Streit wegen Neonazi

Streitbare Juristin: Tina Gröbmayr
Erstveröffentlicht: 
17.06.2012

GESICHT DER WOCHE - JURISTIN TINA GRÖBMAYR
Darf ein linker Rechtsanwalt einen Neonazi vor Gericht verteidigen?
Über diese Frage ist in der Grünen Alternative Freiburg (GAF) ein so heftiger Streit entbrannt, dass die politische Gruppierung, die mit zwei Vertretern im Stadtrat sitzt, seit dieser Woche keinen Vorstand mehr hat. Wie die Auseinandersetzung derart eskalieren konnte, ist der 27-jährigen Rechtsanwältin in spe, Tina Gröbmayr, immer noch schleierhaft. Am Anfang stand die Frage des Freiburger Anwalts Ulf Köpcke an seine frühere Referendarin, ob sie ihn als Prozessbeobachterin bei der Verteidigung des Neonazis Florian S. unterstütze.

 

Florian S. war im Oktober mit seinem Auto in eine Gruppe Antifaschisten gerast und hatte einen dabei schwer verletzt. Er hat auch schon für die NPD kandidiert und wiederholt rechtsradikale Veranstaltungen angemeldet.


Das Gericht hatte Köpcke gebeten, die Pflichtverteidigung zu übernehmen. Gröbmayr bat um Bedenkzeit, vertiefte sich in die Akten und traf S. zu einem Gespräch. Danach sagte auch sie zu. Denn S. ist für sie nicht die Neonazi-Größe, für die ihn einige in Freiburgs linker Szene halten. Der gebürtigen Oberbayerin ist ein pragmatischer Umgang mit Straffälligen und Sicherungsverwahrten nichts Fremdes.


Seit Beginn ihres Jurastudiums in Freiburg 2005 engagiert sie sich für sie. Der Umgang mit Rechtsextremen ist für sie aber Neuland. Doch auch da gilt für die angehende Anwältin: Der Wahrheit kommt man am nächsten, wenn Staatsanwalt und Verteidiger sich gegenüberstehen und das Gericht in der Mitte entscheidet – eine elementare Säule des Rechtsstaates.

 

Schon bald hat sie die Aktiven in der GAF per Mail über ihr Engagement informiert. Anfangs, erinnert sich Gröbmayr, wurde „relativ vernünftig darüber diskutiert“. Dann aber sei es „hochemotional“ geworden – und zwar primär seitens der Stadträte Coinneach McCabe und Monika Stein. Daraufhin ließ Gröbmayr ihr Vorstandsamt ruhen – sie habe die GAF nicht belasten wollen. Alles andere sollte im Gespräch geklärt werden, wozu es nicht mehr kam.


Denn zwei GAF-Vorstände erklärten wegen Gröbmayrs Engagement ihren Rücktritt. Die Juristin wollte dem zuvorkommen, indem sie ihren Rücktritt anbot. Doch die Vorstände ließen sich nicht umstimmen. Der dritte Vorstand legte kurz darauf sein Amt nieder. Das Gespräch mit der GAF sucht Gröbmayr jetzt trotzdem – und zwar mit einem professionellen Mediator.