Burschenschaftlicher Antisemitismus - Dokumentation eines Redebeitrags vom 24.11.

Marburger

Dokumentation einer Rede, die am 24. November 2012 auf einer Kundgebung gegen den Burschentag in Stuttgart-Untertürkheim gehalten wurde.

»Letztes Jahr wurde versucht im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ eine rassistische Zutrittsregelung zu verankern, die in den Medien zu Recht als „Ariernachweis“ bezeichnet wurde. Kennerinnen und Kenner burschenschaftlicher Geschichte dürfte das jedoch kaum überrascht haben. Solche „Ariernachweise“ finden sich in der Historie der Burschenschaften nämlich immer wieder.

 

Burschenschaftlicher Antisemitismus früher

Die Geschichte der deutschen und österreichischen Burschenschaften ist auch eine Geschichte voll von aggressiven Antisemitismus und Rassismus. Dabei konnten die Burschenschaften am Anfang durchaus sowohl antifeudal und republikanisch, als auch völkisch-nationalistisch und antisemitisch sein. 
Bereits beim geheimen Burschentag 1820 in Dresden findet erstmals eine Art Ariernachweis eine Mehrheit.

Heute erwähnt man von burschenschaftlicher Seite gerne prominente Juden, die auch einmal Burschenschafter waren. Doch die historischen Mitglieder taugen beim näheren Hinsehen als Alibi nicht viel.
Der jüdischstämmige Schriftsteller Heinrich Heine wurde z.B. 1820 aus seiner Burschenschaft geworfen.Er schrieb später dazu: „Im Bierkeller zu Göttingen mußte ich einst bewundern, mit welcher Gründlichkeit meine altdeutschen Freunde die Proskriptionslisten anfertigten, für den Tag, wo sie zur Herrschaft gelangen würden. Wer nur im siebenten Glied von einem Franzosen, Juden oder Slawen abstammte, ward zum Exil verurteilt.“
Theodor Herzl, der Begründer des Zionismus, trat 1883 nach antisemitischen Exzessen im Rahmen eines Trauerkommers für den verstorbenen Antisemiten Richard Wagner aus seiner Wiener Burschenschaft Albia aus. Ebenso verließen der SPÖ-Gründer Viktor Adler und der Dichter Arthur Schnitzler wegen antisemitischer Anfeindungen ihre Burschenschaften. 
Damit sind diese jüdischstämmigen Burschenschaftler kein Beweis gegen, sondern vielmehr für den Antisemitismus in Burschenschaften.

Die antisemitische Ablehnung, die jüdischen Studenten durch fast alle Studentenverbindungen entgegenschlug, führte zur Gründung eigener, jüdischer Korporationen.

Bis heute bezieht sich die Deutsche Burschenschaft positiv auf das Wartburgfest vom 18. Oktober 1817. Das Wartburgfest wurde organisiert von Friedrich Ludwig Jahn , dem Gründer der  Urburschenschaft in Jena (1815) und nach Herbert Marcuse „ersten SA-Mann“. Von Jahn stammt u.a. auch das Zitat: „Haß alles Fremden ist des Deutschen Pflicht“.
Auf der Wartburg versammelten sich damals mehrere hundert Burschenschafter zu einer symbolischen Bücherverbrennung. Dabei wurde u.a. symbolisch das Buch „Germanomanie“ des jüdischen Schriftstellers Saul Ascher verbrannt. Und zwar mit den Worten „Wehe den Juden, so da festhalten an ihrem Judenthum und wollen über unser Volksthum und Deutschthum schmähen und spotten“.
Der jüdischstämmige Burschenschafts-Aussteiger Heinrich Heine wusste einst: „[...] auf der Wartburg hingegen herrschte der beschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Haß des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wußte, als Bücher zu verbrennen.“
Kein Wunder, dass Burschenschafter auch bei den Bücherverbrennungen 1933 aktiv beteiligt waren.

Der Antisemitismus lebte weiter in den Burschenschaften fort. So beschloss der Burschentag von 1920 erneut die Einführung eines „Ariernachweises“. Konkret hieß es: „Der Burschentag ist der Ansicht, daß nach den bestehenden Bestimmungen und dem seitherigen Brauch eine Aufnahme von Juden nicht in Frage kommt.“

Burschenschaftlicher Antisemitismus heute
Heutzutage ist Antisemitismus in der öffentlichen Sphäre in West- und Mitteleuropa weitgehend tabuisiert. Entweder er muss sich tarnen, beispielsweise als Antizionismus, oder er muss sich vorerst auf den Stammtisch begrenzen. Es gibt nun starke Hinweise darauf, dass der Antisemitismus auch an burschenschaftlichen Stammtisch unbeschadet weiterlebt.

So antwortete der Sprecher der DB-Burschenschaft Elektra Teplitz zu München im Gespräch mit zwei Journalisten auf die Frage, ob Juden Mitglieder in seiner Burschenschaft werden könnten, das sei nicht möglich, „weil sie nicht in den christlichen Kulturkreis passen.“ Außerdem werde um die Shoah, so meinte er, „viel zu viel Tumult“ gemacht. Er behauptete sogar schließlich die „Verbrennungen der Juden“ seien „eine wirtschaftliche Notwendigkeit“ gewesen. Der Burschenschafter ergänzte dann noch, mit dem Mord in Gaskammern habe er „keine Probleme“.

Auf ihrer Facebook-Seite hat die Bonner DB-Burschenschaft der Raczeks „zum 9. November”, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, ein Tondokument mit Auszügen aus dem autobiographischen Roman „Die Geächteten” von Ernst von Salomon verlinkt. Ernst von Salomon wurde 1922 – er war damals Aktivist einer extrem rechter Organisationen – für seine Beteiligung am Mord an Außenminister Walther Rathenau verurteilt. Rathenau war zuvor einer antisemitischen Hetzkampagne ausgesetzt gewesen. Den Raczeks gehört auch Norbert Weidner, der, selbst verbandsintern umstrittene, Chefredakteur des Verbandsblattes „Burschenschaftliche Blätter“.

Besonders stark ausgeprägt scheint der burschenschaftliche Antisemitismus in Österreich zu sein.
Hier sind zahlreiche Burschenschaften auch Mitglied in der „Deutschen Burschenschaft“.
Im Jahr 1960 verlautbarte die Burschenschaft Suevia Innsbruck offen: „Wir stehen auf dem allein burschenschaftlichen Standpunkt, dass somit auch der Jude in der Burschenschaft keinen Platz hat.“

Hier noch einmal drei Beispiele aus neuerer Zeit:
* Im Jahr 2011 besuchte der Schülerburschenschafter und Chef der rechtspopulistischen FPÖ, Hans-Christian Strache, die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem mit seiner Burschenkappe als Kopfbedeckung. Dieser Kopfschmuck dürfte in deutschnationalen Burschen-Kreisen für einige Schenkelklopfer gesorgt haben. Ein kritischer Journalist kommentierte den Vorgang wie folgt: „Und um die Antisemiten seiner Partei zu besänftigen, trug er beim Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem als Kopfbedeckung seine Burschenschafter-Kappe, das Gemeinschaftssymbol jener deutschnationalen, „judenreinen“ Studentenverbindungen, die einst Vorreiter von Hitlers Rassen- und Vernichtungspolitik waren und nicht einmal die schlimmsten Nazi-Verbrecher aus ihren Mitgliederlisten gestrichen haben. Eine vergleichbare Verhöhnung der von den Nazis ermordeten sechs Millionen Juden hat sich kein westlicher Politiker je geleistet.“
* Am Anfang diesen Jahres veranstaltete der extrem rechte „Wiener Korporationsring“, in dem auch die örtlichen Burschenschaften organisiert sind, wie jedes Jahr einen Ball. Ausgerechnet den 27. Januar, den Befreiungstag von Auschwitz also, wählte man dafür als Termin. Gegen den WKR-Ball gab es heftige Proteste. Als Strache davon erfuhr, verglich er den antikorporierten Protest mit den antisemitischen Novemberpogromen und die FPÖ oder die Burschenschaften erklärte er zu den „neuen Juden“.
* Auf Straches Facebook-Account wurde auch dieses Jahr eine antisemitische Karikatur veröffentlicht. Ein Mann mit langer Nase, in Anzug mit Zylinder und Davidssternen am Ärmel-Revers, stopft sich auf Kosten anderer den Magen voll.

So lebt offenbar in ungebrochener Kontinuität ein Antisemitismus in Burschenschaften fort.« 

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