Schau doch mal nach Libyen, wo diese Banden das Land mit tribalistischem und islamistischem Terror überziehen! Oder nach Ägypten, wo die Muslimpartei in Kooperation mit dem Militär die progressiven Kräfte zu ersticken sucht und das Land zunehmend mit reaktionär-islamistischer Politik zu verändern sucht. Es ist einfach naiv und absurd zu glauben, die Imperialisten agierten aus reiner Menschenfreundlichkeit! Bei ihnen geht es (und kann es auch nur gehen) um knallharte ökonomische Interesse, nämlich eine Neuaufteilung der durch den arabischen Frühling in Bewegung geratenen Region. Und der deutsche Imperialismus spielt ganz vorne mit, hat er doch am meisten zu gewinnen und am wenigsten zu verlieren. Die FSA und ihr Umfeld sind Spielbälle und Marionetten der imperialistischen Interessen. Sie stehen nicht für sozialen Fortschritt, sondern für sozialen Rückschritt.

Die wirklichen Kommunisten wurden in Syrien gefoltert und getötet. Die Assad-Kommunisten waren seit 40 Jahren Teil des Regimes (National Progressive Front) - und über die sprichst du glaube ich. Assads Antwort auf den Aufstand - der von verschiedenen neuorganisierten linken, kommunistischen Gruppen in den befreiten Gebieten unterstützt wird - ist ein Regenschauer aus Bomben und Granaten. Die Verfassung wurde angenommen, wie Assad (Vater wie Sohn) ein ums andere Mal "wiedergewählt" wurde. Wenn du gegen ihn stimmst, bist du in ernsthafter Gefahr. Und diese Verfassung ist weniger Wert als Klopapier, weil Krieg ist, Gefangene einfach gefoltert und getötet werden usw. Die syrischen Städte werden von ASSADS ARMEE belagert und ausgehungert - das gilt für Homs ebenso wie für Deir Ezzor.

Zum Imperialismusbegriff: Lenin nochmal lesen. Wer meint, dass in China (oder Russland) noch die Arbeiterklasse herrscht, hat einen Teil der Geschichte verpasst... China hat einen gewaltigen ökonomischen Einfluss in allen Teilen der Welt - sogar auf die USA und die Euro-Staaten, Beispiel Währungsreserven. Das ist Imperialismus. China beutet andere Länder aus - zusätzlich zum eigenen.

Was ist die Ursache des Bürgerkrieges? Demokratische Rechte, ja. Nicht weniger: soziale Forderungen. Große Armut und Perspektivlosigkeit durch Assads "Liberalisierung" und eine kleptomane und korrupte Familienherrschaft. Weitere Verschärfung durch Preisschwankungen der letzten Jahre, nicht ohne Zufall erleben wir revolutionäre Aufstände zur gleichen Zeit in vielen verschiedenen Ländern.

Die FSA ist weder politisch noch sozial einheitlich. Ihre soziale Basis ist zum größten Teil die prekarisierte, verarmte junge Generation in Syrien. Politisch wird sie von bürgerlichen Vorstellungen dominiert. Zudem unterstützen Imperialisten gezielt islamistische, reaktionäre Gruppen, die am Anfang keine Rolle gespielt haben. Und sie unterstützen NICHT die Volksmilizen, die spontan in den Städten und Ortschaften entstanden sind. Was ist das für eine linke Politik, einen Aufstand zu verdammen, weil Imperialisten ihre Agenten dort rein schicken? Er ist nach wie vor berechtigt. Linke sollten innerhalb des Aufstandes für linke Politik und Ablehnung von imperialistischer Einmischung (egal von welcher Seite) eintreten.

Was die wirkliche Rolle der Imperialisten ist, sieht man schon an ihrer zögerlichen Nachtrabpolitik: sie haben sich erst dann von Assad gelöst, als sein Sturz sehr wahrscheinlich war. Und sie wollen NICHT den Sieg der Revolution durch Zerschlagung von Assads Staat, sondern sie wollen einen "geordneten" Übergang, der seine Repressionsorgane übernimmt und nur die Köpfe auswechselt. Das steht im "The day After"-Papier drin. Und deswegen werden solche Auslandszirkel auch nicht von den Aktivisten und Kämpfern in Syrien anerkannt.

und gegen China und Rußland auf Kosten Syriens und dessen Bevölkerung und kein Volksaufstand und schon gar keine Revolution, passiert seit 2 Jahren in Syrien.

 

http://apxwn.blogspot.de/2012/08/schlag-gegen-syrien-ziel-russland.html