Protest gegen NPD-Fest in Pasewalk

2.000 Hand in Hand gegen das NPD-Pressefest

2.000 Hand in Hand gegen das NPD-Pressefest

Die Teilnehmerzahl des NPD-Pressefests ist auch in diesem Jahr wieder massiv eingebrochen, an den Gegenprotesten nahmen hingegen doppelt so viele Demonstranten teil. Zudem hat sich in der dünn besiedelten Region ein Aktionsbündnis gegründet, was sich dauerhaft gegen rechtsextreme Umtriebe zur Wehr setzen will.

 

Als die NPD vor einigen Monaten ankündigte, das Pressefest ihres „Deutsche Stimme“-Verlages erstmals in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden zu lassen, war das Entsetzen vielerorts groß. Potentiell Tausende Neonazis wollten sich am zweiten August-Wochenende unweit Pasewalks treffen, um zusammen mehrere Rechtsrock-Bands zu bejubeln. Zudem sollte die NPD-Veranstaltung auf einem Privatgrundstück stattfinden, ein Verbot wäre kaum durchzusetzen.

 

Am Ende würde das Wochenende jedoch vor allem als großer Erfolg der Zivilgesellschaft in Erinnerung bleiben.

 

Mehrere behördliche Auflagen hatten bei der NPD und den braunen Festivalgängern bereits im Vorfeld für allerhand Unmut gesorgt. Ursprünglich wollten die Rechtsextremen bereits am Freitagabend beginnen, Zeltplätze seien ausreichend vorhanden. Doch aus dem Vorhaben wurde nichts. Geplante Busshuttles aus allen Bundesländern mussten ebenfalls abgesagt werden, auch per Zug würden die Neonazis nicht anreisen können. Eintrittspreise von 23,50 Euro sorgten nicht zuletzt dafür, dass etliche Personen bereits im Vorfeld ihrem Frust freien Lauf ließen und sich gegen die Teilnahme entschieden.

 

Gut zwei Wochen vor Beginn des Pressefestes brannte zudem der Dachstuhl des ehemaligen Schweinestalles – ein politischer Hintergrund wurde vermutet. Für die NPD war klar, dass es sich um „linksextreme Brandstifter“ handeln müsse und setzte gar eine Belohnung von 4.000 Euro aus – sollte dies zu einer „gerichtsfesten Identifizierung der Brandstifter“ führen. Wenige Tage später wurde das „Kopfgeld“ gar verdoppelt, bislang allerdings ohne Erfolg. Die eigentliche Veranstaltung war von dem Feuer ohnehin nicht betroffen, geplant war das Pressefest als Open-Air-Veranstaltung. Doch der von den Flammen zerstörte Raum, in dem in der Vergangenheit bereits mehrfach Konzerte abgehalten worden sein sollen, wird vorerst nicht mehr zu nutzen sein.

 

Auf der Gegenseite hatte sich das Bündnis „Vorpommern – weltoffen, demokratisch, bunt“ gegründet, dass an dem Wochenende etliche Aktionen auf die Beine stellen und koordinieren würde. Allwöchentlich trafen sich Anhänger demokratischer Parteien, Initiativen, Organisationen und Anwohner, die Teilnehmerzahl ging bis in den dreistelligen Bereich – was für die dünn besiedelte Region durchaus beachtenswert ist.

 

Am Ende einigten sich die Teilnehmer auf eine Demokratiemeile und eine Menschenkette, die von Pasewalk bis Viereck reichen sollte. Zwar reichte es am Ende nicht ganz für eine durchgehende Kette, rund 2.000 Personen fanden sich dennoch entlang der Strecke ein. Die Veranstalter zeigten sich dementsprechend äußerst zufrieden: „Der grandiose Tag hat ein gemeinsames Gefühl von Begeisterung, Freude und Dankbarkeit geschaffen“, ist auf der Seite des Bündnisses zu lesen.

 

In einigen Hundert Meter Entfernung hatten sich in der Zwischenzeit immer mehr Neonazis eingefunden. Am Ende hätte die Polizei 320 Fahrzeuge gezählt, „rund 1.000 Personen“ bezifferte ein Polizeisprecher die Teilnehmerzahl. Das Pressefest verliert jedoch seit Jahren an Zuspruch und Attraktivität innerhalb der Szene. Vor sechs Jahren fanden sich noch zwischen 7.000 und 8.000 Anhänger vor Ort ein, 2010 waren es rund 2.000 Teilnehmer, im vergangenen Jahr brachen weitere 500 zahlende Gäste weg. Für den finanziell angeschlagenen Verlag der „Deutschen Stimme“ ein Fiasko. Da dürfte auch die Durchsage des NPD-Manns Klaus Beier, „bitte auch mal die Stände [zu] besuchen“ und „das ein oder andere mitnehmen“, das Ruder nicht herumgerissen haben.

 

Auf dem Gelände, dass komplett mit einem Sichtschutz versehen war, befanden sich zwei Bühnen. Am Nachmittag mussten die NPD-Sympathisanten zuerst allerdings etliche politische Reden über sich ergehen lassen, der unpolitische, musikalische Part würde erst am Abend beginnen. Angekündigt waren u.a. die beiden Fraktionsvorsitzenden, dazu gesellte sich mit Wolfram Nahrath ein in NPD-Kreisen beliebter Redner. In seiner Rede forderte der letzte Vorsitzende der mittlerweile verbotenen Wiking-Jugend dann inbrünstig vom Publikum: „Wir müssen wieder totale Deutsche sein“, „radikale Deutsche“, ansonsten würde der Volkstod bevorstehen.

 

Der NPD-Parteivorsitzende Holger Apfel, der offenbar nicht viel Zeit mitbrachte und sich früh von der Veranstaltung verabschiedete, richtete sich anschließend deutlich gemäßigter an die Anhängerschaft: „Der einzelne Ausländer“ sei für seine Partei nicht der politische Gegner, zudem soll „jeder in Deutschland seine Religion ausleben dürfen“, was bei dem ein oder anderen Zuhörer merkbar für Unverständnis sorgte. Erst als der 41-Jährige dann forderte, dass „Deutschland endlich wieder das Volk der Deutschen“ sein müsse, war ihm der Applaus gewiss. Ohnehin war sich Apfel sicher, dass er im Nordosten der Republik und zudem gegen die – wie es die „Zeit“ nicht ganz unpassend formuliert: „teuflisch-prägnante Rhetorik“ von Udo Pastörs – kaum ankommen würde.

 

Nachdem Apfel sich noch offiziell bei Andy Knape, dem neuen Leiter des Bundesordnungsdienstes bedankte, und zudem zwei weiteren Aktivisten das goldene Parteiabzeichen verlieh, übernahm nach einem kurzen musikalischen Intermezzo durch den nationalen Barden Frank Rennicke schließlich Udo Pastörs das Mikrofon. Der als „Sprachkanone“ angekündigte NPD-Fraktionsvorsitzende redete sich dann wie gewohnt innerhalb kürzester Zeit in Rage. Pastörs sprach von einer „erbärmlichen Demokratie“, wetterte gegen die EU und den Euro, „Udo, Udo“-Sprechgesänge waren ihm gewiss.

 

Am Abend begann dann auf einer zweiten, größeren Bühne das musikalische Programm des Tages. Neben lokalen Bands waren auch „Sachsonia“ angereist. Der Sänger, der entlang der Menschenkette angereist war, schien von den Gegenprotesten nicht viel zu halten: „Gutmenschen, die Spinner, dieses Pack“ hört man ihn in einem Videobeitrag ins Mikrofon schreien. Am liebsten würden er dort „Amok laufen“. Auch die Lunikoff-Verschwörung mit Ex-Landser-Sänger Michael Regener spielte am Ende, zuvor hatte das Gerücht die Runde gemacht, Regener samt Band wäre abgesprungen.

 

Letztendlich wird das vergangene Wochenende vor allem eines belegen: Dem von der NPD auserkorenen Anspruch einer „national befreiten Zone“ kann durchaus erfolgreich entgegengetreten werden. Es wird sich zeigen, ob das Bündnis auch über das Pressefest hinaus Bestand haben wird, die Zivilgesellschaft einbinden und sich rechtsextremen Umtrieben erfolgreich in den Weg stellen kann.

 

Quelle: Endstation Rechts vom 13.08.12