Rechtsaußen aus Bogenhausen

Erstveröffentlicht: 
17.12.2012

Die Münchner Burschenschaft Danubia besteht seit 164 Jahren. Heute gibt es zwar nur wenige aktive Mitglieder, diese fallen in jüngster Zeit aber vor allem durch rechtsextreme Tendenzen auf. Der Verbindungsszene insgesamt und dem Dachverband bereitet dieser rechte Rand zunehmend Ärger.

 

Von Jan Bielicki

 

Das Problem residiert in bester Lage. In der Bogenhausener Möhlstraße haben vor gut hundert Jahren Münchens Reiche prächtige Villen gebaut. Im 1901 errichteten Jugendstilbau mit der Hausnummer 21 lebten fast vierzig Jahre der Bank- und Druckereidirektor Julius Kaufmann und seine Frau Luise, ehe die Nationalsozialisten das Haus "arisierten", und sich das Ehepaar und der Sohn vor der Deportation in den sicheren Tod das Leben nahmen. Heute ist eine Fahne in den verblichenen Farben Weiß, Grün und Rosa im Vorgarten aufgezogen, doch auf Drücken des Klingelknopfs neben dem Schild mit der Aufschrift "B! Danubia" bleibt es still.

 

Die Burschenschaft Danubia ist 164 Jahre alt, gehört damit zu den ältesten Studentenverbindungen in München und ist sicher die bekannteste. Zwar versammelt sie nur etwa zehn aktive Studenten, aber von diesen fallen immer wieder einige auf - als Rechtsextremisten. Die Aktivitas der Danubia ist Münchens einzige Burschenschaft, die Bayerns Verfassungsschutz ausdrücklich erwähnt: Hier, so heißt es im Bericht des Jahres 2011 "engagieren sich einzelne Personen, die Beziehungen zur rechtsextremistischen Szene unterhalten oder in der Vergangenheit unterhalten haben".

 

Namentlich aufgeführt wird "der sowohl in der Danubia als auch in der rechtsextremistischen Szene aktive Pierre Pauly", der "enge Kontakte zur neonazistischen Kameradschaft München" habe. Tatsächlich erscheint Pauly regelmäßig bei Aufmärschen der rechtsextremen Kameraden, gerne auch neben dem einst als Terroristen verurteilten Neonazi Martin Wiese.

 

Mit dem Großteil der etwa 80 anderen Münchner Studentenverbindungen haben die Rechtsaußen aus Bogenhausen nichts zu tun. In vielen Verbindungshäusern haben sie Hausverbot, und doch wird der rechte Rand zusehends zum Problem für die gesamte Verbindungsszene - vor allem aber für die Deutsche Burschenschaft (DB)  die wegen des Dralls nach rechts in nicht wenigen seiner Mitgliedsbünde vor der Spaltung steht.

 

Acht Burschenschaften, zwei getrennte Lager

 

Zur DB gehören in München acht Burschenschaften, inzwischen scharf getrennt in zwei Lager. Vier - nämlich die Cimbria, die Elektra-Teplitz, die Sudetia und eben die Danubia - sind Mitglieder der Burschenschaftlichen Gemeinschaften, einem 1961 im Haus der Danuben gegründeten Verband stramm rechtsnationalistischer Bünde. Die anderen vier - die Alemannia, die Arminia-Rhenania, Franco-Bavaria und die Stauffia - sind entweder Mitglieder der im März gegründeten Initiative Burschenschaftliche Zukunft (IBZ) oder stehen deren Zielen nahe, die DB "von extremistischen oder rassistischen Positionen fernzuhalten".

 

"An sich kann man sich ja mit einigen von denen gut austauschen", sagt Justus Jordan von der sich als liberal einstufenden Alemannia über seine Erfahrungen mit den Verbindungsbrüdern aus der Danubia. "Aber wenn die ihre politischen Meinungen vertreten, kann man ihnen nur den Rücken zudrehen und gehen." Auf dem außerordentlichen DB-Burschentag im November in Stuttgart waren die moderaten Münchner Bünde im Streit gegen den Rechtsdrang vorne mit dabei.

 

So wurde der rechtsradikale Schriftleiter der DB-Verbandszeitung Burschenschaftliche Blätter auf Antrag der Arminia-Rhenania abgesetzt, allerdings von der Mehrheit durch einen anderen Rechtsaußen ersetzt. Die Franco-Bavaria scheiterte dagegen mit ihrem Versuch, die eng mit den Danuben verbundenen Bonner Raczeks ausschließen zu lassen. Ein Antrag, die Danubia selbst aus der DB zu werfen, fand ebenso wenig eine Mehrheit wie eine Formulierung, die die Burschenschaften scharf von Extremismus abgrenzen wollte.

 

"Manchmal fällt es schwer, das alles zu ertragen"

 

"Manchmal fragt man sich, in welchem Haufen man da sitzt", sagt der Alemanne Jordan. Seinem Bundesbruder Mark Eylitz fällt es ebenfalls "manchmal schwer, das alles zu ertragen". Für Eylitz, der bis 2009 im Vorstand der Münchner Jusos saß, sind die rechtsextremen Ausfälle und die fehlenden Reaktionen darauf "jungen Aktiven nur sehr schwer zu vermitteln". Auch bei der Arminia-Rhenania sind "viele recht enttäuscht" und "nicht glücklich damit, dass der Eindruck entstanden ist, dass die Deutsche Burschenschaft aus der Mitte wegrückt und ins politische Abseits gerät", erklärt ein Sprecher.

 

Das Problem, sagt Eylitz, "hat sich in den vergangenen vier Jahren zugespitzt". Vorhanden aber ist es seit langem. Bereits in den 1970er Jahren war die Danubia in rechtsextreme Vorfälle verwickelt. 2001 konnte sich ein Neonazi, der bei einem ausländerfeindlichen Überfall einen Griechen schwer verletzt hatte, im Danuben-Haus verstecken.

 

Das Who is who des Rechtsextremismus

 

Die Liste der Gäste, die sich zu Vorträgen bei der Danubia einfinden, liest sich ohnehin wie ein Who is who des Rechtsextremismus mit rechtskonservativen Einsprengseln. Der Holocaust-Leugner Horst Mahler war ebenso willkommen wie der ehemalige NPD-Ideologe Jürgen Schwab. Bereitwillig nahmen die Danuben auch einen Rassisten auf, der auf einem Burschentag einem schwarzen Verbindungsbruder eine Banane gezeigt hatte und nach dem Eklat aus seiner Burschenschaft ausgeschlossen wurde. Und sie halten sich Alte Herren wie Fred Dusmann, der antisemitische Artikel verfasst und jüdische KZ-Häftlinge als "Landplage" verunglimpft.

 

"Gegen solche Leute muss eine Brandmauer gezogen werden", schimpft der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl, der als Alter Herr der Arminia-Rhenania "das Ganze mit Graus" verfolgt. Wenn es nicht gelinge, die Extremisten aus der DB zu drängen, so macht Uhl Druck , "dann muss man raus aus dem Dachverband". Doch noch will sich die Arminia-Rhenania innerhalb der DB "mit aller Macht" gegen den Rutsch nach rechts stemmen. Auch die Alemannia will die Traditionen des Burschenschaftsverbands nicht den Extremisten überlassen, doch sehen sie die Chancen für die Moderaten schwinden. "Und wenn es nicht zu retten ist", sagt der Alemanne Jordan, "dann hat es keinen Zweck, dabei zu bleiben."